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Spoon
26.08.2015, 07:08
Guten Tag,

ich bin komplett neu hier und habe eine Frage, die mich schon lange beschäftigt.
Bald werde ich fertig sein mit meinem Studium und eigentlich freue ich mich- wie sicher jeder- endlich auf den Berufsalltag als Arzt. Allerdings habe ich nur mittelmäßige bis schlechte Noten und dazu auch noch einen türkisch-iranischen Namen. Ich bin hier geboren und groß geworden, aber was wenn meine Bewerbung einfach zur Seite gelegt wird? Schließlich ist es ja in anderen Branchen durchaus so, dass man mit ausländischem Namen benachteiligt ist. Dazu kommt ja noch, dass ich eine Frau bin, die auch noch schlechte Noten vorweisen kann. Ich habe eine Doktorarbeit, die aber gerade auch sehr ins Wanken gekommen ist ( Dank Betreuer). Ich habe die Befürchtung, dass es für mich extrem schwer wird eine gute Stelle zu finden. Wie seht ihr das?
Mir ist auch bewusst, dass man mit schlechten Noten nicht so wählerisch sein kann, aber am liebsten würde ich in die Gastroenterologie oder Dermatologie.
Ich habe gerade richtig existenzielle Ängste. Ich habe mich so durch dieses Studium gekämpft ( musste es mir selbst finanzieren) und nun habe ich das Gefühl es ist eh alles verbaut.
Ich würde mich sehr über eure Meinungen freuen.

Liebe Grüße!

Everyman
26.08.2015, 08:05
Hallo, Spoon!

Bist du denn örtlich flexibel? Das macht natürlich einen großen Unterschied....Und ich frag mal ganz direkt: Trägst du ein Kopftuch?

Spoon
26.08.2015, 08:27
Nein, ich trage kein Kopftuch.
Örtlich bin ich an sich schon flexibel. Bin aus Bayern und würde zumindest gerne hier im Bundesland bleiben, also nicht ganz so weit von meiner Familie weg.

Kackbratze
26.08.2015, 09:06
Ruhe bewahren. Sicherheit ausstrahlen. Man findet eine Stelle. Die Noten sind nur selten wichtig. Approbation und manchmal noch der Doktortitel. Aber selbst der Titel nicht mehr...

P.S. was "das Kopftuch" mit der Stellensuche zu tun hat ist mir persönlich schleierhaft (lol), als ob nach Bekleidung eingestellt wird wenn zu wenig Ärzte da sind...

Everyman
26.08.2015, 09:09
Also ich würde das Ganze an deiner Stelle nicht so düster sehen.

Was Derma angeht, da müsstest du dich unabhängig von deiner Herkunft aufgrund der wenigen Ausbildungsstellen schon durch besondere Leistungen von den anderen Bewerbern abheben. Das dürfte also eng werden, zumal du dich auf ein Bundesland beschränken würdest. Aber ich kenne eine Ärztin, die nicht direkt nach der Uni in Derma einsteigen konnte und den Umweg über Chirurgie gegangen ist. Ist also nicht ausgeschlossen, und probieren sollte man es sowieso. Kostet ja nichts.
Innere dürfte hingegen kein Problem sein. Kannst da ja auch mit kleinen Brötchen anfangen, falls du für später andere Ambitionen hast. Dann musst du deine Stärken halt in der Weiterbildung sammeln, wenn du im Studium nicht so gut warst.

Wie war es denn bei Famulaturen, Praktika etc.? Warst du in verschiedenen Häusern? Da konntest du doch vielleicht einen Eindruck gewinnen, ob es wenige oder relativ viele Ausländer gibt. Vielleicht würdest du dich ja auch in der Nähe der größeren Städte wohler fühlen, wo Ausländer in der Klinik eher zum Alltag gehören und du sozusagen nicht die Ausnahme wärst. Also das später bei der Auswahl vielleicht mit berücksichtigen.

Als Frau mit ausländischen Wurzeln solltest du einfach selbstbewusst mit dem Thema umgehen und dir vor Augen führen, dass D kein klassisches Einwanderungsland ist(war) und Ausländer hier nunmal eher auffallen als in anderen Ländern. Und allgemein ist es ja so, dass es einfach nicht so viele ausländische Ärztinnen (bzw. mit ausländischer Herkunft) gibt, die jetzt schon überall im Krankenhaus präsent sind. Je weiter man nach oben geht, desto weniger werden sie. Ist sowohl kulturell als auch geschichtlich bedingt. Aber das ist nunmal so. Das entwickelt sich gerade und in 20, 30 Jahren wird das Bild ein anderes sein. Sei einfach selbstbewusst und bringe gute Leistungen! Mit dem Aufholen verhält es sich bei deutschen Frauen ja auch so. Je weiter es nach oben geht, desto weniger werden sie. Auch das ist u.a. geschichtlich & kulturell bedingt.

Wie weit bist du denn jetzt? Im PJ?

Everyman
26.08.2015, 09:15
P.S. was "das Kopftuch" mit der Stellensuche zu tun hat ist mir persönlich schleierhaft (lol), als ob nach Bekleidung eingestellt wird wenn zu wenig Ärzte da sind...

Das ist gar nicht so irrelevant wie man glauben mag. Wenn Sie nicht die einzige Bewerberin ist, bestimmt das nunmal das Gesamtbild mit. Auch wenn man ihr das nicht direkt sagen würde.

par
26.08.2015, 09:25
Mein Name klingt auch ausländisch und ich bin sogar im Ausland geboren und hatte aus diesem Grund NIE Probleme, auch nicht an Unikliniken (Neuro) mit Einladungen; wichtiger ist fliessendes Deutsch (ich habe explizit Muttersprachler-Niveau angegeben); stelle dein Interesse, dein Engagement und dein gesundes Selbstbewusstein in den Vordergrund (das beginnt mit einem intelligenten/kurzen/Neugierde erweckenden Anschreiben):-)

WackenDoc
26.08.2015, 09:25
Derma ist so ne Sache, wegen der Bewerberlage- aber im Zweifel schadet es nichts, zuerst in einem anderen Fach anzufangen und später zu wechseln.
Ausländischer Name ist kein Problem. Einige Kliniken sind froh, wenn sie Kollegen finden, die überhaupt fließend Deutsch sprechen und eine Abschluss von einer deutschen Uni ist schon fast nen Bonus.

Spoon
26.08.2015, 09:26
Meine Befürchtung ist auch eher, dass man mich einfach wegen meinem Namen nicht nimmt bzw. gar nicht zu einem Bewerbungsgespräch einlädt. Eventuell eben weil die Patienten da auch ihre Probleme haben, wenn sie von einer ausländischen Ärztin behandelt werden. Ich habe da bisher in meinen Famulaturen auch schlechte Erfahrungen gemacht. Als ich in London war ( habe dort 2 Monate Famulatur gemacht) war es ganz anders. Dort sind die Patienten auch viel aufgeschlossener, die Ärzte multikulturell. In Deutschland habe ich mich in Krankenhäusern immer "alleine" gefühlt, die meisten Ärzte hier sind keine Ausländer oder zumindest keine Muslime.
Ja, ich bin gerade im PJ, aber bin in einem Krankenhaus, wo man leider nicht viel sieht und sich dementsprechend auch nicht "beweisen" kann, wie ich finde.

WackenDoc
26.08.2015, 09:28
Ich weiss nicht, in welchen Häusern du bisher warst. Aber ich kenne Häuser, da taucht im Plan einer Schicht (alle diensttuenden Kollegen plus Hintergründe) unter 10 Namen ein deutsch klingender auf.

par
26.08.2015, 09:30
Ich weiss nicht, ob du mein post gesehen hast (so viele Antworten auf einmal :) ) aber auch mit Patienten hatte ich ehrlich nie Probleme; du stellst dich mit deinem Namen vor (und zwar elegant, selbstbewusst, höflich, freundlich) und bist eine gute Ärztin, dann vergisst man den Namen :-)

davo
26.08.2015, 09:46
In den Gießener Uniklinik gibt es auch in den meisten Abteilungen mehrere ausländische und mehrere muslimische Ärztinnen und Ärzte. Kann mir nicht vorstellen, dass das ein Problem sein soll.

Spoon
26.08.2015, 09:50
Der Name alleine würde mir auch keine Sorgen machen, eher die Kombination schlechte Noten-ausländischer Name. Warum sollte mich jemand einstellen?

Everyman
26.08.2015, 09:53
Warum nicht? :-)

Nessiemoo
26.08.2015, 09:54
Ach, ich weiß zwar nicht wo du studierst oder wo du deine Famulaturen gemacht hast... aber bei uns im Studium und in allen Krankenhäuser, wo ich jemals war - Ausländer, Migrationshintergrund, gute Deutschkenntnisse, schlechtere Deutschkenntnisse, gute Noten, schlechte Noten. Gibt alles und ich kenne keinen nach Medizinstudium, der ohne Job geblieben ist.

davo
26.08.2015, 09:56
Ich vermute, dass die allermeisten Ärzte nicht deshalb eingestellt werden, weil sie aus einer enormen Masse an Bewerbern durch ihren tollen Lebenslauf und ihre tollen Noten hervorgestochen haben, sondern einfach weil sie die ersten waren die sich auf eine lange ausgeschriebene Stelle beworben haben...

Außerdem kannst du ja weder an deinem Namen noch an deinen Noten etwas ändern, es ist also müßig, sich deshalb fertigzumachen. Aber wenn man in Bewerbungsgespräch halbwegs gut rüberkommt, müsste das ja passen... oder was sagen die Berufserfahrenen? ;-)

Kackbratze
26.08.2015, 10:19
Salopp gesagt: scheixxegal.

jijichu
26.08.2015, 10:49
Ich habe einen maximal ausländischen Namen, bin Muslimin, eine Frau, hatte auch nicht die besten Noten und ich habe ein Angebot für alle Stellen gehabt, auf die ich mich beworben hatte.
So wie die anderen schon geschrieben haben, es ist egal!

Mano
26.08.2015, 10:53
Noten interessieren wir nur peripher.
Als ausländischer Arzt in Deutschland eine Stelle zu finden ist tatsächlich schwieriger als als deutscher. Denke aber das das in erster Linie an schlechten Sprachkenntnissen und in zweiter Linie an dem ausländischen Uniabschluss liegt. Wenn du fließend deutsch sprichst und an einer deutschen Uni studiert und vielleicht sogar in Deutschland zur Schule gegangen bist wird sich für deinen Namen kein Mensch interessieren.
Wobei ich ehrlicherweise nicht weiß, wie das in Bayern ist - die ticken ja manchmal ein wenig anders... Aber zur Not ist Bawü ja nicht weit - und da scheint die Sonen :D

Christoph_A
26.08.2015, 11:33
Sehe da auch kein großes Problem, was die Religionszugehörigkeit oder den Namen betrifft, in allen Kliniken, die ich kenne, arbeiten muslimische Ärztinnen und Ärzte. So lange niemand seine Religionszugehörigkeit aggressiv vor sich herträgt, spielt das keine Rolle, es gilt ja in D immer noch der Gleichheitsgrundsatz.
Was die Noten betrifft, so können sie Dir, bei Bewerbung an einer Klinik in Muc/Nürnberg als Anfänger durchaus Probleme bereiten, mein Ex Chef hat z.B. niemanden eingestellt, der frisch von der Uni war und schlechter als 2,33 im Schnitt hatte, spielt also in manchen Gegenden durchaus ne Rolle.
Aber Bayern ist groß und zur Not suchste Dir halt ne Stelle aufm Land, da is bereits 50km aus München raus großer Ärztemangel und wählerisch is da niemand, das einzige Einstellungskriterium ist ne Approbation und fließende Deutschkenntnisse.
nur Mut, wirst sicher eine gute Stelle finden und nach einem Jahr Berufserfahrung interessieren Deine Noten auch niemand mehr.