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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ist das noch normal und Arbeitsschutzgesetzkonfrom?



Scarsick
28.10.2014, 19:54
Hallo ihr Lieben,

ich bin wohl offensichtlich inzwischen in der Realität angekommen, denn ich habe meine erste Stelle vor einigen Wochen in der Inneren angetreten. So nach und nach entdecke ich hier Dinge, die mir zuvor nicht bewusst waren und wollte einmal fragen, ob ich mich "anstelle" oder ob hier gehörig was schief läuft.
Es ist so, dass wir ca. 4 24h-Dienste im Monat haben, das läuft dann so ab, dass wir zunächst unsere Station normal machen, ab Nachmittags in die ZNA bis zum Morgen und dann nochmal die Station visitieren müssen, dazwischen ist Zwangspause von 2,5 h, damit wir nicht mit dem Arbeitsschutzgesetz in die Quere kommen, natürlich schafft kaum einer es nach dem Dienst pünktlich nach Hause... Dazu kommen noch 1-2 Wochenenddienste im Monat, auch 24h Dienste. Nun ist es so, dass wir nach so einem Dienst den Tag danach "Freizeitausgleich" haben, aber wenn ich das mal so hochrechne, komme ich auf min. 48h bis max. 72 h Wochenstunden OHNE Überstunden, die natürlich auch noch dazu kommen. Ich habe übrigens keine Opt-Out Regel unterschrieben...
Meine Arbeitskollegen finden das so wohl vollkommen in Ordnung, auch wenn sie es anstrengend finden. Ich hingegen fühle mich etwas verarscht. Für Wochenenddienst hätte ich Freizeitausgleich erwartet, es kann doch nicht sein, dass ich im Monat nur noch 6 wirklich freie Tage für mich habe. DIe Tage nach Dienst kann man da ja wohl echt nicht mitzählen.

Drum meine Frage, ist das bei euch etwa auch so? Oder hab ich mir meinen 1. Arbeitsplatz einfach schlecht ausgesucht und sollte schaun, dass ich die Kurve krieg? Ein paar Monate halte ich das vll so aus, aber ich denke jetzt schon darüber nach noch in der Probezeit zu kündigen, da ich keine Lust habe mein Leben so von der Arbeit einschränken zu lassen.

Muriel
28.10.2014, 21:42
Was genau heißt das mit der Zwangspause? Dienst von acht bis acht, Pause und um halb elf dann Visite? Kann ja wohl kaum.

Hoppla-Daisy
28.10.2014, 21:46
Nach einem Bereitschaftsdienst darf man nicht in einen Regeldienst gehen! Da wird die Zwangspause nicht viel bringen. Brutus, korrigiere mich, wenn ich falsch liege.

Relaxometrie
28.10.2014, 21:53
Nach einem Bereitschaftsdienst darf man nicht in einen Regeldienst gehen! Da wird die Zwangspause nicht viel bringen. Brutus, korrigiere mich, wenn ich falsch liege.
Zumindest eine lächerliche 2.5-Stunden-Pause kann nicht arbeitszeitgesetzkonform sein.
Aber um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht, wie lang die Pause nach einem 24-Stunden-Dienst (der aus 8 Stunden Regelzeit mit anschließender Bereitschaftszeit bestand) sein muß. Bisher habe ich immer irgendwo gearbeitet, wo man nach 24 Stunden nach Hause gegangen und vor dem nächsten Tag um 8h nicht wieder erscheinen musste. Da mir das legal erschien, habe ich mich nie um die Dauer der mindestens nötigen Pause gekümmert :-blush

Hoppla-Daisy
28.10.2014, 21:56
Wenn ich das richtig im Kopf habe, auch mindestens 11 Stunden

lux12345
28.10.2014, 21:58
Hey,
bei einer Freundin (chirurgie, kleines haus) ist das eigentlich genau so wie beschrieben. Bei Urlaub/Krankheit/etc. können sich dann schon mal einige "24h-dienste" (sind in der regel ja 25 oder 26h) aneinander reihen, d.h. 24h dienst --> 24h frei --> 24h dienst --> 24h frei --> usw.
ihr scheint das nicht so viel auszumachen, aber ich für meinen teil würde mich nicht so ausbeuten lassen. wenn man im fachgebiet total aufgeht und das toll findet, okay, dann mag das nicht tragisch sein, aber andererseits hat man in oben beschriebenen phasen nicht allzu viel vom leben. das wäre es mir persönlich einfach nicht wert.

anignu
29.10.2014, 11:22
Das kommt ja dann auch wieder drauf an wie klein das Haus ist.

Ich war mal in einem chirurgischen Haus, da war Durchschlafen von 22 Uhr bis 6:30 Uhr die Regel! Obwohl man für alles zuständig war und alleine. Es war einfach so klein. Da sind solche Dienste perfekt. Ein Tag arbeiten, ein Tag frei und insgesamt sauber Kohle bekommen weil man ja so viel Bereitschaftsdienst macht...
Und wieviel ich vom Leben hatte. Aber da bin ich halt von der Weiterbildung nicht weitergekommen, daher der Wechsel.

Und ich war in einem Haus in dem der Nachtdienst um 16 Uhr gekommen ist um um 8 Uhr morgens heim ging und man normalerweise keine Stunde schlief. Das ist die Hölle. Da erholte man sich auch nicht nach dem Ausschlafen am nächsten Tag...

Insofern: ich würd solche Dienste nicht verteufeln. Es kommt auf das Haus an, auf die Dienstbelastung, die Kollegen, die Weiterbildungsmöglichkeiten, den Geldbedarf den man hat etc... insofern: wenns passt, dann passts, wenn nicht, dann wechseln.

denkstdu
29.10.2014, 17:11
Für Wochenenddienst hätte ich Freizeitausgleich erwartet, es kann doch nicht sein, dass ich im Monat nur noch 6 wirklich freie Tage für mich habe.

Vielleictht habe ich es auch falsch verstanden. Aber wenn man sich so überlegt, dass ein Monat aus 4 max 5 Wochenenden besteht und das max 10 Tage sind, eher nur 8, dann finde ich 6 freie Tage sprich 3 Wochenenden frei (werden nicht komplett freie Wochenenden sein) doch gar nicht mal so schlecht. Wir haben uns einen Beruf ausgesucht, wo das Krankenhaus auch am Wochenende besetzt sein muss.
Was wird denn aus den Überstunden? Werden diese in FZA irgendwann ausgeglichen oder bekommt ihr die ausgezahlt?
Du schreibst, dass du noch in der Probezeit bist, dass heißt du hast noch keine 6 Monate fertig und machst schon 24h Dienste bei deiner ersten Stelle? Oder hast du noch keine Dienste gemacht und hast dir bloß die Dienstbelastung bei den anderen angeschaut?

Strodti
29.10.2014, 17:19
In der Inneren wird man sicher innerhalb der Probezeit mit den Diensten anfangen ;-)

denkstdu
29.10.2014, 17:24
Dessen bin ich mir bewusst, war selbst in einem kleinen Haus in der Inneren. Aber ich denke, man kann erst über die Arbeitsbelastung im Dienst urteilen, wenn man selbst einen gemacht hat, da jeder Mensch eine Dienstbelastung anderes empfindet. Und ich habe halt nicht herauslesen können ob Scarsick schon einen Dienst gemacht hat oder nicht.

hebdo
29.10.2014, 19:58
Bei uns ist das auch gerade ein heißes Thema. Bin in der Inneren an einem Maximalversorger. Wir sind momentan dabei Überstunden einzuklagen. Das Dienstmodell ist bei uns ähnlich. Ca 6x24h Dienste pro Monat, davon 2 am Wochenende. Ich arbeite mit Überstunden zwischen 60 und 90h/Woche. Weder ich noch meine Kollegen haben seit etwas mehr als einem Jahr auch nur eine einzige Woche die Arbeitszeitgesetze eingehalten.

Laut Arbeitszeitgesetz darf man ohne Opt-Out maximal 48h pro Woche arbeiten. Berechnet wird die Wochenarbeitszeit glaube ich im Durchschnitt von 6 Monaten. Für jeden Dienst am Wochenende müsste man kompensatorisch einen extra Tag frei unter der Woche bekommen.

Die Lösung: Alle Assistenten müssen ihre Arbeitszeit dokumentieren und dann die Abgeltung von Überstunden bzw. F-Tage einfordern. Wenn aber alle zufrieden sind, stehst du alleine da.

Da bleibt nur eins: love it, change it or leave it.

Scarsick
30.10.2014, 18:06
Hallo, erstmal danke für die Antworten! Ich hab mich wohl nicht ganz klar ausgedrückt. Also wir kommen, machen unsere halbe Station von halb 8 bis 13.00 Uhr. Dann gibt es Zwangspause und wir tanzen um halb 4 zum DIenst an, der bis am nächsten Morgen geht, Frühbesprechung ist um 8 um und dann müssen wir nochmals unsere Station für den Tag visitieren. Manche schaffen es um 10 raus, andere auch gerne erst mal um 1 oder 2. Ich bezweifle ja, dass diese Zwangspause erholsam ist, ich befürchte ja, dass es sich eher so anfühl als wäre man einfach 28 h im Haus ;)
Ich hab noch keinen Dienst gemacht, weiß aber von den Kollegen, dass die es meist in sich haben, wenn man Glück hat, kann man mal 3,4 h Schlafen. Morgen habe ich nach 1 Monat den ersten Dienst.....bin schon gespannt.
Die Überstunden durch Dienst werden generell nur ausgezahlt, zu wenig Personal.
Mir ist schon klar, dass ich als Ärztin Dienste machen muss und auch am Wochenende arbeiten muss, damit hab ich auch nicht das Problem. Aber so hab ich das Gefühl ja nur noch am Arbeiten zu sein. Den Tag nach Dienst kann man ja nicht genießen (ich hatte im PJ schon Dienste mitgemacht und am Tag danach war ich immer k.o.), jedes 2. Wochenende ebenfalls Dienst machen ohne nen Tag frei dafür. Ich hab Sorge, dass mir das zuviel wird. Aber ich werde es wohl einfach ausprobieren müssen. Mich hat nur interessiert, ob das noch normal ist. Ich hab in Famulaturen und PJ echt bessere Dienstmodelle kennengelernt, aber das waren wohl auch größere Häuser.

Shizr
30.10.2014, 18:40
Also wir kommen, machen unsere halbe Station von halb 8 bis 13.00 Uhr. Dann gibt es Zwangspause und wir tanzen um halb 4 zum DIenst an, der bis am nächsten Morgen geht, Frühbesprechung ist um 8 um und dann müssen wir nochmals unsere Station für den Tag visitieren. Manche schaffen es um 10 raus, andere auch gerne erst mal um 1 oder 2. Ich bezweifle ja, dass diese Zwangspause erholsam ist, ich befürchte ja, dass es sich eher so anfühl als wäre man einfach 28 h im Haus ;)
Ich würd ernsthaft mal bei den Juristen vom MB nachfragen, inwieweit sie dieses System für Arbeitszeitgesetz-konform halten.


Irgendwie riecht das.

Brutus
30.10.2014, 18:53
Ich würd ernsthaft mal bei den Juristen vom MB nachfragen, inwieweit sie dieses System für Arbeitszeitgesetz-konform halten.
Irgendwie riecht das.
Nee, das stinkt!
Der Bereitschaftsdienst muss nahtlos an die Regelarbeit anschließen. Tut er das nicht, ist er eigentlich als "nächste" Arbeitszeit zu werten. Damit müsste zwischen dem einen "Arbeitstag" und dem Nächsten die gesetzliche Ruhezeit von 11 Stunden liegen...
Bei uns wurde damals die Variante gewählt: man kommt 2 Stunden später zum Dienst und hört am nächsten Morgen pünktlich auf. Damit haben wir zwar "nur" 22 Stunden gearbeitet, wurden aber der Arbeitsbelastung gerecht, die sonst einen Schichtdienst erforderlich gemacht hätte.
Aber so wie hier beschrieben halte ich das nicht für gesetzeskonform. :-nix
Shizr hat Recht: MB einschalten und prüfen lassen.

Evil
30.10.2014, 20:52
In meiner alten Klinik lief das so, daß man morgens um 8 normal zum Regeldienst kam, dann von 12 bis 17 Pause hatte, und dann von 17 bis 8 in der Früh Dienst hatte. Dann kam man aber auch pünktlich um kurz nach 8 weg. Und meist konnte man in der Nacht 3-5h pennen.
Das fand ich eigentlich ok, denn in der 5h-Mittagspause konnte man gut Einkäufe erledigen und sowas. Ob das jetzt ganz gesetzeskonform war, weiß ich nicht. Allerdings halte ich das Visitieren nach Dienst für eine Sauerei, nach der Frühbesprechung muß Schluß sein.

Scarsick
30.10.2014, 21:07
Genau das denk ich mir nämlich auch. Nach dem Dienst noch visitieren stell ich mir echt übel vor. Als ich das beim Bewerbungsgespräch gehört hab, hab ich innerlich gedacht "hier fang ich ganz sicher nicht an". Leider wurde es dann mit der anderen Stelle nix und sonst müsste ich echt weit pendeln..... Echt kacke die Situation. Kommt ja sicher auch nicht gut, wenn ich meinem Arbeitgeber den MB auf den Hals hetze :D

Shizr
30.10.2014, 21:38
Echt kacke die Situation. Kommt ja sicher auch nicht gut, wenn ich meinem Arbeitgeber den MB auf den Hals hetze :D
So läuft das ja eh nicht ab. *g*

Du schreibst ne Mail an den MB, schilderst denen die Lage so detailliert wie möglich und die geben DIR eine juristische Einschätzung. Die hier wohl relativ eindeutig ausfallen dürfte.
Es führt nicht dazu, dass der Marburger Bund deinen Arbeitgeber anschreibt "Wie uns Ihr Mitarbeiter Dr. med. Scarsick mitteilt, verstößt Ihr Dienstmodell gegen das Arbeitszeitgesetz, bitte ändern!" ;-)


Der MB wird dir wohl auch Tipps geben können, wie du sinnvoll damit umgehen kannst.