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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Milchzahn retten?



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roxolana
09.06.2015, 11:23
Hallo,

ich habe ein zahnmedizinisches Problem und hoffe auf euren Rat.
In meinem Gebiss gibt es noch einen Milchzahn, es ist ein Prämolar unten links. Da darunter kein bleibender Zahn ist und ich auch wenig Lust auf ein Implantat habe, will ich den Milchzahn natürlich möglichst lange behalten. Jetzt ist das Zahnfleisch am Zahn etwas zurückgegangen, die Wurzel sieht braun verfärbt aus und der Zahn hat auch angefangen zu wackeln... Mein Zahnarzt meinte dazu, dass die Farbe normal, die Lockerung nicht so schlimm sei und man da nicht unbedingt was machen müsste. Er hat mir aber angeboten, den Zahn an den benachbarten Zähnen mit irgendwelchen Streifen festzukleben.

Haltet ihr die Vorgehensweise für richtig oder kann man vielleicht mehr machen, um den Milchzahn zu retten?

smanpodg
09.06.2015, 11:31
Je nach Lockerungsgrad und/oder Kariesbefall ist die Extraktion des Milchzahnes unumgänglich. Ich würde bei so lange restierten Milchmolaren sogar dazu raten, die eher zeitiger zu entfernen und ein Direktimplantat in die gesunde Alveole zu setzen. Wenn der Zahn erst rausfault oder durch PA gezwungen wird, den Mund zu verlassen, ist die buccale Lamelle auch hin, es folgt ein langwieriger Knochen-/Weichgewebsaufbau und am Ende schaut es aus, wie hingerotzt (verzeihung). Hab das selbst am eigenen Leibe erfahren müssen.

Aus diesem und vielen vielen (ungezählten) anderen Grünen glaube ich den Aussagen eines Feld-/Wald-/Wiesenzahnarztes schon lange nicht mehr. Wer mit pusten Karies diagnostizieren kann, der kann eventuell die Notwendigkeit einer modernen Versorgung nicht ganz umreissen ;)

btw: Eine "Prothese" bekommt man nicht, wenn ein Zahn in der geschlossenen Zahnreihe fehlt.

Salzi19
09.06.2015, 11:37
Der "feld-wald-wiesen-zahnarzt" muss aber in der Regel auch mit etwas kleineren Budgets der Patienten zurecht kommen und sie trotzdem ordentlich versorgen... Das Geld für ein Implantat muss man erstmal haben, solange würde ich den Milchzahn halten!

smanpodg
09.06.2015, 11:43
Ach du liebes Lieschen...
Das Budget der Patienten heranziehen, um stümperhafte Heilkunde zu rechtfertigen finde ich ziemlich unethisch ;) und unmoralisch noch dazu.

Einen Milchzahn mit Defekt zu lange zu erhalten bringt nur den Vorteil, dass man für eine teurere Versorgung länger sparen konnte. Direktversorgung mit Mittelklasse (muss ja nicht immer der Porsche unter den Implantaten sein) ist meist wesentlich günstiger, als privat gezahlter Knochenaufbau mit Weichgewebstransplantat und ner Vollkeramikversorgung^^

Aber was weiß ich schon von dem Unwill der armen Kollegen in der Peripherie...

Salzi19
09.06.2015, 11:45
Scheinbar nicht viel...Aber ok, das soll jetzt hier nicht in einem Streit enden, da keiner von unsre die genaue Position des anderen kennt...

roxolana
09.06.2015, 11:45
Sorry, hab mich schlafmangelbedingt falsch ausgedrückt - ich meinte nicht Prothese, sondern Implantat. Also ich möchte kein Implantat haben.

smanpodg
09.06.2015, 11:47
Im Übrigen:

"Das kann ich mir nicht leisten." ist ein häufiger Satz, der den Patientenmund verlässt. Aber mal im Ernst: Wer trotzdem drei Päckchen am Tag rauchen kann und jede Woche zweimal in den Club rennt, der "will" offensichtlich für die Mundgesundheit nichts ausgeben. Denn Kann nicht wohnt eben oft in der will nicht Straße. Für alle anderen gibt es Härtefallregelungen und die Möglichkeiten, die Versorgungen Budgetgerecht abzuzahlen.

Salzi19
09.06.2015, 11:48
Wie schaun denn die Nachbarzähne aus? Ne Brücke wär ja auch noch ne Möglichkeit

smanpodg
09.06.2015, 11:49
Sorry, hab mich schlafmangelbedingt falsch ausgedrückt - ich meinte nicht Prothese, sondern Implantat. Also ich möchte kein Implantat haben.

Du arme Seele. Die Alternative ist eine Brücke oder eine Lücke. Eventuell, wenn es der erste PM ist, was ich nicht denke, denn der 5er fehlt häufiger, kann man Kieferorthopädisch schließen. Hat den angenehmen Nebeneffekt, dass man dann noch etwas an den Restzähnen richten kann, was aber ausufernd teuer ist ;)

Der Zahn wird dich auf jeden Fall wesentlich früher verlassen als die anderen. (hoffe ich zumindest)

Salzi19
09.06.2015, 11:50
Und wenn jemand kein großes Geld ausgeben will, dann kann ich ihn ja trotzdem nicht zur besseren Versorgung zwingen und muss ihm eine andere Möglichkeit bieten!

roxolana
09.06.2015, 11:51
Die Nachbarzähne sind nicht lädiert. Gibt es denn sonst nichts was man machen kann um den Zahn zu erhalten?

Salzi19
09.06.2015, 11:51
Auf Dauer nicht.

smanpodg
09.06.2015, 11:54
Auf Dauer nicht.

Wenigstens hierin sind wir uns einig. Billig wäre es, den Zahn zu ziehen, die Wurzel abzutrennen und den Zahn außer Okklusion wieder reinzukleben mit Komposit^^ Das wäre meine PA-Gammelfresse Versorgung. Mach ich jede Woche mal. Bei den Patienten, bei denen ich das anwende, steht Spass und Freude auch der Mundgesundheit im Wege ;) Die sind damit vollends zufrieden, weil es nichts kostet^^

Aber diese Lösung würde ich dir kaum empfehlen. Diese "Billigbrücke" erfordert, dass der Schmelz der Nachbarzähne geätzt wird. Und wo man einmal mit (Diamant, oder) Ätzgel dran war, darf man im Schnitt nach 15-20 Jahren die Extraktionszange in die Hand nehmen...

roxolana
09.06.2015, 12:05
Auf Dauer nicht.

Schade. Ich kenne einen >50J mit Milchzahn, daher habe ich gehofft, dass meiner auch etwas länger hält. Mich würde eine Lücke optisch auch nicht stören, gibt es denn medizinische Gründe, warum diese geschlossen werden muss?


Wenigstens hierin sind wir uns einig. Billig wäre es, den Zahn zu ziehen, die Wurzel abzutrennen und den Zahn außer Okklusion wieder reinzukleben mit Komposit^^


Nennt sich sowas dann Klebebrücke?

smanpodg
09.06.2015, 12:10
Aber der Zahn wackelt ja wohl auch nicht und wird "braun" durch zurückgehendes Zahnfleisch.

Eine Klebebrücke ist im engeren Sinne eine Metallkonstruktion, die durch sparsames Beschleifen der Nachbarzähne eingeklebt wird. Das wird aber i.d.R. nur in der Oberkieferfront empfohlen, weil die Zähne dort keine Kaubelastung haben. Im Seitenzahnbereich sind diese Brücken nicht erprobt. Deswegen habe ich zu dem Fall ja geschrieben, dass der Zahn außer Okklusion eingeklebt werden kann, weil dann die Kaukräfte nicht so stark sind. Das wäre allenfalls als Provisorium anzusehen. Manche laufen damit mehrere Jahre rum. Auch einen vitalen Zahn kann man so fixieren, das macht man, wenn parodontal vorgeschädigte Zähne locker werden.
Aber m.M.n. alles nur um Zeit bis zu Extraktion zu überbrücken.

Add: Wenn dich eine Lücke nicht stört, dann ist es doch ok :) Wenn der Zahn im UK ist, dann sollten bei Regelverzahnung die Oberkieferzähne noch Kontakte auf den umliegenden Zähnen haben. Wenn es im OK ist, es es wurscht. ABER: Auf lange Sicht werden die Zähne dann nachrücken, in die Lücke kippen und so zu Pflegeproblemen und Parodontalen Schäfen führen. Ich würde im jungen Gebiss den Zahn alsbald ersetzen.

roxolana
09.06.2015, 12:28
Danke. Kannst du vielleicht noch erklären, warum man nicht kieferorthopädisch schließen kann, wenn beide Prämolaren weg sind? Ich hab jeweils immer nur einen Prämolaren und links unten außer dem Milchzahn gar keinen.

smanpodg
09.06.2015, 15:26
Tja, bei so vielen Nichtanalgen hätte man bei frühzeitiger Diagnosestellung und Engagement des Feldzahnarztes auch einen Anspruch auf eine Härtefallregelung im Sinne von KFO, wo sinnvoll und Implantaten auf Kassenkosten gehabt^^ Jetzt ist der Zug abgefahren (Hätte dem Budget des Zahnarztes auch nicht wehgetan ;)) Aber naja....
Zwei fehlende Prämolaren stellen die dringende Indikation für eine Wiederherstellung der Stützzone. Und wenn du sogar in einem Quadranten nur einen Weisheitszahn und einen Milchzahn hast (gottseidank hat 8er den niemand gezogen... machen die Feldzahnärzte auch gerne mal, trotzt Nichtanalagen... ne OSTII in der Abrechnung macht sich ganz gut...) ist es sowieso fraglich, ob man das ganze sinnvoll mit einer Brücke behandeln kann. Eine Lücke von 4 Prämolarenbreiten lässt sich keinesfalls kieferorthopädisch schließen, das würde wohl auch niemand machen. In den Kiefern, in denen nur einer fehlt, kann man ne Multibandapparatur reinmachen und die Lücken schließen. Unten links kommst du an einer festsitzenden Versorgung nicht vorbei.

Salzi19
09.06.2015, 17:36
Ich liebe unseren Berufsstand... Da is man in der Außenwelt scho schlecht angesehen und dann basht man sich untereinander auch noch :-)) der "feldzahnarzt" hat auch eine Approbation, der darf dementsprechend so handeln wie er meint. Jeder behandler setzt irgendwann seine eigenen Prioritäten, deswegen gibt's ja auch so viele Möglichkeiten :) wie heißt s so schön? Viele Wege führen nach Rom....

smanpodg
09.06.2015, 17:59
Nach Rom und zum iatrogenen Zahnverlust. Die Kollegoiden da draussen dürfen dankbar sein, dass es, anders als in der Medizin, in der Zahnunheilkunde noch keine Leitlinien gibt ;) Ausser die für CMD :D

Malzkaffee
10.06.2015, 06:15
Dieser Thread drückt einmal wieder schön aus, warum ich auf die Zahnmedizin langsam keinen Bock mehr habe.^^