PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Novalgin - Kurzinfusion oder "Langinfusion"?



Seiten : [1] 2 3 4

Moorhühnchen
23.03.2015, 19:55
Sorry, ich weiß, wir hatten eine ähnliche Diskussion neulich schonmal im Assi-Fred. Aber mich fuchst es einfach!!

Ich habe es jahrelang und bei 3 verschiedenen Arbeitgebern so gelernt und als gängige Praxis erlebt, daß Novalgin so gut wie immer als Kurzinfusion gegeben wird. Zum Teil geschah dies zum Ende der OP oder eben dann im AWR. In meiner letzten Klinik war dies auch definitiv in den SOPs so festgeschrieben, Novalgin solle als KI über 30 min laufen.

Nun bin ich etwas irritiert, daß es an meiner neuen Arbeitsstätte so GANZ anders gehandhabt wird. Einige Kollegen geben intra-op gar kein Novalgin und mehrere andere inkl. Chef schreiben explizite Anweisungen wie "1,25g Novalgin in 1000ml Sterofundin über 8 Stunden" (teils sogar mit Uhrzeiten zB. von 16 bis 0 Uhr).

Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, was da denn wirken soll??

Gut, es sind durch die Bank weg Kollegen über 45 Jahre (soll nicht abwertend gemeint sein, aber vielleicht haben die es noch ganz anders "gelernt"), die nehmen auch fast alle noch Atropin zum Einleiten und Oxford-Tuben. Der Chef meint, ich sei Fachärztin und er lasse mir da freien Handlungsspielraum. Ich habe es nun aber auch schon zwei-dreimal erlebt, daß er im Nachhinein meine Anordnung für AWR und Station für die Novalgin-Kurzinfusion durchgestrichen hat und durch seine 8-Stunden-Infusion ersetzt hat. :-(

Meine beiden Kolleginnen, die kurz vorm FA sind, kennen auch nur die KI-Variante, passen sich aber nach und nach dem Chef an.....

Ich habe nun schon viel gesucht, aber DIE STUDIE, die sagt, daß Novalgin über einen solch langen Zeitraum gegeben Nonsens ist, habe ich leider noch nicht gefunden.

Und selbst wenn ich sie gefunden hätte, wäre ich unsicher, wie ich dann vorgehen sollte. Es dem Chef ins Fach legen? Ihm die Studie unter die Nase halten und ihm quasi sagen, daß seine Anordnungen "Blödsinn" sind? :-))
Die Packungsbeilage macht ja eher nur die Einschränkung, daß man es nicht innerhalb weniger Sekunden laufen lassen soll...

Kennt jemand passende Paper/Artikel/Studien und/oder hat Tips, den Chef auf diplomatischem Wege zu überzeugen? :-stud

Absolute Arrhythmie
23.03.2015, 19:58
Interessante Frage, ich selber kenne als Pflegekraft aus drei Krankenhäusern nur die "Langinfusion", also 1 - 2,5 g auf 1L. Hab das allerdings noch nie hinterfragt, wäre daher auch sehr neugierig :-)

Bille11
23.03.2015, 20:01
ich schulde Dir noch eine Antwort und war rezent auch eher nur halbherzig auf der Suche.. vllt finde ich die Tage etwas..

Eilika
23.03.2015, 20:11
Bei uns gab es entweder 4x1g als KI oder eben 4g ad Infusion über 24h. Wobei ich von diversen Seiten gehört habe, dass die KI besser wirken würden als die 4g über 24h... Quellen habe ich aber kein.

Moorhühnchen
23.03.2015, 20:23
Bei uns gab es entweder 4x1g als KI oder eben 4g ad Infusion über 24h. Wobei ich von diversen Seiten gehört habe, dass die KI besser wirken würden als die 4g über 24h... Quellen habe ich aber kein.Laut Beipackzettel hat Novalgin eine Plasmahalbwertszeit von 14 Minuten. Bei einer Infusion über 24 Stunden wird es doch meiner Meinung nach schneller abgebaut als verabreicht, bzw. es baut sich kein wirkrelevanter Spiegel auf! :-meinung

Oder denke ich da irgendwie falsch?


@ Bille: kein Problem, prinzipiell eilt es ja nicht. Kannst Du Dich noch dran erinnern, WO Du damals den Artikel herhattest? Ich habe leider keinen Zugriff auf Anästhesist-online...

Kandra
23.03.2015, 20:39
Also während meiner Famulatur jetzt wurde das Novalgin immer/meistens intraoperativ gegen Ende der OP gegeben. Allerdings nicht per Kurz-/Langinfusion sondern meistens "aus der Hand", immer 0,5ml-weise innerhalb von 5 Minuten (im Endeffekt alle 30-45s bzw wenn man mal wieder dran gedacht hat ^^).
Nur bei Leuten mit extrem instabilen Blutdruckwerten wurde es per Infusion gegeben, dann aber auch gerne mal in die 500ml VELs..

Zoidberg
23.03.2015, 20:45
ich gebs im RTW aus der Hand, erst ne halbe, also 500mg, dann kurz drauf nochmal 500

THawk
23.03.2015, 22:44
Wir geben es i.d.R. als Kurzinfusion.
Nur auf unserer Onko wird es gerne mal als 24h Dauerinfusion gegeben, dann aber auch die maximale Tagesdosis (bis ca. 60mg/kg/d). Laut einem Kollegen gibt es aber Daten, dass die Dauerinfusion den Kurzinfusionen unterlegen ist, die liegen mir leider nicht vor.
Ein wichtiger Aspekt: Wenn du eine Dauerinfusion startest ohne vorherigen Bolus benötigst du 4(?) Halbwertszeiten, bis ein adäquater Plasmaspiegel erreicht ist. Deshalb, wenn dann einen Bolus geben und nachfolgend die Dauerinfusion. Der Bolus hebt deinen Plasmaspiegel in den Wunschbereich, die Dauerinfusion hält ihn dort. Hat glaube ich Zernikow (deutscher Kinder-Schmerzpapst) so vorgestellt.

Private Pyle
24.03.2015, 06:18
Ich habe es im OP-Praktikum hauptsächlich so gesehen, dass man nen Bolus von 1g gibt und die restlichen 1,5g in die Infusion packt. In der Ambulanz habe ich quasi nur Kurzinfusionen gesehen.

EKT
24.03.2015, 06:33
In der Psychiatrie ebenfalls 1 g aus der Hand.

Eilika
24.03.2015, 07:14
Was mich wundert, ist, dass hier viele irgendwas von 2,5g oder solchen Dosen insgesamt sagen... Tageshöchstdosis ist doch 4g, warum werden die denn dann nicht verwendet?

WackenDoc
24.03.2015, 07:36
Wahrscheinlich weil 2.5g in einer Ampulle sind.
Ich handhab das ambulant meist so:
Halbe Ampulle aus der Hand, der Rest in 500ml Infusion und das Ganze über 30-45min laufen lassen.
In der REgel aber als "Würzburger" mit ner Ampulle Tramal und einem Antiemetikum

Pon4ik81
24.03.2015, 11:56
Ich gebe 1g als KI in 100 ml langsam laufend, außer bei ganz alten Patienten habe ich keine nennenswerte Blutdruckabfälle beobachtet.
Außerdem gibt es bei uns Oberärzte, die versuchen, nach einem aktuellen schweren Fall einer Methamizol-assoziierten Agranulozytose, Novalgingebrauch zu verbieten. *gefaelltmirnicht*Zudem gibt's auch Alternativen wie Dynastat und Perfalgan.

Eilika
24.03.2015, 13:27
Ok. Hier haben wir Ampullen à 1g...

Strodti
24.03.2015, 13:40
In D gibt es beides... 1g und 2,5g.

Christoph_A
24.03.2015, 16:31
Wir hatten auch meist 1 Gramm Ampullen. Hab aber auch die 2,5er gern genommen. Novalgin is eh ein geiles Zeug, hab damit (fast) nur positive Erfahrungen gemacht.

Brutus
24.03.2015, 18:03
Wir haben im OP die 2,5g Ampullen. Die letzte Infusion vorm AWR wird damit verfeinert. Und die darf dann auch zügig einlaufen. Damit sind die Schmerzen im AWR ganz gut einstellbar. Den Rest erledigt dann das Dipi. ;-)
PCM in Tbl. oder Lösung ist bei uns raus... Wir hatten einen OA, der das nach NMS als 2. Mittel gegeben hat, wenn die Patienten weiter über Schmerzen geklagt haben. Und war davon überzeugt. Ich bin davon überzeugt, dass dann irgendwann das NMS gewirkt hat... :D

Nat-
24.03.2015, 18:07
Ich hab in den letzten 3 Jahren 3 schwere Agranulozytosen bei jungen Menschen (20-30J) gesehen, jeweils wurde Novalgin bei Nichtigkeiten gegeben.
Alle 3 intensivpflichtig, beatmet, tracheotomiert.. 2 elendig verstorben. Seitdem ist Novalgin bei uns "verboten", was ich gut mittragen kann. Gibt genug an Alternativen für die reine Schmerztherapie.
Eingesetzt wirds lediglich noch bei Tumorpatienten und anders nicht senkbarem Fieber.

Bille11
24.03.2015, 18:10
nachdem ich jetzt etwas genauer die literatur unter die lupe genommen habe, habe ich leider immer noch keine aussage - 'da, schau hier' studie oder irgendetwas greifbares.
was wir wissen -
novamin - aka metamizol - aka dipyrone - .. hat diverse nebenwirkungen mit erheblichen kausalkonsequenzen (ivor allem im hämatopoetischen bereich zB agranulozytose, aber auch bei rascher gabe die kreislaufrelevanten blutdruckabfälle bis hin zum schock) weswegen es in vielen ländern nicht mehr gegeben wird.. in D ist es zugelassen.
es gibt 1g und 2,5g ampullen
die meisten studien zielen auf die analgetische effektivität des novalgins oral und iv von 500mg vs 1g vs 2g bis 5g/24h total ab bzw vergleichen mit anderen wirkgruppen (zB opiate) bezüglich obiger analgetischer effektivität
es gibt aussagen, dass es einen minimalen wirkspiegel geben muss, um effektiv analgetisch zu wirken, dass dieser in der dauergabe vs mehrerer einzelgaben nicht analog gleich hoch ist (aber keine empfehlung pro/contra)
es gibt aussagen, dass die gabe von 2g metamizol stärker wirkt/eine höhere analgetische potenz besitzt als 1g metamizol.(aber keine hinweise über welchen zeitraum und als single shot oder wie auch immer)
es gibt aussagen, dass eine kurzinfusion von 1g/2g über 30min in NaCl 0,9% empfohlen wird gegenüber der iv-Gabe, um erhebliche Blutdruckabfälle zu vermeiden. (aber nicht, in welcher menge infusion)
es gibt aussagen, jeweils immer nur geringstmöglich effektive dosis zu geben, um nebenwirkungen/toxische wirkungen zu vermeiden (aber keine hinweise auf eben die menge, welche empfohlen werden würde)
es gibt im pädiatrischen bereich empfehlungen über die gabe von novamin pro kgKG, im erwachsenenbereich nur handlungsempfehlungen über 1g/2g (die meisten studien) - und einige wenige studien an hunden/katzen/ratten über postoperative metamizol-gaben pro kgKG, die als aussage haben, dass eine mindestmenge metamizol pro kgKG sinnvoll ist, aber keine unterscheidung zwischen den hochdosisgruppen beschreibt.
es wird in diversen beiträgen der klassische satz angeführt, dass weitere untersuchungen notwendig seien.

es gibt keine aussagen über minimale dosisempfehlungen pro zeit
es gibt keinen vergleich über die 24h gabe vers kurzinfusionen und summativ gleiche metamizol-menge

so mein aktuell erster Eindruck über die derzeitige Studienlage. ich werde weiteres berichten, hühnchen! ;-)

el suenio
24.03.2015, 23:25
Das ist ja mal höchst interessant hier. Also ich kenne es nur so, dass 1g Novamin als KI in 100ml NaCl gegeben wird. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass da noch irgendeine Wirkung ankommt, wenn man es mit mehr Volumen über längere Zeit verabreicht.
Oder die zweite Variante wäre dann der Perfusor mit 4g Novamin über 24h.
Ich wusste gar nicht, dass da die Ansichten so verschieden sind, bei uns wird es im ganzen Haus so gehandhabt.