Stellenwechsel Chirurgie

[rogerM]

Hallo

Momentan beschäftigt mich das Thema Stellenwechsel. Nach 3,5 Jahren Unfallchirurgie an einem kleinen Haus bin ich nun mehr oder weniger aufgrund der Weiterbildungsrichtlinie gezwungen an ein größeres Haus zu wechseln.
Mittlerweile halte ich das Thema Ärztemangel für eine "Urban legend", kaum ein Haus hat volle Weiterbildungsermächtigung bzw. freie Stellen für Assistenten. Daher lässt sich auch nicht so einfach eine Stelle finden. Wie sind dazu eure Erfahrungen bzw. wie sollte man am besten vorgehen?

[blackcat86]

Das mit dem "Ärztemangel" sehe ich genau so wie du.

Ein Bekannter meinte mal es sei empfehlenswert ein Stellengesucht im Ärzteblatt auszuschreiben, sei angeblich gar nicht so teuer, was da dran ist oder ob das tatsächlich notwendig oder sinnvoll ist weiß ich allerdings nicht, vielleicht kann da von den anderen wer noch was dazu sagen.

Wie stark bist du denn übrigens örtlich gebunden? Wobei sicherlich immer das Problem ist, selbst wenn man örtlich hundertprozentig flexibel ist, die Kliniken zu identifizieren wo man dann tatsächlich etwas bekommt, das weiß man ja nie vorher, und wenn sich die Fahrten häufen wird es irgendwann auch teuer, außerdem hat man ja auch nicht unendlich viel Zeit zur Verfügung. Weiß nicht ob es da überhaupt wen gibt der diesbezüglich die optimale Lösung gefunden hat.

[Lava]

1.) Rausfinden, was du WIRKLICH brauchst. Telefoniere mit dem Landesärztekammer! Sieht dir deinen OP Katalog an! Sprich mit Fachärzten, wie sie vorgegangen sind.

2.) Jede Landesärztekammer hat eine Liste mit den Weiterbildungsermächtigten. Guck dir die Liste an und schick Initiativbewerbungen an jede Klinik, die dich interessiert. Wird schon was bei rauskommen, glaub mir. ;-)

3.) Große Häuser sind überhaupt nicht schlimm. Ich war jetzt 5 Jahre bei einem Maximalversorger und fand es sehr gut dort. Muss ja nicht gleich eine Uniklinik sein.

4.) Vergiss nicht, dass du evtl. ein Jahr Orthopädie brauchst! Zumindest in Hessen ist das obligat.

[blackcat86]

So wie ich ihn verstanden habe war seine Sorge nicht primär nur dass er nicht an eine große Klinik will, sondern auch dass es schwer ist an einer großen Klinik überhaupt eine Stelle zu finden.

[Kackbratze]

Was das Vorgehen anbetrifft:
Liste der Weiterbildner von der Landesärztekammer raussuchen (Internet), kurz die interessanten Häuser abchecken (Google, medilearn und Co), dann anrufen und ggf. hospitieren.
Der Mangel ist keine urban legend, ausser man bewirbt sich in grossen Städten. Sowie auch der Dunstkreis um mehr als 50km von den Städten entfernt, gibt es Stellen. Die werden nur meist nicht ausgeschrieben oder waren es schon vor längerer Zeit und sind immer ich frei.

[blackcat86]

Was sich mir nur nicht erschließt, egal um welches Fach oder welchen Ort es sich nun handeln mag, ist warum angeblich freie Stellen nicht auf der Homepage der Kliniken ausgeschrieben werden - oder warum man dort nur einen Teil ausschreibt. Dort wären Ausschreibungen vollkommen kostenlos; dass jemand die Gebühr für eine Anzeige im Ärzteblatt nicht zahlen will ist verständlich, aber warum nutzt man die eigene Website, die man doch ohnehin hat, nicht? So wenige Absolventen gibt es außerdem auch nicht die jedes Jahr Examen machen, dazu kommen dann noch Bewerber aus dem Ausland; habe noch nie eine Stellenausschreibung erlebt wo der Chef nicht gemeint hätte dass mehrere Bewerber existieren würden. Oder einen Chef der keine Initiativbewerbungen erhalten würde. Um so jemanden zu finden müsste man wohl verdammt viele Sekretariate anrufen. Habt ihr denn schon so viele tolle Zusagen bekommen dass ihr weiterhin von Ärztemangel sprecht?

[Nurbanu]

Viele freie Stellen --> unterbesetzt --> viel Arbeit --> Flucht

[WackenDoc]

Evtl. kommt es gegenüber Patienten auch nicht so gut, wenn auf der Klinikhomepage reihenweise freie Stellen ausgeschrieben sind.

[anignu]

Warum man keine Stellen ausschreibt:
- weil in kommunalen Häusern Stellen grundsätzlich erstmal intern ausgeschrieben werden müssen. Meist findet sich dann doch irgendein externer Bewerber und die Stelle wird damit nie extern ausgeschrieben
- weil viele Häuser sich einfach einen Stapel an Initiativbewerbungen vorhalten auf die sie im Notfall zurückgreifen können
- weil es Politik ist: die Münchner Unikliniken würden doch niemals zugeben, dass sie eine freie Stelle nicht schon allein durch Initiativbewerbungen besetzen können... da gabs die letzten x Jahre keine chirurgischen Stellen mehr die ausgeschreiben wurden
- weil auch sonst keiner gerne zugibt dass er seine Abteilung nicht durch Initiativbewerbungen besetzen kann...

[Fr.Pelz]

Habt ihr denn schon so viele tolle Zusagen bekommen dass ihr weiterhin von Ärztemangel sprecht?

Bei uns ist es z.B schon so, dass ohne Stellenausschreibung schon diverse Inititativbewerbungen kommen, z.T auch völlig unqualifizierte (kein ordentliches Deutsch im Anschreiben, zweifelhafte ausländische Abschlüsse), so dass der CA keine Stelle offiziell ausschreiben will, da er Angst hat, die Verwaltung würde ihn dann dazu zwingen, einen von diesen Bewerbern einzustellen. Er hofft auf gute Inititiativbewerber bzw engagierte PJler, die er binden kann.

[Kackbratze]

Ausserdem werden die homepages meist extern betreut, bis da eine Änderung umgesetzt wird dauert das, oder der jeweilige CA hat keinen Bock da anzurufen...(erst dauerte Wochen bis die Anzeige drin ist, dann wieder Wochen bis sie raus ist. Und in der Zeit quillt das Postfach mit arabischen Bewerbungen über)

[blackcat86]

Ach so, dann meint ihr also dass diese so genannten "anderen Bewerber" dann meistens aus dem Ausland sind, Abschlüsse haben die gar nicht anerkannt werden, oder die der Chef nicht für wirklich gleichwertig hält etc.?

Dennoch gibt es auch Chefs die von ausländischen Assistenzärzten viel halten, manche sind auch fachlich sehr gut und man kommt gut mit ihnen aus, noch dazu nehmen es die meisten mit Überstunden-Aufschreiben nicht so genau, nicht jeder kennt seine Rechte so gut.

Und so wenige deutsche Ärzte gibt es ja auch nicht, oder? Wo jedes Jahr doch tausende ihr Examen machen - kann mir nicht vorstellen dass der Mangel wirklich sooo groß ist.

[Kackbratze]

Das Problem ist meist, dass die Sprachbarriere im Weg steht. Die Bewerbungen, die zu 90% aus dem Ausland kommen, sind schlicht und einfach gesagt, unverständlich und per googletranslator erstellt. Würdest Du so jemanden einstellen wollen?
Die meisten Kollegen werden entweder vorher von headhuntern vorsortiert oder per Mundpropaganda empfohlen.

Was die Absolventenzahlen anbetrifft: es gehen mehr Ärzte in Rente als Absolventen nachrücken. Das kann man alle 3 Ärzteblätter nachlesen.

[Fr.Pelz]

Also mein CA sucht weiterhin, obwohl er im letzten Jahr ua 2 ausländische Ärzte eingestellt hat (einer ist fachlich super, traut sich nur noch nicht so wegen der Sprachbarriere, aber das kann ja noch werden. Der andere ist wahnsinnig fleißig, ist leider mit seiner Sprache auf einem schlechten Niveau stehen geblieben und weigert sich(!) weitere bezahlte Sprachkurse zu besuchen)
Manchmal zeigen mir die Sekretärinnen Bewerbungen, da rollen sich einem die Fußnägel hoch. Bekleckertes Hemd auf dem Bewerbungsfoto war da noch das Lustigste.
Was ich so aus der Inneren und der Radio höre, ist jetzt auch nicht nur prickelnd bzgl der Stellensituation.

[WackenDoc]

@Blackcat: Du machst dir über die falschen Dinge Gedanken zumindest was die Stellensuche angeht.
Wichtig ist, dass du und der richtige Arbeitgeber zusammenfinden. Egal wie die Stellenlage insgesamt aussieht.
Man kann sich auch eine Nische suche, wo es wenig Stellen aber auch wenig Bewerber gibt.

[Lava]

Wie kommt ihr denn dazu, andere Bewerbungen zu sehen? Ich hab irgendwie noch nie eine andere Bewerbung außer meiner eigenen gesehen :-nix

Ich gehe auch davon aus, dass die Chefs Initiativbewerbungen bunkern und bei Bedarf darauf zurück greifen. So bin ich an meine jetzige Stelle gekommen und letzte Woche hat noch eine andere Klinik angerufen, bei der ich mich vor zwei oder drei Monaten beworben hatte. Schade eigentlich, dass die sich jetzt erst gemeldet haben.

[Kackbratze]

Je nach Aufgabenbereich kann es auch sein, dass Fach- oder Assistenzärzte Einblicke bekommen können.