PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Darum liebe ich mein Fach



Seiten : [1] 2

Pandora
11.08.2015, 09:28
Wenn man im Forum hier so querliest, dann merkt man viel Frustration über die Bürokratie, die Arbeitsbelastung und alle anderen Fiesheiten des Alltags.
Deshalb mal als Antithreadversuch für den "gestresste-Assistenten"-Faden und vielleicht als Motivation für alle, die noch studieren und gerne wissen wollen, wofür sie sich durchs Studium quälen: Warum ist mein Fach überhaupt "mein Fach"?


Ich hab ja zwei Fächer und fange mal mit meinem ersten an, in dem ich auch FÄ bin und das mir trotz aller Freude an der derzeitigen Weiterbildung noch sehr am Herzen liegt, nämlich der Neurologie.
Ich liebe die Logik und die "Kriminalarbeit" an dem Fach. Jeder seltsame Ausfall hat irgendwo einen noch so kleinen Defekt als Grund, dem man mit gründlichem anatomischen Wissen ohne teure Diagnostik auf die Schliche kommen kann. Aufgrund klinischer Befunde kann man peripheres von zentralem unterscheiden lernen, kann mit etwas Erfahrung die Läsionsgebiete immer genauer eingrenzen. Mir macht das Spaß, es motiviert mich gründlich zu untersuchen. Auch liebe ich die Elektrophysiologie. Das ist dann manchmal echte Detektivarbeit, wenn man den klinischen Befund und die Befunde der NLG, des EMG usw. auswertet und nach und nach die (dann hoffentlich richtige) Diagnose stellt.
Und ja, in der Neurologie sind die Behandlungsoptionen teilweise noch eingeschränkt, aber es tut sich viel auf dem Gebiet und man ist quasi live dabei, wenn neue Therapiestrategien entwickelt werden.


Das erstmal als Anfang, mir fallen noch viel mehr Gründe ein, aber ich will jetzt nciht zu episch (und pathetisch) werden. :-)

pottmed
11.08.2015, 09:56
Eine sehr gute Idee, ich weiß von vielen Studis, die doch sehr frustriert sind im Angesicht der häufig schlechten Arbeitsbedingungen, frustrierenden PJ-Tertiale etc. Teilweise überlegen diese der Medizin ganz den Rücken zuzukehren. Vielleicht kann ein solcher Thread ja ein wenig Abhilfe schaffen. Mehr davon :-top

][truba][
11.08.2015, 10:19
Danke!

annekii
11.08.2015, 10:19
Ohja, sehr gerne! Ich liebe die Pädiatrie! Es ist so abwechslungsreich, von frischen Neugeborenen bis fast 18 Jährige bringen so viele Unterschiede, dass es schon gar nie langweilig werden kann. Jedes Alter hat seine Besonderheiten. Mir macht auch die Arbeit mit den Eltern viel Freude, meistens jedenfalls :D

Ich mochte sowohl die Arbeit in der Klinik mit Allgemeinpädiatrie als auch auf der Neo als auch in der Kinder- und Jugendpsychosomatik.

Aber am allermeisten scheint zu mir die Praxis zu passen. Der ständige Wechsel zwischen kranken Kindern und gesunden zur Vorsorge ist einfach toll. Die Entwicklungsuntersuchungen sind spannend, viele viele normale, mal total weit entwickelte, dann die langsamen, bei denen man genau schauen muss, dass man den Punkt des pathologischen erkennt und nicht zu früh übermäßig Therapien macht. Viel Aufklärung, viel Vorsorge und viele kleine Fragen werden geklärt. Eben ein Hausarzt für Kinder, man ist ein bisschen Dermatologe, ein bisschen Orthopäde, ein bisschen Chirurg, ein bisschen Psychosomatiker, Erziehungsberatung, usw.

Man kennt nicht nur den Patienten, sondern in der Regel bald auch beide Eltern, alle Geschwister und oft auch Omas, man hat Cousins und Cousinen und später auch mal die Kinder der eigenen ersten Patienten. Man erarbeitet sich Vertrauen und genießt dieses dann auch.
Man sieht unheimlich viele Patienten und muss bei ganz viel Husten, Schnupfen, Durchfall auf die besonderen rausfiltern und bei jedem einzelnen aufmerksam sein.

Die Diagnostik muss immer wohlüberlegt sein. BE nur wenn wirklich nötig, Röntgen auch sehr selten, usw. Über Anamnese und Klinik geht vieles auch ohne ganz viel Diagnostik.

Es gibt einfach oft was zu lachen in der Arbeit mit Kindern.

par
11.08.2015, 11:06
Danke Pandora für den Thread! Du hast die Neurologie :-love bereits sehr schön vorgestellt und ich versuche mal zwei weitere Aspekte, die mir noch eingefallen sind, anzusprechen:

Die Neurologie ist unglaublich interdisziplinär! Man arbeitet nicht nur eng mit klassischen Partnerabteilungen aus der Medizin zusammen (Neurochirurgie, Pathologie, Psychiatrie (!) auch mit Neuropsychologie, Neuroradiologie/funktionelle Bildgebung, etc) sondern es ergeben sich Verbindungen zur Molekularbiologie, Elektrophysiologie im weitesten Sinne (DBS) mit Physik, Informatik, bis hin zu Ingenieurwissenschaften (zB Neuroreha), so dass man in unterschiedlichen Qualitäten und Mustern mitdenken kann.

Mir gefällt ausserdem, dass sich die Neurologie zwar auf ein Organ beschränkt (soweit man das in der Medizin überhaupt so ausdrücken kann), dieses jedoch von wunderschöner Komplexität ist; so hat man das Bedürfnis nach Vielschichtigkeit und Singularität auf einmal erfüllt.
So, ich schweife langsam ins Schwärmen ab...

Weißes_Rössel
11.08.2015, 21:38
Ich liebe die Kardiologie, weil....

... das Fach unheimlich breit aufgestellt ist. Man kann sehr konservativ arbeiten, aber auch interventionell oder in der Intensivmedizin/Notfallmedizin.
... immer etwas los ist! Ich mag das eher ältere Patientenklientel, die haben immer was zu erzählen und sind oft lustig drauf. Oder drehen halt manchmal dann total durch. Der Otto-Normalverbraucher ahnt ja meistens gar nicht, was wir nachts im Krankenhaus so erleben.
... man viel Kontakt mit seinen Kollegen hat und eher im Team arbeitet als z.B. in der Anästhesie im OP.
... man bei internistischen Fragestellungen oft mal überlegen muss, was jetzt das Hauptproblem ist und wie man es lösen kann. Ein Patient kommt in die Ambulanz, es geht im schlecht und ich muss herausfinden, wie ich es schaffen kann, dass es ihm besser geht.
... mir bildgebende Verfahren, insbesondere Echo viel Spaß machen. Es ist "handwerklich" manchmal echt anspruchsvoll ein gutes Bild hinzukriegen und dieses dann auch noch zu befunden.
... mir ingesamt Intensiv/Notfallmedizin gut gefällt. Mir macht es immer noch Spaß einen ZVK zu legen und ich geh eigentlich auch ganz gerne zum Rea-Funk, auch wenns manchmal doof ist.

Ich beende jetzt auch mal die Schwärmerei, sonst wirds langweilig.. ;)

CYP21B
11.08.2015, 21:59
Ich liebe die Unfallchirurgie weil

ich Osteosynthesen einfach geil finde
Schockraumversorgung spannend und herausfordernd ist
es toll ist Patienten mit einer OP wirklich helfen zu können und man nicht nur Symptomunterdrückung betreiben muss
das Patientenspektrum fast alles hergibt, jung & alt, männlich & weiblich, quer durch die Bevölkerung
es nicht nur Handwerk ist wenn man gut sein will
es mir zwischen OP, Schockraum, Notaufnahme, Station und Sprechstunde nicht langweilig wird und man viel aktiv tun kann
es einfach extrem vielseitig und umfangreich ist und man quasi nie ausgelernt haben kann
und weil Unfallchirurgen einfach cool drauf sind :)

davo
12.08.2015, 08:38
Toller Thread!!! Ich freu mich schon auf Augen, Psych und Uro, oder auch auf Gastro (von denen hört man immer so wenig, obwohl es doch so viele davon geben muss :-))), oder auch auf seltenere Sachen wie Labor, Patho oder Strahlentherapie... *gefaelltmir*

erdbeertoertchen
12.08.2015, 09:01
Toller Thread!!! Ich freu mich schon auf Augen, Psych und Uro, oder auch auf Gastro (von denen hört man immer so wenig, obwohl es doch so viele davon geben muss :-))), oder auch auf seltenere Sachen wie Labor, Patho oder Strahlentherapie... *gefaelltmir*

kennst du die Interviews der AA? http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?t=64019

Sehr schöner Thread und ein richtiger Kontrast zum Auskotzthread

kut66
12.08.2015, 11:48
Anästhesie - Ich liebe es und könnte mir kein anderes Fach für mich vorstellen.

...die Vielseitigkeit der Patienten..Kinder, Greise, Gesunde, Kranke, Schwangere, Neugeborene, Sterbende
... die Vielseitigkeit des FAchs an sich: Narkosen im OP, NEF, ITS und IMC, hausinterner REA-Dienst, Palli, Schmerztherapie, bei uns auch Rettungsstelle.
Da findet jeder früher oder später sein Steckenpferd - oder eine Kombination aus mehrerem.

... die Tatsache, dass ich sehr patientenorientiert arbeiten kann: Ich kann mich im OP voll auf EINEN Patienten konzentrieren, mich komplett auf ihn und seine spezifischen Bedürfnisse einstellen und die Narkose für ihn optimal gestalten.
Es ist sehr befriedigend wenn man einen ordentlich kranken Patienten gut durch eine große OP gebracht hat, er schnell und schmerzfrei aufwacht.
KEINE Arztbriefe, KEIN stundenlanges Dokumentieren und Befundsortieren, KEINE zeitraubenden Gespräche.
Das ist doch ein Traum !
Mich hatte im PJ auch Innere thematisch sehr interessiert. Abgeschreckt von dem FAch hat mich aber ganz klar die überbordende Stationsarbeit ohne Patienten und die teilweise frustrane Therapie.

.. der hohe praktische Anteil...Manuelles und Technisches macht mir einfach Spaß.

Pandora
12.08.2015, 13:43
kennst du die Interviews der AA? http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?t=64019

Sehr schöner Thread und ein richtiger Kontrast zum Auskotzthread


Ich bin zwar nicht davo, aber ich kannte die auch noch nicht :) .
Ich finde alle eure Berichte hier bislang echt genial! Annekii, auch wenn ich weiß, dass Pädiatrie nix für mich ist, Du hast das soooo toll beschrieben, dass ich beim Lesen den kurzen irrationalen Wunsch hatte doch noch KiÄ zu werden ;-).

So jetzt mal zu meiner aktuellen Wahl: Psychiatrie. Ich hätt's am Anfang nicht gedacht, aber ich liebe das Fach weil
...es unglaublich abwechslungsreich ist.
...man Dinge erlebt, die man nie glauben würde, wenn sie einem jemand erzählen würde.
...man statt einer To-Do-Liste einen Terminkalender hat und seine Zeit (halbwegs) selbst einteilen kann.
...es ein Arbeiten im multiprofessionellem Team ist und man als Arzt nicht allein "wurschteln" muss.
...man sehr vielen tatsächlich helfen und als völlig unlösbar scheinende Probleme doch lösen kann.
...man Spaß auf Station hat und nicht immer alles ernst ist. Auch im Kontakt mit Patienten ist es oft sehr entspannt.
...man Zeit für Patienten hat. Und für Untersuchungen. Und für Angehörige.
...man häufig als Arzt der "Hausarzt der Patienten ist, und viele verschiedene Kleinigkeiten mitbehandeln kann/muss (da schlägt das Somatikerherz noch in mir) :-)
...man, so pathetisch das jetzt klingen mag, echt was über sich selbst lernt und manches mit anderen Augen betrachtet.

davo
12.08.2015, 13:59
Danke für die Erinnerung an den anderen Thread erdbeertoertchen :-))

Zu diesem Thread: kut66s Beitrag zur Anästhesiologie fand ich echt erstaunlich verlockend, für ein Fach an das ich bisher noch nie gedacht hatte :-)) Und Pandoras Beitrag zur Psychiatrie hat all meine positiven Ansichten zu diesem Fach nur noch weiter verstärkt :-)) Gefällt mir sehr gut! Bitte weiter fleißig posten, da fällt einem der Physikums-Endspurt gleich viel leichter :-))

Nessiemoo
14.08.2015, 23:09
Oh ja, ein tolles Thread! Bitte weiter posten! Nicht nur für Physikums- sondern auch für StEx-Volk!

Anne1970
15.08.2015, 03:42
Wenn man im Forum hier so querliest, dann merkt man viel Frustration über die Bürokratie, die Arbeitsbelastung und alle anderen Fiesheiten des Alltags.
Deshalb mal als Antithreadversuch für den "gestresste-Assistenten"-Faden und vielleicht als Motivation für alle, die noch studieren und gerne wissen wollen, wofür sie sich durchs Studium quälen: Warum ist mein Fach überhaupt "mein Fach"?


Ich hab ja zwei Fächer und fange mal mit meinem ersten an, in dem ich auch FÄ bin und das mir trotz aller Freude an der derzeitigen Weiterbildung noch sehr am Herzen liegt, nämlich der Neurologie.
Ich liebe die Logik und die "Kriminalarbeit" an dem Fach. Jeder seltsame Ausfall hat irgendwo einen noch so kleinen Defekt als Grund, dem man mit gründlichem anatomischen Wissen ohne teure Diagnostik auf die Schliche kommen kann. Aufgrund klinischer Befunde kann man peripheres von zentralem unterscheiden lernen, kann mit etwas Erfahrung die Läsionsgebiete immer genauer eingrenzen. Mir macht das Spaß, es motiviert mich gründlich zu untersuchen. Auch liebe ich die Elektrophysiologie. Das ist dann manchmal echte Detektivarbeit, wenn man den klinischen Befund und die Befunde der NLG, des EMG usw. auswertet und nach und nach die (dann hoffentlich richtige) Diagnose stellt.
Und ja, in der Neurologie sind die Behandlungsoptionen teilweise noch eingeschränkt, aber es tut sich viel auf dem Gebiet und man ist quasi live dabei, wenn neue Therapiestrategien entwickelt werden.


Das erstmal als Anfang, mir fallen noch viel mehr Gründe ein, aber ich will jetzt nciht zu episch (und pathetisch) werden. :-)
Kann ich voll unterschreiben !

][truba][
15.08.2015, 08:30
Daisy!!! :-D

noname2
12.05.2017, 17:07
Strahlentherapie:
-bereits als Assistenzarzt pünktlich Feierabend und keine Präsenzdienste
-richtig interdisziplinär mit Tumorpatienten aller Fachrichtungen (aber auch gutartige Erkrankungen vorrangig aus dem orthopädischen und rheumatologischen Bereich)
-onkologische Patienten sind oft dankbare Patienten
- gute Mischung aus Stationsarbeit, Ambulanz, praktischer/handwerklicher Arbeit (Brachytherapie) und "radiologischer" PC-Arbeit (Bestrahlungsplanung)
- ausreichend Zeit für die Patienten (sicherlich klinikabhängig)
- relativ gute Planbarkeit
- man hat mit praktisch allen Körperorganen zu tun und ist nicht nur auf ein Gebiet beschränkt
- es gibt reale Teilzeitstellen (nicht nur solche auf dem Papier, wo man letztlich für weniger Geld fast voll arbeitet)

oktagon
12.05.2017, 19:12
Klingt gut!
Was mich interessiert - gibt es eigentlich Studien über erhöhte Strahlenbelastung in der Nuklearmedizin und ggf. resultierende Risiken?


Strahlentherapie:
-bereits als Assistenzarzt pünktlich Feierabend und keine Präsenzdienste
-richtig interdisziplinär mit Tumorpatienten aller Fachrichtungen (aber auch gutartige Erkrankungen vorrangig aus dem orthopädischen und rheumatologischen Bereich)
-onkologische Patienten sind oft dankbare Patienten
- gute Mischung aus Stationsarbeit, Ambulanz, praktischer/handwerklicher Arbeit (Brachytherapie) und "radiologischer" PC-Arbeit (Bestrahlungsplanung)
- ausreichend Zeit für die Patienten (sicherlich klinikabhängig)
- relativ gute Planbarkeit
- man hat mit praktisch allen Körperorganen zu tun und ist nicht nur auf ein Gebiet beschränkt
- es gibt reale Teilzeitstellen (nicht nur solche auf dem Papier, wo man letztlich für weniger Geld fast voll arbeitet)

alex1
20.05.2017, 00:11
Ich glaube du verwechselst hier Strahlentherapie mit Nuklearmedizin.

Was die Nuklearmedizin angeht, ist die Strahlenbelastung fürs ärztliche Personal vergleichsweise gering. Interventionelle Kardiologen, Gastroenterologen in der Endoskopie und interventionelle Radiologen erreichen in der Regel deutlich höhere Werte, was die Strahlenbelastung angeht als Nuklearmediziner. Strahlentherapeuten haben praktisch null Belastung.

noname2
28.05.2017, 11:51
Ich glaube du verwechselst hier Strahlentherapie mit Nuklearmedizin.

Was die Nuklearmedizin angeht, ist die Strahlenbelastung fürs ärztliche Personal vergleichsweise gering. Interventionelle Kardiologen, Gastroenterologen in der Endoskopie und interventionelle Radiologen erreichen in der Regel deutlich höhere Werte, was die Strahlenbelastung angeht als Nuklearmediziner. Strahlentherapeuten haben praktisch null Belastung.

Ganz genau!

dce30
05.06.2017, 09:18
Hallo ihr Lieben,
ich entschuldige mich schonmal im voraus, falls das hier nicht reingehört, ich dachte nur, dass hier vielleicht mehr leute mein frage lesen: gibt es jemanden aus der nuklearmedizin, der/die gerne etwas zu seinem arbeitsalltag erzählen würde? würde mich sehr freuen :) vielen dank!