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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Niederlassung oder angestellt als Allgemeinmediziner



JOGI24
11.09.2015, 21:51
Hallo,

ich frage mal die Facharztkolleginnen und -kollegen der Allgemeinmedizin: Was sind Eure Ziele und Pläne? Angestellt oder Niederlassung ? Einzelarzt-oder Gemeinschaftspraxis bzw. MVZ? Ich sehe ja z.T. erhebliche Differenzen im Bruttolohn eines angestellten Arztes z.B. im MVZ und dem eines Niedergelassenen Arztes. Auch in der Gestaltungsfreiheit ist man als niedergelassener Arzt deutlich besser dran...was denkt Ihr?

Lg Jogi24

DrSkywalker
12.09.2015, 18:36
Hallo,

ich frage mal die Facharztkolleginnen und -kollegen der Allgemeinmedizin: Was sind Eure Ziele und Pläne? Angestellt oder Niederlassung ? Einzelarzt-oder Gemeinschaftspraxis bzw. MVZ? Ich sehe ja z.T. erhebliche Differenzen im Bruttolohn eines angestellten Arztes z.B. im MVZ und dem eines Niedergelassenen Arztes. Auch in der Gestaltungsfreiheit ist man als niedergelassener Arzt deutlich besser dran...was denkt Ihr?

Lg Jogi24

Niederlassung würde ich persönlich immer bevorzugen, allerdings nie alleine. Man muss eben das Glück haben, einen guten Partner zu finden. Ich sehe es in meiner Weiterbildungspraxis, wie viel Spannungen entstehen können, wenn einer (oder beide) einen etwas akzentuierten Charakter haben... Die Gehälter als Angestellter erscheinen etwas niedrig, allerdings macht man da seine 35 h Sprechstunde un das wars, hat bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Peter_1
15.09.2015, 17:53
Würde mich jederzeit wieder niederlassen. Das Geld ist deutlichst mehr, die Freiheiten auch. Nachteile: keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (so man sich nicht ausreichend enstprechend privat versichert hat), kein Hammer fallen lassen pünktlich zum geregelten Feierabend (bzw. abfeiern von gesammelten Überstunden), Personalverantwortung (ist aber auch gut so, da man sich aussuchen kann mit wem man arbeiten möchte), ausserdem steht keiner hinter einem wenn man irgendwas verbockt hat.
Nicht zuletzt hat man eine andere wirtschaftliche Verantwortung wie als Angestellter (gibt mehr Geld, kann aber auch schnell bis in den finanziellen Absturz führen, wobei da schon viel schief laufen muss...)
Die Nachteile sind relativ (finde ich), Vorteile überwiegen. Ob Gemeinschaft, oder Einzelpraxis muss man sich auch gut überlegen, kenne einige Gemeinschaften die sich massivst zerstritten haben, kenne auch einige die gut funktionieren.
Vorteile einer Gemeinschaft: niedrigere Praxiskosten, mehr Freiheiten durch gegenseitige Vertretungen, ggfs. bessere Öffnungszeiten für Patienten, kollegialer Austausch und Rat.
Nachteile: wenn es hakt im zwischenmenschlichen Getriebe, dann kann ganz schnell die Stimmung in der ganzen Praxis am Boden sein, zB kann es je nach Betriebsform (und nach Partner) Streit um die Aufteilung des Gewinnes geben, wichtige Entscheidungen müssen im Konsens getroffen werden können.
Vorteile Einzelpraxis: man kann wirklich alles alleine regeln, wenn was schief läuft ist man selber der Verursacher, wenn es gut läuft auch, sowohl wirtschaftlich, wie auch medizinisch.
Nachteile: deutlich unflexibler wie Gemeinschaft, höhere Betriebskosten, weniger kollegialer Austausch (den kann man aber auch als Einzelkämpfer haben, zB mit den anderen Kollegen im Stadtteil beim Qualitätszirkel, oder Stammtisch etc.).

Gallilei
19.09.2015, 13:36
Ich hänge mich mal hier ran. Hat jemand von Euch Erfahrung mit Praxisgemeinschaften? So wie ich das immer wieder mal mitbekommen habe, sind Gemeinschaftspraxen bei allen Vorteilen (kollegialer Austausch, Urlaubsplanung mit Vertretung, gemeinsames finanzielles Risiko...) ja doch relativ anfällig für Streitigkeiten, oft finanziell begründet. Praxisgemeinschaften hätten ja den Vorteil, dass jeder sein eigenes finanzielles Süppchen kocht und selber abrechnet, dementsprechend seine eigene Arbeitsphilosophie besser vertreten kann, aber dennoch können gewisse Kosten wie Miete, Angestelltengehälter geteilt werden.
Würde man bei einem solchen Konstrukt dann im Prinzip ein Konto für die gemeinsamen Fixkosten haben, von denen diese dann bedient werden, kann man da also gemeinsam auftreten oder wie würde das genau funktionieren? Und ist ein solches System beständiger bei evtl. Streitigkeiten? Klingt für mich so, so dass ich mich frage, was der Vorteil von "richtigen" Gemeinschaftspraxen dann ist.

hiddl
19.09.2015, 19:59
Ich bin zwar keine Allgemeinmedizinerin sondern in einem MVZ angestellte Neurologin, aber angestellt vs selbständig ist ja vergleichbar. Ich sehe noch ein paar mehr Vorteile des Angestelltenlebens bzw. Nachteile der Selbständigkeit als z.B. Peter.
Neben der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalls (die man ja versichern kann) hat man als angestellter Arzt (bzw. Ärztin) den vollen Schutz des Mutterschutzgesetzes, kann bis zu 3 Jahre in Elternzeit gehen, kann unkomplizierter Teilzeit arbeiten und - ganz wichtig! - ist nicht ortsgebunden. Natürlich zieht man mit Familie nicht alle paar Jahre um, aber in Zeiten, in denen auch der Arzt-Partner häufig einer anspruchsvollen Tätigkeit nachgeht, lassen sich Ortwechsel nicht immer ganz vermeiden.

Und das Geld - ich bin mir nicht sicher, ob mein Stundenlohn (!) am Ende des Tages wirklich soviel unter dem eines Niedergelassenen liegt.

arbeiter79
27.09.2015, 19:39
Allgemeinmediziner im MVZ müssten doch wohl mindestens einen Stundenlohn haben der dem eines Klinik-OA entspricht haben oder?

JOGI24
29.09.2015, 09:20
Ja, das Grundgehalt TV-Ärzte eines Oberarztes, evlt. sogar etwas mehr ist ein guter Anhaltspunkt für das Gehalt eines angestellten Allgemeinmediziners. Was sind Eure Erfahrungen bzgl. MVZ?

Peter_1
29.09.2015, 14:25
Klingt für mich so, so dass ich mich frage, was der Vorteil von "richtigen" Gemeinschaftspraxen dann ist.

Hier: http://www.aerzteblatt.de/archiv/66717/Die-Praxisgemeinschaft-Risiken-und-Nebenwirkungen
kannst du nachlesen welches Risiko zu beachten ist wenn man eine Praxisgemeinschaft im Gegensatz zur Berufsausübungsgemeinschaft ("richtige" Gemeinschaftspraxis) führt.

Gallilei
30.09.2015, 20:43
Danke Peter! Das sind Punkte, die mir tatsächlich bisher vollkommen unbekannt waren. Das Ziel bei dem Wunsch, kein Alleinunterhalter zu sein, sollte also sein, einen oder mehrere Partner zu finden, bei denen man davon ausgehen kann, dass man auch langfristig fachlich, menschlich und finanziell gleich tickt. Nicht ganz so einfach.

Paracelsus
29.01.2016, 21:06
Hallo zusammen !
Ich kann nur sagen: Niederlassung ja ! Gemeinschaftspraxis nach meinen Erfahrungen eher nein ! Habe das alles gerade hinter mir: Niederlassung in Gemeinschaftspraxis, Streit mit Partner samt Rechtsstreit über Anwalt und nun Trennung ! Ist nicht wirklich schön, aber wenn man zu verschiedene Ansichten hat, bleibt einem nur dieser Schritt. In so einer Kooperation zu bleiben, wo kein Konsens herrscht, raubt einem irgendwann jeden Nerv und macht auf Dauer krank. Nun fange ich wieder bei Null an und mache im Frühjahr eine eigene Praxis auf. Einerseits toll, andererseits aber auch ein ziemlich teurer Spaß !
Von daher meine Empfehlung: Bevor man einer Gemeinschaftspraxis als Teilhaber beitritt, immer erst 1 Jahr mit dem Partner oder den Partnern als Angestellter zusammenarbeiten ! Dann findet man heraus, ob es harmoniert oder nicht. Und selbst dann muss man es sich noch sehr genau überlegen !

Gruß Paracelsus

Peter_1
30.01.2016, 13:02
Hallo zusammen !
Ich kann nur sagen: Niederlassung ja ! Gemeinschaftspraxis nach meinen Erfahrungen eher nein ! Habe das alles gerade hinter mir: Niederlassung in Gemeinschaftspraxis, Streit mit Partner samt Rechtsstreit über Anwalt und nun Trennung !

Gruß Paracelsus

Genau das habe ich im Umfeld jetzt schon mehrmals erlebt und das bei mir bekannten nach meinem Eindruck sehr "sozialverträglichen" Kollegen. Ich bin nie in einer Gemeinschaft gewesen, habe eine Einzelpraxis, fühle mich aber nicht alleine, da wir uns regelmäßig einmal im Monat mit den umliegenden Kollegen treffen, da gibt es auch Zeit um mal Fälle zu diskutieren, oder für sonstige die Psychohygiene erhaltende Gespräche. Gibt bei uns echt ein freundschaftlich kollegiales Umfeld, das mag aber nicht überall so sein (wobei 2-3 nette Kollegen findet man eigentlich immer).