PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Extraktion 13 fehlgeschlagen-Ankylose?



urc53
11.08.2015, 18:23
Hallo liebe Zahnis,
ich bin neu hier im Forum und stelle mich kurz vor. Letztes Jahr habe ich mein Staatsexamen gemacht und seit diesem Mai bin ich in einer Praxis bei Hamburg angestellt.
Jetzt ist der Chef drei Wochen lang im Urlaub und ich bin auf mich allein gestellt. Das Labor und die Praxis nebenan sind auch im Urlaub. Ich weiß, dass das eigentlich nicht ok ist, allein zu arbeiten, aber die Erfahrung haben sicher schon einige von euch gemacht.
Heute hatte ich einen schwierigen Fall und möchte euch gern um Rat fragen. Ein Patient kam mit Schmerzen an 13, VitPr Kälte/Perkussion sehr empfindlich, Röntgen zeigt eine WSR und eine 2 cm große Aufhellung im Knochen. WF und WSR sind schon ein paar Jahre her, der Zahn ist also austherapiert.
Hab dann den Patienten aufgeklärt, dass der Zahn raus muss, er im worst case aber mit dem Knochen verwachsen sein könnte. Und Voila, der Zahn war tatsächlich ankylosiert, hab mit der Lindemann zirkulär Knochen entfernt (Krone war abgebrochen, Wurzel nur am zersplittern), jeden Hebel angesetzt den ich hatte, das Ding bewegte sich keinen mm und ich musste letztendlich zum MKG Chirurgen im Nachbarort überweisen, der gottseidank einen Termin freihatte.
Jetzt frag ich euch :
1) Wie groß ist erfahrungsgemäß das Risiko einer Ankylose nach WSR? Hab in meinen Büchern keinen Prozentwert gefunden und im Netz nur Zusammenhang Resorption und Ankylose.
2) Muss man die Wurzel dann tatsächlich komplett rausbohren? Oder gibt es noch irgendeine andere Möglichkeit?
Bin gespannt, ob ihr mir helfen könnt.
Viele Grüße aus der Praxis Dr. Chaos!

Rynca
11.08.2015, 21:59
zu 1) Gab es denn einen metallischen Klopfschall der auf eine Ankylose hindeutet oder hat der Zahn sich nur einfach nicht bewegt?
Kann auch an einer ungünstigen Anatomie liegen, die sich zweidimensional im OPG/Zahnfilm nicht darstellt.

zu 2) Wenn die Wurzel beherdet ist sollte sie vollständig entfernt werden.
Ansonsten gäbe es unter bestimmten Vorraussetzungen und bei gefährdeten Strukturen ggf. die Möglichkeit einer Coronectomy (partiellen Zahnentfernung).

Wieso nicht aufgeklappt und selbst die Wurzel rausgeholt?

chillz05
11.08.2015, 22:27
Die Ankylose von wurzelkanalbehandelten Zähnen ist ein sehr häufig anzutreffendes Phänomen. Sehr gerne auch bei unteren 6ern anzutreffen, erschwert es die Extraktion ungemein. Dazu kommt die spröde Wurzel, die ständig wegknackt. Selbst einem erfahrenen Extrakteur bleibt da oftmals nur das Aufklappen und langes Rumgepopel und Gefräse im Knochen. Dazu kommt bei deinem 3er natürlich noch die Anatomie der sehr unbeweglichen und festen Kompakta.
Studien wirst du darüber nicht finden. Bei so alltäglichen, und für den Praktiker wichtigen Themen wird natürlich in der (Schmalspur-)"Wissenschaft Zahnmedizin" nicht geforscht - aber Hauptsache die Industrie finanziert 1000 Studien über die Osseointegration von Implantaten etc.
Wenn der Zahn vital war, kannste theoretisch ganze Wurzeln drinnlassen. Sehe ich täglich auf den OPGs (auch von MKGler Patienten!!!) und hat noch nie einer Beschwerden gehabt. Oftmals kommen die Wurzelsplitter mit der Zeit auch von selbst nach oben. Anzustreben ist es natürlich nicht.
Aber auch wenn man sich da immer schlecht fühlt wie es dir heute widerfahren ist: Kopf hoch, ist jedem in den ersten Jahren schon genau so passiert. Extraktionen kann man nicht an der Uni lernen (bzw. wird einem auch nicht vernünftig beigebracht), dafür braucht es Jahre um da Routine zu kriegen. Und selbst dann kommt man noch oft echt ins Schwitzen. Das nächste Mal klappste einfach auf, und/oder benutzt ganz feine Luxatoren (3mm z.B. DIESER HIER z.B. (http://www.ebay.de/itm/Luxirinstrument-Luxierer-3-0-mm-/151626132427?pt=LH_DefaultDomain_77&hash=item234d9f2bcb)), welche du mit der scharfen Fläche in den (ehemaligen) PA-Spalt von oben mit aller Kraft reindrückst, und dann drehst. Bei ganzen tiefen Splittern empfehle ich feine Wurzelheber nach Heidbrink DIESEN HIER z.B. (http://www.ebay.de/itm/Wurzelsplitterheber-Heidbrink-2-5-mm-/110474283398?hash=item19b8c7c986) ( und eine Lupenbrille.

jan_mediklin
25.08.2015, 14:43
Extraktionen kann man nicht an der Uni lernen (bzw. wird einem auch nicht vernünftig beigebracht)

Das beruhigt mich etwas :-) . Was ich auch immer toll fand: Assistenten, die selbst gerade ein paar Monate die Approbation haben und meinen, "die extraktion ist doch ganz einfach, die machen wir hier im kurs". und dann sind sie auch über eine Stunde am rumfriemeln, weil es dann doch nicht so einfach geht. Aber vor dem Studenten können sie sich dann auch nicht die Blöße geben, aufzugeben oder jemand anderen ranzulassen. Arme Patienten...