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Stephan0815
27.11.2014, 12:33
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-11/verhuetung-pille-danach-rezeptfrei?commentstart=33#comments

Laut diesem Zeitungsartikel gilt es als ausgemachte Sache, daß künftig die "Pille danach" von der Rezeptpflicht ausgenommen sein wird. Ich wollte das mal zum Anlaß nehmen, um eine medizinisch übergreifende Fragestellung loszutreten; insbesondere würde mich interessieren, inwieweit es Argumente dafür oder dagegen gibt und ob diese Entwicklung im Allgemeinen eher für positiv oder negativ gehalten wird.

Künftig wäre nämlich der Apotheker für die Ausgabe dieses Medikaments verantwortlich, inklusive der Beratung von Patientinnen in einer besonderer Belastungssituation. Ich gehe dabei von der Annahme aus, daß es dabei eine sprunghafte Steigerung der Nutzung dieses Angebots geben wird, evtl. auch bei Inanspruchnahme nächtlicher Notfallapotheken.

Denkt jemand, daß sich dadurch auch im Sozialverhalten Änderungen ergeben werden? Wie zB. daß man sich weniger Gedanken macht, um Verhütung in eiligen Situationen und den Gummi eher sein lässt und damit aber halt auch das Risiko für übertragbare Krankheiten erhöht. Ist es denkbar, daß sich darüberhinaus ein Erwartungsdruck auf Frauen auftürmt, á la "oh sorry hab grad kein Gummi, aber kein Problem, schließlich kannste ja nachher noch zur Apotheke laufen"

Und wie sieht es dann beim finanziellen Gesichtspunkt aus? Kann man hier als Apotheker dann schon von einem lukrativen Geschäft ausgehen? Was wird von den Kassen übernommen, gibts es da dann ein Limit oder wäre eine Übernahme durch die Kasse gar nicht so sinnvoll?

Muriel
27.11.2014, 12:49
Es dürfte gar nichts von den Kassen übernommen werden, oder? Denn dafür bräuchte es ja ein rotes Rezept, das ich aber nicht bekomme, wenn ich nicht zum Arzt gehe, sondern das nicht verschreibungspflichtige Medikament mir so besorge. War die Pidana denn bisher erstattungsfähig? Ich kenne mich rein medizinisch betrachtet zu wenig mit möglichen UAWs etc aus, als dass ich mir da eine fundierte Meinung bilden bzw. diese kundgeben wollte. Aber generell finde ich es schon ok, wenn das jetzt so wie geplant kommt. Allzu leichtfertigen Umgang würde ich eher nicht erwarten.

Solara
27.11.2014, 13:17
Nachdem das in anderen Ländern auch schon nicht zu massiven Änderungen im Verhütungsverhalten geführt hat, erwarte ich auch hierzulande nix Gravierendes. Außer x Diskussionen darüber natürlich, war ja beim Rauchverbot in Lokalen auch nix anderes (und auch da ist das prognostizierte Kneipensterben komischerweise ;-) auch nicht eingetreten - der durchschnittliche Deutsche scheint sowas genauso gut zuzuhalten wie ein Ire oder Italiener oder ...)

Kandra
27.11.2014, 15:05
Die Pille danach ist vermutlich für jeden einigermaßen normal denkenden Menschen zu unsicher um als ernstzunehmende Verhütungsalternative zu gelten. Ich denke auch nicht, dass es da zu einer großartigen Steigerung der Umsätze kommen wird. Nur vielleicht zu weniger ungewollten Schwangerschaften weil man nicht erst zum Arzt latschen und es sich verschreiben lassen muss, sondern sich das ganze zeitsparend bei der Apotheke um die Ecke holen kann.

EVT
27.11.2014, 15:29
Die Pille danach wurde doch noch nur bis 20 von der Kasse übernommen, genau wie die normale Pille.
Kostet ca. 17 Euro, in Frankreich z.B. nur 6 Euro, da ist sie ja schon lange rezeptfrei, aber Medikamente kosten da wohl generell weniger.

In anderen Ländern kam es auch zu keiner Änderung, warum also in Deutschland?
Die Nebenwirkungen werden auch nicht als gravierend eingestuft.

Phosphorsalzperle
27.11.2014, 19:16
Für die Pille danach gilt: Je schneller, desto besser. Daher begrüße ich die Entscheidung, dass hätte schon vor einigen Jahren passieren sollen. Natürlich verstehe ich auch die Bedenken bezüglich der Arzneimittelsicherheit. Aber genau dafür sind wir Apotheker da und ausgebildet. Schwarze Schafe gibt es überall.
Gerade wenn ich an die überfüllten Wartezimmer und chronischem Personalmangel im Notdienst denke, bezweifle ich auch da, dass die Pille danach in aller Ausführlichkeit beraten wird; dieser Notfall hält sich im Vergleich zu Notfällen wie Schlaganfall oder einem akuten Abdomen noch "in Grenzen". Ich denke sogar, dass die Frau in der Apotheke besser beraten wird.

Minoo
27.11.2014, 19:42
Ich sehe diese Entscheidung kritischer: Die Pidana ist doch kein Smartie und kann man nicht auf die gleiche Schiene wie andere freiverkäufliche AM gestellt werden. Eine Freiverkäuflichkeit baut die Hemmschwelle gegenüber dem Arzneimittel ab, es wird schneller auch von dritten oder auch missbräuchlich genommen. So könnte man sich die Pidana gleich als Vorrat in den häuslichen Medikamentenschrank nehmen und dann hat die ganze weibliche Familienbande etwas davon...

Nach meiner Meinung sollte statt die Rezeptpflicht aufzuheben stärke in Aufklärung investiert werden. Denn wer die Pille braucht hatte ungeschützten Geschlechtsverkehr. Und der ist gefährliche, ich sage nur AIDS:

lio
27.11.2014, 20:29
Kostet ca. 17 Euro, in Frankreich z.B. nur 6 Euro, da ist sie ja schon lange rezeptfrei, aber Medikamente kosten da wohl generell weniger.
Soweit ich weiß, kostet eine Ellaone sogar fast 36€ in Deutschland.
Bei dem Preis gehe ich doch stark davon aus, dass sich die Vorratshaltung und regelmäßige Nutzung in Grenzen halten wird.

EVT
27.11.2014, 21:00
Es gibt aber noch eine andere, ältere mit Levonorgestrel, die ist günstiger, wirkt aber auch nur in einem kürzeren Zeitrahmen als EllaOne. Den Handelsnamen davon weiß ich nicht.

Rhiannon
27.11.2014, 21:02
Es gibt aber noch eine andere, ältere mit Levonorgestrel, die ist günstiger, wirkt aber auch nur in einem kürzeren Zeitrahmen als EllaOne. Den Handelsnamen davon weiß ich nicht.

Müsste die PiDaNa sein, wenn ich mich nicht zu sehr täusche.

Lissminder
28.11.2014, 08:29
Das Thema hat es NATÜRLICH auch schon in die BRAVO geschafft. Wie gut, dass Dr. Sommer da mit Rat und Tat zur Seite steht :)
Aber was haltet ihr eigentlich davon, dass man nur die Levonorgestrel-Produkte nicht aber die Pille mit Ulipristalacetat von der Rezeptpflicht aufhebt? Ich weiß, dass würde dem europäischen Standard entsprechen, aber in meinem Augen macht das keinen Sinn.

lio
28.11.2014, 08:38
Aber was haltet ihr eigentlich davon, dass man nur die Levonorgestrel-Produkte nicht aber die Pille mit Ulipristalacetat von der Rezeptpflicht aufhebt?
Geplant ist es im Moment doch genau anders herum. Ulipristalacetat soll europaweit freigegeben werden, ob Levonorgestrel in Deutschland rezeptfrei wird, steht noch nicht definitv fest.

Hanno04
28.11.2014, 08:44
richtig, es geht also um rezeptfreie ellaone (Ulipristal,= upa), wie mit den levonorgestrel(pidana) umgegangen wird, steht noch nicht fest. deutschland würde eben nicht wie viele andere euopäische länder die günstige variante pidana freiverkäuflich machen, sondern die ungefähr doppelt so teure ellaone. upa-Präparate sind bislang europaweit rezepftlichtig. wieso muss das in deutschland jetzt genau anders sein? check ich nicht, da sind m.M. nach doch nur die kosten im visir.

lio
28.11.2014, 09:05
check ich nicht, da sind m.M. nach doch nur die kosten im visir.
Nö. Ulipristalacetat wird nicht zu Unrecht als Standardmedikament zur Notfallverhütung empfohlen. EllaOne wirkt länger und effektiver, hat weniger Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und ist auch sicher bei Frauen, die >75kg wiegen (im Gegensatz zu Levonorgestrel).

luckyluc
28.11.2014, 09:39
Aber wenn die Wirksamkeit bzw. Sicherheit der beiden Präparate maßgeblich davon abhängt, wie schnell es eingenommen wird, dann wäre es doch viel sinnvoller die PiDaNa aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Die müsste schließlich möglichst schnell eingenommen werden. Bin gespannt wie sich das auf die Verkaufszahlen für PiDaNa auswirken wird? Außer, dass sie nur etwa die Hälfte kostet, gibt es dann keine Vorteile mehr für das Präparat.

StuartProwerFaktor
03.12.2014, 17:53
Soweit ich weiß stimmt das mit dem Körpergewicht (nach momentaner Aussage der EMA) nicht:
http://www.medscapemedizin.de/artikel/4902442
Dieses Paradox kann man vielleicht auch alternativ erklären: Körpergewicht ↑↑ --> Intelligenz↓ (rein statistisch gesehen). Man könnte also auch von einem Confounder ausgehen ;)

Bonnerin
03.12.2014, 18:17
Nach meiner Meinung sollte statt die Rezeptpflicht aufzuheben stärke in Aufklärung investiert werden. Denn wer die Pille braucht hatte ungeschützten Geschlechtsverkehr. Und der ist gefährliche, ich sage nur AIDS:

Nicht zwangsläufig. Es kann immer etwas schief gehen, selbst wenn man aufpasst. Und wenn man tatsächlich so viel Pech hat, dass das Kondom reißt wär mir wohl auch die regelmäßige Einnahme der Pille egal (das Kondom alleine hat ja keinen 100%igen Schutz, auch nicht bei der Empfängnisverhütung), ich würde schnellstmöglich die Pille danach nehmen, denn mies laufen kann es immer, ganz gleich wie gut man aufgeklärt ist.

Und ja, ich weiß, dass die Pille nur vor Schwangerschaft schützt und Kondome als einziges Verhütungsmittel auch vor Geschlechtskrankheiten. Aber ich glaub in dem Moment will frau einfach nur noch jede mögliche Art von Schadensbegrenzung betreiben.

EVT
03.12.2014, 19:07
Wenn du jeden Tag die Pille genommen hast (und keine anderen Medikamente genommen hast oder Durchfall/Erbrechen hattest), brauchst du doch keine Pille danach.

Klar kann man zur Beruhigung dann die Pille danach nehmen, aber so unsicher ist die Pille ja jetzt nicht. ;-)
Die Pille danach für den Notfall zuhause zu haben ist keine blöde Idee und ohne Verschreibungspflicht auch leichter umzusetzen. Dann kann man sie sofort nehmen und muss nicht erst zu einer Apotheke, womöglich zum Notdienst.

Phosphorsalzperle
03.12.2014, 20:14
Wenn du jeden Tag die Pille genommen hast (und keine anderen Medikamente genommen hast oder Durchfall/Erbrechen hattest), brauchst du doch keine Pille danach.

Klar kann man zur Beruhigung dann die Pille danach nehmen, aber so unsicher ist die Pille ja jetzt nicht. ;-)
.

Nur zur "Beruhigung" die Pille danach zu nehmen, finde ich angesichts der Nebenwirkungen ziemlich kontraindiziert. Damit trifft doch genau der Fall ein, dass Frau/ Mann nicht mehr aufpasst, denn falls man mal was vergisst, wird einfach die Pille danach eingeworfen.
Es geht hier aber um ziemlich potente Medikamente, dessen Einnahme möglichst vermieden werden soll. Gibt es eigentlich Studien über häufige Anwendung der Pille danach, wie sieht es da mit Langzeitnebenwirkungen aus?

EVT
03.12.2014, 20:39
Wenn es so gravierende Nebenwirkungen wären, wäre sie nicht rezeptfrei.
Die Leute, die so besorgt sind, verhüten bestimmt nicht nachlässig.. Von daher würde ich mir darüber keine Sorgen machen.
Die Pille danach als normales Verhütungsmittel zu nutzen würde auf Dauer ganz schön ins Geld gehen.

Außerdem ist sie doch dafür da, wenn man mal die normale Pille vergessen hat... Wer natürlich ständig die normale Pille vergisst, sollte sich lieber ein anderes Verhütungsmittel besorgen.