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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Patient kann prothetische Versorgung nicht bezahlen - Was nun?



jan_mediklin
20.10.2014, 14:34
Hey. Ich möchte meinen Studentenkurs-Patienten gern mit ein paar Teleskopen beglücken. Problem ist, er kann sich die Versorgung nicht leisten und mit der Regelversorgung (Modellguss; die Patient auch nicht haben will) würde ich den Kurs nicht bestehen.
Ziemliches Dilemma.
Hat jemand von euch ne Idee, was man da machen könnte, oder wer bei so etwas vielleicht noch Zuschüsse gibt?
Hatte jemand schon einmal ein ähnliches Problem?

chillz05
20.10.2014, 18:01
Wenn 1-2 Klammer-Ankerzähne wenig Unterschnitt haben oder große Füllungen aufweisen, kann man diese doch Gleichzeitig überkronen. "Kronen mit gefrästem Lager" - da wird dann die Auflagefläche für Klammerarm und/oder -auflage eingearbeitet. Das ist dann auch Regelleistung. Ist vom Ablauf her auch wie eine Teleskoparbeit. Erst präppen, dann Kronen einpassen und die übliche Überabformung mit Kronen im Abdruck. Dann wird Modellgussgerüst hergestellt und am Ende alles zusammen eingegliedert. http://www.keradent-dentaltechnik.de/seiten/patienten/2_zahnersatz/6_prothesen/pix_61_teilproth6.html
Beantragt werden die zu überkronenden Zähne mit "KH" bzw. "KVH" im HKP; im Feld Bemerkung dann am besten noch "Klammerzähne stark zerstört / kein Unterschnitt" eintragen. Wenn der Patient sich da mit 1-2 Vollgusskronen begnügen kann, wird es kaum teurer. Zudem kannst du ihm noch sagen, dass die Prothese durch die Kronen besser hält und die Zähne durch die Klammern nicht beschädigt werden, weil sie gut geschützt sind.

Oder (Achtung - idealistische, noch nicht in der Wirklichkeit angekommene Zahnmedizinstudenten jetzt bitte weghören :-) ) du extrahierst so viele Zähne, bis Teleskope Regelversorgung sind. In der freien Praxis oftmals ein probates Mittel. Im Studentenkurs aber wohl sicher nicht möglich.

jan_mediklin
22.10.2014, 17:55
Danke für die Antwort. In ungefähr diese Richtung wird es bei mir gehen, also wie du beschrieben hast.

Oder (Achtung - idealistische, noch nicht in der Wirklichkeit angekommene Zahnmedizinstudenten jetzt bitte weghören ) du extrahierst so viele Zähne, bis Teleskope Regelversorgung sind. In der freien Praxis oftmals ein probates Mittel. Im Studentenkurs aber wohl sicher nicht möglich.

:-D , ja, ich könnte das zwar mal meinem Oberarzt als Therapieplanung vorschlagen. Aber ich glaube, der ist noch viel weniger in der Wirklichkeit angekommen, als viele Zahnmedizinstudenten ;-)

zahnstein24
22.10.2014, 17:58
mal eine frage (die "erfahrenen" werden die vielleicht doof finden): was ist denn, wenn sich ein patient die versorgung wirklich überhaupt nicht leisten kann. bezahlt da der student auch mal "mit", damit er seine leistungen erfüllen kann und den patienten behandeln kann?

jan_mediklin
22.10.2014, 18:02
mal eine frage (die "erfahrenen" werden die vielleicht doof finden): was ist denn, wenn sich ein patient die versorgung wirklich überhaupt nicht leisten kann. bezahlt da der student auch mal "mit", damit er seine leistungen erfüllen kann und den patienten behandeln kann?
Ein heikles Thema. Ich weiß von Kommilitonen, die teilweise die Arbeit für ihren Patienten bezahlt haben. Es redet aber kaum einer darüber, was auch verständlich ist. Würde dies ein allgemeines Modell, wäre es fatal für alle Zahnis im Studentenkurs.

Rico
22.10.2014, 20:11
Mal ne andere Frage, die hier vielleicht ganz gut reinpasst: Was macht Ihr eigentlich, wenn der Patient "ausfällt?"
Ich hatte neulich einen Patienten, der so ein halbfertiges Semsterwerk eines Zahnmedizinstudenten im Mund hatte, dem ich für das nächste Jahr eine Antikoagulation verpassen musste nach fulminanter Lungenarteriemembolie. Also erstmal eine Weile keine elektiven Eingriffe mit Blutungsrisiko für die die Antikoagulation unterbrochen werden müsste. Da er so schon an der LAE fast gestorben wäre, sehe ich da auch wenig Spielraum für Kompromisse.
Was macht der arme Kerl jetzt, wenn er mitten im Semester nicht weiter machen kann?

Relaxometrie
23.10.2014, 11:20
Oder (Achtung - idealistische, noch nicht in der Wirklichkeit angekommene Zahnmedizinstudenten jetzt bitte weghören :-) ) du extrahierst so viele Zähne, bis Teleskope Regelversorgung sind. In der freien Praxis oftmals ein probates Mittel. Im Studentenkurs aber wohl sicher nicht möglich.
"Spannende" Ansicht, daß die Bereitschaft, keine Körperverletzung zu begehen, mit naivem Idealismus gleichgesetzt wird :-nix

chillz05
23.10.2014, 13:17
"Spannende" Ansicht, daß die Bereitschaft, keine Körperverletzung zu begehen, mit naivem Idealismus gleichgesetzt wird :-nix

Körperverletzung vor dem Gesetz vielleicht.
Wenn der Patient aber schöne und relativ festsitzende Zahnprothesen haben will, und diese zum Nulltarif auf Kasse bekommt....ja dann opfert manch ein Patient gerne mal ein paar halbmorsche Zähne. Am Ende zählt das bestmögliche Resultat bei günstigstem Preis. So läuft das in der Zahnmedizin eben, daran werde ich gemessen. Und nicht am Idealismus und dem Glauben, jeden Zahn auf Teufel-komm-raus zu erhalten.

Stephan0815
23.10.2014, 13:40
Wenn man sieht, was den Kassen ihre Patienten überhaupt wert sind und selber schon erlebt hat, wie marode dieses Gesundheitssystem jetzt schon ist, passen solche Aussagen ja wie die Faust aufs Auge...

Relaxometrie
23.10.2014, 17:32
Körperverletzung vor dem Gesetz vielleicht.
Wenn dem Patienten gesagt wird, daß intakte Zähne gezogen werden müssen, also rein zahnmedizinischen Gründe vorgeschoben werden, ist es auf jeden Fall Körperverletzung.


Wenn der Patient aber schöne und relativ festsitzende Zahnprothesen haben will, und diese zum Nulltarif auf Kasse bekommt....ja dann opfert manch ein Patient gerne mal ein paar halbmorsche Zähne.
Mir ist schon klar, daß es oft nicht DIE beste Lösung gibt. Wie saniert wird, ist natürlich auch vom Patientenwunsch abhängig. Manche stört es ja gar nicht, wenn sie ein paar weniger Zähne im Mund haben.
Und wenn Zähne, die tatsächlich "halbmorsch" sind, gezogen werden, ist es ja ok.


Am Ende zählt das bestmögliche Resultat bei günstigstem Preis.
Wenn dafür allerdings völlig intakte Zähne gezogen werden (und so klang es...."wir ziehen intakte Zähne, damit eine größere Reparatur voll von der Krankenkasse übernommen wird"), der Patient das weiß, und der Zahnarzt es mitmacht, ist es nicht nur Körperverletzung seitens des Arztes, sondern auch noch Blödheit des Patienten und Geldgier auf beiden Seiten.


Und nicht am Idealismus und dem Glauben, jeden Zahn auf Teufel-komm-raus zu erhalten.
Nö, nicht jeder Zahn muß auf Biegen und Brechen erhalten werden. Was ich da im Bekanntenkreis schon für aufwändige Arbeiten erlebt habe, um einen Zahn (sogar einmal einen Weisheitszahn) zu erhalten......da ist mir auch die Spucke weggeblieben.

baugruen
24.10.2014, 17:31
Mal ne andere Frage, die hier vielleicht ganz gut reinpasst: Was macht Ihr eigentlich, wenn der Patient "ausfällt?"
Ich hatte neulich einen Patienten, der so ein halbfertiges Semsterwerk eines Zahnmedizinstudenten im Mund hatte, dem ich für das nächste Jahr eine Antikoagulation verpassen musste nach fulminanter Lungenarteriemembolie. Also erstmal eine Weile keine elektiven Eingriffe mit Blutungsrisiko für die die Antikoagulation unterbrochen werden müsste. Da er so schon an der LAE fast gestorben wäre, sehe ich da auch wenig Spielraum für Kompromisse.
Was macht der arme Kerl jetzt, wenn er mitten im Semester nicht weiter machen kann?

fairerweise dürfte der student eine ähnliche arbeit am phantomkopf und im artikulator machen. oder er schafft es noch, in der verbliebenen zeit einen anderen patienten zu behandeln.
meine jahre in der zahnklinik haben aber meinen glauben an das gute im menschen und den gesunden menschenverstand z.T. auch von professoren stark minimiert. insofern würde es mich auch nicht wundern, wenn der arme kerl am ende mit leeren händen da steht.

jellyfish
01.11.2014, 14:22
Hier ist es so, dass wenn die Arbeit nicht "abgegeben" wurde, sprich eingegliedert und vom OA abgenommen, der Student den Kurs noch einmal machen darf. Ausser es passiert am Anfang des Semesters, da gibt es dann einfach einen neuen Patienten.
Ist wohl bei ein paar Studenten passiert, deren Patienten waehrend des Semesters gestorben sind.

baugruen
01.11.2014, 16:42
Hier ist es so, dass wenn die Arbeit nicht "abgegeben" wurde, sprich eingegliedert und vom OA abgenommen, der Student den Kurs noch einmal machen darf. Ausser es passiert am Anfang des Semesters, da gibt es dann einfach einen neuen Patienten.
Ist wohl bei ein paar Studenten passiert, deren Patienten waehrend des Semesters gestorben sind.

ist bei uns auch so. und das finde ich schlimm und falsch. läuft halt viel falsch im zm-studium.

jan_mediklin
08.11.2014, 13:50
Wie setzt sich bei euch an der Uni eigentlich der Preis zusammen, den der Patient für seine Versorgung bezahlen muss? Also wo liegt die Ersparnis, wenn er in den Studentenkurs kommt?

Salzi19
08.11.2014, 14:22
Bei uns wurde die Studentenbehandlung mit dem 1,3 fachen goz-Satz berechnet, des is ja relativ niedrig im Vergleich zu "normalen" Praxisabrechnungen. Bei Kunststofffüllungen und Wurzelbehandlungen wurden die Zuzahlungen weggelassen.

anna1708
08.11.2014, 15:09
bei uns wird das zahnärztliche honorar halbiert. das drückt die kosten mitunter ganz schön.
ich habe auch schon bei vielen patienten mal schnell eine pzr gemacht, ohne dass sie dafür einen cent bezahlen mussten. einfach nur, damit ich selbst vernünftig behandeln kann.
ich hab trotzdem immer ein ganz schlechtes gefühl, wenn ich den patienten ein kostenvoranschlag für prothetik von ein paar tausend euro unter die nase halten muss

baugruen
09.11.2014, 10:41
ich hab trotzdem immer ein ganz schlechtes gefühl, wenn ich den patienten ein kostenvoranschlag für prothetik von ein paar tausend euro unter die nase halten muss

aber die kosten kennt er doch schon, bevor du ihn behandelst? oder nicht?

Salzi19
09.11.2014, 12:08
Natürlich muss er die Kosten vorher kennen, er muss den Heil-und Kostenplan ja auch vorher unterschreiben. Die definitive Rechnung kann dann allerdings noch ein bisschen schwanken, während der Behandlung können sich ja noch Schwierigkeiten/Änderungen usw. ergeben.

anna1708
09.11.2014, 14:27
Natürlich muss er die Kosten vorher kennen, er muss den Heil-und Kostenplan ja auch vorher unterschreiben.
schön wärs. bei uns ist es so, dass am ersten tag der patient aufm stuhl sitzt. wenn es ein neuer patient ist, mache ich befund, therapieplanung, lass es vom oberarzt absegnen, hole kostenvoranschlag vom labor an, dann dackel ich mit dem hkp zur krankenkasse und dann kann ich dem patienten sagen, was er zahlen soll. bis dahin vergehen gut und gern mal 4 wochen. wenn dem patienten dann die kosten zu hoch sind, habe ich ein problem...