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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Innere Frage: unklare Leberwerterhöhung



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Fr.Pelz
05.01.2014, 11:22
Huhu,
Bei uns wurde (vermutlich fälschlicherweise in die Chirurgie) aufgenommen.
Mädel, 18 Jahre, normalgewichtig, nimmt die Pille sonst keine Medis, gibt an Vorerkrankungen Fructoseintoleranz und Unverträglichkeit von Zitronensäure und Süßstoff an.
Hat seit einigen Tagen OB-Schmerzen, die aber auch in den rechten UB ausstrahlen. Bei der Untersuchung ist das Abdomen weich, es wird lediglich ein Ziehen im Nabel bei der Palpation angegeben.
Kein Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Ikterus.
Auffällig ist das Labor: Bili gesamt bei 35, direkt bei 25. ALAT und ASAT erhöht, (um 4 beide Werte).
In der Kontrolle 12h später ist das Bili gesamt sogar bei 45.
Sonografisch ist der Bauch völlig unauffällig, insbesondere keine Cholestase und keine Gallenblasen- oder gangsteine.

Was denkt ihr darüber?

Ich hab erstmal eine Sono-Kontrolle angemeldet (hauptsächlich um bei tatsächlich fehlender Lithiasis eine Innere-Verlegung hinzukriegen) und Hepatitis-Serologie angesetzt. Außerdem ist meinem Kollegen noch eingefallen, dass ja vielleicht die Pille Schuld sein könnte. Hab sie aber noch nicht gefragt, wie lange sie das Präparat nimmt.

Kommen euch noch andere Ideen? Vor allem in der diagnostischen Reihenfolge.

test
05.01.2014, 11:58
MIch würde aus dem Labor noch Diff BB, Gerinnung, CRP, BSG interessieren. Entzündungszeichen? Lymphopenie wie bei Virusinfektionen? Neben den klassischen Hepatitis Viren können es natürlich auch andere Infektionen sein, z.b. EBV. GIbt es weitere Symptome? Lymphknotenschwellung? Haut/Schleimhautveränderungen?
KÖnnen toxische Ursachen vorliegen? Was hat sie gegessen? Drogen? Nahrungsergänzungmsittel? Alkohol?
Autoimmun und onkologische Ursachen kann man im HInterkopf behalten aber erstmal hinten anstellen, würde ich sagen ;)

test
05.01.2014, 12:01
Noch was, die Unverträglichkeiten klingen erstmal etwas komisch (Süßstoff und Zitronensäure). Hier sollte man mal genauer Anamnese erheben, Stuhlfrequenz, ARt usw.. ggf. weitere Diagnostik, nicht dass hier eine CED dahintersteckt und ggf assoziierter PSC oder PBC.

Sebastian1
05.01.2014, 12:24
...oder aber so etwas harmloses wie ein M. Meulengracht. Schreib doch bitte mal die Einheiten zu den Werten, denn wenn sie keinen ikterus hat, meinst du vermutlich nicht mg/dl.

Evil
05.01.2014, 12:50
Als Differentialdiagnosen sollte man noch an die Porphyrie denken. Gibt die Familienanamnese was her? Hat die junge Frau einen Migrationshintergrund aus Südosteuropa?

Fr.Pelz
05.01.2014, 12:53
Oh sorry wegen der Einheiten, Bili in mükromol/l, die Transaminasen in µmol/s·l
Das Labor (ohne DiffBB) war unauffällig, das CRP 13 mg/l (unser Labor gibt <5 als Normalwert an). Leukos im Normbereich, BSG nicht erfolgt.
Was die Unverträglichkeiten angeht, hatte mein Kollege sie primär anamnestiziert, ich hab sie mir das nur nochmal bestätigen lassen. Bei Süßstoff kann ich mir vorstellen, dass sie einfach nur nach etwas höherem Konsum Durchfall bekommen hat, wie es ja durchaus vorkommen kann. Ansonsten hat sie Stuhlgang und Miktion als in Ordnung beschrieben, andere Symptome seien ihr nicht aufgefallen (habe aber auch nicht spezifisch danach gefragt, da wie gesagt, nur Kurz-Anamnese in der Visite und das was mein Kollege mir erzählt hat.)
Gut, also ihr würdet nochmal eine ausführliche Anamnese/Untersuchung und Infektionsserologie machen. Und dann?

Und würde M. Meulengracht auch den Bili-Anstieg (nach Nahrungskarenz) erklären?

test
05.01.2014, 13:31
Internistisches Konsil ;)

Primär wäre meiner Einschätzung, bin aber kein INternist ;-), nach die gründliche Anamnese und Untersuchung zur Abklärung der DDs erstmal vordergründig sowie Verlaufskontollen. Mit Serologien kann man sich totschießen und sie haben häufig keine große Konsequenz abgesehen von den klassischen Hep Serologien. So lange sich die Leberwerte relativ schnell wieder normalisieren ist es ja nicht so wild ;-) Ich würde auch gucken, welche Pille sie nimmt und wie häufig bei diesem Präparat Bili und Transaminasenanstieg als UAW sind. Je nach Hinweisen aus Anamnese und Untersuchung ggf. weitere Diagnostik zu o.g. selteneren Erkrankungen.

Kannst du vielleicht bitte noch die Normalwerte bei euren Bili Werten angeben?

Fr.Pelz
05.01.2014, 15:05
<20 mükromol

WackenDoc
05.01.2014, 16:06
Hat die Dame vorher Sport gemacht? Transaminasen sind oft bei hoher CK mit erhöht. So weit ich das im Kopf habe, ist das aber keine echte Erhöhung, sondern liegt an der Messmethode.
Ok, soo hoch ist das Bili nun auch nicht und liegt im typischen Bereich eines Meulengrachts.

Medikamente (auch harmlose wie Ibu und PCM) hat sie in letzter Zeit wirklich nicht genommen?
Oder ist sie in den letzten Wochen gegen Hepatitis geimpft worden?

Ich glaub, Hepatitisserologie würde ich erst machen, wenn die Werte in 4 Wochen oder so immer noch nicht im Normbereich sind und es keine andere Ursache gibt.

Peter_1
05.01.2014, 18:27
Eine Möglichkeit den Meulengracht zu diagnostizieren wäre ein Fastentest, worunter es zu einem Anstieg vA des indirekten Bilrirubins kommt, somit würde ein Anstieg des Bili gesamt nach Fasten prinzipiell passen. Nicht unbedingt passend sind die Transaminasen (mit 4 ist wohl aber nicht 4-fach gemeint und damit wäre das ja aeine minimale Erhöhung) und das CRP (aber das ist ja ebenfalls nicht umwerfend hoch und könnte ja auch im Rahmen eines banalen Infektes erhöht sein, dann noch ein wenig Paracetamol drauf und schon haben wir vielleicht leicht erh. Transaminasen zusätzlich), interessant ist aber sicher der weitere Verlauf der Werte, ist die Milz normalgroß, hat sie evtl. Lymphkniotenschwellungen am Hals (EBV wäre auch eine DD)?

FataMorgana
05.01.2014, 20:46
Ist die ALAT oder die ASAT höher? Und was machen AP und Gamma-GT? Thrombos, MCV, evtl. IgM und IgA?

Vielleicht auch nochmal bei der Fruktoseintoleranz genauer nachhaken, was damit gemeint ist. Die hereditäre Fruktoseintoleranz ist eine schwere, meist bereits im frühen Kindesalter symptomatische Lebererkrankung, die im Kontext natürlich ziemlich relevant wäre. Die "intestinale Fruktoseintoleranz" ist ein eher schwammig definiertes Krankheitsbild, bei dem man eine Fruktosemalassimilation im H2-Atemtest nachgewiesen hat. Also vielleicht mal fragen, wer das wann wie diagnostiziert hat.

Fr.Pelz
06.01.2014, 18:37
Hach jetzt hat sie doch "nur" Gallensteine. Sie hat die Symptome aber auch komisch beschrieben. Die scheint aber auch noch psychiatrische Probleme zu haben… aber danke auf jeden Fall für eure Gedanken! So könnt ich noch ein bisschen internistisches Denken auffrischen.

WackenDoc
06.01.2014, 18:55
Passt doch- wundert mich nur, dass die nicht beim ersten Sono schon gesehen wurden. Aber kommt vor.

Dass die noch zusätzlich ein´s an der Marmel hat, war mir schon fast bei den Unverträglichkeiten klar.

Aber wie kommt man in dem Alter an Gallensteine???

test
06.01.2014, 19:12
Wie ist der BMI?

Meuli
06.01.2014, 19:18
ich hab sie damals in der Schwangerschaft gekriegt :-oopss

Fr.Pelz
06.01.2014, 19:31
Nee das Lustige ist, der BMI ist 24. Und ist noch nicht mal blond. Hab mich auch schon gefragt, ob es vielleicht mit diesen "Unverträglichkeiten" zu tun hat, evtl legt sie deswegen lange Fastenzeiten ein.
Ich hsb heut schon wieder nicht geschafft, sie vollständig zu anamnestizieren. Auf jeden Fall hatte sie aber schon ne Kolo und Gastro sowie ein MRT wegen "Krämpfen zwischen den Rippen", (ohne pathologischen Befund) Also murmelkrank.

Absolute Arrhythmie
06.01.2014, 19:39
Aha, also eine Patientin bei der du noch keine ausführlich Anamnese erhoben hast, hat auf jeden Fall schon mal einen an der waffel. Klar!

*Kopfschüttel*

Fr.Pelz
06.01.2014, 20:07
Pfft. Ich hab halt keine Zeit für eine 3 stündige Aufnahme. Bin halt eben nicht in der Inneren. Trotzdem kann ich mir einen Eindruck bilden, und wenn der falsch sein sollte, hat das ja keine Konsequenzen. Ich behandele sie ja trotzdem wie alle anderen und mache mir trotzdem meine Gedanken.
Ich glaube nicht, dass du nicht auch schon mal ähnliche Gedanken hattest, noch BEVOR du alle Fragen gestellt hast...

Absolute Arrhythmie
06.01.2014, 20:11
Ich bemühe mich, Patienten und ihre Beschwerden ernst zu nehmen. Das gelingt nicht immer, das ist klar.
Aber wie wärs denn mal mit ner Vorstellung in der psychosomatik. Vllt geht ihr Problem ja in die Richtung und man könnte ihr helfen.

Fr.Pelz
06.01.2014, 20:18
Klar kann man machen. Ist sinnvoller wenn die Galle dann raus ist, damit die Beschwerden nicht mehr verwechselt werden können.
Und ich nehme meine Patienten auch ernst. Ich finde das schließt sich gar nicht aus. Heute hat mich eine Patientin mehrfach gefragt, was sie denn nehmen könnte, um ihren "Stuhlgang zu stabilisieren", der würde auch anders riechen als vor der ersten OP. Ich habe ihr geduldig geantwortet und dann versucht, das Gespräch wieder auf ihre aktuelle Tumorerkrankung und die Behandlung zu lenken. Ist mir schon klar, dass wer mehr über seinen Stuhlgang als über seinen Krebs nachdenkt, auch psychisch alteriert ist. Und ich werde im Verlauf unsere Psychoonkologin hinzuziehen. (Und ich habe trotzdem die Augen verdreht, als ich aus dem Zimmer raus war).