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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die wichtigsten Dinge die man als Berufsanfänger können/kennen muss?



Locutus001
16.05.2015, 13:32
Hallo liebes Forum,

ich habe bald meinen letzten PJ-Teil vor mir und ich muss zugeben ich kann NICHTS.
Was auch daran liegen mag, dass ich 2/3 meines PJs im Ausland verbracht habe, wo tlw. weniger Wert auf Praxis gelegt wurde.

Mein letztes Tertial (Chirurgie) wird dann allerdings in Deutschland absolviert (und ich bin guter Dinge, dass ich hier alles nötige nochmal lernen kann).

Nach dem PJ kommt ja bekanntlich ganz bald auch schon der Berufseinstieg und ich würde die Community deshalb gerne einmal nach den Dingen fragen, die man wirklich können/kennen muss.

Es heißt ja immer man wird ins kalte Wasser geschmissen und dann muss man eben solange mit den Beinen strampeln, bis an schwimmt... ich persönlich halte das für einen ziemlich miesen Ansatz, aber die Realität scheint ja immernoch so zu sein (wenn ich vielen meiner Freunde zuhöre, die neu angefangen haben).

Man soll mit seinen Fehlern und Schwächen bekanntlich offen umgehen um an diesen zu arbeiten, deshalb hier meine Bekenntnis:
Ja ich habe schon ein paar mal Blut abgenommen, wirklich kompetent beim Zugang legen oder Blutabzapfen (v.a. wenn ich nicht grade einen Bodybuilder mit Gefäßen wie Abflussrohen habe...) fühle ich mich allerdings nicht.

Viele Medikamente hab ich schon einmal gehört, jedes Mal wenn ein Jung-Assistent von der Schwester gefragt wird ob er Patient xy mal kurz XYZ spritzen könnte, fühle ich mich ungeheuer inkompetent, da ich viele Medikamente nicht einmal zuordnen kann und mich überhaupt nicht sicher fühlen würde, wenn ich dieser Jungassistent wäre.

(Ja diese Ehrlichkeit hat Überwindung gekostet und ich Schäme mich auch ein wenig... Aber ich möchte daran arbeiten, noch bevor ich fertiges Arzt bin).

Welche Medikamente sollte man definitiv kennen und geben können?

Welche Untersuchungen sollte man definitiv beherrschen können?

Arztbriefe, Patientenvorstellung, etc. sind sicherlich basics die man zumindest schon einmal im PJ des öfteren ausprobiert haben sollte...

Ich würde mich über konstruktive Antworten wirklich sehr freuen, da es mir schon ein wenig vor meinem Berufseinstieg schaudert (ich fühle mich jetzt schon überfordert haha :-) ) und ich gerne den letzten Teil meines PJs auch dazu verwenden wollen würde mich gezielt auf die Basics vorzubereiten.

Vielen Dank schon einmal!

morgoth
16.05.2015, 14:36
Wenn du in Deutschland als Berufsanfänger arbeitest, wirst du mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit recht schnell (vielleicht schon ab dem 1. Tag?) für eine Station verantwortlich sein.
Blutentnahmen und Braunülen legen muss dann zu 95% sitzen, sonst verlierst du zuviel Zeit für diesen Kram - und der Stationsablauf gerät durcheinander, wenn keine Untersuchungen laufen können ...
Einen 08/15-Brief solltest du auch bereits innerhalb der 1. Woche sicher & zügig anlegen können, s.o. Sonst hast du u.U. in der zweiten Woche schon 5+ Briefe nachzuschreiben.

Den Rest muss man dir zeigen oder halt nachlesen (Arzneimittel Pocket, hausinterne Leitlinien, Empfehlungen der Fachgesellschaften, Lehrbuch, Oberarztvisite ...) Man sollte sich nie zu schade sein, auf das Wissen anderer Menschen/Quellen zurückzugreifen.

Wenn möglich, würde ich versuchen, die ersten beiden Tage oder so mit einem anderen Assistenten mitzulaufen, um die praktischen Dinge (wen ruft man wann wie an?, wo meldet man Untersuchungen an - warum X schriftlich und Y im PC; wo gibts die Befunde - wo gibt es sie wenn man sie schnell braucht ...) mitzuerleben.

WackenDoc
16.05.2015, 15:07
Am wichtigsten ist wohl, dich nicht kirre machen zu lassen.
Wir haben schon ein paar Threads mit allgemeinen Tips- am wichtigsten ist nicht das Fachliche, sondern die Organisation auf Station.
Da gibt es ein paar Tips, aber einiges hängt auch an der Stationsstruktur.

Mano
16.05.2015, 17:54
10-Finger tippen...

Ansonsten, ganz ehrlich: Wirklich können musst du nicht wirklich etwas. Gerade was beispielsweise Medikamente angeht - da findet man sich wesentlich schneller und leichter rein, wenn man wirklich selber und eigenverantwortlich damit arbeitet als wenn man es 10mal im Buch liest oder daneben steht, wenn es gegeben wird. Und das was man häufig verabreicht beschränkt sich je nach Fach sowieso meist auf 10-20 Medikamente - alles andere muss man dann eben auch nach 2 Jahren noch nachlesen.

CYP21B
16.05.2015, 21:00
Blutabnehmen und Nadellegen solltest du sicher beherrschen, sonst verliert man viel zuviel Zeit.
An Untersuchungen die ganz normalen Basics für einen internistischen Status plus dann eben die fachspezifischen Besonderheiten je nachdem was du anstrebst.
Ansonsten lernt man am Anfang enorm schnell. Viele Sachen wiederholen sich, z.B. Medikamente etc. Ist natürlich von Vorteil wenn man eine schnelle Auffassungsgabe hat.

WackenDoc
16.05.2015, 21:07
Das mit dem Blutabnehmen lernt man aber auch ratz fatz, wenn man es regelmäßig macht.
Genauso haben viele Abteilungen Musterbriefe und das Schreiben kann man auch schnell lernen. Noch schöner ist es natürlich mit Textbausteinen. Da hat auch jeder Oberarzt seine Eigenheiten.

Also keine Panik. Viel wichtiger ist, dass du lernst, dich zu orientieren. Zu erkennen in welchen Punkten du der Pflege vertrauen kannst und in welchen besser nicht.

Ruhe bewahren und eine gründliche Einweisung (wie funktioniert was, Telefonnummern, wer ist für was zuständig, wo finde ich was) ist viel wichtiger. Gerade für die Einweisung in die Abläufe solltest du dir Zeit nehmen- später geht man davon aus, dass du es weisst.

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16.05.2015, 21:53
Neugierde, Menschlichkeit, Demut.

Bandwurm
17.05.2015, 06:10
Arbeitsrecht, House of god, damit man weiß, warum nachts bestimmte Patienten scheinbar nur in deiner Abteilung behandelt werden können, und ganz wichtig, alle Grüßen, notfalls mehrfach vorstellen und brav in alle Kaffee- und Frühstücks- und Geburtagskassen einzahlen, egal für wie sinnvoll du dass findest.

Locutus001
17.05.2015, 08:07
Vielen Dank an all die Antworten!
(Je nach Station und Haus wo ich dann im Endeffekt lande werde ich also entweder einen netten Einstieg haben oder die ersten paar Wochen jeden Tag ein bisschen viel Stress haben ;-) ).


Habt ihr denn Tipps für gute Apps/Bücher für den Anfänger?

Ich habe eine ganze Menge entdeckt, ob es nun Medikamente oder Laborwerte sein sollen. Sogar DD technisch gibt es da anscheinend einiges.

Leider gibt es so viele Apps, dass ich keine Ahnung hab, welche sich lohnen.

WackenDoc
17.05.2015, 09:37
Einfach das Kitteltaschenbuch des jeweiligen Fachgebietes. In der Inneren einen Herold. Und ein Arzneimittelpocket. Je nach dem noch nen EKG-Lineal oder diesen Winkelmesser für die Ortho (wobei ich nicht weiss, wie sinnvoll letzterer ist).
Mehr braucht man erstmal nicht.
Laborwerte werden grundsätzlich immer mit Normwerten vom Labor geliefert. Und etwas exotischere kann man immer nachlesen.

Was du sonst noch brauchst- Notizbuch Din-C-6. Hinten wichtige Telefonnummern, Passwörter, Pins (jaaaa, ich weiss, Pins aufschreiben, aber geht als Anfänger nicht anders), davor Kurzfassung von Hausstandards und anderen Sachen, die man häufig braucht (ich hab z.B. so ne Auswertehilfe fürs EKG für Lagetypen- einfache Tabelle welcher Lagetyp in welcher Ableitung den größten Ausschlag macht.).
Und vorne kann man ne ToDo-Liste reinschreiben.

Arzneimittelpocket-APP hab ich auch. Ist aber viel zu langsam.

Wenn ihr Internetzugang habt und von da Daten runterladen dürft, bieten sich die Leitlinien der jeweiligen Fachgesellschaften an.

Trenn
17.05.2015, 13:40
Ins Notizbuch gehören noch die 10-20 gängigsten ICD-Codes, damit man auch schnell die Transportscheine, Reha-Anträge und Meldungen für die Krankenkassen ausfüllen kann. Die Kolibris kann man ja immer noch nachschauen.

Schreib dir genau auf, wie man die Anmeldungen, Konsile etc. macht. Danach so schnell wie möglich eigene Patienten betreuen. Mitlaufen ist wie PJ und bringt recht wenig.

Anne1970
17.05.2015, 17:25
Außer Abteilung und Fach achte auch auf äußere Bedingungen deiner künftigen Arbeitsstätte:
Gibts ne/nen Arzthelfer/in bzw.Stationsassistenz ( für Blutabnahmen ;-), Rehaanmeldungen)
wichtig: elektronische Zeiterfassung!, MB-Tarifvertrag!,
Parkplatz bzw. Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, ggf Betriebskindergarten
und schau auch auf die Weiterbildungsbedingungen:
Schau auf der Website der Landesärztekammer nach, für wie wie lang der Chef die Weiterbildungsbefugnis/Weiterbildungsermächtigung hat. Frag nach dem Weiterbildungscurriculum. Gibts ggf einen srukturierten Rotationsplan? Ggf. ne Verbundweiterbildung um alle notwendigen Inhalte abzudecken?
Schöne "Screening"-Fragen, um zu erfahren, ob die Weiterbildung voraussichtlich gut läuft, sind: "Gibts ein jährliches Weiterbildungsgespräch?" " Ab wann muss ich Dienste machen?" "Wieviel Stellen sind unbesetzt?"

just my two cents

wischmopp
09.06.2015, 17:06
Ich häng mich hier mal mit einer Frage dran:

Nun springe ich auch bald ins kalte internistische Klinikwasser nachdem mein Berufseinstieg in einer Praxis doch eher schonend verlief. Und nun bin ich auf der Suche nach einem Thread, den ich damals sehr hilfreich fand, der aber einige Monate her ist. Es ging eben auch um den Einstieg, wie man sich den Stationsalltag erleichtern kann, wie man sich am besten organisiert etc....

Ich finde ihn nur leider trotz intensiver Suche nicht mehr :-(

Kann sich vielleicht jemand von Euch auch noch daran erinnern und mir mit einem Schlagwort für die Suchfunktion weiterhelfen? Das wäre so toll :-)

Jule-Aline
09.06.2015, 17:38
http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?t=86056

wischmopp
10.06.2015, 06:49
http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?t=86056

Super, juhu!

Vielen lieben Dank! :-)

king kola
11.06.2015, 23:03
Gewöhn dir an zuerst selbst nachzudenken und mach dir ein Bild von Situationen, bevor du einfach jemanden anrufst und sagst "die Schwester meinte, dass" oder "also ich war jetzt bei dem -Litarnei- was soll ich machen?". Stattdessen erstmal gucken was los ist und ggf. einen Ansatz bzw. ne Lösung überlegen und die dann mit dem Kollegen, FA/OA absprechen- oftmals kommt dann schon "yo, mach so". Stärkt erstens das Vertrauen in die eigene Arbeit und schafft vor allem Vertrauen bei den Kollegen/Vorgesetzten. Ist meiner Meinung nach eins der wichtigsten Dinge, dass einem vertraut wird. Dann muss man sich auch keine Sorgen machen, wenn man um halb 1 den OA anruft und Hilfe braucht- der weiß dann schon, dass du ihn nicht zum Spaß weckst.