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Lady_89
27.01.2014, 23:22
Hallo liebe Assistenzärzte und alle, die es werden wollen ;)

Seitdem ich Neuro und Neurochirurgie an der Uni hatte, bin ich total begeistert von diesen Fächern. Vor allem finde ich die chirurgischen Aspekte (SHT, Blutungen, Hirntumoren) interessant. Gerade der Kontakt zur Radiologie mit Bildgebung etc. ist toll. Ich stehe kurz vor dem Examen und mache mir so langsam, aber sicher Gedanken, wo es später mal hingehen wird... Leider (oder, zum Glück?) habe ich sehr viele Interessen, zB auch Innere, Allgemeinmed., Auge, HNO, Anästhesie (mache das als PJ-Wahlfach, steht schon fest).
In einer Famulatur (UCH) konnte ich auch schon bei Wirbelsäulen-OPs als 1. Assistenz mitmachen, das war auch sehr nett (war allerdings echt NUR Wirbelsäule...nix am Gehirn... zu einseitig!)

Meine Fragen an euch:

1. Habe ich als Neurologin die Möglichkeit, in irgendeiner Art und Weise interventionell tätig zu sein? Also Dinge, die über Anamnese, Untersuchung, EEG, EMG und LP hinausgehen? Gibts da noch was?

2. Wie sind die Berufsaussichen in der Neuro und NCH?

3 Wie ist die Arbeitsbelastung (v.a. in der NCH)? Ich hab das Gefühl, dass man gerade in der NCH ganz schön ackern und viele Überstunden machen muss? :(
(familienfreundlich??)

4. Lassen sich viele Neurologen nieder? Wie sind die Gehaltsaussichten?

5. Gibt es Neurologen, die Notarzt fahren?

6. Was sollte man an Skills in der Neuro und NCH mitbringen? V.a. in der Neuro: Wie hoch ist der Anteil auch an Psychiatrie? (Man muss zumindest hier in München 1 J. Psych machen.)

Danke :)

Patella
28.01.2014, 00:42
Hallo Lady_89,

1. Nein. Das invasivste in der Neurologie ist tatsächlich die Lumbalpunktion. Ansonsten werden noch Nadeln gesetzt beim (von Dir bereits angesprochenen) EMG sowie in der Messung von evozierten Potentialen.

2. Gut. Das Fach beinhaltet naturgemäß auch viele degenerative Erkrankungen, was angesichts der alternden Gesellschaft große Relevanz besitzt.

3. Hoch. Ich kann hier allerdings nur für die Neuro sprechen; Überstunden sind die Regel (leider).

4. Damit kenne ich mich noch nicht aus.

5. Mir ist bisher niemand bekannt; für ausgeschlossen halte ich es nicht, aber mit Sicherheit ist es eher die Ausnahme - könnte mir das vorstellen bei Kollegen, die z. B. viel auf der Neurointensivstation arbeiten.

6. In der Facharztweiterbildung ist 1 Jahr Psychiatrie vorgeschrieben.

VG Patella

psycho1899
28.01.2014, 00:47
ad 1: Als Neurologe interventionell? Wenig bis null... die endovaskulären interventionellen Eingriffe erledigen die NRADs, die Operationen selbstverständlich die Neurochirurgen.
Was Du natürlich auch als Neurologe machen kannst, ist auf der Intensivstation diverse Katheter etc. legen, obgleich auch viele Neurologen nichts von diesen Dingen machen.

ad 2: Neuro ist ein relativ grosses Fach und daher gibt es viele neurologische Kliniken, was die Stellensituation entspannt macht. Nicht so easy wie in Psychiatrie, Innere, Chirurgie oder Anästhesie, aber dennoch sollte es kein grösseres Problem sein. In NCH sicherlich schwieriger, da es weniger neurochirurgische Abteilungen gibt und diese von der Assistentenzahl in der Regel überschaubarer sind.

Oder meintest Du etwas anderes mit Berufsaussichten?

ad 3:

Kenne nur 2 NCH-Abteilungen (universitär, eine nur am Rande, eine etwas besser). Von der ersten kann ich nur sagen, dass die Dienstanzahl gross war. Von der zweiten ist es so, dass schon einiges an Überstunden anfällt und die Kollegen auch im frei forschen/Assistenzen bei den OPs übernehmen. Ist aber sicherlich nicht repräsentativ.

In der Neuro ist, denke ich, ähnlich wie in der Inneren. Überstunden liegt an den Abteilungen und an einen selbst. Lässt sich nicht pauschalisieren.

ad 4: ja, durchaus. Gehaltsaussichten? Kenne keine Zahlen aus erster Hand, aber gemäss diverser Tabellen, die immer wieder mal kursieren, eher mau, da Anamnesegespräch und körperliche Untersuchung, die die Hauptskills des Neurologen sind und wesentlich mehr Zeit einnehmen als in vielen anderen Fächern, nicht adäquat entlohnt werden. Viele machen dann entweder zusätzlich noch den Psychiatrischen FA oder arbeiten in einer Gemeinschaftspraxis mit psychiatrischen Kollegen. Zu NCH kann ich nix sagen bzgl. Niederlassung.

ad 5: jo, gibt es. Werde auch bald einer, wenn ich endlich mal die Fahrten zusammen bekomme ;-) Ist man aber eher ein Exot unter den neurolog. Kollegen. Es gibt halt welche, die akut- und intensivmedizinisch sehr interessiert sind (wie ich) und andere, die lieber PNPs abklären ;-)

ad 6: ad Neuro: überdurschnittliche Intelligenz ;-) :-D

Gewisses akutmedizinischen Interesse und Spass daran, auch mal komplexere Fälle zu lösen, die nicht immer nach ein, zwei Bildgebungen und/oder Laborparametern evident sind.

Für den FA Neurologie in Deutschland musst Du ein Jahr in der Psychiatrie verschwe... ehm, arbeiten. Aber auch das geht vorbei ;-)

anignu
28.01.2014, 00:47
zu 1: wehe du bist irgendwann der Meinung ein Carotis-Stent wäre die Therapie der 1. Wahl! Oh mann... ich bekomm grad nen Hass...

zu 2: kommt drauf an was du willst

zu 3: nein, chirurgische Fächer sind immer familienfreundlich. Auch völlig unabhängig vom genauen Fach speziell (denn die Neurochirurgie zählt ja eigentlich nicht zu den chirurgischen Fächern von der weiterbildung her).

zu 4: ja klar lassen sich viele Neurologen nieder! Hammer viele. Und wennst als Kliniker mal irgendwann einen brauchst, hast ein Problem... Neurologen sind gesucht wie sau. Weils immer mehr Patienten gibt. Weil die Patienten immer höhere Ansprüche haben und immer länger leben.

zu 5: ja, aber überleg dir gut was du willst. Du kannst nicht in allen Sachen gut werden. Ein Anästhesist ist auch nur deshalb als Notarzt in der Regel gut weil er einfach die Patienten ohne viel nachzudenken stabil ins nächste Krankenhaus bringt. Mit viel nachdenken und nochmehr Wissen kannst du um einiges besser sein als viele Notärzte, aber es ist sau anstrengend und du musst einfach mehr nebenbei lernen und machen als die Anästhesisten... ich hab Urologen erlebt die die besten Notärzte waren die ich jemals sah. Aber im Schnitt waren es die Anästhesisten dann Chirurgen dann Internisten die einfach ihre Einsätze gemacht haben und das nicht schlecht.

zu 6: geh nicht nach Bogenhausen/Schwabing für NCH. Mehr sag ich nicht.
Ach so, Skills: naja... ich vergleich da... nö... keine Skills... muss stark sein... darf nichts sagen...

scope
28.01.2014, 11:31
Es wurde ja schon viel geschrieben, nur noch als Ergänzung:

Niederlassung:
Es gibt auch niedergelassene Neurochirurgen, allerdings sind die dann natürlich überwiegend mit dem Rücken und peripherer NCH beschäftigt (auch operativ). Manchmal werden diese dann auch im Notfall reingerufen, wenn es brennt und dringend ein Loch gebohrt werden muss oder so, die Klinik keine NCH hat und die nächste Abteilung weit weg liegt. Wie das dann genau geregelt ist (Belegarzt oder was auch immer) kann ich nicht sagen, ich weiß nur dass es das zumindest an einer mir bekannten Klinik so ähnlich gibt.

Arbeitsbelastung:
Das kommt wie immer auf die Klinik an. Ich habe an einer Uniklinik in D in der NCH famuliert, und da war es durchaus machbar. Es war schon viel Arbeit, aber es schien für mich schon noch im ertragbaren Rahmen zu sein. Die AA sind sogar meistens relativ pünktlich rausgekommen. An einer anderen mir bekannten Uniklinik ist das meines Wissens nach leider nicht der Fall.

Neuro vs NCH: Man kann sich einen Teil des jeweiligen Faches auch für den anderen Facharzt anrechnen lassen, falls man mal reinschnuppern möchte.

mfg scope

Kaas
28.01.2014, 19:11
Wenn dich gerade die Bildgebung so interessiert: warum hast du nicht auch Neuroradiologie auf deine Liste mit aufgenommen? Da macht man in den meisten Fällen sehr viel Interventionelles. Und ich weiss jetzt nicht genau wie oft das vorkommt, aber einen Schlaganfallatienten früh im Zeitfenster erfolgreich zu lysieren/thrombektomieren dürfte in den Neurofächern zu den befriedigerenden therapeutischen Maßnahmen zählen.

Fr.Pelz
28.01.2014, 20:41
Hallo,
ich hatte jetzt einen kleineren Einblick in die Neurochirurgie, sicherlich mit auf der IMC potentiell vorselektiertem Patientengut, aber rein subjektiv finde ich das Fach extrem deprimierend. Gerade die Patienten mit Hirnblutungen, die kraniektomiert wurden, dann noch etwas vor sich hinvegetierten, in die Reha geschickt wurden, daraus zurückkamen (mit Null Verbesserung) zur Rekalottierung, um dann den Rest ihres Lebens im Heim zu verbringen. Am schlimmsten waren unter denen natürlich die Jungen mit Aneurysmablutungen, aber auch der ewig wiederkehrende Verlauf von "Im Alkoholrausch gestürzt, chronisches SDH, kann sich jetzt nicht mehr selbst versorgen, es gibt aber auch keine Bekannte/Verwandte, die die Betreuung übernehmen können" war furchtbar

Wie gesagt, das ist rein subjektiv. Die NCH-Assis die ich kenne, sind total begeistert vom Operieren. Aber das nur als kleine Ergänzung.
Die Arbeitsbelastung ist ja sehr unterschiedlich je nach Klinik und Organisationsform, bei uns gehen die NCH-Leute relativ pünktlich nach Hause.

Lady_89
28.01.2014, 21:47
Erstmal herzlichen Dank für die vielen Antworten.

Gut zu wissen, dass man wenig "interventionell" macht (hab ich mir fast denken können). Das ist wohl ähnlich wie bei manchen Innere-Fächern (zB Endo, Rheuma - aber in Gastro/Kardio/Pulmo macht man wohl doch einiges an Funktiondiagnostik mehr, Sonos, Endoskopien, Bronchos etc...!)
Zum Thema Neuroradio: Ich will einfach mehr direkt am Patienten sein und nicht nur meine Diagnostik machen und tschüss... ich mach gern Anamnesen und Untersuchungen und will ein Gesamtbild vom Patienten haben...Deswegen sind halt auch Innere und Allgemeinmed. noch Alternativen.

Das Thema Arbeitsbelastung ist wohl wirklich (wie immer) abhängig von der Klinik und Stellensituation.
Heute hab ich mit einem Neurologen (Assistenzarzt) geredet, große Uniklinik, der meinte, dass man extrem viel schichtet (die machen da 1 J. Neurointensiv und über 1 J. Stroke Unit), entweder 2- oder 3-Schicht-System wobei man wirklich jeden Tag sehr spät rauskommt. Außerdem 6-8 Dienste/Monat. Und wir reden da über Jahre :(

Er meinte, NCH sei nix für ihn, weil das im Grunde ne one-man-show ist, man fast immer n Mikroskop hat und man die ersten Jahre nur zuschauen darf (logisch aufgrund der Verantwortung...aber trotzdem zäh!).

Ich weiß nicht, ob NCH auf Dauer deprimiert, das gibts sicher auch in der Hämato-Onko oder im Bereich Kardio auch... HNO-Tumoren, Pädiatrie... selbst mit Medikamenten usw. vieles ist dann rein symptomatisch. Und in der Neurologie gibts zwar mittlerweile Therapien, vieles ist im Wandel, aber wirklich "heilen" ist ja auch sehr selten wenn mich nicht alles täuscht :D
Ach ja immer diese Heiler-Illusionen :D hahaha..

Das PJ wird ja sicher auch nochmal ausschlaggebend sein, hoffe ich zumindest.
Ich finde halt nach wie vor, dass gerade die Chirurgie (egal welche) total erfüllend sein kann! Einfach weil man so schnell Erfolge sieht.. das ist wohl auch ein Haken bei der Entscheidung, in welchem Fach man anfangen will. Ich denke schon dass mir operieren "liegt" (in der Famulatur hat es mir Spaß gemacht), aber man muss 1000 andere Dinge berücksichtigen (wie schon angesprochen: Familienplanung (derzeit eh nicht aktuell^^), Stadt/Land, Forschen ja/nein, große/kleine Klinik... Betriebsklima ist immens wichtig... gute Weiterbildung durch die Chefs und nicht alleine gelassen zu werden (wobei viele sagen, dass das auch Vorteile hat, dadurch wird man selbstständig - naja!). Etwas off topic jetzt, sorry ;)

Lava
28.01.2014, 21:55
Aber als Neuroradiologe arbeitest du ja interventionell! Ich finde schon, dass das eine Alternative ist, die du in Betracht ziehen solltest.

Ich war auch von der NCH sehr fasziniert im Studium. Hab da famuliert und mein PJ Wahlfach gemacht. So ein pulsierendes Gehirn vor sich zu sehen ist schon ein toller Anblick. Hat mich immer extrem in den Bann gezogen. Letztendlich hatte ich aber Bedenken, ob ich ein guter Neurochirurg werden würde. Ich hatte wohl auch ein bisschen Schiss vor der Verantwortung. Manchmal sind es Kleinigkeiten bei der klinischen Untersuchung, die Entscheidend sind, und ich hatte auch im PJ nie das Gefühl, dass ich wirklich gut untersuchen kann. Dann kam noch dazu, was weiter oben schon erwähnt wurde: wievielen kann man in der Neurochirurgie wirklich helfen? Wie ein Kommilitone von mir mal so treffend ausdrückte: Neurochirurgie ist eigentlich rein destruktiv. Du nimmt nur weg, du machst nichts wieder ganz.

Von der Arbeitsbelastung her ist es sicherlich von Klinik zu Klinik unterschiedlich. In der Uni hatte ich das Gefühl, die sind da alle enorm gestresst. Bei uns habe ich eher den Eindruck, die Neurochirurgen haben deutlich entspanntere Dienste als wir. Die haben halt in der Ambulanz nur eine handvoll Patienten im Dienst, dafür sind die auf Station mitunter anspruchsvoll.

Ans Operieren kommt man eigentlich auch schon während der Facharztausbildung. Sicherlich nicht so früh und so schnell wie in anderen chirurgischen Fächern, aber an der Uni haben sie sich eigentlich ganz gut an die Weiterbildungsordnung gehalten.

psycho1899
29.01.2014, 00:23
Das Hirn ist halt ein wenig komplizierter als Knochen.... wenn man nur was reparieren will, sollte man KFZ-Mechaniker werden ;-)

L89, wenn Du chirurgieaffin bist, wirst Du in der Neurologie wohl nicht glücklich. Neurologie lebt von der Faszination der Diagnostik komplexer Krankheitsbilder mittels guter Anamnese und klinischer Untersuchung und anschliessend gezielter apparativer Diagnostik. Therapeutisch fehlen die interventionellen Möglichkeiten. Medikamentös kannst Du schon eine Menge machen bei den typischen Erkrankungen und zu vielen Interventionen stellt man als Neurologe primär die Indikation. Ob jetzt das Versenken von DBS-Elektroden für einen medizinisch reizvoller ist als die Indikationsstellung zu diesem Eingriff und die weitere Einstellung des Stimulators, liegt natürlich an jedem selbst.

Falls Du zwischen NCH und Neuro schwankst, aber gerne operierst, würde ich empfehlen, Du beginnst in der Neurochirurgie, gewinnst einen Einblick, ob das Patientengut/die Arbeitszeiten etc. etwas für Dich sind und im worst case gehst Du nach 1-2 J und wechselst in die Neuro. 1 J wird im Regelfall auf die FA-Ausbildung anerkannt und ist sicherlich keine verschenkte Zeit.

Arbeitsbedingungen hängen häufig eher von der Klinik als vom Fach ab, obgleich sicherlich NCH, dadurch, dass es ein kleines Fach ist und meist nur in grossen Häusern vorhanden ist, da vielleicht schwieriger ist.

Weniger chillig als Psychiatrie sind beide Fächer ;-)

stennadolny
29.01.2014, 08:56
Die Neurochirurgie in der Fläche ist- bis auf die akuten Kopf-Notfälle - in erster Linie Wirbelsäule, weil das Schotter bringt und auch von der Häufigkeit her (glaubhaft ?) weit über den elektiven Köpfen liegt.

Hirn-OPs sind da eher - auch weil sie vergleichsweise wenig Schotter für den Aufwand bringen - selten, allenfalls an Maximalversorgern mit den entsprechenden Arbeitsbedingungen.

In der Tat sind weder Psychiater als Ausbildner (noch im Gegenzug Neurologen) am "Gegenfachjahr" rasend interessiert, zumal es bei den degenerativen Hirnerkrankungen ja bereits massive Verteilungskämpfe gibt. Außerdem ist die Arbeitstaktung in beiden Fächern SO unterschiedlich, daß man sich kaum mehr versteht.

Meines Erachtens ist Neuro eine traurig-tragische Geschichte in unseren Breiten, weil es zuviele Abteilungen davon gibt, die sich um häufig de facto eigentlich gut ambulant oder allenfalls über Konsil abzufeiernde, peripher-neurolog. Pat. kabbeln. Vielen Neurologen fehlt der tiefere Einblick in die Innere, von geriatrischem Basiswissen fehlt häufig jede Spur. Kenntnisse der Physikalischen und Rehamedizin sind SEHR rudimentär, aber vergleichsweise wichtig. Die Neuro-Intensiv hängt vom Haus ab, kann aber auch mal sowas von nicht-intensiv sein, daß man eigentlich weinen müßte.

Die ambulante (und stationäre) Vergütung ist vergleichsweise schlecht bei hohem diagnostischem Aufwand, ambulant kann man nur wenig apparativ machen, muß dann ohnehin oft in die Klinik einweisen. In der stat. Neuro rechnen sich (gröbere) Schlaganfälle samt der Rehaverwertungskette und Intensivmedizin, ansonsten eigentlich kaum etwas (außer vielleicht die allseits beliebten Schmerzpat.).
Das Pat. aufkommen einer Akutneuro rekrutiert sich zu gut 50% aus der Notaufnahme, daher sind große Häuser und Maximalversorger besser dran. Wichtig: Gute Anästhesie und vor allem Innere im Hintergrund, sonst ist die Neuro ein Sandkastenspiel.
Stellen gibt es in der Neuro (vor allem in der Peripherie) genug, allerdings wird man beim hohen Pat.turnover kaum etwas in Ruhe lernen können. Viele Neurologen bleiben dann in der Psychiatrie, viele hören am Anfang der Ausbildung auch wieder auf, weil die frühere "Eleganz" des Faches einfach nicht mehr gegeben ist. Meiner Erfahrung nach sind Neurologen erstaunlicherweise häufig grottenschlechte Arbeitsorganisatoren, insbes., da die Chefs sich eigentlich noch über den Internisten, schon gar den Neurochirurgien und Psychiatern sehen. Leider sehen die Abteilungserlöse meist genau entgegengesetzt aus.

Therapeutisch ist die Neuro, vorsichtig gesagt, nach wie vor überschaubar, finde ich. Ich habe auch schon Interne Abteilungen mit Stroke-Unit gesehen, die das weit besser machen als die nächstgelegene Neuro.

Ohne leistungsfähige (Neuro)Radiologie bringt die Neuro eigentlich auch nichts, leider sind die üblichen Wald-und-Wiesen-Radiologen in den meisten Häusern da recht schwach auf der Brust; über die (feinere) Bildbeurteilung von Neurologen selbst sei hier der Mantel des Schweigens gebreitet. Dazu ist die Neuroradiologie einfach bereits viel zu weit avanciert.

Reflex
29.01.2014, 09:29
Oh ha, trägt da jemand seine persönliche Vedetta mit den Neurologen aus?

Deine Pauschalisierungen sind ziemlicher Bullshit! Wie in jedem anderen Fach gibt es in der Neurologie gute Abteilungen und schlechte, Chefärzte, die wirtschaftlich arbeiten oder halt nicht, gut struktuierte Ärzte oder Chaoten und Leute, die über ihren Tellerrand hinaus sich mit Geriatrie, Innere Medizin, Chirurgie, HNO etc. beschäftigen (denn gerade in der Neurologie gibt es da zahlreiche Schnittstellen zu anderen Fächern.) Viele Neurologien haben inzwischen sogar Frührehabilitation Plätze.

Die Tatsache, dass es inzwischen internistisch geführte Stroke Unit gibt, ist eher dem Umstand geschuldet, dass Schlaganfall ein sehr einträgliches Geschäft ist. Meiner Erfahrung nach ist die Behandlung der internistischen Begleiterkrankungen excellent, aber die eigentliche Neurologie und insbesondere die Schlaganfälle, die über einen Media Infakt hinaus gehen bleiben oft auf der Strecke.

Wenn man Spaß an einem überwiegend diagnostischen gewichteten Fach hat und zu dem auch noch gerne sich mit den interdisziplinären Schnittstellen beschäftigt, dann ist Neurologie ein schönes Fach. Das einzige was mich gelegentlich stört, ist das aufgrund der hohen prozentualen Anteile an Schlagfällen, dass die periphere Neurologie oft eher in den Hintergrund gerät und der Alltag (zumindest in der Akut Neurologie im KH) eher von den multimorbiden oft internistisch schwer kranken Schlaganfallpatienten bestimmt wird. Entsprechend ist natürlich der massive Zulauf und Patientenumsatz.

stennadolny
29.01.2014, 18:53
Glaube, daß Neuro VOR der MRT-CT-Ära ein in der Tat spannendes, primär klinisches Fach war. Ist eben nicht mehr so.

Es gibt in der Neuro in der Tat viele Abteilungen, die von (Pseudo)-Strokes ("TIA" bringt eben mehr Geld als Nix Mehr bei Aufnahme.....) leben. Aber es gibt auch Neurologien im -kompetitiven - Umfeld, die satte Strokes (fast :)) nur vom Hörensagen kennen.

Natürlich WÄRE die Neuro auch heute noch ein schönes Schnittstellen-Fach, wenn man nicht so viele Akutbetten führen und füllen müßte (abgesehen von Stroke/Bewu0tslosigkeit-Guillain-Frühreha). Da werden Pat., bei denen ein erfahrener HA mit einem simplen peroralen Cortisonversuch schon die Diagnose gestellt hätte, komplett durch die Mangel genommen, bis man dann doch noch Cortison einsetzt.

Und weiß Gott durch den Schub wenig beeinträchtigte MS-Pat. stationär (!!) mit Cortison i.v. versorgt über zig Tage.

LasseReinböng
30.01.2014, 17:18
Wie gesagt, das ist rein subjektiv. Die NCH-Assis die ich kenne, sind total begeistert vom Operieren. Aber das nur als kleine Ergänzung.
Die Arbeitsbelastung ist ja sehr unterschiedlich je nach Klinik und Organisationsform, bei uns gehen die NCH-Leute relativ pünktlich nach Hause.

Ich narkotisere momentan im NCH-OP und die Operateure wirken auf mich total zufrieden mit ihrem Job. Man kann nämlich auch einen Heidenspaß am Operieren haben, selbst wenn es den Patienten hinterher nicht order nur marginal besser geht.

Das gilt im Übrigen auch für andere Bereich der Medizin. Der Neurologe findet vielleicht Befriedigung beim korrekten Stellen einer kniffeligen Diagnose , auch wenn diese dann therapeutisch kaum angehbar ist.

Lava
30.01.2014, 17:21
Ich narkotisere momentan im NCH-OP und die Operateure wirken auf mich total zufrieden mit ihrem Job. Man kann nämlich auch einen Heidenspaß am Operieren haben, selbst wenn es den Patienten hinterher nicht order nur marginal besser geht.

Dazu muss man halt der Typ sein.

IlkaT
31.01.2014, 21:58
Bei uns in der Stadt gibt es drei kliniken mit NCH. Bei allen dreien werden einige Überstunden gemacht in unserem Haus sind es meist so 60h/Woche, in den anderen (ein anderer Maximalversorger und eine Uniklinik) sind es mehr.
Niederlassungsmöglichkeiten sind begrenzt aber vorhanden, dann besteht das operieren aber fast ausschließlich aus Wirbelsäulen. Wieviel man dort verdient vermag ich nicht zu sagen.
Ich habe mein PJ in der Neuro gemacht und war sehr entäuscht. Das Suchen nahc der richtigen Diagnose fand ich zuerst als Herausforderung, aber sehe ich jetzt als nichts befriedigendes mehr an. Es wäre nichts für mich auf Dauer. Ich würde aufgrund der begrenzten (bzw auf Dauer limitierten Therapie) Möglichkeiten vermutlich auf Dauer depressiv werden.

stennadolny
01.02.2014, 09:16
Dem ist wenig hinzuzufügen. Außerdem ist - je nach Standort und Klinikstruktur - die geradezu panische Abhängigkeit von mehr oder weniger plumpen Zuweisungen peinlich, da diese meist (zunächst) genauso gut in der Inneren, wenn nicht gar ambulant, abgeklärt werden könnten.

Und daß zunehmende Gangstörungen/Sturzneigungen bei Opi und Omi eigentlich in die Geriatrie (Frailty !) viel besser aufgehoben sind, ist auch kein Geheimnnis. Habe nicht selten erlebet, daß irgendein neurolog. Dopa-Versuch (Achtung: MDK-Prüfung.....so ist wenigstens irgendetwas passiert....neben dem x-ten CCT mit Tausenden von Mikroinfarkten....und der soundsovielten LP.) beim multimorbiden Opi von den Geriatern wieder abgesetzt wurde, weil es schlicht sinnlos war.

SarahJulia90
01.02.2014, 10:09
Neurologie und NCH wird ja nicht nur hier immer mal wieder als frustran angesehen. Wie seht's denn mit der schon angesprochenen Neuroradiologie aus? Hat man da eventuell mehr Erfolgserlebnisse?

stennadolny
01.02.2014, 11:06
Zum Beispiel ? Ständig Wirbelkörper zählen, damit die Lokalisationshöhe von irgendwas richtig verortet wird ? Ein CCT nach dem anderen, ein cMRT nach dem anderen befunden ohne wirklich präzise klinische Fragestellung ? Neben dem Thoraxröntgen dürfte das CCT eine der häufigsten Verlegenheitsujntersuchungen in der Radiologie sein....

Lava
01.02.2014, 11:11
Äh, wie wäre es mit Aneurysma Coiling? Embolisation von AVMs? Es zeugt sich mal wieder, dass du keine Ahnung hast, wovon du redest.