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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : EKG-Interpretation



grundewelle
22.08.2014, 13:47
22j, männlich, sportlich, in letzter Zeit ein wenig abgeschlagen. War vor nem Jahr im KH, auf dem Entlassungsbericht steht als Diagnose: ST-Hebungen.

Hat sich selbst von dort entlassen, ohne, dass mehr gemacht wurde.

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Was meint ihr? Pathologisch?

Kandra
22.08.2014, 14:00
V1-V6 hast du nicht zufällig auch oder weißt ob er da auch ST-Hebungen hatte? In II, III, avF hebt er schon finde ich, bin aber nicht wirklich erfahren in EKG-Interpretation. Bei so nem jungen Sportler würde ich eher in Richtung Myokarditis etc gehen, deswegen wären die anderen Ableitungen auch interessant ^^

WackenDoc
22.08.2014, 15:08
Was übrigens neben der erhöhten ST-Strecke (müsste man ausmessen, ob die Hebung signifikant ist) auffällt, ist das tiefe Q.

Aber ST-Hebung ist auch keine Diagnose, sondern ein Befund. Aber schlimm kann es eigentlich nicht sein, wenn der Befund vor einem Jahr erhoben wurde und er bis auf die Abgeschlagenheit seit kurzem keine Probleme hatte.

Weswegen ist er denn damals in´s Krankenhaus?

Achso- eine Vagotonie kann gerade bei jungen Leuten auch mal Verändungen machen, die wie Hebungen aussehen.

Evil
22.08.2014, 15:37
Am wahrscheinlichsten sind Frührepolarisationen: http://en.ecgpedia.org/wiki/Early_Repolarization

Derzeit wird eine prognostische Bedeutung als Risikofaktor diskutiert, ist aber wahrscheinlich kein Hinweis auf einen aktuellen Myokardschaden,

Christoph_A
25.08.2014, 08:49
Hast Du zufällig die Brustwände, das wär schön zu sehen.
Insgesamt tendenziell eher aszendierende ST Hebungen ausm tiefen S heraus mit grenzwertiger Signifikanz, dazu, ohne die Brustwände gesehen zu haben, Hypertrophieanzeichen, wohl seit ca. einem Jahr bestehend, also bei nem sportlichen 8wie Du sagtest) Patienten per se auch nix besonderes (haben 1/3 meiner Leistungssportler auch, zur Beruhigung) => würd auf jeden fall noch ein Labor mit CK/CK-MB/BNP machen und zusätzlich ne Echokardiographie wie ne Ergometrie und ein Langzeit EKG.
Fazit: Diagnostik musst natürlich noch machen, wie ne Myokarditis siehts für mich nicht aus (ohne die Brustwände besehen zu haben). Denke, daß der gute Junge einfach viel Spocht macht. Und weil das so schön pathologisch aussieht, würd ich ihn dann alle 1/2 Jahre zur Verlaufskontrolle einbestellen :-blush
P.s.: Das Q ist nicht relevant, ist auf keinen Fall 1/3 der R-Zacke.

grundewelle
26.08.2014, 00:08
Brustwand gibbet leider nicht... Das mit der Vagotonie und/oder dem sportlichen scheint ja wohl am wahrscheinlichsten. Hatten wir bereits vermutet. Was genau steckt da physiologisch eigentlich hinter?

Christoph_A
26.08.2014, 09:01
Beim Sport hast am ehesten ne milde linksventrikuläre Hypertrophie und damit nen visuellen Aussensschichtschaden (= Hebungen) ohne Pathologie, bei der Vagotonie kommt dazu noch eine intrakardiale Leitungsverlängerung, deshalb hast Du oft noch hohe, eher spitze T-Wellen, v.a. in den Brustwandableitungen (deshalb meine Frage) und inkomplette Rechtsschenkelblöcke.

grundewelle
26.08.2014, 13:21
Okay...

Wie sieht das bei folgendem Patienten aus:

Ebenfalls 22J, ebenfalls sportlich, jedoch deutlich größer und nicht so muskulös. Guter AZ, keine Zyanose.
Gelegentlich Stress bei der Arbeit, belastbar, 1-2x/Woche Sport, gelegentlich Palpitationen, jedoch keinesfalls häufig oder regelmäßig, immer nach 10-15 Sekunden selbstlimitierend.
RR: 130/90mmHg
HF: 82/min
AF:12-14/min
Keine Medikamente, 1-2x/Woche Alkoholkonsum, Nichtraucher.
Bis auf diverse Allergien bezüglich Pollen und Gräser keine gesundheitlichen Einschränkungen, an Medikamenten nimmt er Aerius 5mg/Tag (bei Bedarf)

Vor einem Jahr beim Internisten gewesen, auskultatorisch stand auf dem Blatt nur: Carotiden frei, Lunge opB.
Was er noch beschreibt ist gelegentlich das Gefühl von einer ganz leichten Luftnot. Bei Belastung oder "Bauchatmen" ginge dies jedoch innerhalb von 10-20 Sekunden weg.

Bei der heutigen Auskultation wurde ein 2/6 Systolikum festgestellt, der Patient wirkte während des Abhörens leicht aufgeregt...
Was meint ihr? Echo-würdig oder nicht?

EDIT: DAS EKG!
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WackenDoc
26.08.2014, 18:25
Patient hat Beschwerden und es wurde auskultatorisch was gefunden- natürlich bekommt der nen Echo (bei uns bekommen sogar alle Patienten mit kardialen Beschwerden ein Echo egal was die Auskultation und das Echo sagen.


Was du dich aber immer fragen solltest (und eine Info, die du auch bei den Fragestellungen an uns weitergeben solltest): Wegen was ist der Patient überhaupt bei uns?

In diesem Fall: Warum war der vor einem Jahr beim Internisten? Warum stellt er sich jetzt nach einem Jahr wieder vor? Ist das Geräusch vorbeschrieben oder sicher neu?
Kann man die Atemnot weiter differenzieren? Belastungs- oder Bewegungsabhängig oder unabhängig von beidem? Wie oft und bei welchen Gelegenheiten tritt das auf?

grundewelle
26.08.2014, 23:02
"Zählt" das schon als richtige Beschwerde, also mit vermutlich kardialer Ursache? Die Palpitationen und Dyspnoe sind ja immer sehr schnell rückläufig. Die Luftnot tritt genau wie die Palpitationen völlig unabhängig von irgendwelchen Faktoren auf. Mal morgens, mal mittags, mal abends... Mal nach der Arbeit, mal davor, mal danach. Nichts, wo man irgendwas dran festmachen könnte. - Bewegungsunabhängig.

Die Untersuchung aktuell und die vor nem Jahr waren Routinekontrollen zur Abschätzung der Arbeitsfähigkeit.
Das Geräusch wurde NICHT vorbeschrieben.

WackenDoc
27.08.2014, 18:16
Wie genau beschreibt er die Palpitationen? Nicht dass er paroxysmale Rhythmusstörungen hat.

Ein Echo hat er auf jeden Fall gewonnen. Je nach dem was da bei raus kommt, auch eine Ergometrie.
Und je nach de wie oft er die Palpitationen hat ein LZ-EKG oder Eventrecorder.

Ist da eigentlich mal ein LZ-RR gelaufen? Er hat Hypertrophiezeichen und einen grenzwertigen Blutdruck- vor allem für einen jungen Patienten. So wirklich sportlich ist er nach den Werten auch nicht.

Coxy-Baby
27.08.2014, 22:21
Naja das ist wieder son Ausdruck vom Mäusekino, ich kann da wenig klar erkennen, selbst beim Lagetyp würde ich mich nicht festlegen wollen ;-) ist das ne LVH (seh ich nicht so richtig, eher nicht), ansonsten halt so Späße wie hohes R in V1 usw.... Grundwelle nur so aus Interesse, arbeitest du im Rettungsdienst und ihr habt euch ekgs geklebt oder was ist die Intention hier? zweitmeinung? Den Rest hat ja wacken geschrieben vorstellung beim Kardiologen, mit Anamnese, EKG, LZ-EKG, Echo und dann weiter schauen...

//stefan
28.08.2014, 17:59
schaut euch mal Ableitung III (als Beispiel, in anderen ABleitungen ist das auch) im vorletzten EKG an. da läuft die isoelektrische linie nach der ersten Herzaktion "höher" aber auf dem selben Niveau weiter, in dem darauf folgenden wieder. Ist das nicht eher ein technischer Umstand? Ich hätte das jetzt nicht als ischämierelevante Hebung gesehen. Da würde ich dann gerne ein "richtiges 12er" aus der Klinik haben (sieht nach nem alten Corpuls 08/16 aus).

grundewelle
30.08.2014, 16:29
Naja das ist wieder son Ausdruck vom Mäusekino, ich kann da wenig klar erkennen, selbst beim Lagetyp würde ich mich nicht festlegen wollen ;-) ist das ne LVH (seh ich nicht so richtig, eher nicht), ansonsten halt so Späße wie hohes R in V1 usw.... Grundwelle nur so aus Interesse, arbeitest du im Rettungsdienst und ihr habt euch ekgs geklebt oder was ist die Intention hier? zweitmeinung? Den Rest hat ja wacken geschrieben vorstellung beim Kardiologen, mit Anamnese, EKG, LZ-EKG, Echo und dann weiter schauen...

Erwischt!

Der Kollege vom letzten EKG hat sich dann beim Kardiologen vorgestellt und wurde geschallt... Altersentsprechender Befund, bis auf ein leichtes Prolabieren von einem Segel der Mitralklappe (OHNE Insuff.) nix auffälliges. Größe, Durchmesser normal, keine Aortenklappenstenose, keine Aortenisthmusstenose, Keine Mitralinsuffizienz, keine Trikuspidalinsuffizienz, Ejektionsfraktion normal, keine Rechtsherzbelastung blablub, alles kompletto unauffällig. Ihm wurde gesagt, dass so ein Systolikum mal vorkommen kann, ohne, dass man wirklich weiß woher es kommt.

Christoph_A
01.09.2014, 13:14
Naja, Mitralklappenprolaps=minimale Insuffizienz=Systolikum (für gaaaaanz feine Öhrchen)=Problemlösung.

Nat-
04.09.2014, 09:20
Der reine Prolaps muss ja nicht zwangsweise mit ner Insuffizienz vergesellschaftet sein. Könnte auch einfach ein funktionelles Herzgeräusch bei aufgeregtem jungen Patienten gewesen sein.

Christoph_A
04.09.2014, 09:43
Glaub mir, wenn was prolabiert, findet man ne Insuffizienz und wenn sie nur mini-winzig ist. Großes Kardiologenehrenwort.

Nat-
04.09.2014, 09:47
Meistens sicherlich, aber nicht immer nach meiner Erfahrung. So von Kardiologe zu Kardiologe ;)

Christoph_A
04.09.2014, 09:52
Wetten, daß ich immer was finde, schon allein abrechnungstechnisch :-)
Können aber gerne auch weiter Haare spalten gehen.

Nat-
04.09.2014, 10:10
Hehe, passt schon ;) Zumal es ja von maximaler Relevanz ist.