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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Innere / Gastro - Wie läuft bei euch das Teaching?



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inglebird
03.10.2014, 21:09
Hallo alle miteinander,

lese schon seit langem hier im Forum mit und muss mich nun auch mal etwas ausko**en...
Arbeite nun seit fast einem Jahr in der Gastroenterologie einer größeren Klinik im Nordwesten, meine erste Stelle.
Die Oberärzte sind den ganzen Tag in der Endoskopie, kümmern sich überhaupt nicht um die Station und sind telefonisch nur in ca 30% der Fälle erreichbar. (Was ich total verstehe, beim endoskopieren geht das halt nicht)

Eine Visite im Beisein eines Oberarztes ist ziemlich selten, neulich gab es ein kleines "Loch" von etwas mehr als 2 Monaten ohne.
Wenn ein Oberarzt mal vorbeikommt - in der Regel nur auf Drängen und selbst dann höchstens einmal in 2 Wochen - ist er genervt, äußerst kurz angebunden, stammelt seinen Therapievorschlag und verschwindet wieder.
Das hat bisher so funktioniert, weil in aller Regel nix passiert.
Neulich wurde ich von einem der Oberärzte jedoch zum Gespräch zitiert und scharf gerügt, weil es eine Beschwerde aus einer anderen Abteilung (hatte das Staging eines onkologischen Patienten eingeleitet und das soll hier offensichtlich so nicht laufen).
Macht mir eigentlich ja nichts. Aber dass besagter Oberarzt für diesen Patienten eigentlich verantwortlich sein sollte, dessen Namen jedoch nach 2 Wochen Aufenthalt noch nie gehört hatte, hat mich dann doch geärgert.

Worum es mir aber eigentlich geht:
Es würde mir überhaupt nichts ausmachen, wenn der Ton rauh und der Anspruch hoch wären, dafür aber die Gegenleistung stimme, sprich, wenn eine aktive Ausbildung stattfände.
Ich kann mich an keine einzige Situation erinnern, in der einer der Oberärzte mir einmal einen Sachverhalt erklärt hätte. Warum dies jetzt gerade nicht, jenes dafür aber schon ect. Von Teaching in der Endoskopie oder im Sono ganz zu schweigen. Hier kümmert sich keine Sau darum, dass einem was beigebracht wird (und mir ist auch klar, dass man das in gewissem Maß selbst in der Hand hat). Schafft man es, vormittags eine halbe Stunde Luft zu haben und in der Endoskopie danebenzustehen, wird man ignoriert. Ich habe das Gefühl, dass der Wettbewerb hier sehr hoch ist und niemand etwas teilen/abgeben will.

Dass in der Gastroenterologie der zeitliche Rahmen desöfteren gesprengt wird, weil dies und jenes wieder nicht klappt und länger dauert, weiß ich ebenso. Aber ich blicke ernsthaft sorgenvoll in die Zukunft. Was soll sich an der Situation denn ändern? Und je länger ich hier bin, umso schwieriger wird es bei der nächsten Stelle, wenn ich meinem Ausbildungsstand total hinterherhänge...

Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie sieht es bei euch in anderen Disziplinen der Inneren aus?

Bin sehr gespannt, was Ihr zu berichten habt!

fosforito
04.10.2014, 13:24
Ja - Weiterbildung... immer wieder schwierige Kiste und irgendwie habe ich den Eindruck, es gibt per sé keine wirklich gescheite Lösung... :(

Ich habe teilweise sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht: hatte meine erste Stelle in der Kardiologie in einem mittelgroßen Haus. Diagnostik wie Sono, Echo etc. war für mich "tabu", lediglich LZ-EKGs oder Ergos durfte ich auswerten. Visiten machte ich größtenteils alleine, konnte die OÄ höchstens zwischendurch mal anrufen, die Reaktionen der OÄ war teilweise wie von dir beschrieben (sehr typabhängig). In meinen letzten 3 Monaten fing dort ein OA im Haus an, der machte er so: die Stationsarbeit incl. Visiten machte ich alleine (bis auf die OA-Visite 1x/Woche), nachmittags kam er dann hoch, wir haben die Patientren durchbesprochen und er sagte mir dann etwas zur eingeleiteten Therapie (was war gut, was schlecht, was könnte man noch machen? usw). Das war echt cool und ich habe dort viel mitgenommen.

Das hat sich bewährt für meine 2. Stelle (Haus doppelt so groß, Haus der Maximalversorgung), zuerst 3 Mon NA, dann 6 Monate Kardio, auf Station war ich von Anfang an komplett alleine, wieder OÄ hinterherrennen usw. Hier aber zumindest der Unterschied, dass die Assistenten mit der Zeit fest in die Diagnostik eingeteilt werden (wobei es
gibt hier keine Rotation, zB 3 Mon fest Echo, währenddessen keine Station). Dh du hast deine Funktion plus deine Patienten auf Station. Wenn man aber gut organisiert ist und ein gutes Arbeitssystem hat, funktioniert das schon, je nachdem, wieviel zu tun ist.

Nichts desto trotz: gerade was die praktischen Sachen angeht, muss man echt viel
Eigeninitiative zeigen. War danach für 10 Monate auf Intensiv und habe es beispielsweise
so gemacht, dass jeder kardiologische Patient, der runterkam, von mir
ein zumindest orientierendes Echo bekommen hat (klar, Sono Abdomen/Pleura auch, wenn entsprechend nötig). Wenn mir dann etwas seltsam vorkam oder ich nicht sicher war, habe ich dann entsprechend den OA der Intensiv dazugeholt.

Aktuell bin ich auf der Nephro, da ich schalltechnisch nicht allzuviel, weil kleine Abteilung, aber ich bitte die dortigen OÄ, wenn sie schallen, mir Bescheid zu geben weil ich gerne dazustossen möchte. Manchmal, wenn es die Zeit erlaubt, hole ich mir die Patienten nachmittags in die Ambulanz und schalle sie selbst. Auch bei den anderen Abteilungen (Gastro, Pulmo) habe ich angefragt, ob ich zB zum Schallen dazustossen kann. Wenn dich die Leute schon eine Weile kennen und sie wissen ja selbst, dass du für den FA ja auch deine Zahlen brauchst, und du entsprechend auch Initiative zeigst, dann klappt das schon...

aber wie gesagt: die Erfahrung, die ich gemacht habe, zeigt schon, dass man selbst wirklich aktiv werden muss, sonst wird das nix. Traurig, aber wahr...

inglebird
04.10.2014, 17:43
Ich danke dir für deine Worte, insbesonderer



die Erfahrung, die ich gemacht habe, zeigt schon, dass man selbst wirklich aktiv werden muss, sonst wird das nix. Traurig, aber wahr...

Extrem traurig, aber ich ziehe gerade meine Lehren daraus... na dann

Relaxometrie
04.10.2014, 18:30
ich ziehe gerade meine Lehren daraus
Auswandern? Oder was für eine Lehre ziehst Du aus den in diesem Land herrschenden superduper Weiterbildungsbedingungen?
Ich finde es auch ätzend, daß eine Weiterbildung von Glück, massivster (ich betone: massivster..........."normale" Eigeninitiative wäre selbstverständlich) Eigeninitiative und Ellenbogen abhängt.

inglebird
04.10.2014, 20:07
Jou... so ganz genau weiß ich das auch noch nicht.

Ehrlicherweise muss ich sagen, dass mir der Staat mit dem Bafög das Studium überhaupt erst ermöglicht hat und ich ein gewisses Schuldgefühl beim Auswandern hätte und gleichzeitig denke ich mir mit jedem Tag, der verstreicht: "Mit jedem Tag, der verstreicht, bist du für das Ausland uninteressanter..."

test
04.10.2014, 20:47
Das sind ja Zustände. Wie soll denn ein Assistenzarzt im 1. Jahr wissen, welche Therapien er wem wie einleitet??
Ich bin zwar nicht in der Inneren, aber ich sehe als OA jeden neu aufgenommenen PAtienten am Aufnahmetag und lege das PRozedere fest. Zwei Mal pro Woche gibts Visite (1x OA, 1x CA). Zeit für Fragen gibts entweder jeden Tag bei Aufnahmevisite oder zwischendrin.

Wundert mich schon, wie das so funktionieren soll. Passieren da nicht reihenweise Fehler? Eigentlich wäre das dann organisationsverschulden, denn wie soll man Facharztstandard gewährleisten, wenn der Assi im 1. Jahr da vor sich hinwurstelt. Zumindest in meinem PJ habe ich auch nie Zustände wie hier geschildert erlebt. Oder ist im Südwesten doch alles irgendwie besser?! :-nix

Madame Bouvier
04.10.2014, 21:34
geh da weg! Und such dir schnellne andere Stelle. Frag bei deinen alten Kommiltonen oder kongressen etc. wos anders und besser läuft und schleunigst weg da! Es ist das eine dass man sich selbst aktiv bemühen muss aber trotzdem muss der Oberarzt seine Lehrverantwortung nachkommen und dich ggf. anleiten. Auswandern ist ja auch so ne Sache.... man muss ja nicht gleich das Land verlassen nur weil deine 1. Stelle kacke ist ;-)

Moorhühnchen
04.10.2014, 21:56
Ja, wir kehren auch in unserer Klinik wieder zurück zum "learning by doing". Es ist sehr traurig, aber wir steuern auf ein System zu, in dem Lehre nicht mehr vorgesehen ist und daher auch nicht vergütet wird. Keine Ahnung, wie das in 10 Jahren weitergehen soll? :-nix

McDübel
04.10.2014, 22:00
Grusel...(:confused:)

fosforito
05.10.2014, 10:28
Ehrlicherweise muss ich sagen, dass mir der Staat mit dem Bafög das Studium überhaupt erst ermöglicht hat und ich ein gewisses Schuldgefühl beim Auswandern hätte und gleichzeitig denke ich mir mit jedem Tag, der verstreicht: "Mit jedem Tag, der verstreicht, bist du für das Ausland uninteressanter..."

Inglebird - auf keinen Fall musst du wegen BAFÖG ein schlechtes Gewissen haben!! ich habe relativ spät angefangen (mit fast 31), Medizin zu studieren, Bafög wurde mir damals verwehrt mit dem Resultat, dass ich Studienkredite aufnehmen musste und jetzt noch einige Jahre einen ziemlichen Batzen abbezahlen darf - dumme Sprüche während des Studiums wie "Du nimmst einem anderen den Platz weg" gingen auf's Haus.. natürlich völlig ungeachtet der Tatsache, dass ich 14 Jahre lang bereits anderweitig berufstätig war, incl. Steuern zahlen..

der einzige Grund, warum ich persönlich noch nicht im Ausland bin ist der, dass den FA hier zunächst fertig zu machen, der schlussendlich noch "einfachste und schnellste" Weg ist. Sobald das aber geschafft ist, werde ich mich auch schnellstmöglichst nach einer Stelle im Ausland umsehen.

Schlechtes Gewissen? Schuldgefühle? Absolut nicht - der Preis, den wir dafür zahlen, um Arzt/Ärztin zu werden, ist meiner Meinung nach wirklich schon hoch genug - klar, in jeder Ausbildung muss man sein Lehrgeld zahlen und es geht auch nicht darum, jemandem den Ar*** hinterzutragen, aber diese Form des Masochismus, den man ja schon im Studium versucht, uns systemisch einzutrichtern und Arbeitgeber und Weiterbilder dies durch ihr Verhalten auch noch unterstützen... nö, das mache ich persönlich nur für eine gewisse Zeit mit und diese Zeit ist ganz klar definiert...

Corinna
05.10.2014, 20:45
jeder neue pat. muss vom FA/OA gesehen werden, und jeden Tag wo nicht OA oder CA visite ist, gibts auf station ne kurvenvisite!

Ex-PJ
05.10.2014, 23:53
Hallo.
Ich bin in einer größeren Inneren Klinik, die je nach Zählweise 4-5 geteilt ist. Insgesamt ca. 150 - 200 Pat. der Inneren.
Ich bin nicht in der Gastroenterologie, bekomme die Zustände dort recht nah mit.
Von den Assistenten dort wird mal einer in Sono und ggf. nach weiteren 6-12 Monaten in Endo fortgebildet, der andere nicht.
Ist z.T. reine Glückssache, oder auch mal von Eigeninitiative abhängig. Eine Assistenzärztin wird massiv gefördert, weil Papa und Bruder je eine größere schein- und damit auch zuweisungstarke Praxis haben.
Z.T. rotiren Assis nach ca. 6 Monaten Gastro in unsere Abteilung und haben KEINE ULTRASCHALLERFAHRUNG und ich soll sie hinsichtlich Sonos dann anleiten. :-?

ninakatharina
06.10.2014, 05:38
jeder neue pat. muss vom FA/OA gesehen werden, und jeden Tag wo nicht OA oder CA visite ist, gibts auf station ne kurvenvisite!

In welcher Fachrichtung? Das würde ich mir als Ass.ärztin die grad zwei Monate dabei ist auch wünschen...auch fürs Lernen. Jeden neuen Pat gleich sehen halte ich für unrealistisch aber eine Kurvenvisite wäre schon gut.

jassyh
06.10.2014, 09:30
Ich arbeite auch in einem internistischen Maximalversorger. Schwerpunkte Kardio,Rhythmo Onko, Gastro jeweils mit recht eigenständigen Leitungen. Zwei Chefs. Jeweils OA Team. Es ist nicht immer alles super und Überstunden gibt es auch. Aber bei der Einteilung ist ein "Neuer" mit und ohne Erfahrung nie allein auf Station. OÄ eigentlich immer ansprechbar, auch wenn es mal länger dauert bis sie dann wirklich auf Station erscheinen. Visite 1-2 x Woche mit OA/Chef. Täglich durch SA plus Kurvenvisite und besprechen der neuen Patienten mit dem OA. Auch Therapieentscheidungen und nötige UNtersuchungen werden mit dem OA festgelegt.
Teaching ist immer wieder ein Problem. Vor allem Funktionsabteilungen können in einem großen Haus eng sein. Wir werden jedoch Wochenweise in Sono, Endoskopie (fortgeschrittene Weiterbildung) und Echo eingeteilt. In der Onko macht man viel selbts (KMP) und auf Intensiv auch (Bronchos, Sonos, Zugänge und Echos) Das kann man alles noch mal beschauen wenn man Zeit hat.
Aber keinen erfahrenen Assistenten oder OA an die Seite gestellt zu bekommen finde ich unmöglich.... wie soll das gehen.

Peter_1
06.10.2014, 11:48
Die Zustände bei euch sind schon extrem schlecht. Es gibt große Unterschiede zwischen den Häusern und auch manchmal personelle Engpässe wo ein gutes Teaching eben nicht geht, aber das kann kein Dauerzustand sein. Meine erste Stelle Gastro, Haus der Maximlaversorgung: jeden Tag ausführliche Kurvenvisite nachmittags, fast immer auch OA Visite vormittags, alle neuen Patienten wurden dann auch nochmal gesehen, 2 x wchtl. Chefvisite. Funktionen waren am Anfang nicht drin (war aber auch ok, da am Anfang erst mal Baisarbeit wichtig ist), unter fortschreitender Weiterbildung, dann nach täglichem nervenden Intervenieren meinerseits wurde ich stundenweise fest eingeteilt zum Schallen anfängl. mit OA dabei, dann OA im Raum nebenan am endoskopieren, konnte aber (mit Warten, klar) dazu geholt werden, Überstunden fielen natürlich zu Hauf an, aber gelernt habe ich sehr viel (gerade durch die Kurvenvisiten!). Zwei weitere kleine Häuser, da schon als "erfahrener" Assi gegolten, deutlich weniger Teaching, aber Standard war trotzdem die tägliche OA-kurvenvisite und mind. 2x wchtl. OA/Chefvisite, Funktionen dort auch ziemlicher Kampf aufgrund von Personalnot, OÄ aber jeweils engagiert. Gerade in der Inneren ist so was wie bei Dir echt fahrlässig. Such Dir nen anderes Haus.

inglebird
06.10.2014, 18:59
Danke für Eure Meinungen!
Tägliche Kurvenvisite wäre echt toll und es scheint ja zu funktionieren!

Habe eigtl schon beschlossen, zu wechseln denke ich. Hat so keinen Zweck

fosforito
06.10.2014, 19:10
Ist wahrscheinlich die beste Lösung so. Viel Glück und dass es an der neuen Stelle besser klappt.

ninakatharina
07.10.2014, 06:06
Ich bin seit gestern in eine neue Abteilung rotiert (gastro)..dort ist die OÄ täglich am Nachmittag zur Kurvenvisite, 1 mal die Woche ist oa-Visite und man bespricht die an dem tage endoskopierten in einer extra-Besprechung... Ich war zwar gestern auch lange dort (kannte ja auch keinen pat.) aber das Gefühl ist ein anderes, viel besseres, dass meine pat. auch gut versorgt werden.

Alles gute dir, die Arbeitsplatzsituation derzeit ist ja einmalig. Berichte mal wie es weitergeht!

inglebird
24.01.2015, 22:29
Kurze Rückmeldung, mittlerweile habe ich gekündigt und beginne nächsten Monat in neuer Klinik in neuer Stadt (hat sich gerade angeboten) und es wird ganz bestimmt alles besser werden :-top

Danke für Eure Meinungen

Fr.Pelz
25.01.2015, 09:41
Kurze Rückmeldung, mittlerweile habe ich gekündigt und beginne nächsten Monat in neuer Klinik in neuer Stadt (hat sich gerade angeboten) und es wird ganz bestimmt alles besser werden :-top

Danke für Eure Meinungen

Hast du bei deinem Abschied wenigstens gesagt, warum du gehst? Nicht, dass es dem nächsten Assi auf der Stelle genauso geht und den OÄ ist nicht mal bewusst, dass sie die Leute vergraulen?