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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Behandlung von Straftätern



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baugruen
09.11.2014, 21:30
hatte vor kurzem ein erlebnis im notdienst, das mich noch ein wenig beschäftigt. und zwar kam ein junger mann, begleitet von zwei bewaffneten männern von der justiz.
der fall war nicht spektakulär: zahnschmerzen wegen eines vor sich hin gammelnden molaren (im notdienst üblicher befund).
ich habe mich bemüht, alles so wie immer zu machen, aber so ein bisschen ein mulmiges gefühl hatte ich bei der behandlung doch (der typ trug auch handschellen). im nachhinein habe ich mich gefragt, ob ich vielleicht anders gehandelt bzw. behandelt habe als sonst, heißt unfreundlicher, weniger vorsichtig war und ob das falsch war. ich habe mich auch gefragt, ob ich anders gehandelt hätte, wenn ich genau gewusst hätte, was der typ verbrochen hatte.
kennt ihr ähnliche situationen?
ich vermute mal, gerade die rettungsdienstler haben oft mit solchen leuten zu tun, denen man eigentlich eher mit abneigung entgegen treten würde. wie verhaltet ihr euch?

anna1708
09.11.2014, 21:31
bin keine rettungssanitäterin, aber ich finde, als arzt darf man nicht werten. also jeder ist gleich zu behandeln. das verurteilen ist sache von richtern, nicht von medizinern.

McDübel
09.11.2014, 22:41
Puhh... Eigentlich sollte man nicht werten, ne. Aber ich würde vermutlich dennoch die ganze Zeit über einen Mundschutz tragen. Je weniger jemand, der in Handschellen vor mir sitzt, von mir sieht, desto besser. :-)) ;-)

Kackbratze
09.11.2014, 22:46
Also auch das Namensschild am Hemd abdecken?
Oder, falls Niedergelassener, auch gleich das Türschild?

Als ob ein verurteilter Steuerhinterzieher einem danach die Praxis zerlegen will...

McDübel
09.11.2014, 22:47
Also auch das Namensschild am Hemd abdecken?
Oder, falls Niedergelassener, auch gleich das Türschild?


Ja. :-))

*milkakuh*
10.11.2014, 07:25
Ich bin zwar noch keine Ärztin, habe aber vor dem Studium eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin gemacht. Bei uns in der Klinik kam es aufgrund der geographischen Lage (Justizvollzugsanstalt in der Nähe) immer mal wieder dazu, dass wir Patienten aus dem Strafvollzug hatten. Diese wurden dann selbstverständlich Tag und Nacht durch zwei Justizvollzugsbeamte bewacht. Wir haben immer versucht professionell damit umzugehen - wobei die Behandlung/Pflege schon auf das nötigste reduziert wurde und vieles haben auch die Beamten übernommen. Angst hatte ich eigentlich nie und die Patienten waren auch immer dankbar behandelt zu werden. Auf die Idee das Namensschild vorher abzunehmen ist keiner gekommen...

Rico
10.11.2014, 10:13
Mal ehrlich, nicht alle, die im Knast sitzen sind Gewalttäter, man kann da ja auch durchaus durch Dinge wie Diebstahl, Betrug, etc. landen. Und mit zwei Justizvollzugsbeamten und Kette am Bett mache ich mir da auch wenig Sorgen (da gibt es Leute, die einem der Rettungsdienst anliefert, die mir mehr Sorgen machen).
Außerdem kommen die ja mit einem akuten Problem oder einer Erkrankung, bei der wir dann helfen, die haben jetzt wenig Interesse daran irgendwie uns gegenüber gewalttätig zu werden.

tortet
10.11.2014, 10:54
Dem Pat. war es sicher ebenso unangenehm, in Handschellen vor Dir zu sitzen. Bekomme solche Pat. regelmässig rein und behandle sie genau wie die anderen vorbestraften Heroinabhängigen auch ;-)

Fr.Pelz
10.11.2014, 13:43
Wenn Justizbeamte bewachen, habe ich auch keine Angst. Bei uns wurde aber ein Patient mal von den Hells Angels bewacht. Und weil die Pflege die Muskelmänner gebeten hat, nicht auf dem Stationsflur zu sitzen, sie sich aber auch durch Security (hatten die Angst?) aus der Klinik entfernen ließen, saßen die vorm Arztdienstzimmer. Ist toll, wenn man im Dienst da schlafen muss.
Den Patienten habe ich nicht behandelt, aber ich schätze die Kollegen so ein, dass sie nichts anders gemacht haben als sonst. Warum auch?

Stephan0815
10.11.2014, 16:33
War ne relativ normale Blutentnahme im Chirurgietertial, mit ein paar Besonderheiten.
Kam als letzter PJ aus den OP´s und obwohl alle anderen schon auf den Stationen gewesen sein mussten, lag noch eine Blutabnahme still vor sich rum. :-kotz :-kotz :-kotz
Letztes Zimmer vom Gang, bewaffneter Polizeibeamter davor, im Schrank am Ende des Ganges war nen Monitor mit Kamerasicht aufs Zimmerinnere (hatte das bislang für nen Pflegeschrank gehalten). Im Zimmer dann ein kachektischer, tätowierter Patient in reduziertem AZ, mit dicker Metallkette ans Bettgerüst gekettet.
Ansonsten unspektakuläre Blutentnahme, Patient war kooperativ und verhielt sich ruhig. Hab ihn nicht anders behandelt, als jeden anderen auch - naja zugegebenermaßen hab ich ihm nicht den Rücken zugekehrt.

Hab selbigen Patienten dann auch mitoperieren "dürfen" und daran erkannt, daß sich alle PJ vor der Op gedrückt haben und an dem Vermerk "HepC+HIV".
Die Organe sahen allesamt nicht sonderlich "koscher" aus, die Leber hatte nen orangenen Farbton und insbesondere die Milz war nicht glatt, sondern "zerklüftet" und wirkte irgendwie matschig. Gallenblase war ödematös verquollen und entzündet, wurde dann problemlos laparoskopisch entfernt. :grins:

anna1708
12.11.2014, 16:30
also ehrlich gesagt, hab ich lieber einen von justizbeamten begleiteten knasti vor mir auf dem stuhl als bspw. einen besoffenen oder einen, der sonstwie drauf ist.

baugruen
12.11.2014, 16:32
wir hatten mal eine dame zur behandlung, die recht freimütig und selbstbewusst angab, dass sie im örtlichen bordell arbeitete (und nicht als tresenkraft).
die ärztIN, mit der ich zusammengearbeitet hatte, war danach ziemlich schroff und unfreundlich, was ich doch für sehr unangebracht hielt.

McDübel
12.11.2014, 19:01
also ehrlich gesagt, hab ich lieber einen von justizbeamten begleiteten knasti vor mir auf dem stuhl als bspw. einen besoffenen oder einen, der sonstwie drauf ist.

Mich machen grundsätzlich Waffen nervös. Auch an Justizbeamten...

tortet
14.11.2014, 21:21
also ehrlich gesagt, hab ich lieber einen von justizbeamten begleiteten knasti vor mir auf dem stuhl als bspw. einen besoffenen oder einen, der sonstwie drauf ist.

Das Eine schliesst das andere oft nicht aus .... ;-)
Bei uns kommen sie meist nach Randalieren mit Polizei oder Ordnungsamt und neben Handschellen auch schonmal Fussfesseln. Bisher bin ich meist mit denen nach Abnahme der Fesseln allein ins Aufnahmezimmer - mit wem auch sonst - und wurde bisher noch nie bedroht.

baugruen
15.11.2014, 09:29
Bisher bin ich meist mit denen nach Abnahme der Fesseln allein ins Aufnahmezimmer - mit wem auch sonst - und wurde bisher noch nie bedroht.

die angst vor der spritze (oder dem bohrer) ist in der regel viel zu groß! ;-)

anna1708
15.11.2014, 09:59
die angst vor der spritze (oder dem bohrer) ist in der regel viel zu groß!

da fangen selbst 2meter-männer an zu weinen... also ist mir jedenfalls schon passiert (nein, ich bin kein 2-meter-mann, sondern ich hab es gesehen)

tortet
15.11.2014, 21:53
Eher vor dem Bohrer... es wird mal Zeit, dass jemand einen erfindet, der nicht dieses fiese Sirren von sich gibt. :-oopss

anna1708
16.11.2014, 10:42
Eher vor dem Bohrer... es wird mal Zeit, dass jemand einen erfindet, der nicht dieses fiese Sirren von sich gibt.

ich find es ja höchst interessant, dass so viele menschen das geräusch so extrem schlimm finden. ich höre das ja gar nicht mehr. wie, als wenn man jahrelang neben einer bahnstrecke lebt und die durchfahrenden züge gar nicht mehr wahrnimmt. aber ich glaube, mit so einem geräuschlosen bohrer könnte man echt kohle verdienen ;-)

zahnstein24
16.11.2014, 12:07
aber ich glaube, mit so einem geräuschlosen bohrer könnte man echt kohle verdienen

Oder aber man setzt dem Patienten einfach Kopfhörer auf!

Salzi19
17.11.2014, 11:44
Das finde ich aber relativ unpraktisch, weil dann meine Anweisungen vom Patienten auch nicht mehr gehört werden.