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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : CRP mit unklarem Fokus



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SkYSkYSkY
11.12.2014, 19:37
Schönen Abend allerseits,

wir haben momentan eine Patientin auf Station, bei der wir nicht recht wissen was wir noch untersuchen sollen. Vielleicht hat ja hier noch jemand eine Idee. Ich stelle sie mal kurz vor. Alle Werte habe ich leider nicht mehr im Kopf, aber ich Drucke mir morgen mal das Labor aus falls nachfragen kommen.

Eine 70 jährige Patientin stellt sich in der Inneren Notaufnahme vor, mit einer hypertensive Entgleisung mit RR Werten um die 230\110. Sie hat dabei Schmerzen im Rücken ausstrahlend bis unter die Schulterblätter und den seitlichen Thorax. Ansonsten bestehen keine weiteren Beschwerden. Insbesondere keine retrosternalen Schmerzen, keine Synkope, keine neurologischen Ausfälle.

Wir nehmen die Patientin stationär auf und senken vorsichtig den Blutdruck. Darunter ist sie zunächst beschwerdefrei. Das EKG zeigt nichts außergewöhnliches. Im Aufnahmelabor zeigt sich ein CRP von 160, keine Leukozytose und kein erhöhtes PCT. Zur Fokussuche machen wir einen U-Status, dieser ist unauffällig. Ein Röntgen Thorax zeigt keine Pneumonie, allerdings eine Ektasie der Aorta descendens. Wir bestimmen die D-Dimere mit 2,56 und machen ein CT-Thorax. Hier zeigt sich ein Aneurysma der Aorta descendens mit Randthrombose. Hier wurde ein chirurgisches Konsil angefordert. Das restliche Labor zeigt einen Anstieg der Transaminasen (genauer habe ich es gerade leider nicht, die Werte reiche ich nach). Cholestaseparameter und Bill sind normal. Die Hepatitisserologie ist unauffällig. Ferritin ist etwas erhöht, Transferrin und Transferinsättigung sind normal. Eine Abdomen Sonographie zeigt ebenfalls nichts greifbares, insbesondere keine Cholezystolithiasis und keine Cholestase. Keine Raumforderungen in der Leber. Fieber besteht nicht. Blutkulturen sind steril. Eine Echokardiographie zeigt keine Klappenvegetationen. Wir wissen im Moment nicht, wonach wir noch suchen sollen. So entlassen können wir die Patientin nicht. Wir haben eine Antibiose kalkuliert mit Rocefin gestartet. Das CRP ist darunter jetzt auf 200 gestiegen. Subjektiv ist die Patientin beschwerdefrei. Der RR schwankt sehr stark zwischen hypotonen Werten und 10 min später Werte um 220 syst. Wir haben da jetzt mal die Metanephrine und Normetanephrine im Urin und Plasma bestimmt. Sonografisch war an der NN nichts zu sehen.

Meine Frage bezieht sich aber vielmehr auf das erhöhte CRP. Habt ihr noch Ideen? Kein Fieber, keine Leukozytose und normales PCT machen ja einiges unwahrscheinlich. Ich dachte wegen der Thoraxschmerzen noch an eine Spondylodiszitis. Aber sie hat jetzt keine Schmerzen mehr.Kein Klopfschmerz über der WS. Ein Tumor CRP? Das wäre aber ziemlich hoch dafür, oder? Vaskulitis? Syphilis? Aber da fehlen dann noch andere Symptome.

Wäre über Meinungen erfreut. Laborwerte gibt es morgen genauer. Verzeiht Zeichenfehler, ich schreibe am Tablet ^^.

Grüße aus dem PJ,

der SkY

Zoidberg
11.12.2014, 20:02
kalkulierte Antibiose heißt ja, dass ihr einen Focus vermutet hättet, aber so habt ihr ja einfach Bild das CRP mit Antibiose behandelt...

wenn der Patient beschwerdefrei ist und kein Fieber hat, hätte ich erstmal zugewartet und das CRP kontrolliert
Spondylodiszitis ohne Beschwerden ist auch raus.

Evil
11.12.2014, 21:17
Vaskulitis und rheumatischer Formenkreis sollte auch angedacht werden. Habt Ihr eine Senkung bestimmt?

Rico
11.12.2014, 23:07
CRP ohne Infektzeichen riecht ja (wenn es nicht was ganz banales wie ein großes Hämatom ist) schon ein wenig nach Vaskulitis oder was aus dem rheumatischen Formenkreis, bzw. was malignes.
Thorakale Schmerzen kann man bei nem Druck von 230 mal haben, außerdem gibt es ja ein KM-CT das auch die thorakale Wirbelsäule abbildet - spricht noch gegen die Spondylodiszitis.

Wie hat man denn das Aneurysma gewertet? Ist das ein relevanter Befund? Insbesondere die Thromben... kann die evt. peripher embolisieren, auch in Organe (Leberwerte, Nierenarterien)? Mehrere kleine Organinfarkte können ja auch ein ordentliches CRP ohne große Klinik machen. Gibt's ne LDH und/oder ein Laktat?

THawk
11.12.2014, 23:23
Mich würde auch die Senkung interessieren. Und ich würde die Antibiose gleich wieder absetzen. Ihr wisst nicht was ihr behandelt, ihr habt eine klinisch nicht infektiöse Patientin, ihr habt die klassischen Infektionsfoci gut abgearbeitet. Also wieso Antibiose? Die AB würde die nächste Chefvisite bei uns nicht überstehen ;-)

Weiter Richtung autoimmunologischer Ursachen schauen, prothrombotische Diathese etc. Und abwarten ob sie doch auffiebert wenn ihr die AB abgesetzt habt. Und deswegen möglichst keine regelmäßige Analgesie / Antipyrese geben.

ninakatharina
12.12.2014, 05:45
Erweiterte Hepatitis-Sero auch gemacht? (CMV, EBV, VzV) IL-2 Rezeptor? Diff-BB ist unauffällig?

Lymphknoten irgendwo?


Könnte die Thrombosierung des Aneurysmas eine Ursache sein?

Letzter Gyn-Besuch?

Irgendwelche vorerkrankungen? Medikamente? Oder hab ich das überlesen?

Hellequin
12.12.2014, 06:05
Hat die Patientin den sonst klinisch irgendwelche Beschwerden?
Gibt es Vorbefunde? Evtl. sind die erhöhten CRP-Werte ja vorbekannt oder sogar schon abgeklärt?

WackenDoc
12.12.2014, 06:26
Mal ne doofe Frage- in welcher Einheit wurde das CRP gemessen und was ist für euer Labor der Normbereich.

Peter_1
12.12.2014, 09:07
Schönen Abend allerseits,
Eine 70 jährige Patientin stellt sich in der Inneren Notaufnahme vor, mit einer hypertensive Entgleisung mit RR Werten um die 230\110. Sie hat dabei Schmerzen im Rücken ausstrahlend bis unter die Schulterblätter und den seitlichen Thorax.

Hier zeigt sich ein Aneurysma der Aorta descendens mit Randthrombose.

Wie groß ist der Durchmesser, welche Klassifikation, gibt es eine Dissektionsmembran? Bei der Anamnese (RR hoch und Schmerzen im Rücken plus nachgew. Aneurysma) würde ich ja erst mal das Aneurysma in den Fokus rücken. Antibiose würde ich auch absetzen.

Flemingulus
12.12.2014, 11:08
D-Dimere mit 2,56

Nur der Korrektheit halber und ohne da groß eine diffdiagnostische Überlegung dran aufhängen zu wollen: bezieht sich der Wert auf nM (= im Normbereich) oder mg/L (= bissel erhöht)?

Andi G. Schütze
12.12.2014, 22:43
Wie von anderen schon gesagt, würde das Ceftriaxon auch absetzen - ihr behandelt da ja einen Laborwert... Dann wiederholte Blutkulturen, nur um sicher zu gehen. Habt ihr ein TEE oder TTE gemacht? WIe schon gefragt: LDH erhöht? Wie sind denn die Leberenzyme erhöht und Diff-BB? Wenn das alles nicht wegweisend ist, dann wäre als nächstes ein Abdomen-CT sinnig, imho. Und wirklich keine Klinik für irgendwas?

dantheg
13.12.2014, 19:21
So entlassen können wir die Patientin nicht.

Warum eigentlich nicht; wovon habt ihr denn Angst? Also konkret, nicht dass ihr Angst habt "irgendwas" zu übersehen, dann könnte man in der Inneren selten Patienten entlassen.

Ich würde sagen für das CRP habt ihr mehrere Gründe - 1. hypertensive Entgleisung, 2. Patientin mit wahrscheinlicher Arteriosklerose und 3. Thrombus. Ich schließe mich den anderen an, Antibiotika ohne guten Grund zu geben ist eine schlechte Idee.

Ich würde aber beim Thrombus nachhacken ... so ein Thrombus im arteriellen System ist ja nicht normal.

Mehr Infos zu den Leberwerten wäre auch sinnvoll (also hepatozellulär oder obstruktiv, wie hoch usw).

Rico
13.12.2014, 20:03
Als Entlassungshindernis würde ich da eher den noch nicht suffizient eingestellten Hypertonus mit Dekompensationen bis 230 unter stationärer Kontrolle sehen.

Wie ging es denn jetzt weiter?

SkYSkYSkY
14.12.2014, 17:01
Wow, hier ist ja einiges zusammen gekommen. Entschuldigt die späte Antwort, aber ich hab das Wochenende mal nix medizinisches gemacht.

Ich war Freitag leider nicht auf "meiner" Station, sondern hab auf ner anderen Station ausgeholfen, darum erfahre ich erst morgen was da Freitag noch gelaufen ist.

Ich hab aber am Freitag noch ne BSG aufgeschrieben und ANA, pANCA und cANCA. Ergebnis gibts dann morgen.
Ich versuche mal stichpunktartig auf die Fragen zu antworten:

- wie das Aneurysma gewertet wurde: Im Prinzip haben wir da nur ein chirurgisches Konsil angemeldet. Ich weiß nicht, ob das ein relevanter Befund ist. Da es randthrombosiert ist, scheint es ja aber nicht ganz frisch zu sein. Eine Dissektion ist es radiologisch sicher nicht, da haben wir explizit nach gefragt. Die Patientin hat aber auch einen RR-Unterschied rechts>links. Dies wurde zweimal gemessen als sie hyperton war. Einmal war der Unterschied 40 mmHg und einmal 30 mmHg. Ich würde denken, dass durch die Randthrombose der Abgang der linken A. subclavia partiell verlegt ist. Beschwerden hat sie auch hier keine.
Das mit den kleinen Infarkten ist eine gute Idee. Ich erinnere mich dunkel, dass die LDH erhöht war. Leider hab ich auch hier gerade keine Zahl im Kopf. Laktat haben wir nicht bestimmt.

- Die Antibiose hat die nächste Visite in der Tat nicht überlebt. Regelmäßige Antipyrese/Analgesie braucht sie nicht/ bekommt sie nicht. Ich schau mit morgen mal die Fieberkurve vom Wochenende an.

- Erweiterte Hepatitis-Sero (CMV, EBV, VZV) wurde am Freitag abgenommen. Das dauert bei uns aber leider immer ewig, bis die Ergebnisse da sind. Das Diff BB ist unauffällig. Keine Lymphknotenschwellungen in der Aufnahmeuntersuchung, aber hier kann ich nochmal gezielt nachuntersuchen. Ich habe die Aufnahme nicht gemacht.

- letzte Gyn-Untersuchung muss ich morgen mal nachsehen. Das könnte schon eine Weile her sein.

- Vorerkrankungen hat sie, sie ist in der Inneren :). Aber keine Malignome in der Anamnese, keine Lebererkrankungen, keine rheumatischen Erkrankungen, nix Autoimmunes.
Medikamente weiß ich leider auch nicht aus dem Kopf, aber sind internistische Standartmedikamente. Nichts speziell Lebertoxisches, das haben wir schon überprüft.

- Nein, die Patientin hat aktuell keinerlei Beschwerden mehr. Leider gibt es keine Vorbefunde in domo. Sie war bisher nicht bei uns. Man kann aber sicherlich den Hausarzt anrufen und genau das erfragen.

- Die Einheit für das CRP ist glaub ich mg/dl und der Normbereich ist bei uns <5

- D-Dimere sind etwas erhöht, also müsste das mg/l sein

- Blutkulturen haben wir vor Antibiose gemacht. Die sind negativ. Wir haben sowohl ein TTE als auch ein TEE gemacht. Gute LVEF, keine Vegetationen, keine relevanten Klappenveränderungen.

- Die genauen Leberenzyme poste ich morgen. Nein, keine Klinik für irgendwas.

Danke euch für die rege Beteiligung. Tut mir leid, dass ich die Laborwerte erst morgen ausdrucken kann. Ich halte euch aber auf jeden Fall auf dem Laufenden. Soweit ich weiß war Freitag auch die Oberarztvisite. Mein Kollege sagte mir nur kurz, dass da auch nichts wegweisendes bei herausgekommen ist.

Euch noch einen schönen Sonntag.

Nessiemoo
15.12.2014, 17:25
ihr behandelt da ja einen Laborwert... [...] Und wirklich keine Klinik für irgendwas?

das wollte ich auch nachfragen - Kann es überhaupt sein dass irgendeine Krankheit nur die CRP Erhöhung macht, ohne Fieber oder irgendwelche andere Symptome?

Dummie
15.12.2014, 18:58
Mal eine Randfrage: Ist es nicht ziemlich schlecht, wenn eine Antibiotikatherapie begonnen und kurze Zeit später wieder abgesetzt wird?

Ich verstehe natürlich, dass es hier womöglich keine Indikation dafür gibt, aber sofern sich vielleicht doch Erreger im Körper befinden, so würde man hierdurch doch massiv Resistenzen heranzüchten?

Natürlich verstehe ich auch, dass auch die Antibiotikatherapie Nebenwirkungen hat und es daher für den Patienten nicht angenehm ist diese fortzuführen, obwohl es keine Indikation (mehr) gibt. Aber wäre das nicht das kleinere übel?

THawk
15.12.2014, 20:17
Nein, das ist ein überholtes Mythos der Antibiotika- Therapie. Wenn man unter dem Verdacht beginnt und sich der Verdacht nicht bestätigt muss man die AB wieder absetzen. Die unnötig lange Exposition gegenüber dem Medikament erhöht den Selektionsdruck und damit die Resistenzentstehung. Wird zum Beispiel regelhaft in det Neonatologie bei Vd. Auf early onset Sepsis so gemacht.

BetterCallSaul
21.01.2015, 20:42
Nein, das ist ein überholtes Mythos der Antibiotika- Therapie. Wenn man unter dem Verdacht beginnt und sich der Verdacht nicht bestätigt muss man die AB wieder absetzen. Die unnötig lange Exposition gegenüber dem Medikament erhöht den Selektionsdruck und damit die Resistenzentstehung. Wird zum Beispiel regelhaft in det Neonatologie bei Vd. Auf early onset Sepsis so gemacht.

Klingt gut, hast du Quellen dazu? Gruß!

Sebastian1
21.01.2015, 21:06
Die Quellen dazu dürften vielfältig sein.Unter dem Stichwort "Rationale Antibiotikatherapie" gibt es viele brauchbare Treffer bei Google, siehe dazu zB http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/092-001.html
Gemäß Tarragona-Strategie: früh und breit einsteigen, lokale Resistenzlage kennen, Individuelle Risikofaktoren berücksichtigen, "focus, focus, focus" und "get to the point".

Ich bekomme ja schon nervöse Zuckungen, wenn auf Normalstation i.v.-Breitbandantibiotika gegeben werden ohne dass parallel dazu eine mikrobiologische Diagnostik in Gang gesetzt wird, was mir da allerdings viel größere Sorgen macht ist die unkritische Anwendung in der Nutzviehhaltung.

BetterCallSaul
21.01.2015, 21:15
9/10 Putenfleischproben bei Discountern zeigten multiresistente Keime. :(

Ich fragte auch nach Quellen, weil wir häufig AB-Therapie, welche zuvor angesetzt wurde, einfach fortführen obwohl ich das nicht wirklich befürworte.