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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Antibiotikamonitoring sinnvoll oder nicht?



Viehdoc
25.07.2014, 14:10
Hallo ihr,

seit 01.07. ist ja das neue Antibiotikamonitoring bei den Masttieren wie Bullen, Schweinen und Puten Pflicht. Jeder Landwirt muss da ja seine Bewegungen im Tierbestand, also Abgänge usw. angeben, ebenso den Antibiotikaverbrauch.
Was haltet ihr davon? Meint ihr der Antibiotikaverbrauch wird durch sowas tatsächlich sinken?

Liebe Grüße

Es können sich auch sehr gerne Nicht-Tiermediziner an der Diskussion beteiligen ;)

noame
25.07.2014, 14:43
Die Frage ist auch hier wieder, wie genau wird das kontrolliert werden, bzw. wird man es kontrollieren können?

Für mein Empfinden ist das Problem nämlich einfach, das zu viel gemauschelt wird. Man weiß, das xy nicht erlaubt ist - dann trägt man es halt nicht ein? Der TA gibt Antibiosen ab an den Landwirt, und der entscheidet dann selber, wann er welches Tier wie lange behandelt?

Da wird eine Änderung des Dispersionsrechts in meinen Augen nicht viel ändern (was ja auch in der Diskussion war / ist, keine Ahnung, ob es tatsächlich schon gänzlich vom Tisch ist, länger nix gehört zu dem Thema), ebenso wie neue Richtlinien. Wir brauchen keine neuen Richtlinien, sondern mehr Kontrollen, damit vorhandene Richtlinien eingehalten werden....

DrJoa
26.07.2014, 08:39
über das dispensierrecht habe ich auch schon lange nichts mehr gehört... ich glaube auch nicht, dass die abschaffung irgendwas bringt. weil: was macht es für einen unterschied ob mans nun selber abgibt oder ob man ein rezept schreibt und die apotheke es abgibt? das ist doch der apotheke völlig egal, wenn derjenige ein rezept hat, dann geben die das raus.

vor allem frage ich mich bei diesem antibiotikamonitoring: warum nur für masttiere? der großteil der antibiotika wird doch bei den kühen im milchviehbereich eingesetzt und nicht bei den mastbullen oder?? (bei den puten versteh ichs ja, da hört man ja immer wieder wieviel antibiotika da reingepumpt wird)

mehr kontrollen wären sicherlich angebracht. obwohl ja gerade im milchviehbereich ja kontrollen abgehalten werden über die milch (vielleicht sind die deswegen auch rausgenommen worden??).

noame
26.07.2014, 14:41
Aber auch und gerade im Rinderbereich finde ich wird noch zu viel gemauschelt. Über die Milch wird eine Kontrolle gemacht, das ist schon richtig. Aber ob das ausreicht, ist immer noch die andere Geschichte. Solange der TA die Antibiose nur abgibt, und der Landwirt die Behandlung (und die Entscheidung, WER behandelt wird) übernimmt, wird das Problem sicher nicht kleiner werden.

Und was das Geflügel angeht - bei der Besatzdichte, die hier immer herrscht, müssen die Antibiotika mit einmischen, weil der Infektionsdruck deutlich zu hoch wird. Sinnvoller (aber eben teurer) wäre es, keine Antibiose zu "füttern", sondern einfach weniger Tiere pro Fläche aufzuziehen. Aber - der Verbraucher möchte eben doch alles gerne in "Billig"...

Elvira93
26.07.2014, 15:10
Ich kenn mich damit zu wenig aus, als dass ich nun wüsste, obs was bringt oder nicht.

Aber wird das nicht von den Verbrauchern im Endeffekt gefordert? Da finde ich es ziemlich sinnlos, denn wie noame schon sagt: die Verbraucher wollen billiges Fleisch, was denken die denn bitte, wie das produziert wird? Vielleicht sollte man mal eine Aufklärungskampagne starten und langfristig dafür sorgen, dass die Fleischpreise steigen, anstatt etwas "überprüfen" zu wollen, das ja anscheinend doch keiner kontrollieren kann (will?!).

noame
26.07.2014, 16:01
Da ist aber eben die Marktwirtschaft schwierig, bzw. nicht geeignet. Angebot und Nachfrage bestimmen leider den Markt....

Viehdoc
26.07.2014, 18:35
Ja, leider. Manchmal finde ichs traurig, wie egal es den Leuten ist, wo ihre Lebensmittel herkommen. In anderen Ländern bezahlen die Leute viel mehr Geld für ihre Lebensmittel. Was ja nicht unbedingt heißt, dass die Tierhaltung dort besser ist, aber trotzdem würde es helfen, wenn die Preise endlich steigen würden.

Ich denke auch, dass die Kontrolle des Antibiotikaverbrauchs extrem schwierig wird. Wie gesagt: oft lässt ja der Tierarzt Antibiotika für 10 Tage da, aber der Landwirt benutzt nicht alles und gibt es dann noch irgendnem anderen Tier oder so. Ich weiß nicht, wie die das überprüfen wollen ob nun wirklich Tier A behandelt wurde oder vielleicht doch Tier B?
Ich kann mir auch nicht wirklich vorstellen, dass das so verdammt viel bringt...

Nickel1992
28.07.2014, 08:17
Da soll jetzt also überprüft werden, wieviel Antibiotika jeder einzelne Betrieb verbraucht oder wie?
An sich finde ich es ja sinnvoll, dass in die Richtung mal was unternommen wird, gerade weil man ja immer wieder hört, dass v.a. bei den Puten so viel benutzt wird, aber ich stell mir die Kontrolle der Angaben auch etwas schwierig vor.
Wie wollen sie denn nachweisen, dass es wirklich der Bulle 520 und nicht 530 bekommen hat??

DrJoa
28.07.2014, 15:54
Wie wollen sie denn nachweisen, dass es wirklich der Bulle 520 und nicht 530 bekommen hat??

das könnten sie ja theoretisch nur stichprobenartig, wenn die denn tatsächlich kurzfristig die meldung hätten.
aber es geht doch auch mehr generell um den gesamtverbrauch als darum, welches tier das nun bekommt oder nicht?

noame
28.07.2014, 19:47
Die Frage ist dann, wie sollten die Kontrollen gefahren werden. Ich denke, wenn irgendwo Unstimmigkeiten auftreten, dann wird schon eher mal kontrolliert. Aber auch das sollte einfach engmaschiger erfolgen.

Und ich finde es viel wichtiger, als die Menge, das kontrolliert wird, wie SINNVOLL die Antibiose eingesetzt wird. Ich meine, ich bin mit einem Landwirt zusammen. Und (nicht bei ihm, der ist da verhältnismäßig vernünftig, aber selbst bei seinem Vater, aber eben auch vielen vielen Kollegen ist es so) dann hat ein Kalb Durchfall, und bekommt erst mal ne Spritze Pen. Die Kälber bekommen die Milch, die AB belastet ist (die also nicht abgeliefert werden darf), weil es ja in der Seele brennt, das Zeug wegzuschütten. Sehe ich vielleicht noch ein, aber WENN dann so ein Kälbchen eine Antibiose braucht, weil es hustet, oder weiß der Geier, dann wundern sich die Bauern, das da nix mehr greift, weil es schon bei jedem Pups Antibiotika bekommen hat, teilweise (über die Milch) auch dann, wenn es einfach nur zu schade war, die Milch wegzuschütten?

Was hilft mir da die Gesamtmenge? Der vernünftige Umgang, fundiert und sinnvoll eingesetzt, DAS ist doch eigentlich das wichtige.... und DA wird für mein Empfinden VIEL zu wenig kontrolliert....

Viehdoc
29.07.2014, 08:16
Da hast du definitiv Recht. Mein Freund ist auch Landwirt und der bestellt tatsächlich noch für alles den Tierarzt, weil er sagt, dass er damit besser fährt als wenn er die selber behandelt. Ich muss auch sagen, er hat verhältnismäßig geringe Tierarztkosten und da steht auch nicht jeden Tag der Tierarzt auf dem Hof, wie das bei so manch anderem Betrieb ist. Klar werden da auch die Kühe selber mit Antibiotika behandelt bei Mastitis, aber alles andere macht der Tierarzt, auch Calcium-Infusionen bei Festliegen und so. Und da kenn ich einige, die ihre Tiere ständig selber behandeln.
Und genau das ist der Punkt: es wird zu viel blödsinnig behandelt, weil "es ist ja da, warum soll man es nicht benutzen?"-Mentalität herrscht. Aber dass es auch in sinnvoller Dosierung eingesetzt werden muss und über mehrere Tage behandelt werden muss, um sinnvoll zu sein und vor allem um keine Resistenzen zu fördern, das bedenken die meisten halt nicht...

Und dann gibt es bei und Bauern, die verbreiten ein Kälbchen müsste 12 Liter Milch am Tag kriegen... wen wunderts denn, dass die Durchfall haben?!? Jupp und dann schön wieder die Antibiotika rein...

noame
29.07.2014, 17:27
Aber dass es auch in sinnvoller Dosierung eingesetzt werden muss und über mehrere Tage behandelt werden muss, um sinnvoll zu sein und vor allem um keine Resistenzen zu fördern, das bedenken die meisten halt nicht...

Diskussion VOR Beginn meines Studiums. SchwiVa gibt mir die Pen Flasche und die Spritze. "Zieh mal auf. Was soll die haben?"

Ich lese es mir durch "die bekommt 40 ml."
"Ach WATT, ich geb denen immer nur 20 ml, ich geb doch jetzt nicht das doppelte!!!"
"So steht es aber auf der Flasche!?!"

Tja - Kommentar meiner TÄ war dann, warum ich denken würde, das so viele Medikamente wohl so hergestellt würden, das die Bauern dann eben tatsächlich 20 ml bräuchten.... *kopfschüttel*

Elvira93
30.07.2014, 08:23
Tja - Kommentar meiner TÄ war dann, warum ich denken würde, das so viele Medikamente wohl so hergestellt würden, das die Bauern dann eben tatsächlich 20 ml bräuchten.... *kopfschüttel*


Was? Die stellen die Medikamente so her, dass man weniger braucht als eigentlich draufsteht oder wie versteh ich das jetzt? ^^

noame
31.07.2014, 06:49
Nein, sondern sie machen die Galenik so, das die Bauern halt 20 ml geben, und das dann korrekt dosiert ist...

Viehdoc
02.08.2014, 14:10
Ich kann einfach nicht nachvollziehen, warum die teilweise so uneinsichtig sind. Die müssten doch auch verstehen können, warum man sich an Packungsbeilagen halten sollte. Klar, ist auch ne Kostenfrage, gerade wenns um die doppelte Menge geht, aber was bringt einem die Hälfte, wenn sie eh nichts bewirkt?

DrJoa
02.08.2014, 20:02
Ich kann einfach nicht nachvollziehen, warum die teilweise so uneinsichtig sind. Die müssten doch auch verstehen können, warum man sich an Packungsbeilagen halten sollte. Klar, ist auch ne Kostenfrage, gerade wenns um die doppelte Menge geht, aber was bringt einem die Hälfte, wenn sie eh nichts bewirkt?

ja das macht irgendwie keinen sinn.

@ noame: aber wenn die galenik verändert wird und man dann nur 20ml statt 40ml braucht, dann ist doch sicher die flasche doppelt so teuer oder nicht? dann ist es für den landwirt ja eigentlich völlig egal...

noame
03.08.2014, 11:05
Es geht auch nicht um den Preis, sondern um die pure Gewohnheit. SchwiVa hat nen Landwirtschaftsmeister, der ist nicht blöde - aber wenn er von den anderen Medikamenten nur 20 ml brauchte, will er nicht plötzlich mehr nehmen. Dann muß man am Ende das Rind zweimal stechen, er hat ja auch "nur" 20 ml Spritzen da.

Sprich - diese "ich spritze nur Menge X" hat noch nicht mal einen rationalen Hintergrund.... was das ganze noch ein wenig bescheuerter macht irgendwie....

Viehdoc
05.08.2014, 11:41
Ok, die Macht der Gewohnheit hatte ich auch nicht bedacht ;). Mein Freund ist da genauso, ich glaub es dauert einfach immer ein bisschen, bis sich "neue" Dinge durchsetzen in der Landwirtschaft.

Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, wann es die ersten Zahlen zu diesem "Projekt" gibt und was man dann für Konsequenzen daraus zieht ;)