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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nachalarmierung NEF, RTW vor Ort / Reanimation auf der Straße



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grundewelle
02.06.2014, 22:23
Als Besatzung eines NEF sitzt ihr auf dem Hof der Wache, die Sonne scheint, es sind angenehme 20°C.
Durch das Rappeln eures Melders an der Hose werdet ihr vom Mittagstisch aufgescheucht und stolpert zum Auto.

Über den Rundspruch kommt die Meldung "Straße soundso (anderer Wachbezirk, ca. 8min Anfahrt), laufende Reanimation auf der Straße, RTW XX-83-02 vor Ort.

Nicht so maximal entspannt werdet ihr durch euren RA des NEF durch den Verkehr geschleust und trefft nach etwa acht Minuten ein. Der RTW steht an einem Straßenrand. Von laufender Reanimation nichts zu sehen, aber die Leitstelle kann ja auch was falsch verstanden haben und die Kollegen hängen im Auto. Also ganz feist mal die Tür geöffnet - die beiden vom RTW gucken euch an, der eine hat schon ne ASS, der andere ein ausgedrucktes 12-Kanal in der Hand. Der Patient liegt auf der Trage, sieht beschissen aus.

Das wirft euch die RTW-Besatzung um die Ohren:
Der Patient saß am Straßenrand neben seinem Fahrrad auf dem er sich zuvor angestrengt hatte. Laut Passantin kurz bewusstlos gewesen, einmal erbrochen, klagte dann über Brustschmerz. Alarmierung RTW durch die Dame.

Im RTW noch VOR Monitoring Schnappatmung und pulslos, ca 10-20 Sekunden Thoraxkompression. Danach war der Patient sofort wieder wach, ansprechbar, komplett orientiert und wollte wissen was passiert sei.

Anamnestisch bekannte KHK, z.n. MI vor 3 Jahren, ASS100 als Med, Rest unbekannt, keine Allergien, keine weiteren VE.

RR 123/71, HF: 87/min, SpO2 95% unter Raumluft, 12-Kanal zeigt STEMI der VW.

Das hat die RTW-Besatzung vorbereitet/erledigt:
Reanimationsbereitschaft mit Beutel, Maske, Larynxtubus, Absaugung, alles für endotracheale Intubation.
Grauer Zugang im Handrücken, Infusion tröpfelt. 500ASS und 5000IE Heparin stehen bereit.

Go!

mary-09
02.06.2014, 23:52
Ich versuche mal einen Anfang:
Patient ist ja jetzt ansprechbar, oder?...kann er selbst zu seinen weiteren Medis (außer ASS100) Auskünfte geben? Was macht aktuell der Brustschmerz? Was genau verstehe ich darunter, dass der Pat. beschissen aussieht?

Die RTW-Mannschaft hat ja schonmal gute Vorarbeit geleistet:
Die 500ASS und 5000IE Heparin würde ich ihm mal geben. Nitro und Beloc bei dem Druck und der HF und bei Z.n. Rea so erstmal nicht. Haben wir die ST-Hebungen auch über der rechtsventrikulären VW?
Da er wahrscheinlich noch was für die Schmerzen braucht, 5mg Morphin (und 10MCP).

Dann: Wo ist das nächste KH mit HK-Bereitschaft?

grundewelle
03.06.2014, 00:10
Patient ist vollkommen ansprechbar und antwortet sogar. Allerdings klagt er permanent über Übelkeit und starke Brustschmerzen, die durch die Reanimationsmaßnahmen natürlich nicht besser geworden sind. Beschissen bedeutet in dem Fall kaltschweißig, aschfahl, schläfrig.
Es handelt sich um einen ordentlichen VW-STEMI V1-V6 in den Brustwandableitungen. Auf Nachfrage nimmt er noch ein Statin und Ramipril zum ASS. Plavix oder sonstiges allerdings nicht.

Gut, Nitro und Beloc bleiben da wo sie sind, 500ASS, 5000IE Heparin, 5mg Morphin und 10MCP befinden sich auf dem Weg in den Kreislauf! Nächste Möglichkeit zur PCI ist in etwa 5 Minuten entfernt. Ihr ruft dort an - belegt, zwei Notfälle reinbekommen.

Dem Patient geht es schon was besser, die Drücke variieren im 3-Minuten Takt zwischen 100mmHg und 120mmHg systolisch.

Ich nehm das mal vorweg: Die nächste Klinik, die einen Katheter hat ist ebenfalls voll. Letzte Möglichkeit die ca. 20 Minuten entfernte Klinik am Rande der Stadt. Irgendwas machen? Oder los?

SkYSkYSkY
03.06.2014, 00:59
Kann er zu dem MI vor 3 Jahren etwas zu der Behandlung sagen (Bare metal stent)?
Hat er das ASS heute schon genommen? Wenn ja, könnte man sich die erneute Gabe sparen. Zur Not schadet es aber auch nicht.

Ich würde zusätzlich noch Ticagrelor geben (180mg?). Mir fällt noch eine therapeutische Hypothermie ein, weiß allerdings nicht, ob damit bei geplanter Intervention schon präklinisch begonnen werden sollte.

Ansonsten sind wir mit 20 min Fahrt + 8 min Hinfahrt + ca. 10 min die wir da sind ja trotzdem gut in der Zeit. Von daher würde ich keine weitere mehr verlieren wollen und losfahren .... und uns natürlich ankündigen, damit es direkt ins Katheterlabor gehen kann.

grundewelle
03.06.2014, 01:13
Keine weiteren Angaben zur Behandlung des MI. ASS hat er heute noch nicht genommen.
Ticagrelor ist nicht da. Vor nem halben Jahr wurde bei uns noch 2x300mg Clopidogrel gegeben. Das ist allerdings zumindest bei uns im Bereich nicht mehr "in", höchstens, wenn es das behandelnde Krankenhaus so möchte. In dem Fall haben wir es nicht gegeben.

Die therapeutische Hypothermie wird meines wissens nach nur bei ROSC und Bewusstslosigkeit angewandt. Haben wir hierbei nicht gemacht.

Zu deiner Rechnung kommen noch die etwa 5min Anfahrt des RTW, 5min "Behandlung". Also insgesamt etwa 50min "door to baloon time". Passt so gerade. Also rambazamba, der Patient wird festgeschnallt und ab auf die Autobahn.
Der Verkehr ist dicht und der aktuelle Druck liegt bei 92/57mmHg. Frequenz 67/min, dem Patienten geht es zunehmend schlechter. Ihr seid gerade erst losgefahren.

SkYSkYSkY
03.06.2014, 10:38
Okay dann bekommt er natürlich das ASS.
Es ist empfohlen neben dem ASS noch einen ADP-Rezeptorblocker zu geben. Möglich sind da Prasugrel (wenn Patient nicht mit Clopidrogrel vorbehandelt ist, keinen Z.n. Schlaganfall/TIA hat und unter 75 Jahre ist) oder eben Ticagrelor. Clopidogrel sollte nur gegeben werden, wenn die beiden anderen nicht verfügbar oder kontraindiziert sind.

Ich hab sogar mal gelernt, dass man auch noch GPIIb/IIIa-Inhibitoren zu dem unfraktionierten Heparin geben soll, wenn eine primäre PCI angestrebt ist. Allerdings sehen das die verschiedenen Kardiologien nicht alle so und daher würde ich bei der Ankündigung nachfragen, ob der Patient es bekommen soll. Im Zweifel würde ich es auch erstmal weglassen.

Wegen der Hypothermie könnte man den Patienten ja auch sedieren. Aber ich weiß es auch nicht genau, von daher lassen wir es lieber ^^.

Okay dem Patienten geht es schlechter.... wie denn genau? Hat er Zeichen einer Herzinsuffizienz? Der Druck ist ja jetzt nicht so mega schlecht. Wenn nötig würde ich über einen NA-Perfusor zur Kreislaufunterstützung nachdenken.

grundewelle
03.06.2014, 11:46
Najoa, so ganz suffizient pumpt es nicht. Allerdings keine Anzeichen eines kardiogenen Schocks. NA perfusor klingt gut. Dafür müssten wir allerdings rechts ranfahren, da die auf dem NEF verlastet sind. Auf dem RTW sind akrinor und supra für den druck verfügbar.

Der Druck pendelt sich jetzt bei 70-80 systolisch ein und der Patient trübt ein.

H&M
03.06.2014, 12:00
Was sagen den Hf und SpO2 ?

grundewelle
03.06.2014, 13:47
91% bei 52bpm

H&M
03.06.2014, 14:52
91% bei 52bpm

Dann würde ich ihm mal eine Maske+Reservoir mit 6l draufsetzen. Wie weit haben wir es denn noch ? Inwieweit ist denn der Pat. noch adäquat ?

SkYSkYSkY
03.06.2014, 14:57
Jo, dann bekommt er jetzt Sauerstoff. Wenn schnell zur Hand, versuchen wir es erstmal mit einer Ampulle Akrinor. OK ist hoch gelagert, ja? Ist der Patient denn noch wach und ansprechbar?

Haben wir mal einen BZ gemessen? Was hat der Pat. für ne Körpertemperatur? Da wir sofort losgefahren sind, haben wir etwas die köperl. Untersuchung vernachlässigt. Dies holen wir jetzt nach. Also bitte mal einen kurzen Status erheben, insb. auf Herz und Lunge hören.

grundewelle
03.06.2014, 15:45
Temp: 37,7. Maske mit Reservoir gibt es bei uns leider nicht, wenn dann Brille oder verneblermaske. Die Brille sollte es aber auch tun. Herz und Lunge sind opb, BZ liegt bei 136mg/DL.

Auf Ansprache reagiert der Patient adäquat, aber leicht verlangsamt.

Die Verkehrslage ist leider so bescheiden, dass ihr trotz der gefahrenen fünf Minuten doch noch 20 Minuten benötigt.

Also: akrinor. Sicher? Wieviel?

Brutus
03.06.2014, 17:09
Gut, Nitro und Beloc bleiben da wo sie sind, 500ASS, 5000IE Heparin, 5mg Morphin und 10MCP befinden sich auf dem Weg in den Kreislauf! Nächste Möglichkeit zur PCI ist in etwa 5 Minuten entfernt. Ihr ruft dort an - belegt, zwei Notfälle reinbekommen.
Und? Das Katheterlabor meldet sich ab, weil zwei Notfälle in der Ambulanz sitzen? Sicher nicht! Hier ist ein Patient mit einem gesicherten Stemi der VW, der ASAP auf den Corotisch muss. Und ich fahre sicher nicht mit einem gerade reanimierten Patienten eine halbe Stunde durch Deutschland. Zur Not wird der in der ZNA erstversorgt und ggf. lysiert und dann Sekundärverlegt.
:-meinung


Ich würde zusätzlich noch Ticagrelor geben (180mg?). Mir fällt noch eine therapeutische Hypothermie ein, weiß allerdings nicht, ob damit bei geplanter Intervention schon präklinisch begonnen werden sollte.
Wird nix bringen. Hypothermie beim wachen Patienten endet nur im shivern. Der zittert sich dann wieder warm. Also entweder intubieren, tiefe Narkose und Hypothermie oder wir lassen es.
Zu den ...grelen: bei uns machen das die Kardios selbst, wenn sie es denn wollen. Meine Meinung dazu: der Patient ist in der Akutsituation derart gestresst und die Magenpassage derart verzögert, dass das eh nix bringt. Außerdem, was soll die Tablette bewirken, wenn ich innerhalb von 10 Minuten im KH bin. Da ist die Tablette mit viel Glück am Ende des Magens angekommen. Also entweder ich habe Medikamente, die unter Umgehung des GIT gegeben werden können im Rettungsdienst, oder ich lasse es. :-nix


Ansonsten sind wir mit 20 min Fahrt + 8 min Hinfahrt + ca. 10 min die wir da sind ja trotzdem gut in der Zeit. Von daher würde ich keine weitere mehr verlieren wollen und losfahren .... und uns natürlich ankündigen, damit es direkt ins Katheterlabor gehen kann.
Siehe oben. Schnellste geeignete Klinik. Und selbst wenn die noch jemanden kathetern, dann ist der Patient auf der ITS / ZNA besser versorgt, als in dem schaukelnden RTW. Und wohl auch schneller im Corolabor als wenn wir erst noch durch die Lande kutschieren...


Die therapeutische Hypothermie wird meines wissens nach nur bei ROSC und Bewusstslosigkeit angewandt. Haben wir hierbei nicht gemacht.
Eben. Macht ja bei wachen auch keinen Sinn...


Zu deiner Rechnung kommen noch die etwa 5min Anfahrt des RTW, 5min "Behandlung". Also insgesamt etwa 50min "door to baloon time". Passt so gerade. Also rambazamba, der Patient wird festgeschnallt und ab auf die Autobahn.
Der Verkehr ist dicht und der aktuelle Druck liegt bei 92/57mmHg. Frequenz 67/min, dem Patienten geht es zunehmend schlechter. Ihr seid gerade erst losgefahren.
Genau aus dem Grund würde ich solche Spielereien nicht machen. Notfallversorgung -> nächste geeignete Klinik -> zur Not Erstversorgung -> stabilisierten Patienten sekundär verlegen...


Okay dann bekommt er natürlich das ASS.
Es ist empfohlen neben dem ASS noch einen ADP-Rezeptorblocker zu geben. Möglich sind da Prasugrel (wenn Patient nicht mit Clopidrogrel vorbehandelt ist, keinen Z.n. Schlaganfall/TIA hat und unter 75 Jahre ist) oder eben Ticagrelor. Clopidogrel sollte nur gegeben werden, wenn die beiden anderen nicht verfügbar oder kontraindiziert sind.
Wer hat denn diese Medikamente auf den Autos? Ich wüsste bei mir adhoc keinen Kreis, der die Sachen vorhält. Meine Ansicht zur MDP habe ich ja oben schon geschrieben...


Ich hab sogar mal gelernt, dass man auch noch GPIIb/IIIa-Inhibitoren zu dem unfraktionierten Heparin geben soll, wenn eine primäre PCI angestrebt ist. Allerdings sehen das die verschiedenen Kardiologien nicht alle so und daher würde ich bei der Ankündigung nachfragen, ob der Patient es bekommen soll. Im Zweifel würde ich es auch erstmal weglassen.
Auch hier: wer hat sowas auf dem Auto? Ich denke, die Kardiologen sollen alles geben, was sie meinen, aber bitte dann, wenn sie den Patienten übernommen haben!


Wegen der Hypothermie könnte man den Patienten ja auch sedieren. Aber ich weiß es auch nicht genau, von daher lassen wir es lieber ^^.
Sedierung alleine wird nicht reichen. Der Körper wird versuchen, über das Zittern die Wärme zu erhalten. Also entweder tiefe Narkose (wollen wir nicht wirklich, weil dann können wir den Supraperfusor anschmeißen), oder lieber lassen.


Okay dem Patienten geht es schlechter.... wie denn genau? Hat er Zeichen einer Herzinsuffizienz? Der Druck ist ja jetzt nicht so mega schlecht. Wenn nötig würde ich über einen NA-Perfusor zur Kreislaufunterstützung nachdenken.
Warum NA-Perfusor? Das Problem mit dem NA ist ja, dass über die Vasokonstriktion eben auch die Coronargefäße dicht machen. Ist ja eher nicht gewollt. Und der Druck ist (noch) gut. Wenn man was machen will, dann könnte man über einen Dobutrex-Perfusor nachdenken, um die Pumpleistung zu erhöhen, oder aber man hält sich an das, was im Auto sofort verfügbar ist: Supra. Bei Bedarf fraktioniert geben, besser als Perfusor applizieren.


Najoa, so ganz suffizient pumpt es nicht. Allerdings keine Anzeichen eines kardiogenen Schocks. NA perfusor klingt gut. Dafür müssten wir allerdings rechts ranfahren, da die auf dem NEF verlastet sind. Auf dem RTW sind akrinor und supra für den druck verfügbar.
Also wenn es eher die Pumpfunktion ist, dann würde ich eher den o.g. Dobutrex-Perfusor bevorzugen. Oder eben Supra. Und vor allem nicht anhalten um irgendwas zusammenzusuchen! Und wir fahren jetzt mit viel Licht und Ton zur NÄCHSTEN Klinik mit Corolabor. Und wenn die meckern wegen zwei anderen Notfällen, dann sollen sie sich den Patienten ansehen und erstversorgen und dann entscheiden, ob er vll. die Nummer eins der Rangfolge wird...


Der Druck pendelt sich jetzt bei 70-80 systolisch ein und der Patient trübt ein.
Noch ein Grund, jetzt nicht die Stadtrundfahrt zu buchen. Ich würde jetzt wirklich gaaaaanz vorsichtig Supra geben, wenn der Patient mit etwas mehr Druck wieder klarer wird, dann ist alles gut, wenn der Druck und die Vigilanz weiter sinken, dann ITN, gerne auch mit Narkose und Supraperfusor VORHER!


Jo, dann bekommt er jetzt Sauerstoff. Wenn schnell zur Hand, versuchen wir es erstmal mit einer Ampulle Akrinor. OK ist hoch gelagert, ja? Ist der Patient denn noch wach und ansprechbar?
Warum Akrinor? Supra ist doch vorhanden.


Haben wir mal einen BZ gemessen? Was hat der Pat. für ne Körpertemperatur? Da wir sofort losgefahren sind, haben wir etwas die köperl. Untersuchung vernachlässigt. Dies holen wir jetzt nach. Also bitte mal einen kurzen Status erheben, insb. auf Herz und Lunge hören.
Du hast natürlich recht, aber gerade in solchen Momenten bin ich ein Fan von so wenig wie möglich und soviel wir nötig. In dem Moment, wo der Patient in der Konstellation einbricht, brauche ich keinen Status mehr. Die Frage ist ja, was bringt mir JETZT die körperliche Untersuchung? Bringt die mir irgendeinen Erkenntnis, die ich nicht aus den vorliegenden Werten ableiten kann, und die jetzt irgendeine Konsequenz für die weitere Behandlung haben wird? Oder vergeude ich nur Zeit, die ich sinnvollerweise mit der Behandlung der Akutsituation benötigen würde?


Temp: 37,7. Maske mit Reservoir gibt es bei uns leider nicht, wenn dann Brille oder verneblermaske. Die Brille sollte es aber auch tun. Herz und Lunge sind opb, BZ liegt bei 136mg/DL.
Ich nehme die Verneblermaske ohne Nebel drin. Damit bekomme ich eine deutlich höhere Sauerstoffkonzentration als über die Brille.
Herz und Lunge opB??? Ich kann es nicht glauben. ;-)


Auf Ansprache reagiert der Patient adäquat, aber leicht verlangsamt.
Moooment! Hattet ihr dem nicht Morphin gegeben? Außerdem ist der gerade noch so kompensiert und mit dem Überleben beschäftigt. Damit steht es ihm doch zu, ein bißchen verlangsamt zu sein...


Die Verkehrslage ist leider so bescheiden, dass ihr trotz der gefahrenen fünf Minuten doch noch 20 Minuten benötigt.
Und ich sach noch: Blinker raus und ab zur nächsten Klinik. Die 20 Minuten sind doch Wunschdenken! :-nix


Also: akrinor. Sicher? Wieviel?
Nöö! Warum wollen wir denn das Akrinor geben? Wenn es wegen der Pumpfunktion ist, dann isses das falsche Medikament. Da wäre Dobutrex oder Supra das Mittel der Wahl. Mit Supra würde auch der Druck direkt wieder besser werden, und es ist sofort verfügbar. Ich würde eine Ampullen in einer 100ml NaCl geben und dann Milliliterweise geben (unter fortlaufender 2,5min. RR-Messung).
Und wie gesagt: keine Stadtrundfahrten, das nächste KH ist unser Ziel. Sollen die halt eine Triage veranstalten, ich würde wetten, dass unser Patient gewinnt!

Nessiemoo
03.06.2014, 17:37
Hm, könnte man in der Situation (bei der Hf) auch Atropin geben, oder ist es kontraindiziert beim Herzinfarkt?

DennisB
03.06.2014, 18:31
Hm, könnte man in der Situation (bei der Hf) auch Atropin geben, oder ist es kontraindiziert beim Herzinfarkt?

Es sollte zumindest mit Vorsicht beim V.a. ACS gegeben werden, eine Kontraindikation besteht für den Notfall nicht.
Ich halte es aber für weniger sinnvoll im Vergleich zum Supra/Dobutrex, da wir nur kurzfristig die Situation möglicherweise etwas bessern, sofern überhaupt noch parasympathische Aktivität vorhanden ist und das Herz nicht aufgrund des Pumpversagens langsamer wird (...oder? :-nix).

grundewelle
03.06.2014, 18:48
Atropin ist meines Erachtens in genau der Situation kontraindiziert, ist doch reine Laborkosmetik. Der Anstieg der Herzfrequenz ohne infarktbedingt höhere Koronardurchblutung macht die Geschichte doch wohl eher schlimmer.

@Brutus: Das war alles keine ausgedachte Situation. Die nahe Kardiologie hat tatsächlich ebenfalls einen STEMI und einmal z.n. Reanimation reinbekommen. Die Uniklinik, die auch noch im Rahmen war hatte das gleiche.
In der Situation schien es uns allen jedenfalls sinnvoller, die etwas weiter entfernte Klinik anzupeilen. Im Nachhinein hätte man das natürlich nochmal überdenken können, da hast du Recht!


Warum NA-Perfusor? Das Problem mit dem NA ist ja, dass über die Vasokonstriktion eben auch die Coronargefäße dicht machen. Ist ja eher nicht gewollt. Und der Druck ist (noch) gut. Wenn man was machen will, dann könnte man über einen Dobutrex-Perfusor nachdenken, um die Pumpleistung zu erhöhen, oder aber man hält sich an das, was im Auto sofort verfügbar ist: Supra. Bei Bedarf fraktioniert geben, besser als Perfusor applizieren.

Wir haben Nitro auch für Perfusor da. Falls man Lust hat die zwei Perfusoren gegeneinander hochzuschaukeln :D

Dobutrex gibts auch! Allerdings auf dem NEF, das sich vor uns durch den Stau wühlt.

Also: Der verlangsamte Bewusstseinsstatus ist auf jeden Fall zu akzeptieren - da ist man sich denke ich einig.
Dass der in die Klinik muss, ist denke ich auch klar. Sauerstoff bekommt er über die mit Leukoplast modifizierte Verneblermaske - ohne Vernebelung ;)

Bei dem Patienten war es nun leider so, dass er auf der Auffahrt der Autobahn anfing ins Kammerflimmern zur rutschen. Damit hat sich die Frage nach dem Katecholamin der Wahl vorerst erledigt.


Edit: Dass NA die Koronargefäße verengt wäre mir neu? Dachte alle Gefäße BIS auf die Koronarien werden verengt.

SkYSkYSkY
03.06.2014, 20:02
Hm, könnte man in der Situation (bei der Hf) auch Atropin geben, oder ist es kontraindiziert beim Herzinfarkt?

Das Atropin bringt dir aber keine verbesserte Pumpleistung und keinen höheren Druck, nur ne höhere Frequenz.


Und? Das Katheterlabor meldet sich ab, weil zwei Notfälle in der Ambulanz sitzen? Sicher nicht! Hier ist ein Patient mit einem gesicherten Stemi der VW, der ASAP auf den Corotisch muss. Und ich fahre sicher nicht mit einem gerade reanimierten Patienten eine halbe Stunde durch Deutschland. Zur Not wird der in der ZNA erstversorgt und ggf. lysiert und dann Sekundärverlegt.
:-meinung

Danke erstmal Brutus für die klaren Statements, wir sind ja hier um etwas zu lernen.

Ich bin hier erstmal so rangegangen, wie ich es in der Situation mit meinem Wissen und meiner (fehlenden) Erfahrung gemacht hätte, ohne googlen, einfach um zu üben.

Mit dem Katheterlabor hast du natürlich völlig recht. Ich bin naiv davon ausgegangen, dass sie, wenn sie einen angekündigten STEMI ablehnen, ihn auch nicht bewältigen können, weil schon ähnliches zweifach auf dem Tisch. Als Anfänger muss man wohl lernen sich durchzusetzen.

Auch das mit der Magen-Darm-Passage ist plausibel und würde ich genauso sehen. Ich habe mich nur an die Leitlinien und Seminare erinnert und da ist es glaub ich wirklich so empfohlen worden. Das es nicht mal auf den Autos ist, weiß ich nicht, macht solche Empfehlungen aber auch irgendwie absurd.

Mit dem shivering is klar :), war ne doofe Idee.

Und beim Akrinor dachte ich, dass es doch auch das Herzschlagvolumen und die Kontraktilität erhöht. Wieso meinst du, es ist das falsche Medikament? Höchstens wegen einem höheren kardialen O2-Verbrauch. Aber das macht Supra ja auch. Ich hätte es auch titriert jeweils 1/3 Ampulle gegeben. Bei nicht ausreichender Wirkung, dann die von dir genannte Adrenalin-Verdünnung.

grundewelle
03.06.2014, 20:54
Ich persönlich würde denken, dass Akrinor in dem moment aus folgenden Gründen falsch ist:
Das Herz im ohnehin schon minderversorgten Zustand wird dadurch in dem Moment denke ich überansprucht. Die Blutdrucksteigerung kommt ja wie du schon sagst durch die positive Inotropie (auch leicht chronotrop oder?) und das dadurch erhöhte Schlagvolumen. Der somit erhöhte Druck steht soweit ich weiß in der Situation nicht in Relation zu den Kosten.

Supra macht das auch, ja, aber ich meine die Perfusion des Myokards wird stärker gefördert, oder?

Brutus
03.06.2014, 21:04
Mit dem Katheterlabor hast du natürlich völlig recht. Ich bin naiv davon ausgegangen, dass sie, wenn sie einen angekündigten STEMI ablehnen, ihn auch nicht bewältigen können, weil schon ähnliches zweifach auf dem Tisch. Als Anfänger muss man wohl lernen sich durchzusetzen.
Ich habe ja auch Verständnis dafür, dass die Kliniker da viel zu tun haben, wenn auf einmal 2 oder 3 Patienten gleichzeitig ankommen. Aber: von einer Kardiologie mit 24h Katheterbereitschaft erwarte ich, dass ich mit einem Patienten kommen kann, es sei denn, der Tisch ist kaputt. Ansonsten wird der Patient eben auf der ITS stabilsiert und ASAP dann ins HKL gebracht.
Und wenn die Uni sich unter ähnlichen Umständen abmeldet, dann ist das m.E. ein Armutszeugnis... Wie gesagt, eine Erstversorgung muss immer laufen, den stabilisierten Patienten transportiere ich ja dann gerne weiter.


Auch das mit der Magen-Darm-Passage ist plausibel und würde ich genauso sehen. Ich habe mich nur an die Leitlinien und Seminare erinnert und da ist es glaub ich wirklich so empfohlen worden. Das es nicht mal auf den Autos ist, weiß ich nicht, macht solche Empfehlungen aber auch irgendwie absurd.
Würde ich nicht so eng sehen. ;-)
Die Meinungen ändern sich da ja ständig. Und fährt man in 3 verschiedene Häuser bekommt man 4 verschiedene Antworten. Nur man muss eben auch sehen, dass man nicht die komplette Apotheke spazieren fahren kann. Und daher sollen die Experten da alles machen was sie gerne wollen, aber dann bitte innerklinisch mit dem nötigen Fachwissen und der Infrastruktur...


Und beim Akrinor dachte ich, dass es doch auch das Herzschlagvolumen und die Kontraktilität erhöht. Wieso meinst du, es ist das falsche Medikament? Höchstens wegen einem höheren kardialen O2-Verbrauch. Aber das macht Supra ja auch. Ich hätte es auch titriert jeweils 1/3 Ampulle gegeben. Bei nicht ausreichender Wirkung, dann die von dir genannte Adrenalin-Verdünnung.
Akrinor ist ein super Medikament! Für kurzfristige RR-Abfälle z.B. im Rahmen der Narkoseeinleitung. Aber in dem hier geschilderten Fall würde ich eher zum Supra greifen. Erstens ist es das deutlich potentere Mittel, von der Wirkweise eben genau das, was ich brauche und ich fange nicht wieder an, wilde Medikamentencocktails zu bauen. Und gerade in der Situation, wo ich davon ausgehen muss, dass der Patient gerade völlig dekompensiert mit der Anamnese der RA, wird es wohl eh über kurz oder lang auf die REA rauslaufen. U.U. kann ich das aber mit der fraktionierten Gabe vom Supra entweder herauszögern und den Patienten leidlich stabil halten, oder aber ich habe das Mittel der Wahl schon fertig und kann direkt loslegen...

grundewelle
03.06.2014, 21:22
Wie die Geschichte ausgegangen wäre, wenn wir direkt die nächstgelegene Klinik angefahren hätten weiß ich nicht. Jetzt aufhören wäre ja langweilig, von daher schlage ich vor wir machen so weiter, wie es tatsächlich war :S

Jedenfalls steht ihr jetzt auf der Autobahnauffahrt und euer Patient flimmert :-((