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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ausbildungsschwerpunkt Uni/Peripherie im Vergleich



KirstenP
09.08.2014, 21:16
Ich bin zwar erst gerade im klinischen Studienabschnitt, traue mich jetzt aber mal, mich an die fertigen Ärzte zu wenden, wenn das geht. Und zwar richte ich mich v.a. an die, die sowohl an der Uni als auch an einem peripheren Haus gearbeitet haben. Für mich steht ziemlich fest, dass ich eine Unikarriere machen möchte (gerne mit Habil). Dass da lange und oft wohl auch undankbare Arbeitstage auf mich zukommen werden, ist mir bewusst. Mir schwirren immer wieder im Kopf so Dinge herum wie, dass angeblich die fachliche Ausbildung/Lehre an peripheren Häusern oftmals besser sei, Rotationen in Funktionen etc. besser zu bekommen seien, mehr Basics vermittelt würden und eine frühere Eigenständigkeit bei Entscheidungsfindungen gefördert würde. Das klingt erst mal gut und wünschenswert, so etwas zu erlernen/erleben, aber ich habe die Befürchtung, dass, wenn ich erst mal an einem LKH oder dergleichen hänge, dort nicht mehr wegkomme. Daher wollte ich Euch bitten, mir Eure Erfahrungen mitzuteilen.
1. Ist der Arbeitsbeginn an einem peripheren Haus wirklich häufig eine Sackgasse und die Uni nicht mehr möglich?
2. Wo habt Ihr mehr gelernt fachlich, bzw wo wurde dies besser vermittelt?
3. Was waren Eure Beweggründe für den Wechsel?

Wenn jemand explizit Erfahrungen in der Kardiologie vorweisen kann, wäre das besonders hilfreich für mich. Vielen Dank!

LG Kirsten

Pupskopf
10.08.2014, 10:00
Hallo Professor,
Uni ist viel viel besserererer als die Peripherie, bleib mal an der uni...
Ich sag' mal so, ich hab' jetzt schon mehr hüfte/prox. femur operiert nach einem jahr, als der kollege der fachärztliche kollege der von der uni zu uns gekommen ist, ich finde das sagt doch schon alles.

Lakemond
10.08.2014, 10:52
Die Kollegin möchte aber Unikarierre machen und nicht eine gut ausgebildete Ärztin sein....

Coxy-Baby
10.08.2014, 10:57
Das sagt überhaupt nicht alles, du kannst auch ein Jahr lang nur Schrott operiert haben, immer in der Peripherie alles gleich selber machen zu dürfen, sagt genau 0,00 über deine Qualität aus.

flopipop
10.08.2014, 11:01
wenn du habilitieren willst, bleibt dir nichts anderes übrig, als an die uni zu gehen...
ausbildungsqualität ist eher hausabhängig, es gibt sowohl unikliniken, wo die weiterbildung sehr gut strukturiert ist als auch periphere häuser, wos nicht so ist....

Matzexc1
10.08.2014, 11:19
wenn du habilitieren willst, bleibt dir nichts anderes übrig, als an die uni zu gehen...
ausbildungsqualität ist eher hausabhängig, es gibt sowohl unikliniken, wo die weiterbildung sehr gut strukturiert ist als auch periphere häuser, wos nicht so ist....

Kann ich bestätigen. Ich bin der Meinung eine Pauschalisierung ist ziemlich unsinnig,am Ende fällt alles mit dem Konzept des Hauses.
Aus meiner Sicht als OP-Pfleger hatten meine beiden universitären Arbeitgeber das beste Konzept.Das periphere Schwerpunkt-KH war eine Mischung aus Personalknappheit und fehlendem Management.

Kirsten,such dir eine brauchbare Uniklinik wenn du dich habilitieren willst.Ich hab vor meiner ersten Arbeitsstelle als Examinierter ein Dutzend in ganz Deutschland abgeklappert.Sprich mit den Assistenzärzten,schau dir die Dienstpläne an und frag auch mal die Pflege/Assistenzkräfte. Wechseln kann man im Bedarfsfall immer

KirstenP
10.08.2014, 11:24
Danke Euch für die zumindest überwiegend vernünftigen Antworten. Dass es immer auch hausabhängig ist, ist mir schon klar. Wahrscheinlich sollte ich nach dem Examen genügend Zeit zum Hospitieren einplanen. Ich möchte nicht, nach zwei Jahren irgendwann frustriert feststellen müssen, dass meine Hauswand schlecht Warnung ich somit Zeit verloren habe. Und nein, ich möchte nicht nur Unikarriere machen, sondern zuallererst eine gute Ärztin werden.

Pupskopf
10.08.2014, 13:25
Das sagt überhaupt nicht alles, du kannst auch ein Jahr lang nur Schrott operiert haben, immer in der Peripherie alles gleich selber machen zu dürfen, sagt genau 0,00 über deine Qualität aus.

Wir machen eigentlich auch gar keine richtige Medizin, wir bewegen uns eher aus Stufe Metzger ;-).

Mano
13.08.2014, 13:00
Kommt sicher auch aufs Fach an. Operativ hat man an kleinen Häusern sich den Vorteil, dass da auch viele "kleine" Eingriffe sind - die große Leberchirugie an der Uni bringt dir als WBA im ersten Jahr wenig, weil du da allenfalls in dritter Reihe als Hakenhalter gebraucht wirst und die Standard-Anfänger-Galle allenfalls mal versehentlich am Wochenende in der Uni landet.
In den konservativen Fächern hast du an der Uni hingegen den Vorteil, von Anfang an ein breites Spektrum zu sehen und zumindest Stationsärztlich zu begleiten.

Eiko1986
14.08.2014, 19:32
Also an meiner Uniklinik (Fach Innere/Gastro) sind 30% der Kollegen aus peripheren Häusern zurückgekommen. Insofern ist der Sprung in Zeiten der Personalknappheit "zurück" an die Uni gut möglich (insbesondere in den großen Fächern und an den kleineren Unis, die immer Leute suchen; spreche jetzt nicht von Augenheilkunde in Tübingen).
Aber insbesondere wenn man sich für Forschung interessiert, sehe ich keinen Sinn darin an einem Lehrkrankenhaus anzufangen. Vielmehr sollte man sich nach dem Abschluss Zeit nehmen sich die Häuser anzugucken und die Schwerpunkte der Chefärzte herauszufinden (insb. wenn man ganz hoch hinaus will, sollte man sich dann den Forschungen des Chefs anschließen). Vorallem sollte man hospitieren, und alle erdenklichen Freunde und Freundesfreunde kontaktieren um an glaubhafte Information zu den arbeitsbedingungen zu kommen. Weil wenn du 60h auf Station schaffst und nicht mal Zeit zum Pissen hast, gehst du abends sicher nicht mehr ins Labor. Und glaub mir, an der Uni wird man nur weiter kommen und nicht zum Spielball werden, wenn man es schafft sich durch Forschung zu profilieren. Höre also niemals auf das was dir leitender OA und Chefarzt im Anstellungsgesprächversprechen, wenn es um Arbeitsbedingungen geht.

Madame Bouvier
17.08.2014, 21:21
Ich find deine Frage sehr gut und sehr berechtigt! Was mich aber mehr interessiert ist, wie man schafft an einer Uniklinik ein wissenschaftliches Profil zu entwicklen- immerhin sind wir nicht wirklich naturwissenschaftlich Ausgebildet (ausser 1 Jahr Diss wenn überhaupt) und können nur abends ins Labor. wenn man nicht grade forschungsfrei kriegt. Aber woher sollen die Ideen kommen und die Fähigkeit Ergebnisse zu interpretieren etc.?

KirstenP
18.08.2014, 20:40
Immerhin eine versteht mich ;-)
Natürlich haben wir Mediziner nicht die labortechnische und auch wissenschaftliche Grundausbildung wie Biologen oder andere NaWis. Aber auch die sitzen ja nicht direkt nach dem Studium im Labor und verfolgen direkt ihren eigenen Weg. Sie schließen sich zur Promotion einer bestehenden Arbeitsgruppe an und selbst als Post-doc sind sie ja nicht alle dabei, selber fleißig Drittmittel für neue selbst konzipierte Forschungsprojekte einzutreiben. Ich denke, da wächst man rein.Und wenn Wissenschaft ernsthaft und nicht nur zur Erlangung der zwei Buchstaben vor dem Namen oder aber als Zwang betrieben wird, so wird sich (so meine hoffentlich nicht allzu naive Vorstellung) auch ein eigener Geist entwickeln und vorantreiben lassen. Ich für mich habe jetzt beschlossen, so viel wie möglich in mir interessant erscheinenden Abteilungen zu famulieren und dort möglichst viel ehrlichen Kontakt zu den dortigen forschenden Assistenten aufzubauen. Vom Gedanken, außerhalb der Uni mal zu arbeiten, habe ich mich auch eher verabschiedet, da waren Eure Argumente überzeugend. Bezüglich der Frage, wie man neben eine Vollzeitstelle in der Klinik noch Forscung unterbringen kann: Forschungsfrei oder aber auch Teilzeitstellen bzw. im Sinne 50% Klinik und 50% Forschung gibt es doch auch, oder ist das nur formal so und in der Realität frommes Wunschdenken?

davo
18.08.2014, 20:49
Ich find deine Frage sehr gut und sehr berechtigt! Was mich aber mehr interessiert ist, wie man schafft an einer Uniklinik ein wissenschaftliches Profil zu entwicklen- immerhin sind wir nicht wirklich naturwissenschaftlich Ausgebildet (ausser 1 Jahr Diss wenn überhaupt) und können nur abends ins Labor. wenn man nicht grade forschungsfrei kriegt. Aber woher sollen die Ideen kommen und die Fähigkeit Ergebnisse zu interpretieren etc.?

Das ist IMHO eine sehr wichtige Frage. (Ich bin in einem anderen Fach promoviert, habe da also eine gewisse persönliche Verbindung.) Erklärt IMHO warum medizinische Forschung im Durchschnitt methodisch gesehen viel schwächer ist als andere Forschungsrichtungen. Und auch warum es immer mehr Ärzte an Unikliniken gibt die zusätzlich zum Dr. med. auch noch eine "echte" Promotion machen.

In Gießen gibts z.B. neben dem Dr. med. auch noch etliche Graduiertenkollegs, einen Dr. biol. hom. und einen PhD. Ist natürlich zeitlich viel aufwändiger, aber richtet sich halt an Leute die echte Forschung betreiben wollen.

IMHO ist der zeitliche Aufwand für so eine "echte" Promotion aber so groß dass immer eine Kluft bleiben wird zwischen Klinikern die Forschung betreiben und Medizinabsolventen die naturwissenschaftliche Forschung betreiben und wenig oder keinen Patientenkontakt haben. (In Nordamerika haben medical schools dann meist promovierte Statistiker und/oder Gesundheitsökonomen die die methodische Beratung für medizinische Studien übernehmen.) Denn Leute zu finden die mit Patienten arbeiten wollen, aber dennoch bereit sind drei bis vier Jahre zu opfern um gute Forschung zu erlernen, ist halt verdammt schwierig.

Auch noch gut zu wissen: einige deutsche Unis bieten schon MD/PhD-Programme an. Das britische Modell mit dem intercalated B.Sc. finde ich ganz interessant - denn da braucht man nur ein zusätzliches Jahr. Natürlich ist das nicht vergleichbar mit einem PhD, aber so ein Modell könnte IMHO dazu beitragen dass eine viel größere Zahl an Medizinabsolventen zumindest gewisse Grundkenntnisse im wissenschaftlichen Arbeiten erlangt.

Madame Bouvier
19.08.2014, 19:37
Wie ich das verfolgt habe an unserer Uni läuft es häufig so ab: Wenn der Chef grade mal mehr die Forschung vorantreiben will in seiner Abteilung stellt er Leute ein die u.a. Forschen wollen. Diese Arbeiten dann erstmal 1-2 Jahre in der klinik (sind evt. schon marginaler Teil einer AG oder helfen bei klinischen studien) und nehmen sich dann Forschungsfrei -> Frage: Woher weiß man was man machen kann/will/ soll ohne na-wi Ausbildung -> methodik, auswertung, paperschreiben, finanzen etcetc. Nich immer ist da ein alter Prof mit Fliege (Mentor) der einen in die Welt der Wissenschaft einführt und einem alle ttipps und Tricks verrät.... Und ausserdem habe ich den eindruck dass die jungen forschenden Ärzte auch nix preisgeben wollen (Es kommen immer nur so allgemeine Antworten ...). Nix community-selbes-boot-gedanke. Soll jeder das rad neu erfinden...
Meine 2. wichtige Frage:
Was gibt es neben der experimentellen Forschung an der Uniklinik noch zu machen Stichpunkt klinische Studien? Kann z.B. selbst interessante klinische Fragestellungen bearbeiten und retrospektiv z.B. neue Zusammenhänge in Krankheitsbildern untersuchen oder prospektiv eine Fragestellung untersuchen (also nicht das multizentrische Ding: Therapie A gegen Therapie A+ B bei XY an 5000 Patienten.)