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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hoppla - da hab ich was falsch gemacht. -- Wie mit Behandlungsfehlern umgehen?



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baugruen
05.07.2015, 21:53
mal ehrlich - ist euch schon mal ein behandlungsfehler im studentenkurs unterlaufen? also soetwas, wo ihr wusstet, dass ihr definitiv etwas falsch gemacht habt, evtl. sogar dem patienten geschadet.
wie seid ihr damit umgegangen? wenn wir ehrlich sind, kann man auch ganz schön viel verpfuschen?
tut ihr es oder seid ihr zu euch/dem assistenten/patienten immer 100% ehrlich?

jan_mediklin
05.07.2015, 21:54
Ich höre da ein bisschen ein schlechtes Gewissen mitschwingen... ?

baugruen
05.07.2015, 22:00
Ich höre da ein bisschen ein schlechtes Gewissen mitschwingen... ?

nö, schlechtes gewissen nicht (mehr). das hab ich abgelegt ;-) . aber ich kann ja mal den anfang machen bei der "heute mach ich reinen tisch"-gala.
also natürlich hab ich auch schon mal fehler gemacht. mein "gröbster" war ziemlich am anfang im ersten echten behandlungskurs. da hab ich beim bohren eine pulpa eröffnet, was nicht unbedingt hätte sein müssen. ich fand es selbst eher so medium-schlimm. hab mich geärgert, aber war nicht am boden deswegen. ich war halt offen und ehrlich und hab den assi dazu geholt. der hat dann noch die oberärztin dazu geholt und beide haben ein fass aufgemacht, als hätte ich der patientin mit voller absicht ins auge gebohrt.
heute tendiere ich deshalb eher dazu, fehler möglichst selbst zu beseitigen, bzw. auf keinen fall zu einsichtig gegenüber vorgesetzten zu sein.
auch wenns traurig ist. wenn ich was hasse, sind es nämlich leute, die sich für unfehlbar halten...

jan_mediklin
05.07.2015, 22:02
auch wenns traurig ist. wenn ich was hasse, sind es nämlich leute, die sich für unfehlbar halten...

Wenn ich an die meisten Profs denke... die halten sich schon für unfehlbar...

Du weißt aber schon, dass deine Einstellung, die du beschreibst, ein großes Problem in der Medizin heutzutage ist?! Nämlich Behandlungsfehler, Pfusch und wie man damit umgeht... Find ich nicht gut.

anna1708
05.07.2015, 22:26
hab mal nach einer abformung einen faden im sulkus des patienten vergessen... :-nix

Malzkaffee
05.07.2015, 22:58
mal ehrlich - ist euch schon mal ein behandlungsfehler im studentenkurs unterlaufen? also soetwas, wo ihr wusstet, dass ihr definitiv etwas falsch gemacht habt, evtl. sogar dem patienten geschadet.
wie seid ihr damit umgegangen? wenn wir ehrlich sind, kann man auch ganz schön viel verpfuschen?
tut ihr es oder seid ihr zu euch/dem assistenten/patienten immer 100% ehrlich?

Ich habe auf Anweisung schon Behandlungen durchgeführt, die sicher als so etwas durchgehen. Wie ich damit umgehe? Gar nicht. Bringt mich um den Schlaf.

baugruen
11.07.2015, 14:37
hab mal nach einer abformung einen faden im sulkus des patienten vergessen...

und jetzt liegt der da immer noch?

anna1708
11.07.2015, 14:38
und jetzt liegt der da immer noch?

hab's ja zum glück beim nächsten termin gemerkt. hatte leider eine ansehnliche gingivitis provoziert...

baugruen
11.07.2015, 14:40
und? die frage, um die es sich dreht: wie hast du reagiert? was hast du dem patienten gesagt? hast du es deinem assistenten gesagt? wie bist du also insgesamt mit dem fehler umgegangen?

anna1708
11.07.2015, 14:45
du hast diesen thread eröffnet - du kannst dir die frage wahrscheinlich selbst beantworten.
ich hab den faden entfernt und schnell im müll verschwinden lassen. der patient hat nix mitbekommen, nur, dass das zahnfleisch an der stelle bisschen weh tut. habe ihm gesagt, dass das normal wäre nach einer abformung, die ich ja tatsächlich gemacht hatte. hab dann ordentlich mit chx den sulcus gespült und beim nächsten termin war alles wieder gut.
ob ich es dem assi gesagt habe? DEM assi, der mich zu der zeit betreut hat, hab ich es nicht gesagt. der hätte mich nämlich ersteinmal zur sau gemacht und wäre vielleicht sogar zum oberarzt damit gerannt. und wie hier schon gesagt worden ist, das war auch einer von der marke "ich mache nie fehler". whatever. bei einem anderen assi hätte ich es vielleicht gestanden.
andererseits, wozu? es ist ja nicht so, dass jemand sagen würde "toll, wie ehrlich sie sind. toll, wie sie mit ihren fehlern umgehen. toll, so können wir vielleicht alle daraus lernen, indem wir eine methode entwickeln, um solche fehler zukünftig zu vermeiden." ich hätte nur nachteile gehabt. also hab ich es bleiben lassen.

zahnfee_to_be
11.07.2015, 14:46
der patient hat nix mitbekommen, nur, dass das zahnfleisch an der stelle bisschen weh tut. habe ihm gesagt, dass das normal wäre nach einer abformung, die ich ja tatsächlich gemacht hatte. hab dann ordentlich mit chx den sulcus gespült und beim nächsten termin war alles wieder gut.

Das finde ich schon krass dem Patienten gegenüber.

anna1708
11.07.2015, 14:47
Das finde ich schon krass dem Patienten gegenüber.

lass mal die kirche im dorf. er hat es ja überlebt.

Malzkaffee
11.07.2015, 15:10
Das finde ich schon krass dem Patienten gegenüber.

Ich hätte genauso gehandelt. Auch wenn es mir später in der Praxis passiert wäre. Wem hilfts da die Wahrheit zu sagen? Der Patient ärgert sich, man bekommt Ärger und die ganze Situation wird noch schlimmer. Bleibt man still kann man hoffen, dass alles in Ordnung kommt.

THawk
11.07.2015, 15:45
Ich will hier niemanden angreifen oder verurteilen, aber mich verwundert der Umgang mit den Patienten, der in euren Kursen gepflegt wird schon. Wie man an Malzkaffee's Kommentar sieht entwickelt sich da auch für spätere eine bestimmte (fehlende) Fehlerkommunikation heraus.
Anna ist doch ein glasklarer, medizinischer Fehler unterlaufen. So wie er täglich passiert, wie er allen von uns schon selber passiert ist. Die Frage ist dann wie man damit umgeht. Du hast den Patienten belogen (soweit ich das verstehe ist eine "ordentliche Gingivitis" keine natürlich Folge eines solchen Abdrucks), medizinische Maßnahmen getroffen die nur durch deinen Fehler notwendig wurden und gehofft, dass alles gut wird. Die Natürlichkeit mit der der Fehler heruntergespielt wird ("ist ja nicht gestorben") erschreckt.

Ich kann den Druck, unter dem ihr zu stehen scheint schon verstehen. Und der ist sicher das Hauptproblem. Aber nichtsdestotrotz ist euer Umgang mit dem Fehler unprofessionell - auch schon ohne das mittlerweile geltende Patientenrechtegesetz.

Weiß nicht, ich bin einfach mit einer anderen Fehlerkultur ausgebildet worden. Bei uns (pädiatrische Intensiv, also hoch emotionales Umfeld und sehr fehlerträchtig) ist es üblich, Fehler, Probleme und Nicht-Wissen/Nicht-Können mit den Eltern klar zu kommunizieren. Und eine klar kommuniziertes Problem ist i.d.R. für die Angehörigen weniger schlimm als ein Vertuschen oder Rumeiern. Ich persönlich habe keine Lust darauf mit schlechtem Gewissen von der Arbeit zu gehen und mir Gedanken zu machen bis ich weiß ob mein Fehler aufgefallen ist oder es Probleme deswegen gibt.
Das klappt natürlich auch nicht immer, aber so ist es gewünscht und wird von den Oberärzten auch so gelebt.

THawk
11.07.2015, 15:45
doppelpost. kann gelöscht werden

Malzkaffee
11.07.2015, 17:05
Ich will hier niemanden angreifen oder verurteilen, aber mich verwundert der Umgang mit den Patienten, der in euren Kursen gepflegt wird schon. Wie man an Malzkaffee's Kommentar sieht entwickelt sich da auch für spätere eine bestimmte (fehlende) Fehlerkommunikation heraus.

Sei dir mal selbst ehrlich: Du machst nen Fehler, der, wenn rechtzeitig behoben, keine Folgen hat. Gehst du dann damit hausieren, wenn du dir sicher sein kannst, dass du dann ordentlich eins auf's Dach bekommst?
Eine Gingivitis ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Beinbruch. Hätte auch durch ein zu langes Provisorium entstehen können, aber da bezieht man dann keine Prügel dafür normalerweise.

Aber mit Fehlerkultur braucht man in der Zahnmedizin eh nich kommen. Ich meine, wer von den Ärzten mit ner eigenen Praxis würde sich schon selber ans messer liefern, wenn man's doch nicht muss? Moralisch ist es zweifelhaft, aber welchen Anreiz gibt es denn? Auch ein Grund, warum ich in die Industrie geh.

Viele Fehler sind halt auch absolut nicht zu beweisen. Im Kurs wird das halt so gehandhabt, dass man immer schuld ist, wenn was falsch läuft. Ob man nun ne P bohrt oder eine Feile bricht. In der Praxis war's halt dann immer unvermeidbar.

baugruen
11.07.2015, 19:40
Weiß nicht, ich bin einfach mit einer anderen Fehlerkultur ausgebildet worden. Bei uns (pädiatrische Intensiv, also hoch emotionales Umfeld und sehr fehlerträchtig) ist es üblich, Fehler, Probleme und Nicht-Wissen/Nicht-Können mit den Eltern klar zu kommunizieren. Und eine klar kommuniziertes Problem ist i.d.R. für die Angehörigen weniger schlimm als ein Vertuschen oder Rumeiern. Ich persönlich habe keine Lust darauf mit schlechtem Gewissen von der Arbeit zu gehen und mir Gedanken zu machen bis ich weiß ob mein Fehler aufgefallen ist oder es Probleme deswegen gibt.
Das klappt natürlich auch nicht immer, aber so ist es gewünscht und wird von den Oberärzten auch so gelebt.

sehr richtig, was du sagst. bin froh, dass bei euch anscheinend eine andere fehlerkultur herrscht.

das herauszufinden, war ja überhaupt der grund meines threads.

wie du aus den kommentaren der zahnmediziner hier im forum herauslesen kannst, herrscht bei uns offenbar ganz verbreitet eine ganz andere fehlerkultur vor. als student bist du sowieso für alles verantwortlich (oft auch für die fehler anderer). in der konsequenz heißt das, dass dir in den klinischen kursen fehler den kopf kosten können, das heißt, du fällst durch den kurs. da gibt es keine diskussion und keine gnade. das machst du als student vielleicht einmal mit. aber wenn die situation wieder kommt, wirst du dir stark überlegen, ob du ehrlich bist oder einfach versuchst, deine eigene haut zu retten.

das ist schlimm und traurig. aber die realität.

xcv94
21.07.2015, 19:17
Fehler passieren. Das Wichtigste ist, damit ehrlich umzugehen. Und vor den Ärzten wird man immer schlecht dastehen. Aber das muss man fressen und weitermachen. Es wurde deswegen noch keinem der Kopf abgerissen. Ich weiß von Kommilitonen, dass selbst schwere Fehler nicht den Schein gefährden, wenn man dazu steht und am besten nicht viel rummault ;) Klingt doof, ist es auch, aber damit überlebt man eben!

Malzkaffee
29.09.2015, 14:35
Fehler passieren. Das Wichtigste ist, damit ehrlich umzugehen. Und vor den Ärzten wird man immer schlecht dastehen. Aber das muss man fressen und weitermachen. Es wurde deswegen noch keinem der Kopf abgerissen. Ich weiß von Kommilitonen, dass selbst schwere Fehler nicht den Schein gefährden, wenn man dazu steht und am besten nicht viel rummault ;) Klingt doof, ist es auch, aber damit überlebt man eben!

Also bei uns schon, da kenne ich einige Beispiele. Einmal was dummes gemacht und man kann froh sein, wenn man es im nächsten Semester nochmal versuchen kann, ohne dass man gemobbt wird.

Zahnschnitzer
14.10.2015, 21:30
Erstmal vorab, der Thread ist spitze. Zur konkreten Frage persönlich, gröbster Schnitzer Goldinlay zu hoch einzementiert,gemeldet, gut gelaufen weil assi menschlich okay war. Medizinisch Haben wir das auch gelöst.
Zu deiner Frage wie das sonst gehandhabt wird, nicht die Studenten sind immer schuld, auch haben die es in meinen Augen häufig zu bunt getrieben, was das bescheissen betraf. Letztlich hatte die Uni eigentlich am meisten Angst vor Juristen was die fehlerkultur und das lernen daraus nur negativ beeinflusste.

thema gingivitis durch Faden ist auch so ne Sache. Harmlos ohne Ende, würde ich als Dusseligkeit bezeichnen und aus. Aber wenn man schon aus ner Mücke nen Elefanten macht wundert es mich nicht, das ernste Dinge nicht mehr vermittelt werden: nervverletzungen, osteotomien usw.