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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Akrinor vs. Noradrenalin intraoperativ



Lizard
06.01.2015, 15:43
Hallo!

Im Rahmen von Narkose/OP kommt es ja regelmässig zu Hypotonien.
Ein m.E. gutes Medikament ist da häufig Akrinor um Hypotonien zu beheben.
An "meiner" Klinik sind wir dazu angehalten so wenig wie möglich Akrinor (aus Kostengründen) zu benutzen und stattdessen Noradrenalen 1:100 einzusetzen. Das führt häufig dazu, dass man den Patienten bald einen Noradrenalinperfusor anbauen muss um den Blutdruck dauerhaft zu regulieren.
Ein großer Nachteil der Bolusgabe von Noradrenalin 1:100 sind regelmässig ausgeprägte Bradykardien(<30bpm), nicht selten begleitet von inadäquater Blutdruckanhebung.

Wie ist das bei euch geregelt und was haltet ihr von Noradrenalin 1:100 als i.v. Bolus anstatt Akrinor?

grüße
Lizard

Brutus
06.01.2015, 16:54
Hmm, ich handhabe das so: beim erstmaligen RR-Abfall nach Induktion bekommt Patient Akrinor, und zwar solange, bis der RR wieder im akzeptablem Bereich liegt. Dann sollte die Narkose auch am Bedarf ausgerichtet sein. Wenn danach ständig der RR in die Knie geht, gibt es einen Nor-Perfusor. Von den Bolusgaben halte ich nicht so viel. Weniger wegen der Bradykardien, eher wegen der doch ziemlichen RR-Anstiege, die auch nicht so wirklich berechenbar sind.
Ich mache, von einem Kollegen angefixt, mittlerweile eher Opiatnarkosen. Viel Fenta am Anfang, wenig Propofol und Gas, dafür schön stabil. Fenta kostet nix, und wenn es gegen Ende dann doch etwas zu flach sein sollte, mit Propofol gegensteuern.
BTW: Sooooo teuer ist Akrinor nun auch wieder nicht. Oder gebt ihr das Päckchenweise? :D

Skalpella
06.01.2015, 16:59
Hier wird mittlerweile standardmäßig ein Noradrenalinperfusor (1mg/50ml) angebaut, der den ganzen Tag hält. Die Hygiene hat das OK gegeben, da die Zuleitung zum Patienten immer getauscht wird. Anfangs fand ich es affig, mittlerweile sehr elegant. Man bekommt ja Erfahrung in der Anwendung. Bolusgaben aus der hohlen Hand sehe ich eher kritisch. Günstige Sache meist benötigt man an einem Tag nur diese eine Perfusorspritze.

Brutus
06.01.2015, 17:09
Ui, die Hygiene hat da zugestimmt? Respekt! Ich kenne es zwar auch, dass man Perfusoren, die über Rückschlagventil am Patienten waren, weiternutzt, nur Leitung und Rückschlag werden getauscht. Aber unsere Hygiene macht da doch Theater. Die zicken sogar rum, wenn man Fentanyl teil, also 2*0,25mg...
Aber warum findest Du das elegant? Mein Ziel ist eigentlich, dass die Patienten gar nicht in die Knie gehen. DAS sollte doch eigentlich das Ziel sein, oder? Wenn ich jedem Patienten schon im Vorfeld Noradrenalin dranbastel, dann kann ich auch mit 0,5 Fenta und 500 Propofol einleiten. Ist doch egal, zur Not wird der Perfusor hochgestellt. ;-)

Skalpella
06.01.2015, 18:04
Elegant, weil sehr gut steuerbar, gerade in der längeren hypotonen Situation, wie sie bei gerade bei älteren Hypertonikern durchaus anzutreffen ist. Exzessive Volumengaben ohne Volumenverlust sind ja zu vermeiden.
Und, glaube mir, Brutus: Bei mir schmieren die meisten Patienten auch ohne Vasopressor nicht ab. Ich bin mir durchaus dessen bewusst, dass der Blutdruck nur ein Surrogatparameter ist und dass wir die tatsächliche Perfusion der Organe (noch) gar nicht messen.

Lizard
06.01.2015, 18:33
Klar, das Ziel ist, dass die Patienten gar nicht abschmieren.

Es heisst bei uns immer, ne Ampulle Akrinor würde 4 EUR kosten und ein Nor-Perfusor wäre inklusive Spritze,Füllung und Personal billiger ;) Hab das jetzt nicht nachgerechnet.

Sebastian1
06.01.2015, 18:55
Mit den Perfusoren kenne ich das noch von 5mg Ultiva, wurde aber dann irgendwann von der Hygiene kassiert, dafür dann 1/2/5 mg Ultiva verwendet je nach geschätzter OP-Dauer, Reste verworfen.

Eine gute Alternative zu den bisher genannten Medis wäre im Übrigen noch Ephedrin, kann man schon die 50-mg-Ampulle auf 10 ml aufziehen und 10mg-weise applizieren, moderater Anstieg, wenig Reflexbradykardien, mittlere Wirkdauer. Und im Vergleich zu Akrinor spottbillig. Kann man, wenn repetitive Gaben notwendig sind, auch mal einer Infusion zusetzen. Mag ich persönlich vom Wirkprofil her auch viel, viel lieber als Phenylephrin.

gnuff
06.01.2015, 19:54
Kann Sebastian nu zustimmen, Efedrin ist mittlerweile mein Lieblingsmedikament (Akrinor gibbet hier nicht) bei narkosebedingten Hypotonien.
An meiner Zweitklinik ist es Standard bei SPA-Patienten nach Gabe der SPA-Medikamente die Nadel zurückzuziehen, umzuwinkeln und 25mg Efedrin i.m. zu platzieren. Keine Hypotonien, keine Bradykardien ...

Nessiemoo
08.01.2015, 18:44
Hm, ich habe auch gehört, dass man während einer Narkose NA in einer 250 ml Nacl Flasche verdünnt hat (Faktor weiß ich nicht mehr, war aber auf jedem Fall klein), und das langsam tropfend gegeben hat. Spricht was gegen diesen Verfahren und für einen Perfusor?

THawk
08.01.2015, 19:00
Warum soll man eine so ungenaue Tropf-Infusion mit einem Katecholamin nehmen wenn man auch problemlos mit einem verfügbaren Perfusor das ganze genau dosieren kann?
Okay, bin kein Narkotiker und als Neonat-Doktor sicher ein Krümmelkacker, aber den Sinn verstehe ich nicht.

Brutus
08.01.2015, 19:06
Hm, ich habe auch gehört, dass man während einer Narkose NA in einer 250 ml Nacl Flasche verdünnt hat (Faktor weiß ich nicht mehr, war aber auf jedem Fall klein), und das langsam tropfend gegeben hat. Spricht was gegen diesen Verfahren und für einen Perfusor?
Kann man machen, muss man natürlich nicht. ;-)
Ich mache das z.B. im Rettungsdienst, wenn ich eigentlich einen Perfusor nehmen würde, aber keinen habe, weil das NEF vor uns fährt. Das geht auch, wenn man den RR halt in kurzen Intervallen misst. Im OP nehme ich den Perfusor. Warum? Weil er da ist! :-)
Man kann halt viel machen, und meistens geht das ja auch ganz gut. Wenn es eben nicht gut gegangen ist, dann sollte man zumindest gut begründen können, warum man es so gemacht hat, und nicht wie man es "normalerweise" machen würde...

LasseReinböng
08.01.2015, 21:58
Bei uns gibts nur Arterenol. Ephedrin wurde abgeschafft, der Chef mag das Medikament nicht....es sei problematisch bei kardial vorerkrankten Patienten, hypotone und tachykarde Patienten könnten durch Ephedrin noch tachykarder werden - keine Ahnung, ob das so zutrifft.

Autolyse
09.01.2015, 22:55
Hm, ich habe auch gehört, dass man während einer Narkose NA in einer 250 ml Nacl Flasche verdünnt hat (Faktor weiß ich nicht mehr, war aber auf jedem Fall klein), und das langsam tropfend gegeben hat. Spricht was gegen diesen Verfahren und für einen Perfusor?
Der Hannoveraner-Arterenoltropf(es sind 1mg). :-))
Gibt es, insbesondere in den Herzsälen, auch mit 1mg Adrenalin/250mL NaCl. Der Noradrenalintropf ist Standard, wenn das Ephedrin nicht reicht, und der Perfusor selten im Einsatz.

Kiddo
19.06.2019, 13:21
An meiner Zweitklinik ist es Standard bei SPA-Patienten nach Gabe der SPA-Medikamente die Nadel zurückzuziehen, umzuwinkeln und 25mg Efedrin i.m. zu platzieren. Keine Hypotonien, keine Bradykardien ...

Was ist der Vorteil gegenüber einer iv Gabe?

Gesocks
19.06.2019, 19:30
Ich denke, weil bei prophylaktischer Gabe die verzögerte Anflutung das günstigere Risikoprofil zeigt.

Kiddo
19.06.2019, 22:17
Du meinst wegen des verzögerten Wirkeintritts durch die i.m. Gabe?

Gesocks
19.06.2019, 23:18
Mehr noch die zu jedem Zeitpunkt geringere Plasmakonzentration. Hypotension bekommst du auf beiden Routen gut abgefangen, prophylaktische i.v.-Gabe ginge, im Vergleich zur i.m.-Gabe, aber mit nicht oder weniger tolerierbarem UAW-Risiko einher.
Finde ich intuitiv ganz sinnvoll, kann es aber wie gesagt nicht sicher beantworten.

Rettungshase
20.06.2019, 17:30
Bei relativ gesunden Patienten, die "ein wenig" mit dem Blutdruck nach Einleitung absacken und bei denen es mir im Prinzip egal ist, nutze ich gern auch mal nur 5myg Noradrenalin, um zu schauen, wie sie darauf reagieren. Wenn das nicht reicht, beim nächsten Mal etwas mehr. Ich mache aber auch sehr gern opioidlastige Narkoseeinleitungen. Seitdem habe ich deutlich weniger heftige Blutdruckabfälle nach Einleitung.
Bei kardiovaskulär vorgeschädigten Patienten, starte ich gern mit einem Noradrenalinperfusor und/oder wenn ich gern auch noch etwas Inotropie haben möchte, mit Akrinor. Auf 10ml hochverdünnt, kann man hier gelegentlich auch überschießende Reaktionen vermeiden, wenn man die verdünnte Version - je nach Bedarf - auch nur 2ml-weise gibt.

Wenn es wirklich egal ist (z.B. gesunder Patient mit THC-Beikonsum, der viel Propofol gebraucht hat vor Larnyxmaskeninsertion) mit konsekutivem Blutdruckabfall, halte ich es nicht für falsch, den Kostenfaktor mit einzubeziehen. Das sind knapp 2,30€ (Akrinor) vs. knapp 13 cent (Noradrenalinspritze 100myg/10ml).

Kiddo
05.07.2019, 21:30
Vielen Dank für die Antworten!