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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der "Nervenarzt" - Vorteile?



Angina
07.06.2015, 00:14
Hallo,

ich stelle mir momentan die Frage ob es überhaupt noch Vorteile hat "Nervenarzt" zu werden? Mich interessieren eure Ansichten oder Einsichten dazu... vor allem natürlich die Einschätzungen der (angehenden) Psychiater oder Neurologen unter euch.

Früher ließen sich Neuro u. Psychiatrie ja in dieser Ausbildung integrieren (8 Jahre)... mittlerweile müsste man dafür zwei separate Facharztweiterbildungen in jeweils Neuro und Psychiatrie machen (mind. 9 Jahre).
Zwar gibt es noch ein paar Exemplare die das tun, aber gefühlt begegnet man denen in den jüngeren Generationen weniger. Fachlich profitiert man vermutlich davon beides gut zu können, aber dafür muss man ja nicht unbedingt die Facharztprüfung machen (sondern kann sich im Rahmen des Pflichtjahres genauer in die Materie vertiefen und diesen Zeitraum auf Wunsch sogar verlängern). Und irgendwie ist es ja auch schade, wenn man sich mühsam EMG/NLG beibringt, aber dann in einer z.B. psychiatrischen Tätigkeit diese Messungen gar nicht mehr durchführt oder nur noch einmal im Halbjahr lumbalpunktiert (entsprechendes gilt natürlich umgekehrt).

Einziger möglicher Vorteil den ich gerüchteweise bisher gehört habe, ist das es sich in der Niederlassung wohl ggf. in der Abrechnung entsprechender Pauschalen lohnen kann. Kann das jemand bestätigen?
Fallen euch noch andere Aspekte ein?
Bin sehr gespannt...
:-) viele Grüße

psycho1899
07.06.2015, 09:30
Waren es nicht früher 6 Jahre als eigenständiger (in der Konstellation vollkommen unnötig m.E). Facharzt und sind es jetzt 8 Jahre? Die Weiterbildungen dauern ja jeweils 4 Jahre plus 1 Gegenjahr... damit hat man nach 4 Jahren Neuro und 4 J Psychiatrie die Vorraussetzungen diesbezüglich erfüllt.

Ich kenne einige Neurologen, die während ihrer Psychiatriezeit in der Psych "hängengeblieben" sind. Meist, weil die Arbeitsbedingungen vor Ort wesentlich angenehmer in der Psychiatrie waren. Ob die primär den Plan hatten, beide Fachärzte zu erwerben, wage ich zu bezweifeln.

Ob es für die Niederlassung immer noch sinnvoll ist, weiss ich nicht. In der Klinik stelle ich mir die Rückkehr von der Psychiatrie in die Neuro (und whs. auch umgekehrt) sehr schwierig vor, da man doch eine ziemliche Zeit aus "seinem" Fach draussen ist, die Parallelen der Fächer, zumindest in den Akuthäusern, doch begrenzt ist und ich den Benefit einer zusätzlichen 3jährigen Ausbildung in Psychiatrie und PT beispielsweise gegenüber einer Vertiefung seiner während der neurologischen Facharztausbildung erworbenen Kenntnisse im selben Zeitraum einfach nicht sehen kann.

Ich persönlich habe kurz die Möglichkeit des 2. FA in der Psychiatrie (auch primär wegen den extrem chilligen Arbeitsbedingungen bei uns) erwogen; da ich aber davon ausging, dann eher auf Psychiatrie für die Rest meiner Laufbahn festgelegt zu sein, habe ich den Gedanken sehr schnell ad acta gelegt.

Ich denke, ein zweites (oder generell die Möglichkeit eines alternativen) Fremdjahr, z.B. in der NRAD wären - aus meiner Perspektive - sinnvoller investiert.

Pandora
07.06.2015, 12:02
Ich gehöre zu diesen "Hängenbleibern" in der Psychiatrie. Obwohl ich zugeben muss, dass ich schon vor Beginn der Rotation nicht ausgeschlossen habe komplett zu wechseln. Grund waren für mich ebenfalls die wesentlich besseren Arbeitsbedingungen, auch wenn es auch in der Psychiatrie nicht nur rosarot ist.

Prinzipiell würde ich aber nicht zwingend dazu raten beide Fachärzte zu machen, es sei denn es zieht einen in eine Nische, für die beides von Vorteil ist. Ich arbeite z.B. zur Zeit in der Gerontopsychiatrie. Da ist es schon ein großer Vorteil, wenn man somatische Erfahrung hat, EEGs lesen und befunden kann und im Rahmen der Demenzdiagnostik auch vernünftig LPieren kann (durchaus häufiger als 1x/Halbjahr). Hier hat man als Neurologe viele Vorteile. Vorher in der Allgemeinpsychiatrie und der Suchtmedizin haben mir bis auf die generelle klinische Erfahrung meine Neurokenntnisse nicht wirklich viel gebracht.

Möchte man Neurologe werden, der nicht unbedingt den Schwerpunkt auf Neuropsychiatrische Erkrankungen, Demenzen etc. setzt sondern eher auf die "Klassiker", sehe ich es ähnlich wie mein Vorposter: Neurorad oder Innere könnten dann sinnvollere Fremdjahre sein. Und die ambulanten Patienten, die eine larvierte Depression mit Somatisierungsstörung und Kribbelkrabbel haben, kann man in der Regel auch ohne psychiatrisches Jahr gut erkennen und an den Fachmann überweisen.

Kaas
08.06.2015, 11:15
Also ich habe mich vor einigen Wochen mit einer niedergelassenen Nervenärztin unterhalten, die auch in der hiesigen Landesärztekammer im Vorstand ist, und die meinte, man könne als Nervenarzt für die gleichen Leistungen bei den gleichen Diagnosen mehr abrechnen als "nur" Psychiater bzw. Neurologen. In der Niederlassung also finanziell ein deutlicher Vorteil.

StellaMaris
08.06.2015, 16:55
In meinem Psychiatrie-Haus gab es einen Oberarzt, der beide Facharzttitel hatte, der war passenderweise der Gerontopsychiatrie zugeordnet und hat nebenher die EEG-Befundung für die ganze Abteilung gemacht.
Ansonsten habe ich bisher noch niemanden kennengelernt, der geplant beide Facharzttitel anstrebt, die paar Leutchen, die mir bisher begegnet sind, die beides machen wollten, waren allesamt Neurologen, die wie oben beschrieben in der Psychiatrie "hängengeblieben" sind.

Muriel
08.06.2015, 17:03
Ich meine, lala hatte das mal vor. Da sie aber jetzt seit Jahresbeginn in neurologischer Niederlassung ist und den 2. FA noch nicht fertig hatte, weiß ich nicht, ob das noch kommen wird.

Angina
02.07.2015, 12:19
Ganz vielen Dank für Eure Antworten, war wirklich interessant! Wollte außerdem nochmal sagen *hüstel*, dass ich mich da in den WB-Zeiten meiner Eingangsfrage wohl tatsächlich etwas verrechnet hatte. Öhhhm... war schon spät. Einem schlauen Forum wie diesem kann man natürlich nix vormachen :-oopss

lala
02.07.2015, 13:57
Ich meine, lala hatte das mal vor. Da sie aber jetzt seit Jahresbeginn in neurologischer Niederlassung ist und den 2. FA noch nicht fertig hatte, weiß ich nicht, ob das noch kommen wird.

Also: Vorteil NA gibt es nur in der Niederlassung: du kannst sowohl die 16er Ziffern (Neuro) als auch die 21er (Psych) abrechnen....werden in RLP ähnlich bis völlig gleich bewertet: aber die 21er haben was die Betreuungsziffern bei einzelnen Erkrankungen angeht ein paar mehr Möglichkeiten....macht sich dann finanziell etwas bemerkbar....wenn man solche Patienten behandelt.

Soweit meine Infos der LÄK NRW und RLP sind gibt es den "Nervenarzt" aber leider inzwischen in keinem Bundesland mehr! NRW sei das letzte gewesen, in dem bis 2014 (?) noch eine Übergangsfrist galt...so und wann hab`ich da angerufen, um nachzufragen:
richtig!! genau ein paar Monate zu spät :-)) - sonst hätte ich den noch eben "mitgenommen"....
Falls irgendwer andere Infos hat - bitte dringend PN an mich!

lala
02.07.2015, 13:59
Waren es nicht früher 6 Jahre als eigenständiger (in der Konstellation vollkommen unnötig m.E). Facharzt und sind es jetzt 8 Jahre? Die Weiterbildungen dauern ja jeweils 4 Jahre plus 1 Gegenjahr... damit hat man nach 4 Jahren Neuro und 4 J Psychiatrie die Vorraussetzungen diesbezüglich erfüllt.

I
So ist es - früher 6 Jahre und keine Psychotherapie, nun müsste man 8 Jahre gesamt machen inkl. Psychotherapie...

lala
02.07.2015, 14:01
Also ich habe mich vor einigen Wochen mit einer niedergelassenen Nervenärztin unterhalten, die auch in der hiesigen Landesärztekammer im Vorstand ist, und die meinte, man könne als Nervenarzt für die gleichen Leistungen bei den gleichen Diagnosen mehr abrechnen als "nur" Psychiater bzw. Neurologen. In der Niederlassung also finanziell ein deutlicher Vorteil.

Das stimmt so nicht ganz - man kann sich dann entscheiden, welche EBM-Ziffern man nimmt, eben die 16er oder die 21er. Aber dazu kann man entweder Nervenarzt oder Doppel-FA sein.
(und so dolle ist der Vorteil nicht ;-))
Ich werde so wie es aussieht erstmal auf den 2. FA verzichten - lohnt sich nicht :-)