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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Überberatung- verjage ich den Kunden?



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Lissminder
18.09.2015, 21:45
Hallo zusammen,

meistens müssen wir uns den Spruch über den Schubladenzieher anhören, der wortlos nach hinten läuft, die Packung aus der Schublade holt und dem Kunden mit " Macht 6,99" auf den HV-Tisch knallt.

Die Realität sieht aber ganz anders aus. Ich erlebe immer öfter, dass wir gute Arbeit leisten, sehr bemüht beraten und bald löcher in der Bauch fragen, nur leider mit dem bittern Beigeschmack, dass sich Kunden total ausgefragt und überfordert fühlen.
Ich hatte heute einen jungen Mann, der nur Ibuprofen kaufen wollte.
Er sagte gleich dazu, dass er nicht beraten werden wollte und daher auch eigentlich immer in die Apotheke eine Straße weiter ginge, diese leider aber schon geschlossen hat.
Ich fragte dann etwas neugierig " darf ich wissen, was die Apotheke besser macht als wir"
ja sagte er " die fragen nicht immer, ob es für mich sei,...gegen Kopfschmerzen, ...ich die nicht länger als 5 Tage usw. "
Ich dachte mir: " cool, mein Team und ich als kleine PhiP können eigentlich stolz sein. Wir machen alles richtig. Leider ist finanziell gesehen doch weniger manchmal mehr.
Kennt ihre solche Kunden mit Beratungsphobie auch?

Muriel
18.09.2015, 22:15
Ja, mich.

EVT
18.09.2015, 22:21
Aber liegt es bei dir daran, dass du Ärztin bist, Muriel, und das mit Ibu z.B. selber weißt? Oder war das früher auch schon so?

Kackbratze
18.09.2015, 23:56
Wenn ich Beratung will, frage ich danach. Ansonsten soll mir das über den Tresen geschoben werden was ich will.
Egal ob Tanke, Apotheke oder Sexshop.

Fr.Pelz
19.09.2015, 07:24
Ich finde das auch oft nervig. Letztens habe ich kohlekompretten und loperamid gekauft. Der Apotheker sagte gleich, dass das zusammen ungünstig sei. Meine Antwort, dass ich nur die Hausapotheke auffüllen wollte, hätte eigentlich reichen müssen. Er redete aber weiter und ich sagte ganz klar, dass ich Ärztin bin und mir die Indikationen klar seien... Er redete trotzdem weiter... Und die Kinder nörgelten weiter... Ich würde auch um Beratung bitten, wenn ich sie bräuchte- aber ich frage höchstens mal nach Preisen von Generika.

StuartProwerFaktor
19.09.2015, 09:14
Ich persönlich frage immer: "Kennen Sie das?" Wenn ja, dann erübrigt sich alles weitere in 99% der Fälle.

Bei manchen Dingen schiebe ich dann aber noch einen Kommentar nach, zB:
Bei ASS --> Bitte nur für Erwachsene
Bei Dingen die gleich wirken --> "Ist Ihnen bewusst das die Sachen die gleiche Wirkung haben" (--> zu 80% ja)
Augentropfen in EDO --> "Das mit dem 1-Tag-haltbar wissen Sie?" usw ...

Ausdrücklich NICHT kommentieren tue ich:
Nasensprayabhängigkeit
Schmerzmittelabhängigkeit
... Denn genau hier sind sich die Leute des Problems eh bewusst und fühlen sich tatsächlich genervt ...

Man muss sich in der Praxis ganz schnell von der Vorstellung verabschieden, die "Welt zu retten". Allein die Eigenverantwortung, die ich jedem erwachsenen Menschen zugestehe, reicht mir persönlich schon aus, Beratung lieber auf das notwendigste zu reduzieren.
Außerdem ist ja auch nicht jede kleine Wechselwirkung etc relevant in der realen Welt (Bsp: Sektretstau ... wie soll ACC + irgendwas hustendämpfendes denn einen Sekretstau produzieren, wenn ACC gar keine nachgewiesene Wirkung hat?).

In den paar Jahren, in denen ich das jetzt so mache, bin ich zu dem Schluss gekommen das ein "Kennen Sie das" gepaart mit einem Gefühl für Situationen wo man noch einmal suggestiv fragen ("nehmen sie das auch immer so und so?") sollte ausreichen. Ob das jetzt auch eine Stiftung mit 5-Sterne-Beratungsblabla auch so sieht, deren Programm von Leute fernab der Realität (Uni) entworfen wurde, und die verlangt jedem einen Knopf an die Backe zu labern ist mir ehrlich gesagt Wurst ...

Ferner muss man ja auch bedenken, dass es ja scheinbar gesellschaftlich (außer man will mal wieder Apotheken-bashing betreiben) auch nicht gewollt ist, dass wir anständig beraten.
Wenn man billigst fordert, gleichzeitig schnell und dann noch QMS, Rezeptur nach Industriestandard für 5-10€ dann widerspricht sich das irgendwo. Da muss halt jeder für sich die Konsequenzen ziehen und hier und da halt mal "schludern".

WackenDoc
19.09.2015, 10:00
Ich denke, da muss man ein Gespür für entwickeln, wie viel Beratung Sinn macht.
Bei völlig unsinnigen Kombinationen an Medikamenten, kann man meiner Meinung nach schon drauf hinweisen (Typisch Schleimlöser und Hustenstopper- quasi ein Klassiker). Springt der Patient nicht drauf an, dann sollte man es wohl dabei bewenden lassen, zeigt er sich interessiert, kann man immernoch in die Tiefe gehen.
Als Arzt hab ich ja meist mehr Zeit um es den Patienten zu erklären- ich würde mal sagen 80% verstehen es schlichtweg nicht.

Muriel
19.09.2015, 11:57
Aber liegt es bei dir daran, dass du Ärztin bist, Muriel, und das mit Ibu z.B. selber weißt? Oder war das früher auch schon so?

Immer schon. Entweder man hat OTC-Drugs, mir denen man dem Menschen eine Eigenverantwortung zugesteht, oder man lässt es bleiben. Beratung von Seiten der Apothekenmitarbeiter sollte kompetent erfolgen können aber nicht ungefragt müssen. Nervt unnütz und würde mich, sofern ich nicht meist meine Sachen JETZT bräuchte und ich nicht in die Apotheke vor Ort ginge, weil dort eine Freundin arbeitet, deren Arbeitsplatz ich damit ein kleines Stückchen sichere, ansonsten sofort zur Onlineapotheke bringen.

Gallilei
19.09.2015, 13:44
Ich bestelle ausschließlich online. Ich mag Apotheken irgendwie nicht :-nix

Feuerblick
19.09.2015, 15:46
Ich finde, dass ein "Sie kennen das Medikament schon?" oder etwas in der Art völlig ausreicht. Gerade bei OTC-Medis. Wer mehr wissen will, der wird auf die Frage eingehen. Und dem Rest würde mehr Aufklärung einfach nur auf den Geist gehen (geht mir da ähnlich wie Muri). Zumal ich glaube, dass die allermeisten Menschen entweder sowieso nicht kapieren, was der Apotheker von ihnen will oder sich denken "Der Arzt hat mir schon alles Wichtige gesagt, also lass ich den hinterm Tresen mal labern". Und die, die verstehen würde, was gesagt wird, die lesen auch den Beipackzettel.

ycr83
19.09.2015, 16:21
Ein "kennen Sie das Medikament schon?" finde ich okay, alles was darüber hinausgeht nur auf Nachfrage/bei Verneinen, sonst ist es nur nervig. Wenn ich nach etwas bestimmtem frage, weiß ich schon, warum ich genau das haben will. Etwas anderes ist es natürlich, wenn man "etwas gegen Erkältung" haben will, da ist Beratung richtig und wichtig.

Krötino
19.09.2015, 16:55
Meine "Stammapotheke" betreibt die Beratung auch als "Sie kennen xyz? Die haben ein gutes Gespür dafür wann ich beraten werden möchte und wann eben nicht. Wenn ich eine möchte, machen die die Beratung sehr gut.

Auch wenn hier alle irgendwie die stummen Apotheker vorziehen.. manchmal finde ich die Fragen wie: Ist das für Sie gedacht? etc schon sinnvoll.... Nur weil was OTC ist, sollte man es den Leuten doch nicht hinterher schmeißen? Meine Meinung.

EVT
19.09.2015, 18:01
Ich finde auch, dass man ruhig nochmal das Wichtigste in einem Satz dazu sagen darf, es gibt ja nicht nur OTC und nicht alle Kunden sind Ärzte.
Bei Antibiotika und Pille hätten manche mehr Beratung benötigt. :-D Ich denke ja auch immer, dass alle Leute den Beipackzettel lesen, aber wurde hier selbst unter Medizinern eines Besseren belehrt. Deshalb kann sich der Apotheker doch auch nicht blind drauf verlassen, dass alle Leute alles korrekt einnehmen.
Es gibt da doch so Bücher und Seminare, wie man sowas am geschicktesten formuliert. ;-)

Fr.Pelz
19.09.2015, 18:16
Das mit der Pille ohne Rezept finde ich immer noch blöde. Da muss ja quasi der Apotheker beraten, zu dem man ja im Normalfall kein so großes Vertrauensverhältnis hat wie zum Arzt.

EVT
19.09.2015, 19:25
Meinst du Vertrauensverhältnis zu Ärzten generell oder zum eigenen Gyn?

Lissminder
19.09.2015, 19:30
Die Frage "kenne Sie sie sich aus" wird meistens mit JA beantwortet, was aber nicht bedeutet, dass Sich der Patient wirklich auskennt.
Wahrscheinlich hat der Arzt innerhalb von 3 Minuten dem Patienten 5 Informationen mit auf den Weg gegeben, wowon er sich maximal (wenn er gut ist) 3 merkt.

Deshalb wurde uns an der Uni immer eingetrichtert keine ja/ nein Fragen, sondern offene Frage zu formulieren. Wenn man dann nämlich weiter fragt "wie er es denn einzunehmen hat", merkt man sehr oft, dass er keine Ahnung hat.

Feuerblick
19.09.2015, 19:33
Da würdest du bei mir die sehr bockige Antwort "So, wie der Arzt es mir gesagt hat" ernten ;-)

Lissminder
19.09.2015, 19:39
Da würdest du bei mir die sehr bockige Antwort "So, wie der Arzt es mir gesagt hat" ernten ;-)

ja ich weiß :-D
und wenn ich gemeine Apothekerin spiele frage ich: " und was hat der Arzt gesagt?"

Absolute Arrhythmie
19.09.2015, 19:43
Da würde ich mich schon ganz schön bevormundet fühlen und wahrscheinlich gehen und eine andere Apotheke aufsuchen.

Feuerblick
19.09.2015, 19:45
So isses... Antwort wäre: "Wollen Sie mir das Medikament jetzt geben oder soll ich woanders hingehen?"