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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Allgemeines zu Medizinerkarriere USA



Jannis77
27.02.2015, 13:21
Hallo allerseits,


Mein Name ist Jannis und ich habe 2014 mein Abitur abgeschlossen und würde mich für das Wintersemester 15/16 bei der Charité in Berlin bewerben, um dort Medizin zu studieren.
Für mich war es bis jetzt immer der Plan, nach dem Studium, zumindest für die Facharztausbildung in die USA zu gehen. Ich habe zu diesem Thema bis jetzt viel recherchiert und habe einige Fragen.

Zunächst müssen ja die USMLE Steps - mit möglischst hohem score - absolviert werden, bis man sich für das Matching bewerben kann.
Wie realistisch ist es hier, dass man als deutscher Medizinstudent in höher nachgefragte residency Programme im Bereich Chirurgie kommt, also gematcht wird? Ich habe gesehen, dass die Charité es anbietet, das PJ in Chicago zu verbringen. Kann man hier die nötigen Erfahrungen und Kontakte im angloamerikanischen Gesundheitssystem zu sammeln, um tatsächlich eine Chance beim Matching zu haben?
Oder ist man als Ausländer höchstens anerkannt genug um mit weniger nachgefragten programs gematcht zu werden?


Auf der anderen Seite dann: die Arbeitsbelastung. In der Residency sind ja Wochenstunden im Bereich 80-100 Stunden keine Seltenheit sondern scheinen eher die Regel zu sein.
Wie sieht es nach der Residency aus, wenn man - ggf nach fellowship und wenn es das Visa wieder erlaubt - Attending wird. Reduziert sich hier die Belastung und hat man Zeit für Familie und Hobbies? Ist dieses eher der Fall für weniger nachgefragte specialties oder auch im Bereich Chirurgie möglich, zum Beispiel in einer Privatklinik? Der Beruf sollte sicherlich nicht das Leben selbst ersetzen und auch Freiraum lassen, wobei das in der Medizin ja eher utopisch erscheint....?!


Und zu allerletzt, wie einfach ist es, nach Deutschland zurückzukehren wenn man doch in der Heimat leben und arbeiten möchte?
Anders als in den USA erkennt ja Deutschland die amerikanische FA-Ausbildung nach Ablegung der FA-Prüfung und Absprache der Ärztekammer an oder?


Vielen Dank schon im Voraus für die Beantwortung meiner Fragen, auch wenn es doch einige geworden sind.

EVT
27.02.2015, 14:14
Bekommst du denn sicher an der Charité einen Platz? Warst du schonmal länger in den USA?
Ich würde auf jeden Fall versuchen, Famulaturen und PJ in den USA zu machen.

Jannis77
27.02.2015, 23:29
Dies sollte eigentlich kein Problem darstellen. Ich erreichte 867/900 Punkten.

Sollte ich im Abibestenverfahren nicht reinkommen dann über den HamNat, der ja quasi nir den Schnitt verbessert.

Ja, ich war schonmal längere Zeit in den USA.

Primär geht es mir aber mehr um die Fragen ob und wie die Chancen für internationale Aspiranten aussehen und wie sich später das Arztleben insbesondere nach der Residency auszeichnet.

EVT
27.02.2015, 23:39
Man kann die Daten des match online einsehen, wird auch in Amerikaner und Ausländer unterteilt.

Diese PJ-Programme sind immer sehr beliebt und bei der Charite gibt es nur drei Plätze meine ich. Aber deutlich mehr Bewerber. ;-) Aber man kann das auch ohne Programm machen.
Vielleicht willst du nach dem Studium gar kein Chirurg mehr werden.

Christof_K
28.02.2015, 00:42
Jannis,

finde super, dass du den Wunsch hast später in die USA zu gehen. Ich fühle mich gerade 7 Jahre zurückversetzt... da hatte ich genau den gleichen Traum: Medizinstudium, Praktika in den USA, Surgical Residency...

Habe eine Famulatur und 8 Monate PJ in den USA gemacht. Step 1 ist geschrieben und mittlerweile bin ich als Postdoc in den USA und forsche in einem Cancer Labor bevor ich mich dieses Jahr bewerben werde. Alles ist möglich! Drücke die Daumen! Geniess das Studium, die Zeit vergeht wirklich viel zu schnell.

fMRI
28.02.2015, 02:43
Hi Jannis

warum unbedingt Berlin? Es gibt andere Unis mit etwas besseren (intensiveren) Austauschmöglichkeiten, bzw. sogar mit Stipendien speziell dafür.
Du solltest auf jeden Fall so viel Zeit wie möglich in den USA verbringen damit Deine Chancen steigen, wie andere ja auch schon empfohlen haben. Ein Referenzschreiben von einen US Kollegen ist so viel mehr wert als das glorreichste Lobgehudel eines Kollegen aus Deutschland... Und die bekommst Du nur, wenn Du dort bist.

Viel Erfolg!
fMRI

pefanimus
28.02.2015, 07:57
Jannis,

finde super, dass du den Wunsch hast später in die USA zu gehen. Ich fühle mich gerade 7 Jahre zurückversetzt... da hatte ich genau den gleichen Traum: Medizinstudium, Praktika in den USA, Surgical Residency...

Habe eine Famulatur und 8 Monate PJ in den USA gemacht. Step 1 ist geschrieben und mittlerweile bin ich als Postdoc in den USA und forsche in einem Cancer Labor bevor ich mich dieses Jahr bewerben werde. Alles ist möglich! Drücke die Daumen! Geniess das Studium, die Zeit vergeht wirklich viel zu schnell.

wo hast du damals deine famulatur gemacht?

Jannis77
01.03.2015, 09:47
Vielen Dank an alle für die zahlreiche Resonanz!!

@ fmri
Welche Unis meinst du damit insbesondere. Ich weiß, dass Heidelberg ein PJ an der Ivy-League Columbia Uni NYC anbietet. In Heidelberg komme ich jedoch nicht rein, da ich den TMS nicht gemacht habe (und auch nicht in der Lage bin zu absolvieren, da ich mich zurzeit in Australien befinde).

Aufgrund der Wertigkeit von von amerikanischen Ärzten ausgestellten letters of recommendation würde ich aich jeden Fall versuchen PJ und Famulatur in die Staaten zu verlegen.


@christof
Herzlichen Glückwunsch, dass es bei dir so gut läuft. Könntest du noch ein bisschen zu deinem Werdegang sagen (welche uni und wo und was dann in den usa gemacht...) dankeschön :-)

Wie sieht es denn nach der residency im Alltag des attending aus mit der Arbeitsbelastung. In der Residency wird zweifelsohne viel gearbietet, was auch gut ist. Aber wie ist es danach, kann man dann auch einen Alltag haben, der Freizeit erlaubt oder bedeutet die Entscheidung für den Arztberif in den USA zwangsläufig maloche, maloche, maloche?

Ich hatte mal eine Umfrage von 8.000 amerikanischen Chirurgen gesehen, in der nur jeder 3. Sagte, die Entscheidung für den Beruf wieder zu treffen; 60% zeigten Indikationen für Burnout.

Gruß,
Jannis

img9000
02.03.2015, 22:00
Jannis,

ich bin jetzt gerade dabei meine residency in einem sehr kompetitiven Fach in den USA zu beenden. Alles ist moeglich, wenn man bereit ist, genug Zeit und Energie zu investieren. Es gibt IMGs in jeder specialty, oftmals erfordert der Weg in kompetitive Faecher aber einen besonderen Aufwand - der haeufigste Weg ist sicherlich nach dem deutschen Studium 1-2 Jahre als Postdoc zu verbringen, da knuepft man dann genug Kontakte um auch in das Fach des Interesses zu matchen. Eine Voraussetzung sind natuerlich sehr gute Scores, US clinical experience. Das beste Angebot fuer US-Rotationen fuer Famulatur, PJ, Doktorarbeit etc. hat sicherlich Heidelberg (es gibt bzw gab zumindest vor einigen Jahren sogar die Option das 3rd year medical school in Kentucky zu machen). Bezueglich der Lebensqualitaet: Nach der residency arbeitest du in vielen Fachrichtungen deutlich weniger als was du in Deutschland als FA/OA arbeiten wuerdest - zum doppelten bis 10x Gehalt, je nach Fachrichtung. Es gibt zumindest wesentlich mehr Flexibilitaet. Wenn es dir v.a. um Freizeit gehst, kannst du je nach Fachrichtung auch Stellen finden, wo du nur 8 Tage im Monat arbeitest und das als Vollzeit gilt. Es gibt aber natuerlich auch andere, die weiter 80 Stunden die Woche arbeiten, und dementsprechend viel verdienen. Das muss jeder fuer sich selbst entscheiden, die Spannbreite der Variabilitaet ist aber abhaengig vom Fach. Burn-out etc. ist in Deutschland sicher genauso hoch. Ich denke, es hat weniger mit den Arbeitszeiten, als mit der Medizin im Allgemeinen zu tun, v.a. in der Akutversorgung.

dantheg
04.03.2015, 22:00
Bin seit knapp 2 Jahren fertig und arbeite in einem Kommunalhaus als Krankenhausinternist (Hospitalist). Ich arbeite 7 on/7 off, das heißt, ich bin 7 Tage lang im Krankenhaus, von 0700-1900, danach habe ich 7 Tage frei. Die Zeit die ich im Krankenhaus verbringe bin ich gut ausgelastet, man muss schon sehr effizient arbeiten damit man um 19 Uhr nach Hause kann. Da wir keine Residents in unserer Klinik haben muss ich mich um alles kümmern und in diesem Punkt ist die Arbeitsbelastung wenn ich "on" bin eigentlich höher als während der Residency. Der Ausgleich kommt wenn ich "off" bin, da mache ich was ich will, ich muss nicht in die Klinik. Und ich mache keine Nachtdienste.

Wie schon von anderen geschrieben, es gibt sehr viele Beschäftigungsmöglichkeiten für die man sich als Facharzt entscheiden kann. Wenn ich jetzt in einer ambulanten Praxis arbeiten wollen würde gäbe es viele Möglichkeiten wo man nur 4 Tage in der Woche arbeiten muss. Wenn man ein akademisches Haus wählt, dann ist die persönliche Arbeitsbelastung etwas weniger da man ja Residents hat. Ich würde aber nicht sagen dass man als fertiger Arzt sich jetzt zurücklehnen kann, man arbeite schon viel in den USA. Die Gehälter die man so bekommt kommen nur zustande wenn man viele Patienten sieht oder viel operiert.

fMRI
05.03.2015, 05:16
Vielen Dank an alle für die zahlreiche Resonanz!!

@ fmri
Welche Unis meinst du damit insbesondere. Ich weiß, dass ...
Gruß,
Jannis


Hi Jannis

Möchtest Du, dass ich hier Uni-Namen hier poste (dann haben alle etwas davon -- d.h. Deine MitbewerberInnen-Quote mit ähnlichen Interessen könnte dann durchaus steigen und somit Deine Chance auf einen der Austausch- bzw. Abkommen-Plätze sinken) oder magst Du das selbst recherchieren?

PM mache ich nicht -- sonst schreiben mich nacher alle an. Wenn ich Dir so Infos zukommen lasse, wäre es nicht nett, den anderen nicht zu antworten. You decide.

Grüsse
fMRI

pefanimus
05.03.2015, 16:53
Hi Jannis

Möchtest Du, dass ich hier Uni-Namen hier poste (dann haben alle etwas davon -- d.h. Deine MitbewerberInnen-Quote mit ähnlichen Interessen könnte dann durchaus steigen und somit Deine Chance auf einen der Austausch- bzw. Abkommen-Plätze sinken) oder magst Du das selbst recherchieren?

PM mache ich nicht -- sonst schreiben mich nacher alle an. Wenn ich Dir so Infos zukommen lasse, wäre es nicht nett, den anderen nicht zu antworten. You decide.

Grüsse
fMRI

wäre auch interessiert an der info, dementsprechend wäre es nett wenn du es einfach hier postest ;)

Jannis77
11.03.2015, 06:39
@fmri

ich würde mich damit bereit erklären, wenn du die Informationen hierhin postest. Vielen Dank dafür!!

@img9000
Hast du selbst vor dem Matching als Postdoc gearbeitet? Wie war die Erfahrung dabei? Darf ich fragen, in was für einem Fach du deine Residency gemacht hast?

@dantheg
Musstest du nicht aufgrund deines Visums aus den USA raus oder bist du in ein medizinisch unterversorgtes Gebiet gegangen, was ja meines Wissens nach eine Alternative zur Ausreise darstellt.


Noch mal allgemein zu den USMLE-Steps:
Wie "einfach" ist's diese neben dem deutschen Studium, zumindest solche, die man in Deutschland machen kann, zu absolvieren. Sind die mit dem in Deutschland angeeigneten Wissen sowas etwas Medizinerenglisch zu schaffen oder unterscheiden sich diese stark von den deutschen Tests?

dantheg
12.03.2015, 01:44
@dantheg
Musstest du nicht aufgrund deines Visums aus den USA raus oder bist du in ein medizinisch unterversorgtes Gebiet gegangen, was ja meines Wissens nach eine Alternative zur Ausreise darstellt.

Bin Amerikaner insofern spielte das für mich keine Rolle. Aber die Zweijahresregel ist jetzt nicht so ein großes Hindernis ... heiratest halt eine Amerikanerin oder gehst in ein unterversorgtes Gebiet. Die sind meistens gar nicht so weit weg von den großen Städten. Kannst auch für ein Regierungsorgan arbeiten ... hab als Gefängnisarzt ein Monat rotiert, war eigentlich recht cool ... oder halt die gute VA.


Noch mal allgemein zu den USMLE-Steps:
Wie "einfach" ist's diese neben dem deutschen Studium, zumindest solche, die man in Deutschland machen kann, zu absolvieren. Sind die mit dem in Deutschland angeeigneten Wissen sowas etwas Medizinerenglisch zu schaffen oder unterscheiden sich diese stark von den deutschen Tests?

Kann man schaffen. Man muss halt nebenbei amerikanische Bücher lesen.

img9000
13.03.2015, 22:26
Ami heiraten hilft leider nicht mit dem homeland residency requirement. Exceptional hardship waiver waere die Kategorie, eine "normale" Trennung der Familie, auch wenn es Kinder geben sollte, qualifiziert dafuer in der Regel nicht. Seltene Faelle waren z.B. Iraner der Amerikanerin geheiratet etc.

Jannis77
21.03.2015, 01:09
Noch einmal in Bezug auf das Heimkehren: das ist doch in der Regel unkompliziert, d.h. nach deutscher Facharztprüfung darf man praktizieren?

img9000
21.03.2015, 07:40
Leider nicht so einfach. Du musst nachweisen alles gemacht zu haben was in der deutschen WBO steht, was sehr schwierig wird. Du musst zudem mindestens ein Jahr in D als Assistenzarzt gearbeitet haben.

Janis97
20.05.2015, 20:37
Sers Jannis, musste richtig lachen, wir scheinen Seelenverwandte zu sein ^^
Ich heiße Janis, hab auch letztes Jahr Abi gemacht und war danach auch auf Reisen u.a. durch Australien. Und genauso wie du möchte ich auch meine Residency in den Staaten machen, hab TMS verpasst und werd warsch auch Charité auf OP 1 setzen :D

@fMRI und @all welche Unis haben denn deiner/eurer Meinung nach die besten Austauschprogramme in die USA ?

Wäre für Hilfe sehr dankbar, Bewerbungsfristen für Altabiturienten naht ja :/

EVT
20.05.2015, 22:03
Ich würde mich nicht so auf Austauschprogramme versteifen. Da gibt es dann ein oder zwei Plätze und deutlich mehr Bewerber,
Ich würde dorthin gehen, wo du dich wohlfühlst und wo du gute Noten schaffen und dich noch nebenbei engagieren kannst.
In Witten wird man wohl noch am besten auf USMLE vorbereitet, aber ist ja keine staatliche Uni.

davo
20.05.2015, 22:51
Es hängt halt auch stark davon ab, in was für eine Residency man will. In unbeliebten Fächern bleiben selbst an besseren Unis noch vereinzelt Plätze frei.