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WackenDoc
27.08.2015, 14:07
Es ist früh morgens. Ihr werdet mit dem Stichwort "Asthmaanfall" zu einem ca. 50-jährigen Patienten gerufen.
Bei Eintreffen ist der Patient wach, orientiert, rosig, asthmatypische Spastik mit verlängertem Exspirium bereits ohne Hilfsmittel erkennbar.

Patient gibt an bereits als DA Berotec, Berodual, Viani, sowie oral eine Ampulle Theophyllin eingenommen zu haben.

Und jetzt kommt ihr.

Edit: Wie wäre es wenn wir die "Anfänger" zunächst an den Fall lassen? Keine Angst- die alten Hasen können sich auch noch austoben. An die hab ich eh noch ne Frage

*milkakuh*
27.08.2015, 16:03
Ok, dann fang ichmal an! :-) Ist der Patient denn alleine oder ist noch ein Angehöriger dabei? Wir sind in der eigenen Wohnung nehme ich an? Kann der Patient mit uns reden? Sitzt er schon in einer atemerleichternden Position? Was hat er an? Ist eventuell schon ein Fenster geöffnet worden? Gibt er noch andere Beschwerden an? Gibt's einen möglichen Auslöser für den Asthmaanfall? Und ganz wichtig: Den Patienten beruhigen.

Falls Angehörige dabei sind oder der Patient halbwegs gut sprechen kann würde ich noch nach Vorerkrankungen, Allergien und einem Medikamentenplan fragen.

Zuerst hätte ich gerne alle Vitalzeichen (spO2, RR, HF, Körpertemperatur, ggf. AF). Dann legen wir bitte auch gleich einen intravenösen Zugang und messen direkt auch mal den BZ. Je nach spO2 Sauerstoffgabe über Nasensonde oder Maske.

Vor der Gabe von Medikamenten hätte ich gerne erst Angaben über bekannte Allergien/Unverträglichkeiten und die Vitalzeichen.

WackenDoc
27.08.2015, 16:37
Also der Patient kann noch mit uns sprechen, er sitzt auf einem Stuhl und stützt die Arme auf, keine Angehörige, er gibt keine Vorerkrankungen und keine andere Medikation an. Keine bekannten Allergien oder Medikamentenunverträglichkeiten.
spO2 85% unter Raumluft, RR 200/100, HF 120, Temperatur 36,5, AF haben wir nicht ausgezählt, aber tachypnoeisch, BZ 110mg/dl.
Fentster sind nicht geöffnet, ist jetzt aber uach nicht die üble Räucherbude. Auslöser ist keiner bekannt. Die Uhrzeit ist aber nicht untypisch und wir haben einen Wetterumschwung.

*milkakuh*
27.08.2015, 20:47
Bei der Sättigung würde ich es erstmal mit 02 6l/min über die Nasensonde probieren. Falls mehr Sauerstoffbedarf besteht müssen wir auf die Maske wechseln. RR und HF sind ja hoch. Könnte an der Aufregung liegen aber vielleicht hat er ja auch Pest und Cholera? Ich würde auf jeden Fall noch ein EKG zur Sicherheit schreiben.

Wie oft hat er denn seine Aerosole schon genommen? Das könnte man ja erst nochmal probieren, falls er erst jeweils einen Hub genommen hat. Ansonsten überlasse ich die Medikamentengabe hier denjenigen, die mehr Ahnung haben. Ich weiß auch gar nicht, was überhaut auf dem RTW/NEF vorhanden ist. Gibt es da überhaupt Aerosole? Ansonsten würde ich wohl mal Richtung Dexamethason oder Prednisolon intravenös nachdenken aber da habe ich echt noch zu wenig klinische Ausbildung und Erfahrung.

erdbeertoertchen
27.08.2015, 20:47
Wie hört sich die Lunge, das Herz an?
Gibts sonst noch körperliche Auffälligkeiten? Ödeme?

WackenDoc
27.08.2015, 20:55
EKG ist ein guter Plan- hatten wir im Realen etwas später gemacht, weil wir zunächst mit anderen Dingen gebunden waren. Man sieht eine Sinustachykardie mit immer wiederkehrenden bimorphen ventrikulrären Extrasysolen.
Ich will kein Ratespiel hieraus machen- wir haben den Patienten gefragt und die sind schon vorbekannt.

Ihm noch mehr von seinen DA zu geben erscheint nicht sinnvoll. Er hat schon ordentlich davon genommen. Berotec hätten wir aber drauf.

Sauerstoff ist auch eine gute Idee. Bei Asthmatikern wie auch COPDlern kann man die O2-Gabe aber noch für etwas anderes nutzen.
Was musst du bei einer O2-Gabe bei Asthmatikern unbedingt beachten und warum? (Typische Aussage z.B. von Pflegepersonal- wir haben nur mal 2l gegeben, Asthmatiker dürfen doch kein Sauerstoff bekommen)

Predinsolon ist auch eine gute Idee- wir haben Solu-Decortin 250mg. Und das hat er von uns auch bekommen.

Edit: Also man hört ohne Stethoskop das typische Giemen, bei der Auskultation nahezu eine silent lung. Herz haben wir nicht auskultiert. Wäre auch schwer geworden, mit den Atemgeräuschen und dem laufenden Sauerstoff. Keine Ödeme bei insgesamt adipösem Patienten.

smanpodg
27.08.2015, 20:58
Nicht fluten mit O2, weil evtl. diese Umstellung im Atemantrieb schon stattfand (hab ich bis jetzt aber selten gesehen, bei geschätzt tausend Asthmaanfällen im RD ;)) Der RR ist mir etwas zu hoch. Die HF ebenfalls. Das Theophyllin und die Aerosole werden das sicher ausgelöst haben.
Aber trotz der "bekannten" Veränderungen im EKG ist eine kardiologische Abklärung sicher nichts verkehrtes. Evtl. ist es auch eine beginnende Linksherzinsuffizienz. Evtl. Auch ein beginnender Infekt?
Also, wenn es nicht Pferde sind, fällt mir als Gnu noch eine Lungenembolie ein.. Dyspnoe, Tachypnoe, hoher RR und hohe HF..

WackenDoc
27.08.2015, 21:05
Ok- Für die, die es vielleicht nicht direkt aus dem FF beantworten können: Was genau ist das Problem mit dem Atemantrieb bei Asthmatikern und COPDlern?

Ja, RR und Freuqenz haben wir erstmal als Folge des Asthmaanfalls bzw. Folge des Theophyllins gewertet. 12-Kanal-EKG hatten wir keines geschrieben, weil wir noch ein paar Sachen erledigen hatten und dann los wollten und wir das auch nicht als dringlich gewertet haben. Ich hoffe mal, dass wir keinen dicken STEMI übersehen haben.

Beginnender Infekt, kann sein, aber keine Symptomatik die in´s Auge stach und kein Fieber.

Miss_H
27.08.2015, 21:09
Ich nehmem smanpodg-Post mal als Aufhänger. Ich würde die Anamnese noch etwas erweitern. Ist alles so wie sonst beim Asthmaanfall? Hat es jetzt anders begonnen?
Ansonsten nehmen wir diesen Patienten auf jeden Fall mit in die Klinik. So lassen wir niemanden zu Hause. Daher wäre wichtig zu klären was wir bis zur Abfahrt alles brauchen. Vitalzeichen, körperliche Untersuchung, BZ und Zugang haben wir schon. Ansonsten gäbe es noch die Möglichkeit mehr Medikamente zu geben. Intubation und sonstige invasive Verfahren haben wir nicht. Also wie bekommen wir den Patient in den Wagen und sollten wir noch mehr Medikamente gaben (ich würde spontan einfach mal nein sagen). Ich würde also sagen load and go. Wir kommen hier nicht wirklich weiter.

WackenDoc
27.08.2015, 21:18
Nehmen wir mal an, ihr habt nen Schamanen dabei und könnt Medikamente geben, Intubieren und sonst alles machen...Hättet ihr keinen Schamanen, könnte man das Beispiel hier schon fast beenden, weil die Fahrt ins nächstgelegene Krankenhaus auch nicht länger wäre als die Wartezeit auf den Schamanen. Aber das wäre ja zu einfach.

Also so wirklich besser wird das alles nicht. Patient giemt immernoch ordentlich vor sich hin und ist gut beschäftigt mit dem Atmen. Die Frequenz wird eher schneller.
Er hatte bisher schon einen Anfall mit Krankenhausaufenthalt aber noch nie so schlimm wie jetzt. Angefangen hat es früh morgens noch vor dem Aufstehen.

Was ist denn noch eine richtig elegante Methode Medikamente zu verabreichen, was bei dem Krankheitsbild (und auch COPD) richtig gut funktioniert.

Relaxometrie
27.08.2015, 21:25
Bricanyl s.c.?

Gesocks
27.08.2015, 21:49
HeliOx?

WackenDoc
27.08.2015, 21:52
Wir sind im normalen Rettungsdienst- da haben wir kein HeliOx.

Ich geh mal in die Heia- ihr könnt ja noch überlegen...

Relaxometrie
27.08.2015, 21:54
MAD als Applikationsart?

DennisB
27.08.2015, 22:24
Man könnte über eine Verneblermaske nachdenken, eventuell mit Adrenalin?

Krötino
28.08.2015, 05:28
Ich bin auch für das Adrenalin vernebelt.

WackenDoc
28.08.2015, 08:07
Interessanter Ansatz- da haben wir z.B. gar nicht dran gedacht.
Wir haben Salbutamol vernebelt- hat aber nichts gebracht.

Jetzt muss ich leider so weiter machen, wie es im Realen gelaufen war- ich weiss nämlich nicht, was unter Adrenalinvernebelung passiert wäre.

Sättigung ist jetzt bei 100% aber die Spastik wird nicht besser, die Herzfrequenz auch nicht.

Wollt ihr noch was i.v. geben? Betamimetikum ja oder nein? Sedieren?
Noch was ganz anderes machen?
Oder los fahren? Wenn ja, wohin wollen wir? Wir haben 2 Häuser in der Stadt- einen Regelversorger, ein kleineres Klinikum, reine Fahrtzeit ca. 5-7min. In beiden stehen derzeit keine Intensivbetten zur Verfügung.
Nächstes Krankenhaus: ein kleiner Regelversorger in knapp 20min Entfernung, der aber über Intensivplätze verfügt.
Maximalversorger ca. 30min.

Nemesisthe2nd
28.08.2015, 10:37
Adrenalin vernebeln auf nen 200/100 Druck und 120 Puls? Klingt nicht so nach einer super idee...

Ich würde Salbutamol/Ipatropiumbromid in den Vernebler füllen...
ggf. würde ich auch 40 mg Lasix oder ein bischen Urapidil dazugeben... kommt drauf an wie sicher der RR entwickelt...

bezüglich Sedierung wäre ich vorsichtig, wirkt stark agitiert/gestresst? ggf. 2 mg Morphin i.V.

und was macht eigentlich die Sättigung nachdem wir O2 auf die Nase gesetzt haben...

zur Auswahl des Hauses.. lieber das mit ITS-Kapazität, wenn er sich nicht signifikant bessert unter der Aktu-Medikation wäre er was für NIV...

WackenDoc
28.08.2015, 10:54
Das mit dem Druck und dem hohen Puls kommt noch dazu. Wobei man überlegen kann, dass der Puls ja evtl. besser wird, wenn die Atmung besser wird.
Urapidil ist auch eine gute Idee. Wie viel würdest du geben?

Lasix braucht eh ne Weile bis es wirkt und ne volle Blase macht auch ordentlich Stress.
Und wir haben uns gegen die Sedierung entschieden weil wir Angst vor der Eintrübung und um den Atemantrieb hatten.

Sättigung ist bei 100%, aber alles andere ist "nicht" schön. Die Spastik bessert sich auhc unter Verneblung nicht. Bronchospasmin habeb wir noch i.v. gegeben- auch darunter keine Besserung. Frequenz steigt eher. Besonders agitiert wirkt er nicht, er ist nur gut mit dem Atmen beschäftigt.

Ja, das Haus mit ITS haben wir auch genommen.

NIV-Versuch oder nicht-NIV-Versuch?

Nemesisthe2nd
28.08.2015, 11:20
Ich würde NIV versuchen. Wenn man ihn intubieren muss hat er nen protahiertes Weaning ja fast fest gebucht...