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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Medizinstudium die richtige Alternative ? Schon abgeschlossener Bachelor



j.p..
04.11.2014, 17:30
Hallo zusammen,

ich bin 21 Jahre alt, und studiere im 5. Semester Mathematik mit Beifach BWL an einer renommierten Uni.
Das Studium macht mir Spaß, die Mischung aus intellektueller Herausforderung in Mathe, mit einer mittlerweile hohen Frustrationsgrenze und die praktisch anwendbaren Sachen in BWL sind ganz angenehm. Desweiteren bin ich auch doch stolz auf mich, dieses nicht so einfache Studium geschafft zu haben.

Als Master könnte ich mir einen Finance Master mit quantitativer Ausrichtung vorstellen, klingt vom Inhalt her total interessant - nun kommt aber das Problem - das Berufsbild macht mich absolut nicht an. Habe im Sommer ein Praktikum in einer Unternehmensberatung gemacht - und fande diese elendigen Powerpoint Präsentationen einfach absolut anspruchslos. Gehalt ist gut ja, die Berufsaussichten sind auch sehr gut, aber irgendwie fühlt sich das nicht richtig an. Es rächt sich, dass ich das Fach des Faches wegen studiert habe.

Deshalb und aufgrund des Medizinbilds bin ich auf Medizin gestoßen, ich bin selber sehr interessiert an medizinischer Behandlung, und aufgrund verschiedenen Erkrankrungen auch ziemlich belesen in diversen Gebieten. Unter dem Medizinstudium an sich kann ich mir wenig vorstellen (- für mich käme aufgrund des abgeschlossenen Erst-Studiums sowie meines nicht optimalen Abi-Schnits für Medizin mit 1,9 sowieso nur Österreich in Erwägung. Oder die Semmelweiß in Budapest.) Die Vorklinik mit minimaler Grundlagentheorie sowie die Klinik die näher am Patienten dran ist, soweit ist mir das schon klar.

Mir geht es nun eher darum, ob ihr mir bezüglich Berufsbild, und meinen Vorstellungen von diesem, ein bisschen auf die Sprünge helfen könnt :

Was ich mir wünsche/erhoffe :
- intellektuelle Herausforderung, komplexe Probleme selber bearbeiten, auch in "höheren" Postionen, nicht nur delegieren.
- Umgang mit anderen Menschen - in diesem Fall wohl Kollegen und Patienten.
- wenig monotone Arbeit (wohl eher nicht ?)
- kein absolutes Geknechte zum Berufseinstieg, wie das bei einem Einstieg in der Finanz/Beratungsbranche der Fall wäre - wo man wirklich nur der Bimbo ist, der tagein tagaus das Gleiche macht. Wird aber als Assistenzarzt auch eher die Regel sein - oder ?
- Ergebnisse nicht ausführlichst aufbereiten müssen, bzw. soll dies nicht die Hauptaufgabe sein.

Und generell würde ich mich über Einblicke, zurückblickend, sowie auch vorausblickend freuen. Was sind eure Erfahrungen ? Wie ist der Alltag eines Arztes wirklich.

Fachlich reizen mich die Endokrinologie oder die Orthopädie.

Viele Grüße

Schubbe
04.11.2014, 17:44
Nur so am Rande: In Deutschland zählst du als Zweitstudent bist damit nicht an deine Abiturnote gebunden. Mit Mathe und Nebenfach BWL solltest du dir keine Chancen über das reguläre Verfahren für Zweitstudenten genommen zu werden ausmachen. Etwas Hoffnung gibt es aber vielleicht durch wissenschaftliche Gründe (bspw. die Simulation von Epidemien/Pandemien sind schlussendlich Differentialgleichungen und benötigen fundiertes Wissen über Krankheitsverläufe und deren mathematischen Modellierung).

Aber wissenschaftliche Gründe anzuführen ist 1.) reines Glückspiel und 2.) sehr aufwändig und mit einem reinem Bachelor/Master zunehmend nicht mehr möglich (manche Universitäten fordern schon abgeschlossene Promotionen, um überhaupt in die engere Auswahl zugelassen zu werden).

Ich wollte das nur gesagt haben, auch wenn nicht direkt danach gefragt wurde. Zum Studium werden dir die Mediziner hier sicherlich mehr sagen können.

j.p..
04.11.2014, 17:54
Mir gefällt deine Signatur ;).

Den Abischnitt habe ich noch erwähnt, da mein Studium nicht als Zweistudium zählt, sofern ich mich bewerbe bevor ich meine Bachelorthesis abgegeben habe, d.h. wenn ich mich im Mai bewerben würde, müsste ich nur meine bisherigen Fachsemester angeben, und würde ganz normal an der ZVS Verlosung teilnehmen.

Aber danke Dir auf jedenfall.

Miss_H
04.11.2014, 18:00
Mir gefällt deine Signatur ;).

Den Abischnitt habe ich noch erwähnt, da mein Studium nicht als Zweistudium zählt, sofern ich mich bewerbe bevor ich meine Bachelorthesis abgegeben habe, d.h. wenn ich mich im Mai bewerben würde, müsste ich nur meine bisherigen Fachsemester angeben, und würde ganz normal an der ZVS Verlosung teilnehmen.

Aber danke Dir auf jedenfall.

Kannst ja auch noch am TMS teilnehmen. Ganz unmöglich ist es mit dem Abischnitt nicht.

PrinzessinAmygdala
04.11.2014, 18:09
Kannst ja auch noch am TMS teilnehmen. Ganz unmöglich ist es mit dem Abischnitt nicht.

Auch als Zweitstudent?

Habe mich gerade gefragt, ob dir nicht evtl. auch Medizintechnik als Studium gefallen würde?

Feuerblick
04.11.2014, 18:11
Solange er den Bachelor nicht hat, ist er kein Zweitstudent... :-nix

j.p..
04.11.2014, 18:14
Mädels, Jungs und ihr Anderen - vielen Dank für eure Antworten.

Aber bitte auch zum Thema - Erfahrungsberichte, ob ich mir das richtig vorstelle.

Medizintechnik ist leider nichts, aber danke für den Hinweis. Im Endeffekt ist die Frage nur : Medizin oder doch einen kompetetiv orientierten Master in quantitativer Bwl.

PrinzessinAmygdala
04.11.2014, 18:14
Also ich habe es so verstanden, dass er den Bachelor schon hat und jetzt überkegt, ob er noch den Master macht oder Medizin.

Feuerblick
04.11.2014, 18:20
Den Abischnitt habe ich noch erwähnt, da mein Studium nicht als Zweistudium zählt, sofern ich mich bewerbe bevor ich meine Bachelorthesis abgegeben habe, d.h. wenn ich mich im Mai bewerben würde, müsste ich nur meine bisherigen Fachsemester angeben, und würde ganz normal an der ZVS Verlosung teilnehmen.Siehe dort...

ehemaliger User_25062015
04.11.2014, 18:24
Hättest auch einfach nur die Forensuche betätigen müssen.www.medi-learn.de/humanmedizin/include/suche/ausgabe.php?cx=017359001032485877364%3Am5bxohyrl2q&cof=FORID%3A11&ie=ISO-8859-1&q=Arzt+Alltag&suche.x=24&suche.y=7&suche=suche&siteurl=www.medi-learn.de%2Fforen%2Fshowthread.php%3Ft%3D89893%26pa ge%3D2%26p%3D1791925%23post1791925&ref=www.medi-learn.de%2Fforen%2F&ss=11223j12001981j18

EVT
04.11.2014, 18:28
Mit 1.9 würdest du auch noch zum Ham-Nat in Hamburg oder Magdeburg geladen. Das und ein sehr guter TMS sind deine Chancen in Deutschland. Danach kannst du übers Ausland nachdenken.
Ich würde den Bachelor so lange hinausschieben, bis du deinen Medizinplatz hast. Danach kannst du den Bachelor ja immer noch fertig machen, wenn du willst.

davo
04.11.2014, 20:19
Hallo j.p.,

Ich habe vorher ein VWL-Studium absolviert und studiere derzeit im 3. Semester Medizin. Ich hab deshalb eine gewisse Ahnung wovon du redest, und kenne auch viele Leute die in BWL-, VWL- oder Finance-Jobs arbeiten. Ein paar meiner Schulkollegen aus dem Gymnasium arbeiten heute als Assistenz- und als Oberärzte, ich habe also auch da einige Einblicke.

Du solltest dich IMHO keinen Illusionen hingeben - auch die ärztliche Arbeit ist SEHR repetitiv, und nicht unbedingt besonders intellektuell. Im Pflegepraktikum habe ich die Orthopädie, die Augenheilkunde und die Kardiologie kennengelernt, und gerade als Assistenzarzt verbringt man den Großteil der Zeit mit den immer selben Untersuchungen, mit dem Schreiben von Arztbriefen, oder natürlich mit der Assistenz im OP-Saal. Und der "Bimbo" ist man vermutlich noch viel stärker als als junger BWLer (auch wenn es da enorme Unterschiede von Abteilung zu Abteilung gibt, aber wenn man böse ist sind auch die meisten Oberärzte letztlich nur "Bimbos" mit etwas mehr Gestaltungsfreiheit). Und gerade die Orthopädie ist ja eigentlich extrem monoton, da die allermeisten Operationen letztlich Hüft- und Knie-TEPs sind. Die Arbeitszeiten sind unter jungen Medizinern zwar nicht ganz so extrem wie in der Unternehmensberatung, aber sicher höher als in vielen anderen Arbeitsfeldern wirtschaftswissenschaftlicher Absolventen.

Die wesentliche Frage ist, wie die Abschlussnote deines Bachelor-Studiums werden wird. Aber es ist vermutlich selbst mit einer guten Abschlussnote, und selbst bei einem Abitur von 1,9, einfacher einen Medizin-Studienplatz zu bekommen wenn man noch kein anderes Studium abgeschlossen hat, sprich wenn man noch als Erststudienbewerber gilt.

Zum Medizinstudium: die vier Semester lange Vorklinik besteht aus viel Anatomie (wie der menschliche Körper makroskopisch und mikroskopisch aufgebaut ist, und wie er sich embryologisch entwickelt), Biochemie (wie der menschliche Körper auf chemisch-zellulärer Ebene funktioniert) und Physiologie (wie der menschliche Körper auf gesamt-zellulärer und v.a. auf Organ-Ebene funktioniert), plus einiges an Medizinischer Psychologie und Soziologie, plus etwas Berufsfelderkundung, Biologie, Chemie, Einführung in die klinische Medizin, Physik, Terminologie, und einem Wahlfach. Außerdem muss man bis zum Ende der Vorklinik während der Semesterferien (oder bereits vor dem Studienbeginn) 90 Tage Krankenpflegepraktikum sowie einen 16-stündigen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren. Der klinische Studienabschnitt dauert insgesamt acht Semester, davon fünf Semester Studium im engeren Sinne, ein Semester Blockpraktikum (sehr kurze Abschnitte praktischen Unterrichts im Krankenhaus in allen klinischen Fächern) und etwas mehr als zwei Semester Praktisches Jahr (16 Wochen Innere Medizin, 16 Wochen Chirurgie, 16 Wochen Wahlfach). Während des klinischen Studienabschnitts muss man außerdem während der Semesterferien 120 Tage Famulatur absolvieren. Dass man nur auswendig lernen müsse stimmt definitiv nicht, aber der Gesamtzeitaufwand pro Woche ist IMHO schon doppelt so hoch wie bei einem Mathe- oder WiWi-Bachelor.

Was mich ehrlich gesagt etwas wundert: warum du nicht über eine VWL-Karriere oder eine Quantitative-Finance-Karriere nachdenkst. Mit deinem Profil kann man ja viel mehr machen als nur Unternehmensberatung. Einerseits würde ich also Praktika in anderen möglichen wirtschaftswissenschaftlichen Berufsfeldern machen, und parallel dazu auch Hospitationen auf Krankenhausstationen und bei niedergelassenen Ärzten machen. (Denn so wirst du einen realistischeren Einblick in das Berufsbild des Arztes bekommen als während des Krankenpflegeprakikums.) Das würde dir bestimmt helfen einerseits abzuschätzen welche Alternativen es mit deinem aktuellen Studium gäbe, und auch inwiefern das Medizin-Studium von der Karriere her ansprechend für dich sein könnte (denn auch hier sind Studium und Beruf wieder ziemlich unterschiedlich voneinander).

Für mich persönlich hat Medizin hauptsächlich den Vorteil dass man direkter den Impact der eigenen Arbeit sieht, dass die Arbeit praktischer ist und man nicht nur am Schreibtisch sitzt. Außerdem liegt es sozusagen in der Natur der Sache, dass nach Feierabend auch wirklich Feierabend ist, während man als karriereorientierter WiWi-Absolvent, gerade in der Forschung, wo ich vorher tätig war, eigentlich nie wirklich abschalten kann.

j.p..
04.11.2014, 22:45
Hallo davo,

erstmal Danke für deine Antwort, genauso habe ich mir das vorgestellt.
Genau die Quant.Finance Sache hab ich in meinem ersten Post beschrieben, meine Alternative wäre wohl ein Finance Master mit leicht quantitativer Ausrichtung.

Zum Lernaufwand glaube ich nicht, dass es signifikant mehr als ein Mathe Studium ist, das kann ich mir nicht vorstellen, rein von der Sache her ist es auch ein anderes lernen, ein "stupideres" (wenn ich das mal so sagen darf) lernen.

Die Arbeitszeiten stellen für mich, zumindest bei einer 60 Stunden Woche noch kein Ausschlusskriterium dar.

Aber wenn man sich das verdeutlicht, ist man als Assistenzarzt auch nicht gerade mit anspruchsvollen Aufgaben betraut, und diese 5 Jahre MUSS Man ja erstmal durch machen. Im Vergleich dazu könntest du in der freien Wirtschaft dann schon eine Beförderung hinter dir haben, die dir mehr Gestaltungsfreiheit gibt. Einfacher machst du mir es mit dieser Schilderung nicht. Keinesfalls.

Wie und wo würdest du mir denn ein Krankenhauspraktikum empfehlen... ? Wenn sowas überhaupt möglich wäre, ohne den dauerhaften Fahrdienst für Betten machen zu müssen.

Rico
04.11.2014, 23:14
Aber wenn man sich das verdeutlicht, ist man als Assistenzarzt auch nicht gerade mit anspruchsvollen Aufgaben betraut, und diese 5 Jahre MUSS Man ja erstmal durch machen. Im Vergleich dazu könntest du in der freien Wirtschaft dann schon eine Beförderung hinter dir haben, die dir mehr Gestaltungsfreiheit gibt.Naja, das darf man schon etwas differenzierter betrachten.
Die Tätigkeiten und die Möglichkeiten ändern sich während der Facharztausbildung natürlich schon sehr stark mit zunehmendem Wissen und Können. Die Arbeit im letzten Drittel der Facharztausbildung ist eine völlig andere als im ersten Drittel. All die Techniken und Kniffe, deren manchmal mühsame Aneignung am Anfang im Vordergrund der Ausbildung stehen, die sitzen dann irgendwann und dann läuft alles viel runder, je mehr Du selbst machen und entscheiden kannst.
Deshalb sind das auch alles andere als "nicht gerade anspruchsvolle Aufgaben" wenn Du dann mal die Intensivstation eines Maximalversorgers hütest (nachts gerne auch allein) oder als 1. Dienst nach Feierabend der Oberärzte das Kommando über das ganze Haus hast. Klar hast Du noch einen Oberen im Hintergrund, den Du anrufen kannst, wenn Du nicht mehr weiter weißt, aber auch dafür musst Du die Situation ja überhaupt erstmal einschätzen können, dass Du merkst, dass da was den Bach runtergeht.
Und zur Beförderung: Im TV-Ä geht das Gehalt in der Weiterbildung jedes Jahr automatisch hoch - ohne nervige Verhandlungen mit dem Chef um's Geld.


Wie und wo würdest du mir denn ein Krankenhauspraktikum empfehlen... ? Wenn sowas überhaupt möglich wäre, ohne den dauerhaften Fahrdienst für Betten machen zu müssen.Du musst halt ein Arztpraktikum machen und kein Pflegepraktikum, wenn Du Dich über den Arztberuf informieren willst. Ein Pflegepraktikant hat mit dem Arzt ja kaum Berührungspunkte, geschweige denn Einsicht in seine Arbeit.