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Alannah
09.09.2003, 17:42
Hallo,
eine Frage an alle, die sich mit dem Thema Doppelstudium etwas auskennen!
Ich habe vier Semester Medizin studiert und das Physikum gemacht, anschließend stieg ich auf Biologie um (bin im 6. Semester), da ich vorhatte, in die Forschung zu gehen und naturwissenschaftlich mehr in die Tiefe gehen wollte. Da ich allerdings in den medizinischen Bereich möchte, habe ich geplant, parallel zu Bio noch Medizin zu studieren, eventuell einige Semester oder auch bis zum Ende. Beworben hab ich mich schon mal, klappt vermutlich zum WS. Nun meine Frage, ist das parallel gut machbar? Hat da jemand Erfahrung? Ich hab in Bio theoretisch noch zwei Semester und anschließend 9 Monate Diplomarbeit (experimentell). Ich denke, Bio könnte ich notfalls etwas schleifen lassen, wenns mir zu stressig wird. Kann man eigentlich während der Diplomarbeit medizinische Kurse besuchen, oder muß man da Urlaubssemester einlegen?? Theoretisch könnte ich auch erst Bio beenden und anschließend Medizin weitermachen, aber dann hab ich vielleicht nicht mehr den Mut dazu, und ich habe jetzt Lust auf Medizin.
Naja, vielleicht sind das jetzt blöde Fragen, aber mich würd eure Meinung dazu interessieren. Habt ihr Tips, Erfahrungen, Vorschläge... ? Danke! :-)

Viele Grüße,
Alannah

airmaria
09.09.2003, 17:48
Sag mal willst Du uns vereimern? Hast doch beides schon anstudiert, weißt es doch selbst am besten!

Klar ist es möglich!

Warum Bio für Forschung besser sein soll leuchtet mir allerdings nicht ein: Mediziner haben mit Abschluss wenn sie nichts grob verkehrt machen zum einen den Dr. (welcher im Forschungsbereich immer noch wichtig ist) der in Bio dann nochmal dauert und sind zum anderen breiter gefächert: in einfach: eine "biologische" Stelle wird oft auch von Medizinern besetzt, umgekehrt nicht.

"Mary" airmaria

Alannah
09.09.2003, 18:31
Hallo airmaria,
danke für deinen Beitrag. Mir ist die Frage wirklich ernst, da mich das Umfeld total verunsichert: Manche finden es gut, andere sagen, das ist total quatsch und unnötig, ich habe einfach angst, etwas falsch zu machen. Ich trau da meiner eigenen Meinung nicht, da die Entscheidung damals, auf Bio umzusteigen, wohl im nachhinein falsch war. Ich dachte, ich könnte da genauso in die medizinische Forschung (hab ja Physikum). Ich hab mich einfach zu wenig informiert, denselben Fehler will ich nicht nochmal machen und bin daher sehr daran interessiert, was andere dazu meinen.

Viele Grüße,
Alannah

Jo.
10.09.2003, 01:05
Hallo Alannah,

also ich denke auch, daß der Wechsel von Medizin zu Bio grundsätzlich ein Riesenfehler war.

Ich finde Dein weiteres Vorgehen hängt hauptsächlich von Deinem Berufsziel ab.
Schreib doch mal genauer was Deine konkreten Karriereziele sind:
Habilitation oder Pharmaindustrie / nur Forschung oder auch ärztlich tätig sein ... ?
Oder diese Infos ist es schwer Dir einen Ratschlag zu geben, nur soviel:
Ein oder einige Semester Medizin zusätzlich zu studieren ohne das Medizinstudium abzuschließen ist in jedem Fall komplett sinnlos.

Alannah
10.09.2003, 06:13
Es ist schwierig, ganz konkrete Berufsziele hab ich noch nicht. Forschung konnte ich mir immer gut vorstellen, den medizinischen Bereich finde ich da interessant. Eine Doktorarbeit wollte ich auf jeden Fall machen. Ich weiß halt nicht, ob da ein Biostudium ausreichend ist (ok., plus Physikum)? Andererseits nervt es plötzlich, nur die Grundlagen zu lernen, ohne über die eigentlichen Krankheiten bescheid zu wissen. Das war im Medizinstudium genau umgekehrt, da fehlten mir die Grundlagen! Wenn ich heute nochmal vor der Entscheidung stünde, wäre wohl Molekulare Medizin am besten. Jetzt wollte ich nicht mehr wechseln, ein 3. Fach sieht blöd aus und ich wollte nicht dauernd einen Studiengang aufgeben. Andererseits, die Vorstellung an die ganzen Famulaturen und das PJ, puh... Manchmal denke ich, ich könnte es ja einfach mal beides ausprobieren, aufhören könnte ich ja immer noch, aber das macht sich dann im Lebenslauf noch blöder als wenn ich es gleich lasse. Mensch, ich beneide alle Leute, die ein festes Berufsziel vor Augen haben und voll und ganz hinter ihrem Studium stehen können!

Viele Grüße,
Alannah

Alannah
10.09.2003, 06:45
Was ich vielleicht noch erwähnen sollte: Als Fächer in Biologie habe ich Genetik/Molekularbiologie, Immunologie, Zellbiologie und Pharmakologie gewählt. Nicht das ihr denkt, ich studiere Botanik und Zoologie, das denken viele bei Biologie. Ich hasse diese Fächer! ;-)

Gruß,
Alannah

Jo.
10.09.2003, 11:32
Tja also kommt wirklich drauf an was Du willst.

Grundsätzlich kannst Du natürlich als Biologin im Labor jeder medizischen Abteilung (auch Klinik) oder in der Industrie oder wenn Du gut bist auch an einem MPI etc. arbeiten, das ist nicht das Problem.

Problematisch wird es nur, wenn Du Dich z.B. habilitieren möchtest, ich sehe da zwei Probleme:
Im medizinischen Bereich wird das nicht so ohne weiteres möglich sein, und wenn, dann eher nur in speziellen Fächern wie vielleicht Immunologie / Mikrobiologie oder so, ansonsten werden in den Abteilungen natürlich hauptsächlich Mediziner habilitiert.
Außerdem schätze ich die Situation für Biologen eher ziemlich "kompetitv" ein, weil es ja genug davon gibt.

In der Abteilung in der ich meine Doktorarbeit gemacht habe (Innere) waren im Labor natürlich auch Biologen, aber ehrlich gesagt ähnelten deren Aufgaben doch eher den Aufgaben von MTAs. Ich könnte mir vorstellen, daß das in Kombination mit fehlenden Aufstiegschancen auf Dauer ziemlich unzufrieden macht.

Eine Habilitation kommt für Dich vielleicht jetzt noch nicht in Frage, aber irgendwann wenn Du tagtäglich im Labor einer medizinischen Abteilung stehst fragst Du Dich sicher, weshalb Du eigentlich für die Habilitationen von irgendwelchen Mediziner*****n arbeitest anstatt für Deine eigene.

Ich würde an Deiner Stelle folgendes machen:
Sobald wie möglich das Medizinstudium wieder aufnehmen, dabei aber erstmal das Hauptaugenmerk auf einen guten Abschluß in Bio richten.
Ich weiß jetzt nicht ob die Biologen ihre Diplomarbeit in einer medizinischen Abteilung machen können, aber da läßt sich zur Not sicher etwas tricksen.
Dann würde ich mir in der Medizin einen relativ jungen Dr., PD oder Prof. mit soviel impact-Punkten wie nur irgendmöglich suchen und bei ihm meine Diplomarbeit machen.
Anschließend (nach dem Bio-Studium) würde ich meinen Dr. med. bei ihm anfangen (kann ruhig bis nach dem Medizinstudium dauern) und danach evtl. meinen Dr. rer. nat. dranhängen.
Wenn Du dann soweit bist hast Du mit ein bißchen Glück schon viele Veröffentlichungen, eine Doppelpromotion und praktisch Deine halbe Habilitation schon in der Tasche, dann stehen Dir karrieremäßig alle Türen offen.
Am wichtigsten ist aber wie gesagt, Dir Deinen direkten Betreuer knallhart nach Alter und impact-Punkten auszusuchen.
Wenn Dich die Medizin sowieso interessiert ist das, denke ich, der beste Weg. Du kannst Deinen Weg natürlich auch als "nur"-Biologin machen, nur ist der dann, gerade im medizinischen Bereich und was die Aufstiegschancen angeht, sicher schwerer.

trithobe
10.09.2003, 17:28
Wenn du mit 25 noch keinen Doktor hast, musst du ihn selbst machen :-)
(blöder Scherz, ich weiß)

Ich kann dir zwar nicht wirklich weiter helfen,
aber ich stand vor einem "ähnlichen Problem", was bei mir allerdings nicht so schlimm war, denn ich hatte erst 1 Studium begonnen (sowas wie Informatik) und habe mich jetzt für Medizin entschieden.

Ich habe mir überlegt (seeeehr lange!), was ich wirklich will, was mich wirklich interessiert und auch, wo ich mich am besten fühlen würde ("Ich vertraue auf Intuition ;-) ).
Was machst du denn später im Beruf als Biologin?
Würde es dir Spaß machen, im Labor zu arbeiten? Oder willst du lieber mehr Menschenkontakt haben?
Interessiert dich mehr die untere (molekulare) Ebene oder interessiert es dich mehr, wie der menschliche Körper funktioniert?

Es ist wirklich nicht leicht, vor allem, weil du schon 6 Semester Bio studiert hast und in 1,5 Jahren sicherlich dein Diplom haben wirst.
Aber ich denke, wenn du merkst, dass es nicht das Richtige ist, und du es nicht dein Leben lang machen willst, dann mach Medizin - auch wenn du dann vielleicht schon etwas älter bist, wenn du fertig bist. Arbeiten kannst du noch dein ganzes Leben...

Was es für Möglichkeiten gibt, es irgendwie doppelt weiterzuführen, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass man ein Doppelstudium machen darf. Die zeitliche Komponente ist dabei aber nicht zu missachten, denn beides sind sicherlich keine Studienfächer, die man "im Vorbeigehen" erledigen kann.

Viele Grüße!

Alannah
10.09.2003, 17:34
Hallo Jo,
danke für die Tips, du scheinst dich damit auszukennen! Was ich aber nicht verstanden habe: Wieso soll man sich einen möglichst jungen Doktorvater suchen? Was hat das für Vorteile? Und was sind impact-Punkte, nie gehört!?

Interessant, was du über die Biologen im Vergleich zu den Medizinern erzählst. Ich mache zur Zeit auch ein Großpraktikum und langweile mich seit der 2. Woche, nachdem ich alle Techniken kennengelernt habe und nun immer dasselbe machen muß. Mir ist aber nicht klar, wie sich Biologen und Mediziner in der Laborarbeit unterscheiden, da steckt doch so oder so viel Routine drin, bis man greifbare Ergebnisse erhält. Soviel ich weiß, sind Biologen vor allem dann fast nur im Labor, wenn sie keinen Doktor haben.

Wenn ich mit Medizin weitermache, dann am liebsten sofort; in Bio hab ich zwar nur noch 2 Semester bis zur Diplomarbeit (9 Monate im Labor), aber ich weiß nicht, ob ich anschließend noch den Nerv und Mut zum Med.studium hätte. So spare ich auch eher etwas Zeit ein, da in Bio während des Semesters nicht viele Veranstaltungen sind. Ich mache mir höchstens Sorgen, daß sich die Note in Bio verschlechtern könnte. Aber man kann sich frei einteilen, wann man welche Prüfung macht. Kann man in Medizin eigentlich frei wählen, wann man welche Kurse macht, oder ist das nicht so einfach?
Puh, das ist irgendwie alles so kompliziert!

Viele Grüße,
Alannah

Alannah
10.09.2003, 17:44
Hallo Trithobe,
genau das war ja mein Problem: Wenn meine Interessen ganz klar auf einer Seite gelegen hätten, wäre es ja kein Problem gewesen. Im Medizinstudium hat mir die molekulare Ebene gefehlt, mir war alles irgendwie zu oberflächlich. In Biologie hat mir dann der Überblick gefehlt, ich konnte zwar in die Tiefe gehen, aber dann hat mich gestört, daß ich nicht über die Krankheiten Bescheid wußte. Tja, schon beim Abitur dachte ich, eigentlich wäre eine Kombination zwischen Bio und Medizin am besten, aber damals gab es sowas wie Molekulare Medizin noch nicht.
Ich weiß, daß das mit dem Doppelstudium stressig ist. Aber ich dachte: Ob ich Bio zu Ende mache und dann Medizin draufsetze oder ob ich gleich Medizin weitermache und den Abschluß in Bio rausschiebe, kommt im Prinzip aufs gleiche raus. Oder? Mich würde auch mal interessieren, ob man für die Diplomarbeit Urlaubssemester in Medizin einlegen muß!?
Ach mist, vor lauter Grübeln ist mir die Lust am Studieren schon ganz vergangen... :-((

Viele Grüße,
Alannah

trithobe
10.09.2003, 19:21
Hi, Alannah,

ich kann mit dir mitfühlen (auch wenn es dir dadurch nicht besser geht). Ich habe gut und gerne 2 Monate so verbracht. Und ich hasse es, wenn ich nicht weiß, was ich will.
Du musst dir irgendwann einfach einen Ruck geben und dich für eine Möglichkeit entscheiden. Und dann versuchen, nicht mehr an die anderen Möglichkeiten zu denken, sonst riskierst du, wieder mit Zweifeln anzufangen...

Oder du schaltest mal für 1 oder 2 Wochen völlig ab, und denkst nicht mehr daran. (sofern das überhaupt möglich ist *g*).
Und rede mit anderen Leuten, mach irgendwas.
Bei mir ging das dann in ziellosen Aktionismus über, und in einer ruhigen Stunde allein im Wald (du wirst lachen), hab ich dann versucht, "mal ganz tief in mich zu gehen". Und ich habe meinen Entschluss gefunden.

Also auch wenn das blöd klingt, aber so war's bei mir.

Ich hoffe für dich, dass du das Richtige tun wirst!
:-winky

Alannah
11.09.2003, 19:17
Danke, dein Mitfühlen tut gut! :-)
Du hast "nur" zwei Wochen mit Nachdenken verbracht?? Bei mir ging das fast ein Jahr so, zu allem Überfluß hatte ich zu der Zeit in Bio wenig zu tun, so daß ich ganz viel Zeit zum "Nachdenken" hatte. Das artete in einen Grübelzwang aus, so daß ich nichts anderes mehr denken konnte, immer dasselbe, ohne zu einer Lösung zu kommen, und das monatelang! Dadurch bekam ich zu allem Überfluß noch eine Depression. Ich hab auch alles ausprobiert: ruhige Stunden, wilder Aktionismus (das war noch am besten). Ich wußte nicht, was ich tun sollte, hatte das Gefühl, ich müßte jetzt darüber entscheiden, wie mein zukünftiges Leben verläuft, ob ich glücklich oder unglücklich werde. Irgendwie schien es keine Lösung zu geben, egal, welche Entscheidung ich kurzfristig traf, irgendwie war doch was falsch dran. Da war sicher auch die Depression dran schuld, damit kennt ihr euch ja aus: Grübelzwang und Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, alles schwarz sehen. Das ist zum Glück schon länger besser, dank SSRI :-top
Ich wußte nur eins: Wenn ich es jetzt nicht nochmal versuche, werde ich es wohl mein Leben lang bereuen. Manche Dinge muß man einfach ausprobieren und ein Risiko eingehen. Aufhören könnte ich ja jederzeit.
Daher war ich heute im Studentensekretariat und habe mich für Medizin zusätzlich eingeschrieben, fürs 1. klinische, mache jetzt also erstmal beides. Die machten zwar Streß, aber ich konnte mich durchsetzen. Da ich einige Scheine anrechnen lassen kann und bei Bio während des Semesters außer Vorlesungen nur Oberseminare habe, müßte das zeitlich machbar sein. Die Praktika sind alle in den Ferien. Panik kann ich mir noch früh genug erlauben. ;-)
Ehrlich gesagt fühlt sich das ganz gut an, mir gehts jetzt besser als vorher. Ein gutes Zeichen? :-dafür

Viele Grüße,
Alannah

trithobe
11.09.2003, 19:21
Congratulations ;-)

Also ich endlich wusste, was ich machen will, ging's mir auch gleich wieder besser!
Ja, das ist ein gutes Zeichen :-top

Viel Glück!

Jo.
12.09.2003, 01:25
Hallo Alannah,

das Gesagte gilt wirklich nur, wenn Du Dich habilitieren möchtest, was sich bei Deinem Forschungsinteresse ja anbieten würde.

Zu Deinen Fragen:

1. Warum der Doktorvater / Betreuer relativ jung sein muß:

Bei der Habilitation kommt es nicht NUR auf Deine Forschungsleistung an, sondern auch zu einem großen Teil auf die Unterstützung von Deinen "Vorgesetzten".
Dein Betreuer (wichtig: ich meine damit nicht unbedingt den offiziellen Doktorvater / Chef der Abteilung, sondern den Leiter der Arbeitsgruppe also den, auf dessen Mist die ganzen Forschungsarbeiten der Arbeitsgruppe wachsen) muß mindestens so jung sein, daß die Zeit bis zu seiner Rente für Deine Habilitation locker reicht. Wenn er noch Dr. ist wird er sich bald habilitieren, wenn er schon PD ist wird er bald Prof., so daß er dich aus einer machtvollen Position bei Deiner Habilitation unterstützen kann. Außerdem fällst Du dann sozusagen irgendwann fast automatisch selber eine Stufe rauf wenn er Prof. ist, er braucht dann ja sozusagen Leute, die "seine" Arbeitsgruppen leiten, so wie er es selbst vorher als Arbeitsgruppenleiter getan hat, da greift er natürlich gerne auf fähige Leute zurück die sich auskennen, die er kennt und die ihn auf seinem Weg begleitet haben.
Ist Dein Betreuer aber zu alt und geht in Rente, kommt ein neuer Chef mit seiner ganzen Truppe, und der hat ehrlich gesagt weder an Dir, noch an Deiner bisherigen Forschung irgend ein Interesse.

(Achtung: das ist jetzt natürlich nicht der einzige Weg zur Habilitation, aber sicher der beste. Du kannst natürlich auch beispielweise an ein Spitzeninstitut in die USA gehen und als Erstautorin eines Cell-Papers wiederkommen, da nimmt Dich jeder mit Handkuß und Verbeugung, aber das ist wohl ein eher riskanter Weg.)

2. Was sind impact-Punkte?

Die Impact-Punkte oder der genauer der "journal impact factor" gibt sozusagen direkt die "Güte" eines wissenschaftlichen journals an:
Errechnet wird der impact factor so, daß geschaut wird, wie oft (1), wie schnell (2), und bei welchen anderen wissenschaftlichen Journals (3) die Artikel eines Journals zitiert werden.
Beispiel: Du entdeckst bei Deiner Forschung irgendein unbekanntes Molekül das in der Signaltransduktion von irgendwelchen wichtigen Tumorzellen irgendeine wichtige Funktion hat (alles untersucht).
Sodele, das ist natürlich ein wissenschaftlicher Hammer und Du schickst Deine Arbeit zur Veröffentlichung an das beste journal, meinetwegen Cell.
Sobald das Ding veröffentlich ist, stürzen sich natürlich unzählige Top-Arbeitsgruppen weltweit auf das Thema, das heißt Deine grundlegende Arbeit wird in anderen Veröffentlichungen oft (1), ziemlich schnell (2) und zudem in guten Journals (3) zitiert werden.
Da Cell grundsätzlich nur die wissenschaftlich hochwertigsten Arbeiten veröffentlicht, errechnet sich für die Zeitschrift Cell somit der höchste impact factor (von ungefähr 30 Punkten wenn ich mich recht erinnere, kann auch bei Nature so sein, die zwei schenken sich da nicht viel).
Bist Du als Forscher nicht gut, dann kannst Du froh sein mal in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift irgentwas wissenschftlich eher uninteressantes zu veröffentlichen, impact factor der Zeitschrift folgerichtig unter 1 Punkt, weil wissenschaftlich uninteressant.
Wie Du sicher weißt, heißt es in der Forschung "publish or perish",
und so wird auch bei der Habilitation natürlich nach dem impact factor geschaut. Wenn ich mich nicht täusche werden da (von Uni zu Uni unterschiedlich) insgesamt ca. 40 impact factor Punkte (alle Deine Veröffentlichungen zusammengerechnet) vorausgesetzt. Dabei zählen natürlich nur Veröffentlichungen bei denen Du als Erstautor genannt bist (oder als Letztautor, aber dieser Ehrenplatz ist traditionell Deinem Chef vorbehalten.)
Je nach Uni rechnet man Dir einen zweiten Platz in der Autorenliste mit dem halben impact-Wert der Zeitschrift an.

3. Weshalb viele impact Punkte Deines Betreuers das wichtigste überhaupt ist ergibt sich aus Punkt 2:
Dein Betreuer ist dann keine wissenschaftliche Pfeiffe, d.h.
- Du lernst viel bei ihm (das wichtigste überhaupt)
- er weiß was er tut, und Du stehst nicht jahrelang für nichts und wieder nichts im Labor.
- er ist auf dem besten Weg sich zu habilitieren, siehe Punkt 1
- er hat mehrere interessante Projekte am Laufen, d.h. gib jemandem mal kurz etwas von Deinen Primern ab oder mach eine PCR für jemanden und schon stehst Du plötzlich als Co-Autor auf so manchen Veröffentlichungen mit drauf.
- etc. etc. etc.
Achtest Du nicht von Anfang an auf die Impact Punkte Deines künftigen Betreuers gerätst Du leicht an eine Pfeiffe. Gerade als Anfänger kannst Du nicht sicher beurteilen ob ein Projekt Sinn macht oder nicht, das wirst Du zwar irgendwann herausfinden nur sind dann vielleicht schon Jahre harter Arbeit um und Du kannst Dir dann evtl. Deine weitere Karriere getrost in die Haare schmieren.

Mein Tip:
1. Gehe in die (Mediziner-)Bibliothek und hole Dir den aktuellen "Journal Citation Index" vom ISI (Institute for Scientific Information - das sind die, die den impact factor für die Zeitschriften errechnen). Der steht meist im Präsenzbestand, das ist so ein Ordner, in dem alle Journals mit Angabe des impact factors alphabetisch aufgelistet sind, und kopiere Dir die Liste.

2. Finde heraus, wo die coolen Arbeitsgruppen sind, Du hast ja noch etwas Zeit. Meist haben bestimmte Forschungsabteilungen ja einen guten Ruf an der Uni, oder schau wer für seine Doktorarbeit bei welcher Abteilung ein summa cum laude bekommen hat etc. etc., Du wirst schon rausfinden wo grundsätzlich gute Leute sitzen.

3. Finde die Namen der Arbeitsgruppenleiter heraus (im Internet, durch die Laborgänge schlendern und auf die Türschilder schauen, Sekretärin fragen etc.)

4. Gib die Namen in die Medline (z.B. bei medline.de) ein, die Medline spuckt Dir dann die ganzen Veröffentlichungen der Betreffenden aus, und vergleiche mit dem "Journal Citation Index". Hat auch gleichzeitig den Vorteil, daß Du Dir einen Überblick der Forschungsschwerpunkte der jeweiligen Leute verschaffen kannst, weil die Medline auch Abstracts der Arbeiten ausspuckt.

5. Tja und wenn dann noch mehrere Leute in Frage kommen mit denen und ihren Doktoranden etc. sprechen und sich für den nettesten mit der besten Betreuung etc. entscheiden. Ganz einfach eigentlich! ;-)

Daß Du in Deinem Großpraktikum nicht richtig begeistert bist wundert mich nicht. Biologen und Mediziner unterscheiden sich in der Laborarbeit im Grunde gar nicht, und das ist auch der Punkt weswegen ich finde, daß Deine Entscheidung für Biologie teilweise(!) ein Fehler war, auch ein Molekulare-Medizin-Studium halte ich für eher nicht soo sinnvoll. Du hast zwar etwas mehr grundsätzliches Wissen für die Forschung, aber das kann man sich auch während der Arbeit im Labor nach und nach aneignen.
Die praktischen Fähigkeiten sind ja auch schnell gelernt. Nach Anleitung pipettieren und Sachen in Geräte stellen ist ja nicht sooo schwierig. Trotzdem hast Du wenn Du jetzt Medizin studierst natürlich einen Wissensvorsprung und einen besseren Überblick über die Materie, im Medizinermilieu stehst Du damit als studierte Naturwissenschaftlerin natürlich erstmal ohne Konkurrenz da. Von daher war es kein kompletter Fehler, die Zeitaufwand-Nutzen-Relation ist höchstens etwas ungünstig

Deine Entscheidung für Medizin finde ich richtig, ich denke nämlich, daß die Situation für Biologen grundsätzlich viel schwieriger als für Mediziner ist. Ich kenne zwar die Arbeitsmarktsituation für Biologen nicht genau, aber da sieht's sicher nicht ganz so rosig aus, d.h. viele Biologen werden wohl tatsächlich Ihr Leben lang pipettieren, ohne nennenswerte Aufstiegschancen zu haben. Mediziner haben meiner Meinung nach viel mehr Möglichkeiten als Biologen, sowohl in ihrem angestammten Revier (Du hast die Wahl zwischen vielen unterschiedlichen Fachrichtungen, Du kannst nur klinisch tätig sein, oder nur Forschen oder beides, Du kannst in der Klinik Karriere machen oder an der Uni oder Du kannst Dich niederlassen etc.). Auch außerhalb der Medizin haben Mediziner wohl bessere Chancen, in der Pharmaindustrie z.B. sind bestimmte Positionen sicher nur mit Medizinern zu besetzten.
Abschließend kann man wohl sagen: in vielen Tätigkeitsbereichen lassen sich Biologen durch Mediziner ersetzen, umgekehrt eher weniger. Vom aktuellen Ärztemangel will ich gar nicht erst anfangen.
Und zum Schluß:
Ich denke man kann sich die Kurse im Medizinstudium so legen wie man will, es zwingt einen ja keiner in einer bestimmten Zeit zu studieren. Frag doch mal im Studentensekretariat wer für die Studienberatung zuständig ist (Studiendekan?) und laß Dich beraten. Evtl. mußt Du nach der neuen Approbationsordnung studieren, da wäre kompetente Beratung eh sinnvoll weil sich einiges ändert.

So ich gehe jetzt schlafen und habe keine Lust mir den ganzen ellenlangen Stuß den ich hier verzapft habe nochmal durchzulesen! :-top

skandi
12.09.2003, 07:32
Aber besteht bei der Auswahl eines relativ jungen Betreuers nicht die Gefahr, dass der im Zuge seiner Habilitation bzw. Berufung als Prof die Fliege an eine andere Uni macht und Dich sitzen läßt?
Nicht immer wäre garantiert, dass er Dich mitnimmt und Du damit auch aufsteigst! :-meinung

Jo.
12.09.2003, 11:51
Stimmt, Skandi das ist ein wichtiger Punkt. Die Berufung zum Prof. erfolgt sogar, soviel ich weiß, immer durch eine andere Uni, wohl um zu Mauscheleien an der Uni wo die Habilitation erfolgt ist zu vermeiden. In der Praxis gibt es da natürlich auch Absprachen, d.h. jemand habilitiert sich, wird als PD an einer anderen Uni zum Prof. berufen und kehrt dann eben ein Jahr später wieder als Prof. zurück.
Grundsätzlich hast Du aber Recht, man muß immer damit rechnen seinem Betreuer an eine andere Uni zu folgen (wenn er einen mitnimmt), aber dazu gibt es ja keine Alternative.
Die Gefahr für Alannah nicht mitgenommen zu werden ist allerdings meiner Meinung nach eher gering, sie hat uns reinen Medizinern ja schon einiges voraus, wenn wir in ein Labor kommen müssen wir ja erstmal lernen wie man eine Pipette hält! Alannah dagegen ist, wenn sie ihre Diplomarbeit und dann ihre medizinische Doktorarbeit macht, für den Betreuer genauso "kostenlos" wie jeder dahergelaufene Medizinstudent auch, nur mit dem Unterschied, daß sie eben ausgebildete Naturwissenschaftlerin und 100%ig für die Forschung motiviert ist. So jemanden läßt man doch nicht zurück, um ihn dann woanders durch einen Medizinstudenten der erst angelernt werden muß zu ersetzen, und der vielleicht nicht mal gegen Ende seiner Doktorarbeit auf dem Wissensstand von Alannah ist. Jeder Wissenschaftler wäre ja bescheuert, wenn er sie nicht mitnehmen würde, zumal sie ihn als Spitzenkraft jahrelang nichts kostet. Ein Mercedes zum Preis eines Schrottautos sozusagen. :-))
Ich glaube auch, daß sich ihr Betreuer eines Tages dafür auf andere Weise bei ihr revanchieren wird. Bizarrerweise entwickeln diese harten Typen plötzlich Muttergefühle für ihre Schützlinge sobald sie ihren Weg gemacht haben. :-top

skandi
12.09.2003, 12:01
Hab auch weniger für Allanah, als mehr in Eigeninteresse gefragt :-blush
Ich arbeite zur Zeit auch in der Forschung. Die Frage ist nur, was ich davon hab, denn mein Chef ist eben auch noch sehr jung und wird sofort abhauen, wenn er irgendwo Prof werden kann.
Und ich glaube nicht, dass er mich da mitnehmen wird. :-?
Welche Chance haben denn überhaupt die Mediziner in der "reinen" Forschung? Ich meine, als WAS soll ich denn da weitermachen? Ne Doktorarbeit hab ich schon während des Studiums gemacht. Die ist aber wohl nicht mit so einer mehrjährigen Arbeit als Doktorand in einem Institut zu vergleichen. Also kann ich damit ja wohl schlecht ein "Post-Doc" sein wollen, oder? :-notify
was dann? wissenschaftlicher Mitarbeiter? Oder was? :-((

Jo.
12.09.2003, 13:29
Hallo Skandi,

also ich persönlich habe mich (noch Student) schon längst freiwillig von der Forschung verabschiedet. Meine experimentelle Doktorarbeit habe ich zwar fertig, aber diese Ochsentour der Habilitation werde ich mir ganz sicher nicht antun.
Als Mediziner hast Du meiner Meinung nach zwei Möglichkeiten, und beide sind nicht ganz ohne:

1. Habilitation in der Medizin, d.h. inklusive Facharzt um später Chef einer Uniklinikabteilung zu werden, oder wenn es dazu nicht reicht, eben an einem der unzähligen sonstigen Krankenhäuser.
Dann konkurrierst Du "nur" mit Medizinern.
Problem: Klinik UND Forschung. Je nach Fachrichtung relativ aufwendig. (z.B. Innere sicher viel schlimmer als Mikrobio)

2. Reine Forschung um z.B. Chef einer MPI-Abteilung zu werden.
Problem: Du konkurrierst mit Top-Naturwissenschaftlern, das ist ja fast noch schlimmer als Punkt 1! ;-)

Mir persönlich ist das alles wie gesagt viel zu viel Aufwand, aber beides ist sicher machbar wenn man genug Leidensfähigkeit für die paar Jahre bis zur Habilitation mitbringt. Machen ja auch genug Leute.

Schreib doch mal genauer was Du wo gemacht hast und was Du vorhast.

Pauschal würde ich sagen: gegen Ende Deines AIP solltest Du, wenn Du diesen Weg einschlagen willst, mindestens eine gute experimentelle Doktorarbeit haben, aber auch das wissenschaftliche Handwerkszeug (wissenschaftliche Methoden im Labor, vielleicht auch Poster / Abstrcats / Paper schreiben, Vorträge halten etc.) und evtl. schon die eine oder andere Veröffentlichung haben oder demnächst aus dem Ärmel schütteln können.
Wenn Du die Grundlagen drauf hast kannst Du dann irgendwann langsam anfangen selber wissenschaftlich zu denken, Anträge zu schreiben und Gelder an Land zu ziehen anstatt ewig nur auführendes Organ Deines Betreuers zu sein.
Ich würde mir auch mal die Lebensläufe der fähigeren Leute in Deinem Labor anschauen und mal schauen wie die das so gemacht haben, da gibt es ja viele Möglichkeiten.

Wie gesagt, kommt auch drauf an was Du bisher gemacht hast und was Du vorhast. Und um was zu lernen muß - wie schon mehrfach gesagt - Dein Betreuer ein Crack sein, ist er nur mittelmässig würde ich so schnell wie möglich Fersengeld geben. Und zwar lieber heute als morgen! :-))

dr.zoidberg
13.09.2003, 21:39
Spannendes Thema, das ihr hier gerade habt.
Jo.'s ausführlichen Antworten ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Du hast wirklich die Essentials der Planung für eine Karriere in der Forschung auf den Punkt gebracht. Von mir also nur ein paar kurze Anmerkungen:

Ein abgeschlossenes Medizinstudium qualifiziert (formal) für fast jeden Job, der Biologen zugänglich ist. Umgekehrt gilt das natürlich nicht. Zusammen mit einem Dr. med. ist das Staatsexamen sozusagen der Joker -> beste Wahl also, falls du noch nicht ganz genau weißt, ob's in die Forschung oder Klinik gehen soll. Ich würde unter allen Umständen versuchen, Medizin fertig zu machen.

Ein Bio-Studium ist zusätzlich zur Medizin gut zu schaffen, auch ohne 15 Stundentag und Urlaubsverzicht. Du mußt dir deine Arbeit vernünftig einteilen und wo es geht 'Minimalprogramm' fahren (keine Vorlesungen, Kurzlehrbücher, etc.). Nur: Am Ende wird dir ein Bio-Diplom neben einem Staatsexamen nicht viel bringen. Es ist keine wirlich sinnvolle Zusatzqualifikation, da die Forschungserfahrung, die du in den 9 Monaten im Labor sammeln kannst, begrenzt ist. D.h. du mußt bereit sein, ggf. noch eine naturwissenschaftliche Doktorarbeit draufzulegen. 3 Jahre. Aber bezahlt. Damit hast du dann aber sozusagen den Olymp der Qualifikation für medizinische Forschung erklommen (vergleichbar dem amerikanischen MD-PhD). Den Dr. rer. nat. kann man praktischerweise auch nach dem PJ machen.

dr. zoidberg

p.s.: Man kann auch darüber nachdenken, die verschiedenen Arbeiten - Bio-Diplom, Dr.med., Dr.rer.nat. - ganz zwanglos im selben Labor hintereinander weg zu schreiben. Das dauert dann zwar mindestens 4-5 Jahre, ist aber, einen guten Betreuer vorausgesetzt, die perfekte Eintrittskarte in die wissenschaftliche Laufbahn.

skandi
14.09.2003, 13:33
Man kann ja mittlerweile auch seinen PhD in Deutschland machen?
Was haltet Ihr davon? Oder dafür ins Ausland gehen?
@jo: Deine Ausführungen deuten ja eigentlich daraufhin, dass man auf jeden Fall nen Facharzt bräuchte, um sich irgendwie ein bißchen zu etablieren. Oder dann vielleicht nen "Fach"arzt in nem wissenschaftlichen Fach wie MiBi oder Physiologie z.B.? :-?
Ich hab mein AiP geteilt zwischen Forschung und Klinik und muss nach 9 Monaten Labor in die Klinik wechseln. Dann kommt aber wahrscheinlich schon das angesprochene Forschen UND Arbeiten auf mich zu :-((
Danach will ich mich entscheiden, welche Richtung es werden soll (oder ob beide miteinander vereinbar sind). Aber so wie Du schreibst, muss ich ja wohl doch noch in der Klinik bleiben, um meinen Facharzt runterzureißen.
Wann kann man denn eigentlich endlich mal das machen, was man wirklich will! :-(
Könnte mir aber auch vorstellen, nach ein paar Jahren Klinik abzudanken, in die Industrie oder so. Aber selbst da wird ja immer "klinische Erfahrung" gefordert.
Im Nachhinein denke ich immer, ich hätte auch besser noch Bio nebenher, oder gleich was anderes (MolMed oder so) studiert.
Aber hier wird ja eher die Ansicht vertreten, dass Mediziner doch die besseren Chancen haben?? :-notify