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Muriel
22.05.2015, 08:51
Eine grundsätzliche Frage hierzu habe ich bisher nicht verstanden, da immer wieder widersprüchliche Angaben zu finden sind. Gilt dieses Prinzip der größten Gewerkschaft in einem Betrieb bezogen auf alle Mitarbeiter oder aber auf alle Mitarbeiter einer Berufsgruppe? Bei zweiterem wäre es ja in unserem Fall "egal", da wohl deutlich mehr Ärzte im MB als bei ver.di organisiert sein dürften, was dann aber deren Protest nicht erklärt ;-) Im heutigen SPON-Artikel, der im Übrigen total beknackt ist, steht "Mehrere konkurrierende Tarifverträge von Gewerkschaften für ein- und dieselbe Berufsgruppe innerhalb einer Firma werden dann der Vergangenheit angehören." Und das klingt für mich eben nicht nach einem gemeinsamen Vertrag für Ärzte und Pflege zum Beispiel, sondern eben, dass alle Ärzte den gleichen Vertrag bekommen. Den Gesetzentwurf habe ich versucht, inhaltlich verstehend zu lesen, aber mir wurden klar meine Grenzen des Juristendeutschverständnisses aufgezeigt.

erdbeertoertchen
22.05.2015, 08:54
Also ich hatte es bis jetzt so verstanden, dass die Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern die Tarife verhandelt und dadurch kleinere Gewerkschaften keine Möglichkeit mehr haben selber Tarife zu verhandeln.
es hängt von den Gewerkschaftsmitgliedern ab, nicht von der Grösse der Berufsgruppe

ChillenMitBazillen
22.05.2015, 09:03
So wie ich es verstehe, kann verdi dann halt einfach einen Tarifvertrag für Ärzte abschließen, und da verdi mehr Mitglieder im Betrieb hat als der Marburger Bund, gilt dann eben der verdi-Tarifvertrag. Und verdi hat uns ja bekanntlich total toll vertreten in der Vergangenheit :-heul

Muriel
22.05.2015, 09:07
Tja, das wäre wohl recht unschön. Nur so richtig sicher weiß es auch irgendwie keiner, oder?

erdbeertoertchen
22.05.2015, 09:13
Richtig sicher ist, dass der Marburger Bund Verfassungsbeschwerde einreichen wird, sobald das Gesetz beschlossen wird, weil sie im Gesetz eine Verletzung des Grundrechtes zum Streik sehen. Das Streikrecht soll auch durch dieses Gesetz beschnitten werden, kleinere Gewerkschaften dürften demnach nicht mehr streiken bzw ihre Rechte zu Verhandlungen, Tarifabschlüsse werden massiv eingeschränkt
Cockpit, die GDL und auch die Journalistenvereinigung sehen dies laut MB genauso

KirstenP
22.05.2015, 09:26
Im Prinzip wird ja dem AN die Wahl einer Gewerkschaft, die aus seiner Sicht seine Interessen am besten vertritt, genommen, wenn dieser Gewerkschaft das Recht genommen wird, ihre Arbeit zu tun.
Auf der anderen Seite kann ich verstehen, dass ein Unternehmen es zu Recht als unmöglich betrachtet, wenn auf einmal zehn Gewerkschaften die gleiche Berufsgruppe vertreten und alle nacheinander streiken, verhandeln und Co. Aber wohl gemerkt, gleiche Berufsgruppe.

Kackbratze
22.05.2015, 09:33
„Soweit sich die Geltungsbereiche nicht inhaltsgleicher Tarifverträge verschiedener Gewerkschaften überschneiden (kollidierende Tarifverträge), sind im Betrieb nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen kollidierenden Tarifvertrages im Betrieb die meisten Mitglieder hat.“
Aus dem Gesetzesentwurf.


so wie ich das lese, werden alle weiteren Verhandlungen über Tarife dann von ver.di geführt werden.
Der MB-Vertrag mit seinen Konditionen bleibt gültig, aber bei den nächsten Vertragsverhandlungen seitens der Gewerkschaften kann ver.di wieder Dinge ändern und umstellen und damit ist der MB-Vertrag ausgehöhlt.

Feuerblick
22.05.2015, 09:38
Es sei denn, es wird ausgehandelt, dass Verdi und MB für verschiedene Arbeitnehmergruppen verhandeln. Das ginge nämlich...

erdbeertoertchen
22.05.2015, 10:19
Gesetz ist nun beschlossen worden, es bleibt abzuwarten, was das BVG sagt.

Kackbratze
22.05.2015, 10:39
Es sei denn, es wird ausgehandelt, dass Verdi und MB für verschiedene Arbeitnehmergruppen verhandeln. Das ginge nämlich...

Das ginge schon, wird aber dadurch verhindert, dass ver.di auch Ärzte als Mitglieder hat, die Tarifverträge auch das ärztliche Personal miteinschließen und vorallem ver.di das nicht zulassen wird.

arbeiter79
22.05.2015, 10:46
Das ginge schon, wird aber dadurch verhindert, dass ver.di auch Ärzte als Mitglieder hat, die Tarifverträge auch das ärztliche Personal miteinschließen und vorallem ver.di das nicht zulassen wird.

Hat der MB mehr ÄRZTE als Mitglied oder verdi?

Wenn verdi das wirklich übernimmt können sich die kh Ärzte in ein paar Jahren warm anziehen.

Ich denke mal wieder ans Ausland...

Trenn
22.05.2015, 10:49
Das ginge schon, wird aber dadurch verhindert, dass ver.di auch Ärzte als Mitglieder hat, die Tarifverträge auch das ärztliche Personal miteinschließen und vorallem ver.di das nicht zulassen wird.

Im Umkehrschluss hieße es dann, dass die EVG mit z.B. nur einem Lokführer als Mitglied stellvertretend für die GDL verhandeln könnte? Rein von der Logik macht es in der Auslegung wenig Sinn...

Feuerblick
22.05.2015, 10:49
Das ist egal, weil es um den Betrieb als solchen geht, wenn man nicht getrennt für unterschiedliche Arbeitnehmergruppen verhandelt...

Muriel
22.05.2015, 11:27
Und wieder mein Verständnisproblem mit den Berufsgruppen ;-)

klingelpütz
22.05.2015, 11:46
Gibt es den wirklich Ärzte, die bei Ver.di organisiert sind und wenn ja, warum bitteschön? Und mal ganz ketzerisch, werden die denn dann auch brav nach dem tollen TVöD bezahlt wie es ja nur konsequent wäre?

Ulle
22.05.2015, 12:05
Ich finde das Gesetz richtig. Was insbesondere Cockpit und die GDL abziehen, führt sonst über kurz oder lang zu erheblichen Konflikten in den Betrieben und zwischen den Gewerkschaften. Der Marburger Bund handelt eher sehr verantwortlich, aber die andere Sparten-Gewerkschaften haben einfach das Ding überrissen.

Mir ist auch nicht klar, was eine Berufsgruppe ist und wer diese definiert (der Arbeitgeber?). Mir ist aber auch nicht klar, was in diesem Zusammenhang ein Betrieb ist - ist eine Uniklinik ein Betrieb? Dann sollte der Marburger Bund sich vielleicht für alle Gesundheits-Berufe öffnen - ich könnte mir gut vorstellen, dass die Pflege von Ver.di auch nicht begeistert ist. Und so wenig Ver.di für uns rausgeholt hat muss ich immer noch sagen, dass wir im Vergleich zur Pflege immer noch gut darstehen. Ich fände es gut, wenn die Pflege von der ärztlichen Schlagfkraft profitiert und indirekt damit vielleicht auch unsere Arbeitsbedingungen fördert.

LostSoul
22.05.2015, 12:18
Und so wenig Ver.di für uns rausgeholt hat muss ich immer noch sagen, dass wir im Vergleich zur Pflege immer noch gut darstehen.

Ja, es ist aber nicht Ver.dis Verdienst, sondern der vom Marburger Bund.

Feuerblick
22.05.2015, 12:32
Uniklinik = Betrieb
Ärzte = Berufsgruppe

Sobald Verdi einen Tarif für alle (auch Ärzte) aushandelt, ist der MB an dieser Klinik raus...

Ulle
22.05.2015, 14:41
Wenn die Ärzte eine eigene Beschäftigungsgruppe darstellen bzw. nicht ohne weiteres in andere Gruppen überführt werden können, würde das neue Gesetz doch die Ärzte gar nicht berühren?

Feuerblick
22.05.2015, 14:52
Doch, weil Verdi und MB für Ärzte verhandeln...

EDIT (so habe ich das Gesetz im Wortlaut verstanden): Im Prinzip geht es darum, dass für eine Berufsgruppe innerhalb eines Betriebes nicht unterschiedliche Regelungen gelten sondern die Gewerkschaften sich untereinander absprechen und gemeinsam aushandeln sollen.
Wenn also Ver.di für alle Angestellten im Gesundheitsbereich in einer Klinik einen Tarifvertrag aushandelt und dort ausdrücklich ALLE eingeschlossen sind, also auch die Ärzte, dann ist der MB mit seinem Tarifvertrag automatisch raus. Denn in einem Tarifkonflikt, der ja mit zwei unterschiedlichen Gewerkschafts-Tarifverträgen vorhanden wäre, würde das Gesetz greifen und es wäre automatisch der Tarif derjenigen Gewerkschaft gültig, in der in diesem Betrieb die meisten Arbeitnehmer (insgesamt, nicht auf einzelne Gruppen bezogen) Mitglied sind.
Würde Ver.di allerdings sagen "Okay, Ärzte... für euch ist jetzt nur noch der MB zuständig", wäre alles okay.
Im Übrigen habe ich das so verstanden, dass es tatsächlich nur um Betriebe und nicht um ganze Unternehmen geht. Heißt also, was im KH XX eines Unternehmens verhandelt wurde, gilt für KH YY noch lange nicht, wenn da eine andere Gewerkschaft mehr Mitglieder hat.
Wie man das aufdröseln möchte, ist mir schleierhaft :-nix