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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Dienstbelastung Anästhesie/Intensiv



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Mck86
10.06.2015, 10:54
Hallo zusammen,
mir ist bewusst dass über Dienste jede Menge Themen existieren und bereits einiges diskutiert wurde, jedoch habe ich zu meinem Anliegen auch über die Suchfunktion nichts gefunden.

Ich bin in einem mittelgroßen Klinikum (ca. 400 Betten) in der Anästhesie tätig und halte unser Dienstmodell für grenzwertig. Die Menge an Diensten (ca. 5-7 im Monat) ist akzeptabel, die Dauer (unter der Woche von 11:15 bis 8:30 Uhr und am Wochenende 12 bzw. 24 Stunden) ist normal denke ich und die Bezahlung in Ordnung. Der Knackpunkt ist die Aufgabenbreite in den Diensten:
Wir sind neben der Anästhesietätigkeit in der Woche ab 23:00 Uhr und am Wochenende ab 20:00 Uhr als alleiniger Arzt für die interdisziplinäre Intensivstation mit 16 Betten zuständig. Man ist also als Assistenzarzt nach 12 Stunden im OP dann zuständig für: Narkosen im OP (mit regelmäßigen Sectios), PDK's im Kreissaal, Schmerzkatheterpumpen auf den peripheren Stationen und einer Intensivstation mit im Schnitt 8 internistischen und 8 chirurgischen Patienten. Als Intensivarzt ist man hier auch der zuständige Arzt bei hausinternen Rea-Alarmen.
Natürlich gibt es oberärztlichen Hintergrund der telefonisch helfen kann und bei Notfällen wie Notsectios ins Haus kommt, jedoch ist man die restliche Zeit auf sich allein gestellt. Abgerechnet wird dieser Dienst als Bereitschaftsdienst, was beinhaltet dass man sich nachts schlafen legen kann wenn mal Ruhe ist. In einer guten Nacht bekommt man so mal 2-3 Stunden Schlaf, gelegentlich unterbrochen von Anrufen. In vielen Fällen sieht man das Bett natürlich gar nicht.

Meine Frage ist nun ob in anderen Kliniken eine ähnliche Belastung in den Anästhesiediensten stattfindet oder ob unsere Dienstform tatsächlich etwas übertrieben ist. Mir geht es hier nicht um Mitleid sondern um eine Einschätzung der Arbeitsbelastung. Da dies meine erste Stelle ist habe ich keinen Vergleich zu anderen Kliniken und möchte über diesen Weg versuchen die subjektiv als schwer empfundene Arbeitsbelastung durch eure Erfahrungen etwas objektiver einschätzen zu können.
Würde mich über Antworten freuen. :-)

pottmed
10.06.2015, 11:59
Ich kann natürlich noch nicht wirklich mitreden.

Aber was mir gleich aufgefallen ist.... darf man bei so einer Arbeitsbelastung überhaupt noch Bereitschaftsdienst leisten, denn Bereitschaftsdienst ist doch nur möglich, wenn maximal 49 % der Bereitschaftszeit gearbeitet wird. Nach deiner Schilderung hört sich das aber nach deutlich mehr an. Man möge mich korrigieren wenn ich da falsch liege.

pottmed
10.06.2015, 11:59
.....

Miss_H
10.06.2015, 13:10
Ich kann auch nicht wirklich mitreden.
Ich kenne nur die (anästhesiologisch geführte) Intensivstation aus meiner Famulatur. Dort gab es 14 Betten. In der Nacht waren immer 2 Ärzte anwesend. Das Rea-Telefon wurde auch von der Intensivstation bedient. Aber mehr Aufgaben gab es meines Wissen nach nicht.

ChillenMitBazillen
10.06.2015, 15:06
Bereitschaftsdienst ist im jeweiligen Tarifvertrag klar definiert. Zwei bis drei Stunden Ruhe in 24h sind keinesfalls Bereitschaftsdienst! Du kannst nun entweder eine Dienstbelastungsanalyse fordern oder das Haus wechseln :)

WackenDoc
10.06.2015, 15:44
Ihr habt nachts nur einen einzigen Anästhesisten, der sowohl OP, als auch Intensiv als auch ReaAlarm plus noch den anästesiologischen Dienst-Kram auf den Stationen abdecken soll?

papiertiger
10.06.2015, 17:07
Erscheint mir grad auch ziemlich krass.. gut, ist aufgrund der ca. 3fachen Bettenzahl nicht wirklich gut vergleichbar, aber meine aktuelle Wirkungsstätte hat zB 1 FA und zwei Assistenten anwesend, 1 x OA, 1x FA und 1x Assistent in Rufbereitschaft und eine Intensiv, die bis auf die Tatsache, dass der OA im Hintergrund häufig zeitgleich auch der Intensiv-Hintergrund ist, mit eigenem Schichtsystem völlig abgekoppelt läuft (und den Rea-Funk für einen Teil des Geländes bedient ;-) ). Und selbst daran wird gerade eifrig gefeilt, weil die Auslastung mit dieser Besetzung einfach dauerhaft zu hoch ist, um das weiter so zu betreiben.

Mck86
10.06.2015, 18:42
Ihr habt nachts nur einen einzigen Anästhesisten, der sowohl OP, als auch Intensiv als auch ReaAlarm plus noch den anästesiologischen Dienst-Kram auf den Stationen abdecken soll?

Richtig.

Eine Auslastungsanalyse hat es wohl vor meiner Zeit schonmal gegeben. Da die Auslastung zu hoch war hätte es wohl ein schichtsystem geben müssen, welches allerdings mehr Personal bedurft hätte und da die meisten Ärzte auch kein schichtsystem wollten blieb bis auf eine Angleichung der Bezahlung alles beim alten. So wurde es mir zumindest berichtet.

WackenDoc
10.06.2015, 18:46
Das Problem ist nicht nur die Auslastung, sondern dass sich bestimmte Verantwortungen zeitgleich einfach ausschließen.
Wenn du im OP ne Narkose fährst, kannst du dich nicht gleichzeitig um Intensivpatienten kümmern oder ReaDienst machen.

Judith87
10.06.2015, 19:19
In meinem Alten Haus (350) Betten war man im Dienst für OP und Rea-Funk zuständig. Unter der Woche von 11-8.00, am WE von 09.00-09.00. Dienstbelastung eher gering, meist ab 12/1Uhr Ruhe bis morgens. Selten mal länger.
Im neuen Haus (750) Betten 24h Dienste, dann nur für OP und Kreissaal zuständig +1 Anästhesist auf Intensiv. Dienstbelastung höher, meist bis 2-3Uhr plus regen Kreissaal.

Jule-Aline
10.06.2015, 19:55
Ihr habt nachts nur einen einzigen Anästhesisten, der sowohl OP, als auch Intensiv als auch ReaAlarm plus noch den anästesiologischen Dienst-Kram auf den Stationen abdecken soll?

Gibt es in meinem Haus auch.

Mano
10.06.2015, 20:13
Muss nicht auf einer Intensivstation rund um die Uhr direkt auf Station ein Arzt anwesend sein? Was machst du denn wenn du im Saal stehst (oder auch nur im Bett liegst) und auf Station ein Notfall eintritt?

Moorhühnchen
10.06.2015, 20:49
Muss nicht auf einer Intensivstation rund um die Uhr direkt auf Station ein Arzt anwesend sein?
Wäre mir neu, daß man ANWESEND sein muß. ;-)

Muriel
10.06.2015, 20:55
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/recht/article/853116/intensivstation-anwesenheitspflicht-aerzte.html

Strodti
10.06.2015, 20:59
Läufst du alleine zum Rea Alarm oder wird der diensthabende Internist auch mit alarmiert? Das ist bei uns so.

Moorhühnchen
10.06.2015, 21:05
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/recht/article/853116/intensivstation-anwesenheitspflicht-aerzte.htmlAh ok, interpretationsabhängig. ANWESEND sein heißt für mich, es MUSS ein Schichtdienstsystem sein. Aber der Artikel besagt (so verstehe ich es zumindest), daß es auch ein Bereitschaftsdienst sein kann, der keine weiteren Aufgaben wahrnimmt - man quasi auch im Bett anwesend sein kann. :-)

Würd mich ja mal interessieren, was mein jetziger Arbeitgeber (OP- und ITS-Bereitschaft in einer Person) und mein ehemaliger so abrechnen (ITS-Bereitschaftsdienst, aber mit Schockraumeinsätzen, die teilweise über eine Stunde dauerten, wo man dann eben nicht für die Intensiv rennen konnte......).

McDreamy
10.06.2015, 21:06
Mck86:

Ich finde die von dir beschriebene Situation schon krass. OP und Intensiv gleichzeitig? Mit 16 Betten?! Geht mE gar nicht... Auf ITS kann immer mal was Dringendes sein, genau so im OP... Und für Notsectios muss der Hintergrund erst hereinkommen?! Na Prost Mahlzeit.

Zum Vergleich: Wir (1000 Betten) sind 6 Anästhesisten im Dienst + 1 Rufbereitschaft:
Beide ITS (jeweils 9 Betten) sind mit JEWEILS einem Arzt besetzt, der fix auf ITS bleibt und zusätzlich für Rea und Schockraum zuständig ist. OP wird von 3 Anästhesisten abgedeckt.

Moorhühnchen
10.06.2015, 21:16
Ja, hört sich nicht so toll an. Letztlich ist es ähnlich wie bei mir. Nur daß ich nachts nur drei bis maximal vier Intensivpatienten an der Backe habe, dafür aber auch Sectios und OP. OHNE Hintergrund.
Vorteilhaft: bei Reas werden primär die Internisten alarmiert, die Patitenten bleiben auch auf der ITS chirurgisch gelabelt und ich betreue sie nachts quasi nur "konsiliarisch".

Sebastian1
10.06.2015, 21:18
Geht gar nicht. Hier 18 Betten Intensiv mit 3-Schicht-System (2 Schichten am WE), und da ist man sehr gut mit ausgelastet. Okay, gibt auch ruhige Nächte, aber auch genug in denen man durchrödelt. Von daher Intensiv ein eigener Arzt in der Nacht, wobei man da manchmal schon über 2 nachdenken könnte.
Spätdienst im OP deckt als Regeldienst nochmal bis 23 Uhr mit ab und entlastet den 24-h-Diensthabenden, der dann von 23-8 Uhr für OP und KReißsaal zuständig ist - wenn der mal feststeht und es gibt eine Notsectio und der diensthabende OA ist ausser Haus, dann kann es mal sein das man als Intensivler dazugerufen wird, das ist aber extrem selten.

Bei uns werden wegen der Anwesenheitspflicht im Übrigen sogar automatisch - da wir ja alleine sind - die nächtlichen Pausenzeiten als Überstunden wieder gutgeschrieben, da im Nachtdienst 45 min Pause Pflicht wären, man die eigentlich auch nehmen kann in der Regel, aber andererseits die Station nicht verlassen (macht man eh nicht, was soll ich nachts allein durchs Klinikum streifen...). Finde das daher ein ganz gutes Gentleman-Agreement.

Zu der oben geschilderten Situation fallen mir diverse Stichworte ein: Organisationsverschulden, Übernahmeverschulden, Arbeitszeitgesetz...

Mck86
10.06.2015, 21:18
Wenn parallel ein Notfall ist muss ich dahin wo ich dringender gebraucht werde. Das bedeutet dann eben im Zweifel dass die Pflege allein im Saal steht wenn ich auf Intensiv reanimieren muss. Bei Notsectios sind die Kinder eigentlich immer vor dem OA da. Wenn da also reanimiert werden muss fangen wir alleine an. Kindesversorgung ist bei uns auch Anästhesieaufgabe. Auch wenn das laut DGAI nicht so sein sollte.