PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Apotheke ohne Schaufenster?!



Seiten : [1] 2

Lissminder
18.12.2014, 10:45
Guten Morgen ihr Lieben,

ich hatte gestern ein sehr interessantes Gespräch mit meinem Chef über die Zukunftsgestaltung einer Apotheke. Er brachte für mich einige sehr interessante Aspekte vor, die ich auch hier gerne einmal diskutieren würde.

Die Frage war, was sollte sich in Apotheken ändern.

- Abschaffung der Schaufenster. Die Apotheke verkauft Medikamente, die gilt es nicht zur Schau zu stellen
- Adieu Vichy, Eucerin, La-Roche: Diese Schönheitsprodukte gehören in die Drogerie.
- Kassieren, ja bitte, aber das muss doch nicht der Apotheke machen, dazu kann man eine 450 Eur-Kraft einstellen. Der Apotheke hat doch kein naturwissenschaftliches Studium abgeschlossenem, um zu kassieren. Es reicht, wenn er im Hintergrund auf das Rezept schaut und die Rezepturen kontrolliert und seiner Berufung nach Pharmazeutischer Beratung nachkommt.

Soweit die Ansichten meines Chef, ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass sich so etwas erfolgreich umsetzen lässt.
Würdet ihr in eine Apotheke ohne Schaufenster gehen und wie würdet ihr es finden, wenn der ganze freiverkäufliche Bereich wegfällt?

luckyluc
18.12.2014, 11:45
mal ganz ehrlich, aber was sich dein Chef da ausmalt geht für meine Begriffe ziemlich an der Realität vorbei. Er hat wohl ein Problem damit zu verstehen, dass das Zeitalter der Weißen-Kittelapotheker vorbei ist.
Heute muss ich eine Apotheke individualisieren, um sich von der breiten Massen abzuheben. Mit der Fülle an Apotheken kann man Straßen Pflaster und die Versandapotheke scharren schon mit den Hufen.

Es wäre in meinen Augen sinnvoller diese Lage anzuerkennen und Gute Beratung zu verkaufen, auch wenn dazu der verkauf von freiverkäufl. AM gehört.

Relaxometrie
19.12.2014, 13:06
- Abschaffung der Schaufenster. Die Apotheke verkauft Medikamente, die gilt es nicht zur Schau zu stellen
- Adieu Vichy, Eucerin, La-Roche: Diese Schönheitsprodukte gehören in die Drogerie.
- Kassieren, ja bitte, aber das muss doch nicht der Apotheke machen, dazu kann man eine 450 Eur-Kraft einstellen. Der Apotheke hat doch kein naturwissenschaftliches Studium abgeschlossenem, um zu kassieren. Es reicht, wenn er im Hintergrund auf das Rezept schaut und die Rezepturen kontrolliert und seiner Berufung nach Pharmazeutischer Beratung nachkommt.
Diese Ansichten unterstütze ich voll. Wie realistisch sie umsetzbar sind, kann ich nicht sagen. Aber eine solche Apotheke würde dem mMn eigentlichen Sinn einer Apotheke wieder gerecht werden: der fachlich fundierten Versorgung mit Medikamenten.
Ich halte die Apotheken, so wie sie heute aussehen, für verkommene, konsumorientierte Wellnesstempel. Beim Anblick der Schaufenster bekomme ich echt Krätze! Wie kann man für Medikamente werben :-nix Das geht zumindest an meinem (in Zeiten der überwiegend konsumorientierten Gesellschaft durchaus naiv anmutenden) Verständnis von Krankheit und Versorgung mit Medikamenten voll vorbei.
Und diese widerliche Rentner-Bravo, aka Apotheken-Umschau, ist ebenso ekelhaft, wie die Werbung in den Schaufenstern der Apotheken.

Ich habe nichts dagegen, daß sich ein Apotheker ein zweites Standbein aufbaut, indem er "Drogerieprodukte" und anderes verkauft. Aber der Teil, in dem Medikamente verkauft werden, muß wirklich nicht so hochglanzmäßig präsentiert werden, wie es heute der Fall ist. Der ureigene "Apothekenteil" kann tatsächlich an einem "ollen Tresen" und ohne Schaufenster stattfinden.




Soweit die Ansichten meines Chef, ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass sich so etwas erfolgreich umsetzen lässt.
Ist es denn nur eine Träumerei des Chefs, oder plant er, eine solche Apotheke aufzubauen?

StuartProwerFaktor
19.12.2014, 14:34
Das Problem ist ja, dass manche Apotheken halt primär vom freiverkäuflichen leben. Ich denke so lange die Apotheke im Fall der Fälle ihre Kernkompetenz wahrnehmen kann und somit adäquat beraten kann, sollen sie doch sonst verkaufen worauf sie Bock haben. Die meisten Leute mit Rezept müssen ja bzw. wollen auch nicht (!) stundenlang bequatscht werden, weil sie ihre Sachen eh soweit kennen. Mal davon ab würde es ja durchaus Sinn machen, wenn eine Apotheke sich gesamtgesundheitlich präsentiert: ob das jetzt Hömopathie, Pflanzliches, Ernährung + Ernährungsberatung (wünschenswerterweise nicht kostenlos ...) oder was auch immer für Gesundheitsartikel.

An der Stelle muss und sollte man sich auch bewusst machen, dass das simple Distributieren sicher nicht die Zukunft ist bzw. wenig zukunftsfest ist (insbesondere für Chroniker!) Dies können Automaten oder das Internet auch: Und auch da sollte man sich nichts vormachen; Bei den 2,5-5% Kostensteigerungen p.a. wird der Spardruck in Zukunft sicher zunehmen.

Hanno04
21.12.2014, 18:52
Das Problem ist ja, dass manche Apotheken halt primär vom freiverkäuflichen leben.
das kann ich mir nicht vorstellen. jede apotheke macht ihren hauptumsatz mit rezepten. dazu sind die preise von freiverkäuflichem doch viel zu niedrig. es gibt dann eben nur den unterschied wie viel geld noch zusätzlich über den freiverkauf eingenommen wird. eine apotheke in mitten einer einkaufpassage hat natürlich die nase vorn beim freiverkauf.

davo
24.12.2014, 08:42
Jeder BWLer kriegt Angst, wenn man Umsatz und Ertrag oder Umsatz und Gewinn gleichsetzt!!! Es ist verdammt schwer, zu deutschen Apotheken Zahlen zu Ertrag und Gewinn zu finden - ganz interessant dürften viele von euch die folgende Excel-Tabelle finden, die zum Artikel http://www.dav-awa.de/archiv/2012/1-dezember-2012/article/2012/11//vorsichtiger-optimismus.html gehört und sich anscheinend auf die deutsche Durchschnittsapotheke bezieht:

http://www.dav-awa.de/fileadmin/Bilder/pdf/Downloads/2012/AWA_Prognose_2013.xls

Dort geht man für 2013 von einem Non-Rx-Anteil am Umsatz von 23% aus, und von einem Non-Rx-Anteil am Rohgewinn von 34%. Und beide steigen langsam aber stetig. Noch sind Verschreibungsmedikamente also tatsächlich wichtiger für den Gewinn, aber ob das noch lange so bleibt... naja.

StuartProwerFaktor
24.12.2014, 10:41
Ich glaube die Zahlen stimmen soweit. Ich habe auch mal Zahlen in einem ABDA-Flyer oder so gesehen, da stand was von 1,5 Millionen € Umsatz im Durchschnitt. Wie das so mit Statistik halt so ist, gibts halt links und rechts des Durchschnittswert ein paar Extreme. So gibt es sicher Apotheken (vor allem Einkaufszentren, Innenstadt etc), die wesentlich mehr von OTC leben (müssen). Ich kann mir gut vorstellen, dass dies relativ anstrengend ist, da man viele Packungen Paracetamol verkaufen muss, um an eine Marge wie auf einer durchschnittlichen Rezeptposition zu kommen. Wenn ich eine Apotheke kaufen müsste, dann würde ich sehr darauf achten, dass der Rezeptanteil groß ist, da dies idR "einfach" verdientes Geld ist. Man sollte sich aber bewusst sein, das OTC schon eine größere Leistung ist und sich davor hüten das klein zu reden ...

gnuff
26.12.2014, 23:59
das Problem liesse sich ja simpel durch die Schliessung von 2/3 aller Apotheken lösen... :grins:

Relaxometrie
27.12.2014, 11:08
@ gnuff
Wie sehen die Apotheken in Schweden denn aus? Sind die rein auf Arzneimittelabgabe ausgerichtet, oder verkaufen die auch Kosmetik, Cremes, Bonbons, Windeln u.s.w.?

davo
27.12.2014, 11:26
Ich finde das kanadische Modell recht sinnvoll: dort gibt es praktisch überhaupt keine "Nur-Apotheken" mehr - fast alle Apotheken sind in Drogerien großer Ketten (z.B. Shoppers Drug Mart) oder in Supermärkte großer Ketten integriert. Bei den Drogerien ist dann auch meist der Apotheker/Besitzer der Franchisenehmer der Drogerie insgesamt. Damit hat man umfangreiche Öffnungszeiten, und ist finanziell nicht so sehr von den Medikamenten abhängig. Für Kunden und Apotheker eine ganz gute Lösung.

gnuff
27.12.2014, 11:55
@ gnuff
Wie sehen die Apotheken in Schweden denn aus?

Mehr oder weniger so wie in .de...

Minoo
28.12.2014, 13:23
das Problem liesse sich ja simpel durch die Schliessung von 2/3 aller Apotheken lösen... :grins:

Hä damit beißt sich doch die Katze selbst in den Schwanz, oder nicht? Warum sollten dann weniger Paracetamol-Packungen verkauft werden :-D Womit du aber Recht haben könntest, ist wenn 2/3 des Freiverkaufes wegfällt, sprich Vichy und Co, dann würde die Apotheke endlich wieder zu ihren wichtigen Aufgaben kommen.
Natürlich hängt es extrem von der Lage einer Apotheke ab. Nicht ohne Grund befinden sich 80 % alles Apotheken neben oder unter einer Arzt-Praxis. Eine Center-Apotheker oder eine Apotheke in der Fussgängerzone, prostituiert sich unschönerweise häufig als Drogerie.

Lissminder
29.12.2014, 10:27
Ist es denn nur eine Träumerei des Chefs, oder plant er, eine solche Apotheke aufzubauen?
Halb, Halb. Er selbst wird seine Apotheke wohl nicht mehr großartig verändern, weil er kurz vor der Rente steht. Er hat jedoch einen Sohn, der auch Pharmazie studiert und wenn alles nach Plan läuft, danach die Apotheke weiterführen soll. Dann aber mit einem neuen Konzept, und so wie ich den Sohn einmal kennengelernt habe, scheut der keine Veränderungen. Ob nun gleich alle Schaufenster entfernt werden, kann ich mir nicht vorstellen. Ich denke jedoch schon, dass Vichy und der Kram dran glauben müssen.

Brutus
29.12.2014, 13:33
Ich denke jedoch schon, dass Vichy und der Kram dran glauben müssen.
Eine Apotheke, wo es nur Medikamente zu kaufen gibt? *SCHLUCK* :D :-))

StuartProwerFaktor
29.12.2014, 13:44
Wo liegt denn da der Sinn?

Wenn die Kunden das nachfragen würde ich das auch weiter verkaufen (so lange die Kohle stimmt), wenn nicht fliegts raus.

Phosphorsalzperle
29.12.2014, 17:41
Eine Apotheke, wo es nur Medikamente zu kaufen gibt? *SCHLUCK* :D :-))

Dann kommen sicher die Kunden rein und fragen, ob dass denn eine richtige Apotheke sei.
Aber dafür könnte der neue Platz im Schaufenster mit einem dicken Hinweisschild sorgen ;)
" Dies ist eine Apotheke, in der sie Medikamente kaufen können"

Minoo
30.12.2014, 20:17
..." und Rezepte einlösen können". Als Zusatzleistung werden sie auch noch von ihrem Apotheker beraten:-))

EVT
02.01.2015, 02:32
Ich habe jetzt mal bei uns in der Stadt drauf geachtet und da war in den Schaufenstern eigentlich nur Kosmetik zu sehen, nichts mit Medikamentenwerbung. :-nix
Werbung für Kopfschmerztabletten etc. gibt es ja auch im Fernseh.

luckyluc
02.01.2015, 11:34
Werbung für Kopfschmerztabletten etc. gibt es ja auch im Fernseh.

Furchtbare Werbung. so schlechte Spots gibt es tatsächlich nur bei AM-Werbung

Lissminder
04.01.2015, 16:56
Ja, Arzneimittelwerbung ist wirklich oft derbe unkreativ und dumm. Und immer nach dem gleichen Prinzip. Irgendein Grauschopf klagt mit schmerzverzerrtem Gesicht über seine Wehwehechen, ist dabei am Verzweifeln, weil alles vorherige nichts genützt hat und wie durch ein Wunder fliegt dann DAS NEUE von XY in die Hand. Nach 2 sek. sind alle schmerzen Weg und sogar die Haare sind nicht mehr so grau. Was pharmakokinetisch und - dynamisch sowas von schwachsinnig ist.