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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kollegenpfusch - anonyme Anzeige?



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Gynokokke2
23.01.2014, 12:17
Hallo!

Ich arbeite zur Zeit als Assistenzarzt im 3. Jahr in einem mittelgroßen Haus in der Gynäkologie und Geburtshilfe. Ein niedergelassener Kollege in unserer Stadt pfuscht so unglaublich, dass man sich wöchentlich fragt, was noch passieren muss. Und auch nach einem völlig vermeidbaren Todesfall passiert nichts..,
Ich kann es nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren, nichts zu unternehmen und bin (leider) auch zu feige öffentlich vorzugehen, da ich weiterhin in dem Haus arbeiten möchte... Besagter Kollege ist nämlich auch als Belegarzt bei uns tätig. Die Geschäftsführung ist auch über alle Vorkommnisse informiert und unternimmt nichts.

Nun frage ich mich, was ich tun kann. Es geht um strafrechtlich relevante Vorfälle. Wer von euch hat Erfahrung mit einer anonymen Anzeige gegen Kollegen oder Hinweisen an die Staatsanwaltschaft?

Ich danke euch für eure Hilfe.

Lava
23.01.2014, 17:00
Gibts bei euch CIRS? Da kann man ja anonym Fehler melden...

Präpmaus
23.01.2014, 17:35
http://www.cirs-nrw.de

"Hier klicken, um Ereignisse zu berichten und zu lesen"



Hilft das??? Dann sehen die doch direkt von welchen Computer das gemeldet wird. Wenn schon, dann Navy CIS :-)

epeline
23.01.2014, 17:38
Denke nicht, dass Lava die Internet-Seite gemeint hat.... (oder?)
Bei uns gibts so ähnlich einmal Monatlich M&M-Konferrenzen als Pflichtveranstaltung.
Allerdings gehts da nur um kliniksinternes...

Dr. Jekyll
23.01.2014, 23:44
dem leitenden Oberarzt und dem Chef den Fall vorstellen unter 4 Augen?

ihre fachliche Meinung dazuholen und dann gemeinsam gegen den Doktor vorgehen.


Hat man nicht sogar die Pflicht als Arzt bei grobem Pfusch anderer Meldung zu machen? (nur Halbwissen)


ich vermute dich wird niemand in die Pfanne hauen, wenn die Anschuldigungen gerechtfertigt sind.
zumal es doch auch deine Patienten wären, falls sie nach dem Pfusch in der Klinik von dir mitbehandelt werden.

Muriel
24.01.2014, 11:46
Ich bitte, sachlich beim Thema zu bleiben. Alles Andere wurd gelöscht, danke.

Muriel - Admin

jijichu
24.01.2014, 13:07
Vielleicht bei der Rechtsabteilung des Krankenhauses nachfragen? Kann man (glaube ich) recht unverbindlich Informationen über das Vorgehen einholen.
Viel Erfolg & LG

Gynokokke2
26.01.2014, 13:00
Hallo!

Erstmal vielen Dank für die Antworten!

Warum das Verhalten des Kollegen geduldet wird? Geld, Geld, Geld! Der Kollege operiert quasi jede Patientin, die nicht bei drei auf dem Baum ist und OP-Zahlen erfüllen sich bekanntlich nicht von selbst und die Geschäftsführung freut sich über eine klingende Kasse.

Meinen Chef habe ich neulich unter vier Augen auf den Fall angesprochen und gefragt, ob denn jetzt etwas passiere. Seine Antwort: "Ach, Herr Müllermeierschulze, sie wissen doch: Wo kein Kläger, da kein Richter..."
Bei einem anderen Fall vor zwei Jahren hat er auch gesagt, dass er von der Geschäftsführung einen Maulkorb verpasst bekommen hat. Was auch immer das heißen mag.

Danke für die Info über das CIRS, aber wenn ich das richtig verstanden habe, geht es da ja "nur" um anonyme Fallschilderungen die zu Schulungszwecken verwendet werden... Da bleiben die Involvierten anonym, mir geht es ja um meine eigene Anonymität (= meinen eigenen Arsch).

Hat denn jemand von euch die Rechtslage genau verstanden? Ich unterliege ja der ärztlichen Schweigepflicht in allen Sachen, die ich so in der Klinik mitbekomme, auch wenn es nicht meine eigenen Patienten sind. Ich weiß, dass ich die Schweigepflicht brechen darf, wenn Gefahr im Verzug ist. Aber auch in so einem abstrakten Fall? Schließlich geht es um den Patienten von Morgen.
Wobei der Kollege natürlich nicht der Patient ist... Darf ich ihn ankreiden?

Dr. Jekyll
26.01.2014, 13:12
Meinen Chef habe ich neulich unter vier Augen auf den Fall angesprochen und gefragt, ob denn jetzt etwas passiere. Seine Antwort: "Ach, Herr Müllermeierschulze, sie wissen doch: Wo kein Kläger, da kein Richter..."
Bei einem anderen Fall vor zwei Jahren hat er auch gesagt, dass er von der Geschäftsführung einen Maulkorb verpasst bekommen hat. Was auch immer das heißen mag.



es treten z.b. alle mitarbeiter bis auf den chef geschlossen auf, dann muss sich der chef dazu äußern.

falls du es alleine machst, wird das wahrscheinlich auf dich zurückfallen.

ist das denn handfester, nachweisbarer pfusch? ode die "grauzone" eines schlechten operateurs?

man könnte das outcome seiner Ops der letzten jahre zusammenstellen und das an die presse geben. (?)

Schubbe
26.01.2014, 13:39
Ich würde erstmal einen Sachverständigen (=Rechtsanwalt) konsultieren und fragen, ob hier auch rechtlich (und nicht nur moralisch) Handlungsbedarf besteht, bevor ich irgendetwas unternehmen würde. Insbesondere, bevor ich irgendwas der Presse zum Fraß vorwerfe...

Dabei wird sich auch klären, wie weiter vorzugehen ist, sofern die Notwendigkeit gegeben ist.

Kackbratze
26.01.2014, 13:41
man könnte das outcome seiner Ops der letzten jahre zusammenstellen und das an die presse geben. (?)

Das Outcome. Selbst wenn Indikation und Verfahren stimmen, heisst das nicht, dass das Outcome immer gut ist. Eine Serie von Komplikationen und der beste Operateur kann von der Bild zerrissen werden, ohne das er was dafür kann.
Und wenn Indikation und Verfahren scheixxe waren, aber der Patient danach glücklich ist, ist das Outcome besser als gedacht.

Nur so Rande:
Wie soll die Presse das dann überprüfen?
"Hallo Frau Müller, wie geht es Ihnen? Wir haben gerade anonym ihren OP-Bericht und ihre persönlichen Daten bekommen, weil jemand glaubt, dass der Operateur damals gepfuscht hat. Möchten Sie ein Interview geben?"

test
26.01.2014, 13:51
Es kommt darauf an, was nun konkret vorliegt.

Sollte es sich um eine Straftat handeln (z.b. Körperverletzung, Totschlag), ist man als Bürger zur Anzeige verpflichtet. Sonst macht man sich der Strafvereitelung mitschuldig. Da der vom Kollegen operierte Patient vermutlich nicht dein Patient ist und der Kollege selber wohl auch nicht, gilt für dich die Schweigepflicht hier meiner Meinung nach nicht. Selbst diese wäre ja auch bei Vorliegen von Gefahr für Dritte aufhebbar.

Bei Vorliegen keiner Straftat sieht es anders aus. Sofern gegen die Berufsordnung verstossen wird, ist ggf. die Ärztekammer ein Ansprechpartner.

Was sagen denn die Patienten? Gibt es von der Seite Beschwerden? Komplikationen?

Zur Einordnung, was Sache ist, ist sicher ein Gespräch mit einem Juristen sinnvoll oder ggf. Rechtsberatung der Ärztekammer oder ähnlichem. Du solltest dich auch kritisch fragen, was objektiv für ein Fehlverhalten hier genau vorliegt und wie dies beweisbar ist.

FirebirdUSA
26.01.2014, 17:09
Es kommt darauf an, was nun konkret vorliegt.

Sollte es sich um eine Straftat handeln (z.b. Körperverletzung, Totschlag), ist man als Bürger zur Anzeige verpflichtet. Sonst macht man sich der Strafvereitelung mitschuldig. Da der vom Kollegen operierte Patient vermutlich nicht dein Patient ist und der Kollege selber wohl auch nicht, gilt für dich die Schweigepflicht hier meiner Meinung nach nicht. Selbst diese wäre ja auch bei Vorliegen von Gefahr für Dritte aufhebbar.

Dürfte so nicht stimmen. Die Informationen sind ja im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit erlangt, somit besteht ärztliche Schweigepflicht und die darf nicht ohne das Einverständnis des Patienten gebrochen werden. Hier sind die Regeln sehr streng. Selbst wenn dir ein Patient einen Mord gesteht, darfst du das nicht weitersagen. Nur wenn du die Gefahr noch abwenden kannst (geplanter Mord, Völkermord, etc. ... sie §138 StGB) bist du verpflichtet eine Anzeige zu machen.

Aber es besteht natürlich eine Informationspflicht dem Patienten gegenüber (neues Patientenrechtegesetz)...

WackenDoc
26.01.2014, 17:13
Bist du im Marburger Bund oder so? Ich würde einfach mal rechtlichen Rat bei denen einholen.

FataMorgana
26.01.2014, 17:29
Sollte es sich um eine Straftat handeln (z.b. Körperverletzung, Totschlag), ist man als Bürger zur Anzeige verpflichtet. Sonst macht man sich der Strafvereitelung mitschuldig.

Bist Du sicher? Laut Wikipedia gibt es die Strafvereitelung durch Unterlassen nur für Inhaber einer Garantenstellung (wären hier Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörden). Auch eine Verpflichtung zur Strafanzeige (außer für Vollzugsbeamte) soll es nicht geben.

anignu
26.01.2014, 17:49
Und die ganzen Sachen muss man erstmal nachweisen... also wasserdicht, gutachterlich leicht zu überprüfen und strafrechtlich relevant.

test
26.01.2014, 18:15
Dürfte so nicht stimmen. Die Informationen sind ja im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit erlangt, somit besteht ärztliche Schweigepflicht und die darf nicht ohne das Einverständnis des Patienten gebrochen werden. Hier sind die Regeln sehr streng. Selbst wenn dir ein Patient einen Mord gesteht, darfst du das nicht weitersagen. Nur wenn du die Gefahr noch abwenden kannst (geplanter Mord, Völkermord, etc. ... sie §138 StGB) bist du verpflichtet eine Anzeige zu machen.

Aber es besteht natürlich eine Informationspflicht dem Patienten gegenüber (neues Patientenrechtegesetz)...

Der Kollege ist aber nicht der Patient.

Sollte es sich tatsächlich um Straftaten des o.g. Kalibers handeln und weitere Taten im Verzug sind, wenn man nichts unternimmt, glaube ich, hättest du es vor Gericht mit deiner o.g. Argumentation sehr schwer. Dann besteht meiner Einschätzung nach der Bestand der Strafvereitelung. Wichtig hierfür ist, dass bei NIcht-handeln weitere Straftaten zu erwarten sind (Wäre im von mir konstruierten Fall ja so).
Was glaubst du, warum angeblich bei den Transplantationsskandalen außer den Bauernopfern angeblich niemand etwas wußte? Wenn man sich da einfach auf die Schweigepflicht berufen könnte, würde das doch jeder tun.

test
26.01.2014, 18:28
Bist Du sicher? Laut Wikipedia gibt es die Strafvereitelung durch Unterlassen nur für Inhaber einer Garantenstellung (wären hier Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörden). Auch eine Verpflichtung zur Strafanzeige (außer für Vollzugsbeamte) soll es nicht geben.

Nach §138 StGB ist es für Totschlag so vorgesehen. Es gibt aber Ausnahmen für Ärzte. Ob die allerdings im konstruierten Beispiel zuträfe, wäre wohl im Zweifel mit dem Richter zu diskutieren. ;-) Ich wäre da auf jeden Fall nicht so überzeugt, dass man sich bei so einer Straftat als nicht "hauptbehandelnder" Arzt bei einer Straftat gegen den Patiente so einfach mit der Schweigepflicht rausreden könnte. ;-)

Da wir aber eh nicht wissen, worum es geht, ist hier alles Spekulation.

John Silver
26.01.2014, 20:25
Wie wär's mit einer anonymen Anzeige bei der Staatsanwaltschaft? Wären die betroffenen Personen in der Lage, Dich als Urheber der Anzeige zu identifizieren?

FirebirdUSA
26.01.2014, 21:47
Der Kollege ist aber nicht der Patient.

Geht es aber nicht um einen toten Patienten könnte man zumindestens dem Patienten seine eigenen Unterlagen und die möglichen Unstimmigkeiten ohne Probleme (auch anonym) zu senden ohne sich selbst rechtlich falls es raus kommt in zu große Schwierigkeiten zu bringen.

Ohne Kenntnis des Sachverhaltes würde ich in so einem Fall immer erst mit einem Anwalt reden (z.B. über MB) und mit diesem die Pflichten, Möglichkeiten und mögliche persönliche Risiken (atraf- und/oder arbeitsrechtlich)besprechen und dann entscheiden was ich tue (Anzeige bei Ärztekammer, Staatsanwaltschaft, etc.)...