PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie organisiert man sich gut als Assistenzarzt auf Station?



Seiten : [1] 2 3

Medicina1985
18.03.2014, 20:00
Diese Frage richtet sich vor allem an die schon erfahreneren oder die Naturtalente unter uns:-)

Da ich bald meine erste Stelle antrete und in letzter Zeit viel hospitiert habe und so die Möglichkeit hatte mit verschiedensten Leuten zu reden, sind mir ein paar Dinge aufgefallen...
Häufig war es so, dass die Assistenten ungefähr gleich viele Patienten hatten, der eine war um 4 mit seiner Arbeit fertig und konnte in die Funktion oder nach Hause gehen, der andere war noch bis 8 mit seinen Patienten beschäftigt. Dieser hat sogar dem anderen neidlos zugestanden, dass er seine Arbeit nicht weniger gut oder genau macht...

Habt ihr da irgendwelche Tips? Anfängerfehler etc.?

Jule-Aline
19.03.2014, 07:02
Wenn du unkomplizierte Pat hast, wo du ungefähr das Entlassungsdatum abschätzen kannst, ist es bessser, den E-Brief einige Tage vorher zu diktieren/schreibenZ.B. bei Appendektomien,dist.Radiusfraktur, Prothesenimplant. Sectio, etc,Das erspart viel Stress am E-Tag.Datum ,Medis, kann man immer noch ändern,.Auch wenn der Verlauf sich als komplizierte entpuppt,gibt es wenigstens eine Vorlage.Nichts ist ärgerlicher,wenn bei der CA oder OA Visite festgestellt wird, dass etliche heute oder ggf morgen gehen dürfen.

Jule-Aline
19.03.2014, 07:07
Was mir noch einfällt: To do Liste schreiben, diese gezielt abarbeiten.
Angehörigengespräche für die Mittagszeit oder den frühen Nachmittag ,nicht erst wenn man nach Hause will.Leider kommen da erst viele zu den Pat.Und wollen dann unbedingt einen Arzt sprechen:( Schauen,welche Aufgabe macht die Pflege,welche du(BEs, Infusionen anhängen,Verbände,Blutkulturen etc.)
Zügig die Visite machen, nicht so viel Privates erzählen,meistens wird die dich begleitende Pflege ungehalten,wenn es sehr lange dauert.

Fr.Pelz
19.03.2014, 08:02
Ich finde ein Visitenbuch sehr praktisch. Du gehst bei der Visite rum und das was dir dabei auffällt, was noch zu erledigen ist, schreibst du ins Buch
Pat Müller: Derma-Konsil anmelden
Pat Meier: für Gastroskopie aufklären
Pat Mustermann: Procedere mit OA klären…

Nach der Visite werden die Aufgaben priorisiert und aufgeteilt. Ist der OA nicht lange verfügbar? Dann jetzt alle Fragen klären. Hat Pat x gleich einen CT-Termin und noch keinen Zugang? Dann das als erstes…
Abgearbeitete Aufgaben werden durchgestrichen, damit nichts aus Versehen zweimal angefangen wird. In eine extra Spalte kommen zu schreibende Briefe. Wenn man mit mehreren Kollegen arbeitet, schreibt man die Namen hinter die Aufgaben.

Wenn es gut läuft, hat man die Aufgaben abgearbeitet bis die Aufnahmen kommen. Für die Aufnahmen hat man im Idealfall einen Fahrplan. Da checke ich z.B erstmal im Terminbuch den Einweisungsgrund und im System ob der Pat schonmal da war und wenn ja, welche Infos ich aus alten Epikrisen bekomme.
Anamnesen machen sich nämlich leichter, wenn die Patienten zwar sagen "Nö, sonst bin ich gesund" und du sagen kannst: "In den Unterlagen steht was von Schilddrüsenunterfunktion?" "Ach ja!"
Es kommt ja häufig vor, dass genau wenn du zum Patienten gehen willst, der Patient erstmal vorhat, sich eine Telefonkarte kaufen zu gehen, in der Pflegeanamnese steckt, etc jedenfalls nicht auf dem Zimmer ist. Ich bereite die Aufnahme so vor, dass ich erst Anamnese und Untersuchung mache, dann gleich erzähle, wie das weitere Procedere sein wird und ggf schon Aufklärungsbögen für Diagnostik oder OP mitnehme. Dann hat man alles in einem Rutsch erledigt und der Patient kann auch nochmal weglaufen.
Auch die Aufnahmen teilt man sich im Idealfall auf. Ist es eine "Standardaufnahme" zu einer häufigen Elektiv-OP kann man sogar in dem Rutsch gleich die Epikrise anlegen (wo man noch alle ND frisch im Kopf hat).

Ansonsten ist für den Alltag wichtig: Struktur Struktur Struktur. Chaos entsteht eh immer von alleine und genug. Auch bei den Visiten sollte man sich einen Fahrplan zurechtlegen.
Ich hab z.B auf einer andere Station erlebt, wie es ohne Visitenbuch läuft. Da heißt es dann "Oh die Frage klären wir am besten mit der Mibi" und irgendeiner zückt das Telefon und ruft an. Klar ist es dann sofort erledigt, aber es bringt auch extrem Unruhe rein.

Reflex
19.03.2014, 08:44
Es gibt immer so ein paar Kniffe, die einem das leben im Stationsalltag leichter machen.

1) Morgens direkt Rücksprache mit Pflege halten, um schon mal einen Überblick für aktuelle Probleme des Tages zu haben.
2) Visite vorbereiten! wenn du erst in der eigentlichen Visite alles durchgehst, zieht sich da wie Kaugummi und man kann sich nicht auf die Patienten konzentrieren. Praktischerweise hat man, dann auch schon den Überblick, was z.b. noch an Diagnostik laufen muss und welche Ergebnisse schon da sind und wo man noch nach haken muss. Hier für ist eine Patientenliste echt praktisch.
3) Frühzeitige Planung von Diagnostik, Therapie, Entlassung, Reha, Hilfsmittel etc. Nicht nach Schrotschussmanier alles anmelden, aber alles frühzeitig an gehen. Dann kann man den Entlassungsbrief auch bei guter Planung schon beginnen und hat hinterher nicht soviel Stress vor Tore Schluss.
4) Deligieren lernen. Viele Dinge kann man gerade im Administrativen Bereich an andere weiter geben, z.b. Stationssekretärinnen, Sozialarbeiter. Viele lassen Anfänger in dem Glauben, als Arzt müsse man sich um alles selbst kümmern. Manchmal braucht es da ein wenig "sanfte Gewalt". Aber mit Freundlichkeit, Höflichkeit und dem ein oder anderen leckerli geht das dann meist erstaunlicherweise doch auf einmal.
5) Bewusst Pausen einkalkulieren. Man ist wesentlich konzentrierter wenn man sich eine kleine Auszeit gönnt. Kollegen, die das nicht machen eiern gefühlt wesentlich mehr herum. Außerden tut der kollegiale Austausch dem Klima gut.
6) Angehörigen Gespräche in eine Zeit legen, wo ggf. Leerlauf herrscht. Einige Angehörige versuchen täglich gespräche ein zu fordern. Das ist außer bei Notfällen selten notwendig. Meist reicht es wenn ein Gespräch zur Diagnostik/Therapieplanung und dann ein Abschlussgespräch folgt. Das kann man denen auch höflich erklären. Manchmal gibt es große Familien, wo jeder für ein Gespräch angeschlichen kommt. In so einem Fall die Familie bitten einen Haupansprechpartner zu bestimmen mit dem man den Hauptkontakt hält. Du bin nicht für eine desolate Kommunikation der Familie untereinander zu ständig.
7) Arbeiten kalkuliert erledigen. Man muss sich den Tag so strukturieren, dass man die einzelnen Arbeitsblöcke möglichst störungsfrei (Notfälle ausgenommen) erledigen kann. Wie man das am besten macht ist von der Organisation der Abteilung abhängig. Aber eine Zeit für Telefonate, Arztbriefe, Zugänge/ Magensonden, Diagnostik einplanen.
8) Dinge auch mal bewusst liegen lassen oder aufschieben. Es gibt Pflegepersonal, dass manchmal für jeden Furz anruft und erwartet das man sofort springt. Das ist außer bei Notfällen oder dringlichen IV Medikamenten etc. aber selten notwendig. Manche Dinge können auch mal ein paar Minuten, weniger wichtige Angelegenheiten auch mal ein paar Stunden warten. Wenn man sogar weiß, dass z.b. eine Gastro erst für die nächste Woche terminiert ist, kann eine Aufklärung auch mal einen oder ggf. mehr Tage aufgeschoben werden.
9) Um Hilfe bitten. Von einem Anfänger erwartet niemand, dass er seinen Job so perfekt macht, wie ein Altassistent. Es ist keine Schande um Rat und um Hilfe zu bitten. Gerade wenn der Bär so richtig steppt, kann dir ein erfahrener Kollege immens helfen. Andersherum solltest du natürlich auch dann deine Hilfe anbieten, wenn der Kollege in einer Bredouille ist und du einen ruhigeren Tag hast. und wenn du ihm nur einen Happen zu essen organisierst oder ihm zum Essen auslöst, weil er z.b. nicht aus der Ambulanz weg kommt.

Eine gute Struktur gibt dir als Anfänger viel Sicherheit und hilft dir den Überblick nicht zu verlieren.

Medicina1985
19.03.2014, 17:36
Wow!!! Vielen lieben Dank für die vielen konstruktiven Vorschläge!! Da war wirklich viel nützliches für mich dabei.

Habt ihr vielleicht auch noch einen Trick, wie man sich all die Patienten merkt? Finde es immer recht beeindruckend, wenn irgendjemand plötzlich zu einem Patienten was gefragt wird, und sofort weiss, um wen es geht, was anliegt usw....

Wo bekommt man so einfache Infos her? Zum Beispiel ob und wann jemand nach Gastro trinken darf, oder so? Wann aufstehen nach OP, wann duschen? Eigentlich alles triviale Sachen, aber irgendwie hab ich das im Studium nicht gelernt....und all das zu fragen, nervt sicher auch die anderen...

Jule-Aline
19.03.2014, 18:11
Wo bekommt man so einfache Infos her? Zum Beispiel ob und wann jemand nach Gastro trinken darf, oder so? Wann aufstehen nach OP, wann duschen? Eigentlich alles triviale Sachen, aber irgendwie hab ich das im Studium nicht gelernt....und all das zu fragen, nervt sicher auch die anderen...[/QUOTE]

Aufstehen nach OP: In unserem Haus spätestens am 1.oder2. post-OP Tag.
Du kannst auch die Pflege fragen,die können dir viele Tipps geben. .
nach der Gastro trinken: Als ich eine erhalten hatte, habe ich nach dem Ausschlafen etwas zu trinken erhalten.

WackenDoc
19.03.2014, 18:38
Am besten die Kollegen fragen, ob es Standards für´s Haus gibt.

Wie man sich die ganzen Patienten merken kann: Das kommt mit der Zeit. Und um sich nicht zu viel merken zu müssen, hilft gerade am Anfang ein Sprickzettel/Stationszettel, wo die wichtigsten Patientenstichpunkte drauf stehen.

Ich kann mir manche Patienten sehr gut merken, aber mit den Namen hab ich Probleme. Wenn ich das richtige Stichwort bekomme, worum es geht, funktioniert das meist auch mit dem Rest der Daten.

Reflex
19.03.2014, 19:43
[QUOTE=Medicina1985;1714827]
Habt ihr vielleicht auch noch einen Trick, wie man sich all die Patienten merkt? Finde es immer recht beeindruckend, wenn irgendjemand plötzlich zu einem Patienten was gefragt wird, und sofort weiss, um wen es geht, was anliegt usw....
/QUOTE]

Das ist reine Übungssache! Das Hirn ist wie ein Muskel, der trainiert werden muss. Das kommt irgendwann von alleine... Und solange macht man sich halt Notizen...

Ich z.b hab ein recht selektives Gedächnis. Ich kann mir sehr viel in kurzer Zeit merken, aber wenn der Patient entlassen ist, hab ich spätestens nach zwei Wochen das meiste wieder vergessen.

Für alle hauseigenen Standards gibt normalerweise im Intranet Leitlinien und Checklisten. Lass dir das von den Kollegen in den ersten Tagen einfach zeigen, wie man die abrufen kann und druck dir die wichtigsten aus.

Fr.Pelz
19.03.2014, 19:56
Ja, es gibt für alles Standards, was die Gastro angeht: wir richten uns nach dem Befund. Gabs da irgendwas auffälliges wie Blutung bei PE, gibt's am gleichen Tag nur Flüssiges, ansonsten kann man wieder normal essen.
Aber gerade solche Sachen weiß die Pflege und ist da auch gern bereit die Information weiterzugeben, schließlich müssen die sich häufig von dir das OK holen, dafür dass die Sachen nach Standard laufen. Und so bekommst du nebenbei mit, was Standard ist, auch wenn gerade kein Kollege da ist.
Mit dem Merken: das klappt immer besser, je mehr man selbst mit dem Patienten zu tun hat. Wenn du die ganze Aufnahme inkl OA-Vorstellung machst, weißt du auch am nächsten Tag bei der Visite noch, wer das ist. Ihr als Team unter Kollegen müsst dafür sorgen, dass ihr die Infos verteilt.
Wir arbeiten meist selbstständig, wenn wir uns dann im Arztzimmer begegnen, machen wir eine Mini-Übergabe, mit allem was auf der Seele brennt - nachmittags dann mit allen Beteiligten eine vollständige Übergabe.

Stell deinen Kollegen ruhig viele Fragen, gerade am Anfang ist das völlig ok - du wirst als interessiert und engagiert wahrgenommen.
Ich hatte schon im PJ und im ersten Arbeitsjahr immer ein kleines Heft, in dem ich mir alles mögliche aufgeschrieben hab, das hilft auch, vor allem in den ersten Diensten.

anignu
19.03.2014, 23:54
Wo bekommt man so einfache Infos her? Zum Beispiel ob und wann jemand nach Gastro trinken darf, oder so? Wann aufstehen nach OP, wann duschen? Eigentlich alles triviale Sachen, aber irgendwie hab ich das im Studium nicht gelernt....und all das zu fragen, nervt sicher auch die anderen...

Das mit Intranet und Standarts wurde schon erwähnt... was wenn es beides nicht gibt?
Dann einfach konservativ denken. Erstmal den Patienten nicht aufstehen lassen, dann kann nix passieren. Und dann wenns grad passt den Oberarzt fragen und dadurch lernen ;-)
Duschen genauso, oder Fadenzug, oder wie oft Verbandswechsel... erstmal auf der sicheren Seite bleiben und dann wenn gut Zeit ist sich überlegen was man tut und warum. Damit richtet man erstmal keinen Schaden an.

Für mich waren die ersten Monate erstmal dafür da zu lernen wie man sich organisiert und wie man möglichst keinen Schaden anrichtet. Aggressiver an die Therapie geht man mit der Erfahrung dann schon selber.
Ist auch im Dienst so. Wenn man sich nicht sicher ist ob aufnehmen oder nicht -> erstmal aufnehmen. Damit steht der Patient unter Beobachtung und es kann ihn immer noch ein erfahrener Kollege entlassen...

Medicina1985
20.03.2014, 07:40
Danke!!! :-)

WIe ist das mit Medikamenten? Habe großen Respekt davor, einfach ein neues Medikament (Blutdruckmittel, ANtibiose usw. ) anzusetzen....habt ihr da am ANfang immer Rücksprache gehalten?

Brutus
20.03.2014, 14:58
^^ Das geht doch auch jedem so. Zu Hause würdest Du doch nie drüber nachdenken, wenn Du dem Kind, dem Partner oder selbst eine Paracetamol, ASS, Maaloxon, etc. gibst. Aber dann kommt der Tag, wo man selbst "banale" Medikamente in die Kurve schreiben und dann auch noch mit Unterschrift versehen muss.
Und auf einmal fallen einem sämtliche NW von ASS ein. Aber der braucht das doch. Aber wenn er jetzt.... :-))

Ich würde am Anfang lieber einmal zu oft fragen, als zu wenig. Und mit der Zeit wirst Du auch sicherer, was man jetzt geben kann und wo man lieber den OA oder "erfahrenere" Kollegen anrufen sollte.
Keine Angst, das wird schon!

Fr.Pelz
20.03.2014, 17:59
Selbst bei Medikamenten gibt es häufig hausinterne Standards, meist hoffentlich leitliniengerecht (auch immer eine gute Orientierung, wenn man niemanden zum Fragen hat). Kommt auch drauf an, womit sich die Abteilung hauptsächlich befasst. Ich fange z.B in der Chirurgie bei postop Patienten selten eine RR-Medikation an, wenn nicht gerade eine hypertone Krise vorliegt. Das darf schön der Hausarzt machen, wenn der Patient wieder im gewohnten Umfeld ist.
Was Antibiosen angeht, darf man, wenns nicht grad ein popeliger HWI ist, auch gern die Mikrobiologen anrufen (zumindest unsere sind immer sehr nett und freuen sich, wenn man sie beteiligt).
Und wie gesagt, keine Panik, jeder hat mal angefangen. Am Anfang kannst du noch kaum Fachliches wissen, deswegen ist das Zwischenmenschliche umso wichtiger. Stell dich überall vor, gib einen kleinen Einstand (muss ja nicht gleich am ersten Tag sein) und bitte höflich um Hilfe, wenn du nicht weiterkommst.

abcd
20.03.2014, 19:24
Eine Telefonliste mit den häufig gebrauchten Nummern ist auch sehr hilfreich.
Wenn man gerade im Stress ist und ein Angehörigengespräch ungelegen kommt, sollte man einen Termin vereinbaren.

blackcat86
22.03.2014, 00:58
Falls es keine hausinternen Standards geben sollte findet man teilweise auf den Internetseiten mancher Kliniken zumindest Nachbehandlungspläne, was ja auch für den Brief im Abschnitt "Prozedere" eventuell verwertbar ist. Was Medikamente angeht kann man zumindest die Dosierung nachschlagen; am besten fragt man aber das Pflegepersonal, die sagen einem teilweise auch wie das andere machen, und eben welche Medikamente überhaupt vorrätig sind, das variiert je nach Klinik ja zum Teil ebenfalls.

Ansonsten ist es hilfreich immer möglichst gut informiert zu sein, wozu auch ständige Updates gehören; zum Beispiel auf Konsilanforderungen eigene Telefonnummer mit Bitte um Rückruf sobald ein Ergebnis vorliegt schreiben, bei wichtigen Untersuchungen mehrfach im System nachsehen ob schon was da ist, sofern es Bildgebung ist die man vielleicht nicht optimal interpretieren kann ggf. den Radiologen anrufen und um eine kurze unverbindliche Einschätzung bitten (was ja schneller geht als ein schriftlicher Befund, außerdem lernt man dadurch teilweise sehr viel, je nachdem wen man an der Leitung hat und wie auskunftsfreudig der ist); sofern sich dann die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen ergibt erkennt man das frühzeitig. Auch sollte man den Tag nie anfangen ohne sich einen Überblick verschafft zu haben, und wenn es bedeutet dass man etwas früher kommt, zumindest ich fand das schon hilfreich.

Ansonsten ist in der Chirurgie wichtig dass alle Operationen des nächsten Tages optimal vorbereitet sind und nichts fehlt. Das ist im Grunde vielleicht sogar das Wichtigste, weil das das ist was den Vorgesetzten am stärksten auffällt, das Kerngeschäft eben.

Obwohl Briefe am besten diktiert werden ist es dennoch nicht schlecht ein paar Standardvorlagen eingespeichert zu haben, falls es im Schreibbüro zu Ausfällen kommt oder ein Brief aus anderen Gründen nicht rechtzeitig getippt werden kann. Besser ist es natürlich wenn man ihn schon einige Tage vorher vorbereitet, aber das geht eben auch nicht immer, insbesondere wenn man an diesen Tagen frei hatte oder anderswo eingeteilt war.

Ansonsten sollte man natürlich immer viel nachlesen. Was natürlich nicht immer geht, weil man oft auch einfach zu platt dafür ist, aber wann immer es geht sollte man schon versuchen sich zu überwinden.

Ich will nicht sagen dass das alles der Weisheit letzter Schluss ist; mag sein dass es Leute gibt die das anders machen und besser sind als ich. Dachte ich schreibe einfach nur was mir irgendwann einfach hilfreich erschien.

The Proteinkinase
26.03.2014, 09:42
Hallo! Wow das sind echt tolle Tipps! ich fange nächste Woche meine Stelle an und wird versuchen einiges davon umzusetzen. Ich glaube am Anfang schwirrt einem ganz schön der Kopf!
Vor allem den Vorschlag mit der To Do Liste und dem Büchlein finde ich gut. Als ich PJ machte war ich zusammen mit einer Assistentin die gerade ihre erste Stelle angetreten ist und sie hat sich auch alle neuen Informationen, Telefonnummern und Vorgehensweisen in ein kleines Buch geschrieben. Das war echt hilfreich!

WackenDoc
26.03.2014, 09:54
Und merke: Nimm dir in den ersten Tagen Zeit, alles Administrative ordentlich zu erledigen- später wirst du dem sonst ewig hinterherrennen und du wirst kaum Zeit haben, dich drum zu kümmern.

Gerade so Sachen wie Rechneraccount- da auch überprüfen, ob der wirklich so funktioniert, wie er soll, ob du alle Berechtigungen hast, die du benötigst, Zugriffe auf Laufwerke, etc.
Wenn es Einführungsveranstaltungen gibt- nimm die so schnell wie möglich mit.

Man ist schnell versucht, das schleifen zu lassen, um sich möglichst schnell auf der Station einzuarbeiten.

Und ganz wichtig: Bei jedem kurz vorstellen- besonders die Pflege legt da Wert drauf. Wenn du dir nicht merken kannst, bei wem du dich schon vorgestellt hast- im Zweifel hält doppelt besser (ich kenne keinen, der das geschafft hat, sich alle zu merken). Auch wenn nach x Wochen plötzlich jemand auf Station auftaucht- auch bei dem vorstellen.

firstdayofwinter
30.03.2014, 11:56
Mittlerweile glaube ich es ist viel Glück dabei, klar wenn man jeden Tag bis 8 bleibt und nicht mehr Patienten hat als andere auch dann stimmt etwas mit einem selbst nicht, aber auch ein guter Plan hilft nicht immer gegen längere Arbeitszeiten.

Bei uns ist es so man kommt um 7.45 und kann sich erstmal einen Überblick über neue Patienten, die nach der Arbeitszeit von gestern erst kamen, verschaffen. Dann könnte man ein paar Briefe anlegen, für mich persönlich ist das eigentlich eine sehr angenehme Sache, weil man in dem Moment viele Vordiagnosen, die für den aktuellen Aufenthalt durchaus relevant sein könnten, erst sieht. Und bei der Entlassung hat man dann nicht so viel stress, wenn schon früh der Brief angelegt wurde. Für Patienten, die am Vormittag entlassen werden können, könnte man auch jetzt schon die Briefe zu Ende schreiben und ausdrucken. Um 8.30 ist Frühbesprechung, diese dauert etwa 30 Minuten, häufig auch weniger, dann kommt man zurück auf Station, schnappt sich die Kurven von der Pflege, wenn es zeitlich möglich ist, macht Anordnungen, macht sich einen Plan für jeden Patienten. Wo müsste man Konsile, Sono, radiologische Untersuchungen anmelden, am nächsten Tag oder noch heute erneut eine Blutuntersuchung machen, gibt es Untersuchungsergebnisse, die man noch nicht mit dem Patienten besprochen hat, Aufklärungen für die nächsten Tage etc.. Dann geht man auf Visite, dabei macht man weitere Anordnungen, Pat hat Schmerzen/Übelkeit/seit 5 Tagen nicht abgeführt etc., Antibiose oder Infusionen früh absetzten kommt bei den Schwestern immer gut und vergessen sollte man so etwas sowieso nicht, während der Visite kann man schon Aufklärungen und Patientengespräche führen wenn man möchte, damit der Patientenkontakt nicht immer gestückelt ist, das kostet sonst Zeit und Nerven.
Dann alles zu Ende anmelden, Konsile, die seit 3 Tagen nicht laufen oder akut dringend sind telefonisch anmelden, Histo-Ergebnisse telefonisch erfragen, weitere Briefe anlegen. Um 12 Uhr ist Röntgenbesprechung bei uns, es gibt meistens erst recht spät schriftliche Ergebnisse von CTs etc, deshalb immer hingehen und danach wenn Zeit ist Mittagessen. Je nach Station ist dann um 1 oder 2 Uhr Oberarztvisite, danach gibt es noch einige Sachen zu klären.

Eigentlich ist das gar nicht so viel was man sich für den Tag so einplanen muss, aber wie gesagt Glückssache ob auf Station Notfälle passieren Patienten akut dekompensieren, Patienten oder Angehörige sind mit sehr hohem Gesprächsbedarf, viele Aufnahmen über den Tag oder einfach mal einen etwas komplizierteren Fall wegen dem man viel nachdenken und nachschlagen muss. Das kann man m. E. nicht wirklich planen wenn man dann 2 Notfälle hatte 5 Aufnahmen und 3 Patientengespräche am Nachmittag dann ist es doch plötzclich 7 und es liegen noch 5 Viggos rum die man in den letzten 3 Stunden nicht gesehen oder geschafft hat. Dann ist es echt Pech...

anignu
30.03.2014, 12:59
Hört sich sehr internistisch an ;-)
Ich schau immer, dass ich mit allen Anmeldungen spätestens um halb 9 fertig bin. Teilweise fangen bei uns die Internisten erst um halb 9 an und dann schaff ich es alles angemeldet zu haben, bevor alle anderen auch Termine haben wollen... Somit bekomm ich die besten Termine und mein Tag läuft ;-)
Und immer jammern. Also beim Röntgen brauchst du das CT fast immer unbedingt am Vormittag, da ja Mittag bereits die Entscheidung fallen soll wie es mit dem Patienten weitergeht (also falls es wirklich so ist). Ein paar Patienten dann noch in der Hinterhand haben, bei denen die Anforderung nicht sooo dringend ist dass es auch am nächsten Tag (da natürlich auch am Vormittag) laufen kann ist auch gut. CT am Nachmittag hat zur Folge: erstens weißt du nicht obs überhaupt noch passiert, denn es kommen ja noch die Notfälle, dann haben die Radiologen vielleicht keine Lust mehr das zu befunden, dann musst du an nächsten Tag dich vielleicht wieder drum kümmern, dann hast du es die ganze Zeit im Hinterkopf und es ist noch nicht erledigt usw. Wenns irgendwie geht, lass die Untersuchungen am Vormittag durchführen. Dann kann man am Nachmittag völlig entspannt die weiteren Schritte planen.

Und vor mittag unbedingt den Konsilen nachtelefonieren die am Vortag noch nicht gelaufen sind. Am Nachmittag ist sonst die Ausrede "haben so viel zu tun". Das hab ich auch. Trotzdem sollen die gefälligst ihre Konsile machen. Und gut finde ich auch, wenn man den Mensch entweder kennt der die Konsile macht oder sich ganz genau sagen lässt wen man denn am Telefon hat. Wirkt so als würde man das Konsil mit einem ganz bestimmten Namen verknüpfen und dann kann man die Leute dort packen wenns nicht klappt. Wenns ein "unpersönliches Konsil" ist, dann ist es leichter es zu verschieben.

Ach ja: und möglichst wenig Aufgaben übernehmen. Da hab ich noch ein riesen Problem mit. Ich versuch immer nett zu sein und zu helfen und das kostet mich Zeit ohne Ende. Wenn jemand anruft und von irgendeinem Patienten einen alten Arztbrief haben will -> Sekretariat oder Pflege. Nicht du. Das kostet dich erstens um die 10 Minuten wenns gut geht mit Briefe raussuchen, ausdrucken, faxen usw. und wenn mal wieder der Drucker nicht geht, die Faxnummer die falsche war und du zurückrufen muss um die richtige Faxnummer rauszusuchen hast du ne halbe Stunde oder mehr verschenkt. Lass es jemand anders machen. Ebenso mit diesen Telefonkarten oder Anmeldung der Patienten in der Verwaltung -> jemand anders. Kostet Zeit und Mühe und bringt einen aus der Arbeit draus. Oder wenn Leute einen Termin haben wollen in der Sprechstunde und die Sekretärin istgrad nicht greifbar: dann sollen die Leute wannanders anrufen. Wenn du dich drum kümmerst und irgendwas passt nicht hast du Zeit verbraucht und alle sind sauer auf dich.

Und Angehörigengespräche: mach ich grundsätzlich beim Patienten. Erstens weil ich dann die Gewissheit hab, dass die Angehörigen auch wirklich diejenigen sind die sie vorgeben zu sein, zweitens weil dann der Informationsstand von Angehörigen und Patient der Gleiche ist und drittens hab ich das Gefühl es geht somit schneller. Weil ich alles nicht sooo oft erzählen muss. Und auch Angehörige dürfen mal warten. Wenn ich grad nen Brief schreib, dann schreib ich den fertig. Sonst muss ich mich danach nochmal reindenken. Ein paar Minuten Wartezeit ist immer drin und die Angehörigen können sich ja derweil schonmal mit dem Patienten unterhalten.
Und noch was: es gibt Familien da will jeder einzelne ein Gespräch mit dem Arzt. Das geht nicht. Ein Ansprechpartner der Angehörigen reicht. Manche Familien wollen ihre internen Streitigkeiten dann auch noch im Krankenhaus austragen, das geht gar nicht.