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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neurologisches Krankheitsbild gesucht



Lava
09.04.2015, 13:44
Hallo,

ich habe neulich einen Patienten im Dienst gesehen, der mir aber so unheimlich war, dass ich ihn an die Uniklinik weiter geschickt habe. Da ich nicht mal eine Verdachtsdiagnose hatte, wollte ich mal hier in die Runde fragen, ob jemandem etwas Konkretes dazu einfällt.

Also, der Patient stellte sich wegen seit 4 Wochen bestehender, starker lumbaler Schmerzen vor. Keine Ausstrahlung. Seit zwei Tagen sei ihm außerdem eine Schwäche der Beine, ein unsicherer Gang und eine Gefühlsstörung beider Beine aufgefallen. Miktion und Defäkation normal.

Klinisch hatte er eine Hüftbeugerschwäche KG 3-4/5 bds., sonst keine Parese. Ein Taubheitsgefühl von den Leisten abwärts bis zur Fußsohle strumpfförmig, also jeweils das komplette Bein betreffend. Nichts Radikuläres, keine Reithose. Perianal war die Sensibilität wohl in Ordnung, der Sphinktertonus war normal. PSR und ASR waren seitengleich mittellebhaft. Babinsky bin ich mir nicht sicher, fraglich positiv. Lasegue negativ. Deutlich unsicherer Gang, er konnte kaum Laufen, ohne von der Ehefrau gestützt zu werden.
Die LWS war eher mäßig druck- und klopfdolent, aufgehobene Lendenlordose, insgesamt aber im Lot, keine Skoliose.

Später erwähnt der Patient noch, dass er angeblich bewusst 10 kg an Gewicht abgenommen habe, aber er habe auch wenig Appetit. An Vorerkrankungen ist nur ein hoher Blutdruck bekannt. Seit einem halben Jahr sei er wegen Rückenbeschwerden bei einem Orthopäden in Behandlung, eine Schnittbildgebung wurde wohl noch nicht gemacht.

Das Röntgenbild der LWS zeigte massivste degenerative Veränderungen, wie sie in seinem Alter (so um die 60) eigentlich untypsich sind. Die gesamte LWS war quasi versteift.

Im Labor fiel eine mikrozytäre, hypochrome Anämie auf mit 9,1 g/dl sowie eine CRP Erhöhung auf 66 (ich glaube mg/l, der Normwert geht bei uns bis 5). Leukos normal, E-lyte und Krea wurden nicht bestimmt.

Da wir bei uns im Haus nach 18 Uhr kein CT haben und schonmal gar kein MRT, habe ich nach Rücksprache mit dem Oberarzt den Patienten lieber verlegt. Es war uns zu heikel, den einfach ins Bett zu legen und bis morgens abzuwarten.

Meine Überlegung war, dass es eher was Zentrales ist, als was Peripheres. Er hatte quasi keine radikuläre Symptomatik, nichts für ein Kaudasyndrom. (Wobei ich nicht nach einer Potenzstörung gefragt habe). Was denkt ihr?

roxolana
09.04.2015, 13:59
Ich glaube auch eher an was Zentrales. Ich hab einen Patienten mit ähnlichem Verlauf und Symptomatik gesehen, bei ihm wars ne Neuroborreliose.

Lava
09.04.2015, 14:04
Ich hätte ihn auch lieber in die Neurologie geschickt, aber mein Oberarzt bestand auf die Neurochirurgie :-?

roxolana
09.04.2015, 14:15
Hatte der denn ne Verdachtsdiagnose, wenn er meinte das wäre was zum Schnippeln?

erdbeertoertchen
09.04.2015, 14:27
Hatte der denn ne Verdachtsdiagnose, wenn er meinte das wäre was zum Schnippeln?

Vielleicht dachte er an einen Hirntumor?
Lava, weisst du, was mit dem Patient weiter diagnostisch passiert ist?

Lava
09.04.2015, 15:32
Hatte der denn ne Verdachtsdiagnose, wenn er meinte das wäre was zum Schnippeln?

Nee, der Hintergrund OA gehörte zu den Prothesenspezialisten, der hat von Wirbelsäule nicht so viel Ahnung. Ich denke aber, dass er primär mal an was Obstruktives gedacht hat, also an eine Stenose irgendeiner Art. Sei es durch einen Bandscheibenvorfall, einen Tumor oder eine Entzündung.

Nein, leider weiß ich nicht, was weiter passiert ist.

Hoppla-Daisy
09.04.2015, 15:34
Mein erster Gedanke war ja die Spinalkanalstenose :-nix. Der nächste ne Spondylodiszitis.

Wir hatten nämlich mal nen Patienten, den wir eigentlich planmäßig nephrektomieren wollten. Am Aufnahmetag aber klagte der über eine ähnliche Symptomatik wie oben beschrieben. Nach der Bildgebung war klar: Es handelte sich um eine Spondylodiszitis --> sofortige Übernahme durch die neurochirurgischen Kollegen. Die Nephrektomie musste leider warten.

Hellequin
09.04.2015, 17:21
Ich hätte jetzt spontan erstmal auf was spinales getippt. Ob jetzt im Rahmen einer Spondylodiszitis oder eines raumfordernden Prozesses ist halt ohne weitere Diagnostik nicht zu beantworten. Ob man evtl. nach einer unauffälligen MRT Bildgebung weitersuchen muss, lässt sich halt ohne weiteres nicht beantworten.

SusiSorgenlos
09.04.2015, 18:14
Könnte auch was malignes sein. Ossäre Metastasen oder Raumforderung im Spinalkanal. Hatte auch mal ne Patienten mit net ähnlichen Symptomatik. War ein Prostata-Ca mit Weichteilmetastasen im Spinalkanal. CRP und Anämie passen auch.

Reflex
09.04.2015, 19:06
Gegen was peripheres (Radikulopathie, Elsberg Syndrom etc.) sprechen ja schon die Reflexe und der fragliche Babinski. Also würde ich auch eher auf etwas zentrales tippen. Eine "einfache" Spinalkanalstenose hat mit "nur" 4 Wochen eher einen zu kurzen Vorlauf. Das sind ja oft eher chronische Schmerzpatienten, die schon lange Probleme haben bis Paresen folgen. In Kombination mit erhöhten CRP und Anämie würde ich auch erstmal eher nach einem Raumforderung oder Spondylodiszitis suchen. Also MRT der Wirbelsäule und je nach Befund ggf. Lp. Was es jetzt wirklich ist, wirst aber nur von der weiterbehandelnden Klinik erfahren können. Alles andere ist spekulativ. Theoretisch können solche Beschwerden auch eine funikuläre Myelose (Vitamin B12 Mangel) machen, wobei mich da die mikrozytäre Anämie und die starken Rückenschmerzen stören würden. Ich hätte so einen Patienten eher erstmal in einer Neurologie zur Diagnostik untergebracht als in einer Neurochirurgie. Neurochirurgen sind da oft eher minimalistischer oder leiten Patienten sogar eh selber noch mal weiter. Aber die meisten Kliniken haben ja eh enge Neurologische/Neurochirurgische Kooperationen, dass der Patient schon in der richtigen Abteilung gelandet sein wird. ;)

Thomas24
12.04.2015, 08:17
Hatte der Patient außer dem Gewichtsverlust noch andere B Symptome? Ich hätte ja auch an was malignes gedacht, was sekundär Probleme verursacht.

Lava
12.04.2015, 17:34
Also soooo weit hab ich dann nicht gefragt. Ich fand meine Fragen und Untersuchungen schonmal nicht schlecht für einen Orthopäden/Unfallchirurgen ;-)

Hellequin
13.04.2015, 05:50
Hatte der Patient außer dem Gewichtsverlust noch andere B Symptome? Ich hätte ja auch an was malignes gedacht, was sekundär Probleme verursacht.
Die Frage ist natürlich immer ob sämtliche Symptome mit einer Erkrankung zusammenhängen oder ob der Patient Läuse und Flöhe hat.

Eilika
13.04.2015, 07:33
Mittlerweile müsste man doch was wissen...hast Du mal angerufen?