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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Approbation / Arztberuf trotz Hörschädigung



RC1982
07.03.2014, 13:49
Hi,

ich hoffe, hier das richtige Forum erwischt zu haben, da meine Frage wahrscheinlich am ehesten bereits approbierte Ärzte beantwortet können (leider habe ich in der "Offline"-Welt jedoch noch niemanden gefunden, der sich da eine echte Einschätzung zugetraut hätte).

Ich überlege aus verschiedenen Gründen, mich für ein Zweitstudium in Medizin zu bewerben (Chancen, einen Studienplatz zu bekommen, stünden wohl auch nicht schlecht). Nun habe ich jedoch vor einigen Jahren durch einen Unfall einen irreversiblen Hörschaden erlitten, d.h. auf dem rechten Ohr höre ich praktisch gar nichts mehr, links geht's noch einigermaßen gut (im Alltag komme ich noch ganz gut zurecht, solange sich die Umgebungsgeräusche in Grenzen halten). Mein Problem ist nun, dass ich nicht wirklich einzuschätzen vermag, inwieweit sich dieser Umstand später ggf. im Arztberuf negativ bemerkbar machen könnte. Einerseits setzt die Approbation ja eine "gesundheitliche Eignung" voraus (ohne dass das ja irgendwo explizit definiert zu sein scheint), andererseits will ich aber natürlich auch jenseits formaler Voraussetzungen nicht riskieren, Patienten zu gefährden, weil ich bspw. irgendwelche schwer erkennbaren Herzgeräusche o.ä. nicht wahrgenommen habe. Klar gibt es auch Fachrichtungen mit weniger Patientenkontakt, aber konkret würde ich aktuell in den Bereich Anästhesiologie/Notfallmedizin tendieren. (Ich engagiere mich seit ein paar Jahren ehrenamtlich im Rettungsdienst, bin dabei aber bisher eben noch nie in die Situation gekommen, dass es auf mein Hörvermögen angekommen wäre.)

Ich weiß, dass es schwierig (vielleicht auch gar nicht möglich) ist, das von außen einzuschätzen, aber falls irgendjemand hier dennoch irgendwelche Tipps hätte (die Fachstudienberatung der hiesigen Universiätsmedizin habe ich auch schon erfolglos befragt) oder vielleicht sogar von ähnlichen Erfahrungen berichten könnte, würde mir das wirklich sehr helfen.

Danke schon mal & Grüße aus dem hohen Norden...

kartoffelbrei
07.03.2014, 14:08
Hast du schon mal ausprobiert, wie du mit einem Stethoskop zurecht kommst? Herzfehler musst du als Anästhesist ja nicht auskultatorisch diagnostizieren können, aber die Lunge abhören muss man im OP ja schon öfter mal, z.B. um nach der Intubation zu überprüfen, ob seitengleich belüftet ist, oder wenn keine Luft in den Patienten geht und du einen Bronchospasmus ausschließen willst.

Dann würden mir noch irgendwelche Notfallsituationen einfallen, wo es hektisch wird und wichtig ist, dass alle Informationen auch bei dir ankommen. Das kann ich jetzt natürlich nicht beurteilen, weil ich nicht weiß, wie gut genau du links noch hörst.

Colourful
07.03.2014, 14:10
Hm, ja, du bist rein körperlich auf jeden Fall geeignet, ich sehe da jetzt gar kein Problem. Du hörst nicht gut? Na und?
Meistens ist es im klinischen Alltag nicht von so großer Bedeutung besonders gut zu hören, im OP geht es eh strukturiert zu, da wirst du schon alles Wichtige verstehen können, im Studium sollte deine Hörminderung GAR KEIN Problem darstellen und später dann meiner Einschätzung nach auch nicht.
Auskultieren (grob) sollte auch so gehen und für Herzklappenerkrankungen gibt es das Herzecho... Von daher.

Ich würde sogar soweit gehen, dass man in einigen Fachrichtungen auch arbeiten kann, wenn man komplett gehörlos ist, selbst Patientenkontakt ist gut möglich, wenn man gut Lippenlesen und sprechen kann...



Von daher?! Nur Mut.

Wir hatten bei uns im Semester einen kleinwüchsigen Mitstudenten mit Rollator und in der Anästhesie an der Uni einen Oberarzt im Rollstuhl - ich denke, dass da eine Hörminderung ein geringes Problem darstelllt!

Relaxometrie
07.03.2014, 14:24
Such Dir doch ein paar Ärzte, die für Einstellungen verantwortlich sind, also Chefärzte und (leitende) Oberärzte und besprich es mal mit denen.
Dabei wirst Du Antworten aus dem gesamten Spektrum der Antwortmöglichkeiten bekommen, die von einem verbitterten "Lassen Sie das mit dem Studium sein" bis hin zu einem locker-flockigen und vielleicht nicht realitätsnahen "null problemo" reichen werden.
Aber so, wie ich Dich nach Deinem ersten Posting einschätze, kannst Du aus den diversen Antworten dann eine sinnvolle Quintessenz für Dich ziehen.

Probleme, die ich sehe, sind eher nicht die Herzfehler, die Du vielleicht nicht hörst (es gibt ja sogar elektronische Stethoskope, die eine akustische Verstärkung vornehmen.......keine Ahnung, ob die etwas taugen), sondern vielmehr die Schwierigkeiten, die vielleicht dabei entstehen könnten, den Dienstfunk/das Diensttelefon/das Notfalltelefon zu hören und auf andere akustische Signale bzgl. der Vitalparameter (Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung.......) zu reagieren.
Ich finde das Arbeitsumfeld im Krankenhaus (leider.....es stört mich sehr) oft störend laut. Wie würde es Dir dabei gehen? Nebengeräusche gibt es leider viele.

Mach doch auch mal ein Praktikum im Krankenhaus, oder sogar im OP (da Du die Anästhesie als Wunschfach angibst), dann kannst Du schonmal in etwa einschätzen, wie die Geräuschkulisse für Dich ist.

Evil
07.03.2014, 14:33
Kein grundsätzliches Problem. Es gibt Stammuser hier im Forum, die hochgradig hörgeschädigt sind und trotzdem als Unfallchirurg, Anästhesist und Notarzt sehr erfolgreich arbeiten.

Fr.Pelz
07.03.2014, 15:01
Ich würde auch sagen, dass es kein grundsätzliches Problem ist. Habe im letzten Jahr mit einem Kollegen zusammengearbeitet, der von der Beschreibung her noch eingeschränkter war als du.

Auskultieren konnte er gar nicht, er meinte, darauf sind seine Hörgeräte nicht zugeschnitten, aber es war meist auch kein Problem das jemand anders machen zu lassen. (Und in der Viszeralchirurgie ist das ja auch nicht DAS Instrument zur Diagnosefindung, zur Ileusdiagnose reichen die Darmgeräusche nicht allein).

Das womit er wirklich Probleme hatte, war Stimmen auseinanderzuhalten und auf einzelne zu reagieren. In der Visite haben manchmal der Patient und die Schwester gleichzeitig gequatscht und wenn dann im Hintergrund der meckerige OA noch was in seinen Bart genuschelt hat, konnte er nicht mehr reagieren.
Ich würde sagen, du bist ein bisschen auf den Goodwill deiner Mitmenschen angewiesen bzw. musst ihn dir einfordern. Aber wenn du das machst, müsste es klappen. :-)

Bille11
07.03.2014, 16:30
rc - wenn Du pn oder email freigibst, dann bekämst Du post.. ;-)

herrdoktor0815
07.03.2014, 19:11
Kein Problem. Die Bescheinigung für die Approbation kann jeder approbierte Arzt ohne verwandtschaftliche Beziehung zum Antragsteller ausstellen. Es wird lediglich gefordert, dass der Antragsteller für den Arztberuf geeignet ist. Fast immer nur Formsache. Kein ernsthaftes Problem.

Dr. Jekyll
07.03.2014, 23:45
Im Krankenhaus hatten wir 2 Cochlea-Implantatträgerinnen, die hören eingeschränkt und sprechen "sogar" eingeschränkt (Halt die Cochlea-Sprache). Schlagen sich aber gut durch bis auf ein paar Probleme. In der Inneren.

Es ist machbar, und bis jetzt haben alle Patienten Rücksicht genommen. Selbst die ältesten Patienten, wenn man es ihnen erklärt hat. Haben auch Spezialstethoskope zum Telefonieren und Abhorchen. Es sind beides gute Ärztinnen.


Eine war kurz mal Chirurgin, das ging durch den Mundschutz im OP nicht, weil sie nicht mehr Lippen lesen konnte. Das war ein Handicap. Dann ist sie in die Innere gewechselt.

RC1982
10.03.2014, 13:58
danke erst mal für die ganzen antworten. im grunde bestätigt es meine bisherige selbsteinschätzung: prinzipiell machbar, aber evtl. mit gewissen problemen verbunden. leider bin ich allerdings auch nicht mehr der allerjüngste (31 jahre alt - wäre wie gesagt bei mir ein zweitstudium), so dass ich mir eben schon gern völlig sicher wäre, dass das letztlich die richtige entscheidung wäre. aber gut, vielleicht kommt ja bis zum bewerbungsschluss noch die endgültige erleuchtung... :-)

@bille11: pn müsste eigentlich funktionieren...