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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Osteopathie



Angina
04.03.2015, 15:08
Hallo liebe Fachsimpler,

mich würde mal interessieren was ihr (insbesondere die Kinderärzte und Orthopäden unter euch) zu Ostheopathen meint? Hat irgendjemand Erfahrungen damit? Erfolge gesehen? Sich selber darin weitergebildet?

Bislang war Osteopathie für mich ziemlich gleichzusetzen mit Scharlatanerie aus dem weiten Feld der Alternativmedizin, denke es gibt viele schwarze Schafe. Habe mich (selber zuletzt in der Neurologie tätig) damit andererseits aber auch nie detailliert auseinandergesetzt.

Aber seit ich ein Baby habe klingeln mir die Ohren weil ich so oft davon höre. Eine Mutter in der Stillgruppe verstieg sich neulich sogar zu der Aussage, dass "jedes Kind binnen der ersten vier Wochen mal zum Osteopathen" solle. Ich frage mich wie Babys in Ländern ohne Osteopathen gerade wachsen können... :-???

Dann hat es mich selber getroffen! Wegen einer Präferenz meines Babys zu einer Seite (offiziell: Tonus-Asymmetrie-Syndrom... beliebt hier in Deutschland, aber sonst international unbekannt: KISS) hat die Kinderärztin uns zum Osteopathen überwiesen. Der ist übrigens nicht nur Osteopath sondern auch Kinderarzt und so beliebt, dass die Kinderärztin persönlich einen Termin für uns ausmachen musste, damit es überhaupt klappt.

Zwiespältigen Gefühls bin ich also hingefahren und habe mich nach 1/4 Stunde herumdrücken auf Bauch und Rücken des Babys eher vereiert gefühlt, als ich dann meine Girokarte zücken und fast 80 Euro berappen sollte... trotz der von mir nicht initiierten Überweisung. Habe nicht das Gefühl, dass während der 1/4 h wirklich irgendwas passiert ist außer ein paar Psyche-Zaubertricks.

Unter der Osteopathen Praxis ist übrigens ein riesiger Bio-Supermarkt.
Ja, an der Erwähnung merkt ihr schon... ich bin etwas voreingenommen und sehe eine gewisse Klientel besonders offen für solche Alternativmedizin. Die, die man auch sonst in Heilpraktiker-Praxen findet wenn die Schulmedizin "mal wieder versagt" hat. Versteht mich nicht falsch, Recht hat was hilft... aber ein bißchen schal schmeckt es mir doch dass so viele so viel Geld möglicherweise Kurpfuschern in den Rachen werfen (und das auch noch abgenickt von Fachärzten..., da wie ich weiß immer mehr Mütter aus meinem Umfeld gezielt zu Kinderärzten gehen die zum Osteopathen überweisen, weil dann zumindest je nach Kasse ein Anteil erstattungsfähig ist).

Also... Feuer frei für eure Meinungen / Erfahrungen mit der Osteopathie... :-stud

FirebirdUSA
05.03.2015, 13:32
Bin weder Kinderarzt noch Orthopäde, aber die meisten Kinder die ich kenne einschließlich meiner eigenen Tochter haben/hatten als Baby eine gewisse Seitenpräferenz. I.d.R. verwächst sich das einfach so, insofern glaube ich tatsächlich auch das hier häufig mit den Sorgen der Eltern eher Geld gemacht wird... wie ausgeprägt war den die Seitenpräferenz bei deinem Kind?

Evil
05.03.2015, 14:47
Meiner Erfahrung nach ist die Osteopathie keine valide Behandlungsmethode und auch nicht wissenschaftlich begründet, von Evidenz ganz zu schweigen.
Nichtsdestoweniger kenne ich in der Umgebung einen begnadeten Manualtherapeuten, der mit seiner Osteopathie bei einigen chronischen Schmerzpatienten mehr erreicht hat als die anästhesistischen Schmerztherapeuten mit ihren multimodalen Maßnahmen. Insofern halte ich von der Methode an sich nicht sehr viel, würde mir die Anwender aber im Einzelfall erstmal anschauen.

Peter_1
05.03.2015, 14:54
Tja, ein weites Feld...Erste Frage: liegt überhaupt ein krankhafter Befund vor? Die Diagnose "KISS" ist ja nun umstritten. Zweite Frage: hilft die Behandlungsmethode? Die Behandlungsoptionen sind auch umstritten : http://www.neuropaediatrie.com/uploads/media/Kiss_und_Arlen_neu._01.pdf.
Ich persönlich finde die anatomischen und physiologischen Vorstellungen hinter der Osteopathie na, ja zumindest "interessant". Was da nun alles angeblich miteinander verschaltet sein soll findet sich oft nicht in den mir bekannten Anatomieatlanten und Physiologiebüchern. Ich glaube vordringlich die (auch) körperliche Zuwendung hilft bei osteopathischen Behandlungen ganz gut und drücken und massieren von schmerzhaften und nicht schmerzhaften Punkten ("Blockaden") etc. ist ja auch häufig angenehm. Wenn man Gelenk/Rückenbeschwerden hat, dann ist das sicher manchmal hilfreich, allerdings auch zum möglichen Preis der Bindung an eine/n Therapeuten und damit auf Kosten der Selbstwirksamkeit. Haarig wird es aber wenn eigentlich gesunden Menschen Diagnosen angehängt werden und damit ein Therapiebedarf erst erzeugt wird.
Wie bei jeder anderen Methode auch ist es aber sinnlos da irgendwelche Diskussionen mit wirklich überzeugten Anhängern zu führen.