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Sebastian1
30.09.2015, 20:20
Hallo,

mich hätte mal interessiert, welche Todesart ihr hier bescheinigt hättet:

Patient mit Z.n. Larynx-Ca vor Jahren, seither mit plast. Tracheotomie lebend. Jetzt aktuell (im Verlauf der letzten 7 Monate) V.a. Rezidiv, PE, R1-Resektion, erneutes Frührezidiv. Bei Schluckstörungen erfolgt die Anlage einer PEG. Im stationären Aufenthalt kommt es hierbei zu einem hämorrhagischen Schock bei OGI-Blutung im Bereich der Eintrittsstelle der PEG.
Patient wird nach Hause entlassen, 2 Wochen später findet die Ehefrau den Patienten nach dem Einkaufen mit massiver Hämatemesis tot auf dem Boden liegend. Der Notarzt kann vor Ort zwischen zB einer Tumorarrosionsblutung oder einer erneuten Blutung aus der PEG nicht unterscheiden. Die Krankengeschichte der jpngeren Vergangenheit inklusive der PEG-Blutung mit hämorrhagischem Schock ist durch abgeheftete Arztbriefe bis wenige Tage vor dem Eregnis gut nachvollziehbar.

Dazu die entsprechende Formulierung aus der Todesbescheinigung NRW:
"Gib es Anhaltspunkte für äußere Einwirkungen, die den Tod zur Folge hatten?"
Antwortmöglichkeiten:

nein -> wenn nein, "natürlich" oder "ungeklärt, ob natürlich oder nichtnatürlich"
ja

mit der entsprechenden Möglichkeit, weitere Angaben im vertraulichen Teil zu tätigen.

Das natürlich in dieser Situation als Notarzt erstmal ausscheidet halte ich für relativ unstrittig. Ich habe mich gefragt, ob nein/ungeklärt oder ja anzukreuzen ist.
Ich habe mich letztlich für "ja" entscheiden, da eine OP mit schwerer Blutungskomplikation vorausgegangen ist und die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass dies erneut der Fall gewesen ist (wenngleich natürlich vor Ort nicht zu sichern). Die Frage lautet ja auch nicht, ob eine "schuldhafte" äußere Einwirkung da war, sondern ob überhaupt eine.

Jetzt mag man früher in der Argumentationskette ansetzen und sagen, die Grunderkrankung hat eine Behandlung notwendig gemacht, die dann schicksalhaft eine Komplikation zur Folge hatte, die ursächlich für den Tod ist, und das sogar als natürlichen Tod ansehen, aber darauf konnte ich mich eher nicht festlegen.

Ein Todesursachenermittlungsverfahren gibt es ohnehin, stellt sich die Frage ob die Entscheidung "ungeklärt" oder "ja" aus kriminalistischer/juristischer Sicht überhaupt einen Unterschied macht.

Ich habe dazu nochmal hier nachgelesen (http://www.uniklinik-duesseldorf.de/fileadmin/Datenpool/einrichtungen/login_rechtsmedizin_id477/dateien/arzt_und_tod.pdf), abe rletztlich viel schlauer bin ich danach auch nicht.

Was seht ihr das?

Evil
30.09.2015, 20:24
Ich hätte ungeklärt angekreuzt, denn wie Du schon geschrieben hast, weiß ja keiner, wo die Blutung jetzt herkam.
Eigentlich ist es aber völlig wurscht, die Konsequenzen sind eh dieselben, von daher tät ich das abhaken.

Solara
30.09.2015, 20:34
Ich hätte ebenfalls ungeklärt angekreuzt.

Relaxometrie
30.09.2015, 20:50
Jetzt ist es ja einfach, eine Meinung zu haben, da wir nicht in der Verantwortung stehen. Aber ich würde "natürlich" angeben. Dem Geschehen liegt ja ursprünglich kein Unfall, sondern eine Erkrankung zugrunde. Und sowohl die Erkrankung, als auch eine ähnliche Komplikation, wie die, die jetzt wohl todesursächlich war, sind durch Arztbriefe dokumentiert. Nach dem, wie Du es hier beschreibst, halte ich eine Tötung durch Angehörige für äußerst unwahrscheinlich.
Also: natürlicher Tod.

Gallilei
30.09.2015, 20:51
Letztendlich ist der Patient an Komplikationen seiner Grunderkrankung gestorben. Was in welcher genauen Kausalität zusammengespielt hat, ist doch eigentlich unerheblich, solange man nicht davon ausgehen muss, dass die werte Gattin schneller ans Erbe kommen wollte und nachgeholfen hat. Ok, etwas einfach und nicht korrekt gedacht ;-)

Sebastian1
30.09.2015, 21:01
Jetzt ist es ja einfach, eine Meinung zu haben, da wir nicht in der Verantwortung stehen. Aber ich würde "natürlich" angeben. Dem Geschehen liegt ja ursprünglich kein Unfall, sondern eine Erkrankung zugrunde. Und sowohl die Erkrankung, als auch eine ähnliche Komplikation, wie die, die jetzt wohl todesursächlich war, sind durch Arztbriefe dokumentiert. Nach dem, wie Du es hier beschreibst, halte ich eine Tötung durch Angehörige für äußerst unwahrscheinlich.
Also: natürlicher Tod.

Naja, wenn nicht die Erkrankung per se sondern eine postoperative Komplikation ursächlich wäre, wäre das nicht natürlich. Das sagt ja nichts aus über "schuldhaft" oder "schicksalhaft" oder "fremdverschulden". Von daher kann ich mich mit "natürlich" keinesfalls anfreunden. Man kann damit im Übrigen - wohlmeinend - bei bestehenden Unfallversicherungen den Angehörigen einen Bärendienst erweisen...

Solara
30.09.2015, 21:04
Ungeklärt deshalb, weil man nicht weiß warum es blutete - aber durch die direkte Vorgeschichte ein Zusammenhang mit der PEG-Anlage nicht ausgeschlossen werden kann.
Es geht doch nicht darum, ob der Angehörige für das Ableben verantwortlich ist.

Relaxometrie
30.09.2015, 21:13
Naja, wenn nicht die Erkrankung per se sondern eine postoperative Komplikation ursächlich wäre, wäre das nicht natürlich. Das sagt ja nichts aus über "schuldhaft" oder "schicksalhaft" oder "fremdverschulden". Von daher kann ich mich mit "natürlich" keinesfalls anfreunden. Man kann damit im Übrigen - wohlmeinend - bei bestehenden Unfallversicherungen den Angehörigen einen Bärendienst erweisen...
Nebenbemerkung (da von der ursprünglichen Frage abweichend): Bei einer postoperativen Komplikation würde eine Unfallversicherung doch sowieso nicht zahlen, da eine postoperative Komplikation nicht der Definition eines Unfalls entspricht.
Oder liege ich da falsch?

Brutus
30.09.2015, 21:16
Wobei eine "Unfallversicherung" ja weder für ein Larynx-CA, noch für eine OP-Komplikation aufkommen wird. :-nix

Ich weiß nicht, was ich angekreuzt hätte. Mit ungeklärt ist man wohl auf der sicheren Seite. Nicht natürlich kommt IMHO hier nicht infrage. Die Frage, ob nicht natürlich richtig sein kann, kann man aber auch stellen: Auch wenn es postop eine Nachblutung gab, so ist diese ja adäquat therapiert worden. Und der Patient wird ja auch nicht direkt nach dem Ereignis entlassen worden sein. Wo will man denn jetzt die Grenze setzen ungeklärt zu jetzt ist es wieder natürlich?
Des Weiteren ist die PEG Anlage ja durch die Grunderkrankung bedingt gewesen... Wie gesagt: mit ungeklärt biste wohl auf der sicheren Seite. Wobei ich evtl. nach Klärung der "Begleitumstände" auch natürlich in Betracht gezogen hätte.
Magst Du kurz erklären, warum sowieso ein Ermittlungsverfahren stattgefunden hätte?

Sebastian1
30.09.2015, 21:38
Sowieso stattgefunden da mE nur die Wahl zwischen "ungeklärt" und "nichtnatürlich" bestanden hat. Wobei diese Wortwahl eben so nicht in der Todesbescheinigung steht - da steht "Hinweise auf äußere Einwirkungen". Und eine adäquat behandelte Komplikation nach OP schliesst ja eine Zweitkomplikation nach Entlassung nicht aus. Die Argumentationekette meinerseits - war allerdings auch eine Bauchentscheidung - war die: OP als äußerer Einfluss -> vermutete Komplikation -> "Hinweis auf äuißere Einflüsse" -> ja.

Zu den Versicherungen war das Allgemein gesprochen nicht konkret auf den Fall bezogen. Beispiel aus dem Link oben: Unfallversicherung besteht, Mensch zieht sich SHT zu. Es resultiert eine sympt. Epilepsie. Jahrzehnte später verstirbt der Patient an einer Pneumonie nach Aspiration im Status epilepticus. Aus rechtsmedizinischer Sicht ein Unfalltod, wenngleich extreme Spätfolge. Die BEscheinigung als natürlicher Tod wäre allerdings vermutlich zunächst einmal Grund für die Versicherung, sich aus der Nummer rauszuziehen.

Ich finde die Diskussion aber gut; zumal hier ja genug Leute mitdiskutieren, die schon selbst Scheine ausgefüllt haben und sich jedesmal die Frage stellen müssen....

Anderes Beispiel, das ich diesbezüglich hatte:
Patientin mit >100 Lebensjahren, in der Nacht dorthin alarmiert worden (Altenheim). Ausgemergelte Patientin, sichere Todeszeichen. Klare Pflegedokumentation über die letzten Tage. Ein Tag alter Eintrag des Hausarztes "präfinale Patientin, jegliche Medikation abgesetzt". Entscheidung, natürlichen Tod zu bescheinigen.
1 Woche später Anruf von der Kripo, Krematoriuenleichenschau auffällig, Hämatom an der Stirn, Tod unfallbedingt? Von mir nicht in der Epikrise erwähnt. Dafür aber Sturzprotokoll in der Patientenakte. Hatte ich auch gesehen, aber eben nicht erwähnt. Stellungnahme meinerseits erforderlich... ist manchmal schon irre. Und der Thread hier zeigt ja ganz gut, dass man oft nicht immer einer Meinung ist, wir haben ja jetzt schon Plädoyers für alle 3 Möglichkeiten im o.g. Fall...

Gesocks
30.09.2015, 22:58
Unsere Rechtsmediziner haben uns intensivster Gehirnwäsche unterzogen, in solchen Fällen definitiv keinen natürlichen Tod zu bescheinigen; eben wegen bestehender Argumentationskette.

Wenn Hinweise bestehen, dass eben nicht die (natürliche) Grunderkrankung, sondern jegliche Art von Manipulation (ob indiziert, kompliziert, komplikationsfrei, verpfuscht, zwanzig Jahre her oder am anderen Körperende) todesursächlich sein könnte - in diesem Fall auf jeden Fall gegeben - dann handelt es sich nicht um eine geklärte Todesursache. Die Möglichkeit, sogar bei der verhaltenen Frage nach "Anhaltspunkten für äußere Einwirkungen" auch "ungeklärt" ankreuzen zu dürfen kommt sicherlich auch nicht von ungefähr.

WackenDoc
01.10.2015, 08:40
In Niedersachsen ist das Formular besser in der FOrmulierung
"Besteht ein Anhaltspunkt für einen nicht natürlichen Tod, wenn ja, welcher?"
"Ist die Todesart (natürlicher oder nicht natürlicher Tod) ungeklärt, wenn ja, warum?"
Plus ein kleines Feld wo man mit 1-2 Stichworten seine Begründung angeben kann und dazu noch das große Feld für die ausführlichere Epikrise weiter unten.

Die Begründung "Blutung evtl. Folge der OP" ist ja eigentlich ausreichend als Hinweis für äußere Einwirkung. Ob dem dann wirklich so war und ob der Verlauf schicksalshaft war, müssen dann weitere Untersuchungen klären.

Aber natürliche Todesursache hätte ich in dem Fall auch nicht angekreuzt.

Brutus
01.10.2015, 08:51
Man kann sich übrigens auch ganz gut mal mit der Kripo unterhalten. Ich hatte mal eine Bewohnerin eines Altenheimes, die morgens tot in ihrem Bette lag. Nun ja, eigentlich jetzt nicht sooo ungewöhnlich, mit 93 Jahren darf man auch mal sterben.
Allerdings ist die Frau 4 Wochen zuvor aus dem Bett gefallen und hatte sich dabei eine Rippenserienfraktur (3-6.) zugezogen. Danach war sie 2 Wochen stationär und seitdem wieder im Heim. Da war ich mir jetzt auch nicht soooo sicher, ob ich natürlich (bei der Latte an Vorerkrankungen wäre das ohne Weiteres auch so durchgegangen), oder doch nicht geklärt ankreuzen sollte. Und da man ja eh mir der POL telefoniert, um selbe an den Ort des Geschehens zu locken, habe ich mich kurzerhand zur Kripo durchstellen lassen. Nach kurzer Darstellung der Auffindesituation und Diskussion der letzten Wochen hat mir der Kommissar dann erklärt, dass aufgrund des Entlassbriefes und der Schilderung der Altenpflege der Sturz nicht ursächlich für das Ableben sei und daher die Staatsanwaltschaft eh am Telefon die Ermittlungen einstellen würde. Aufgrund der Vorerkrankungen sei der Tod durch eben diese anzunehmen und daher natürlich anzukreuzen.
Und die Kripo ist bei uns eher auf der Schiene, wir können ja erstmal ermitteln und dann immer noch freigeben...

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01.10.2015, 13:48
Hm.
Evtl. sehe ich das zu locker, aber ich hätte bei der gut dokumentierten VG vmtl. "natürlich" bescheinigt, evtl. das im Kommentarfeld oder einfach daneben mit "konsekutiv" noch kommentiert. Auch in Brutus Beispiel mit der Oma und Sturz im Vorfeld.
Alte Menschen stürzen regelhaft und ziehen sich dabei auch manchmal im weiteren Verlauf tödliche Sekundärfolgen zu. Das ist IMO eine nicht zu negierende Grundkonstellation des Alters. In abgewandelter Weise auch bei Krebs- und sonstwie gearteten multimorbiden Patienten. Jede Intervention birgt da erheblich höhere Risiken (uns allen bekannt) und wurde eingewilligt (ist zu unterstellen und von mir als Leichenbeschauender auch nicht zu prüfen). Somit ist die Todesfolge "naturgemäß" im weiteren Sinne eben unter Würdigung der Grunderkrankung. Andere Konstellation wäre ein elektiver Eingriff bei einem gesunden Patienten im Vorfeld. Genau diese "Würdigung" und "Kontexteinordnung" ist aus meiner Sicht die primäre ärztliche Aufgabe, Leiche umdrehen (platt gesagt) sekundär. Sonst könnten das auch irgendwelche ausgebildeten Hansels machen... Und da nehme ich mir heraus am Ende eine Einschätzung via Kreuzchen abzugeben.
Wenn ich nach irgendeinem Algorithmus à "kürzliche Operation mit mgl. Komplikation etc. im Vorfeld oder andere mgl. Kausalkette" quasi automatisiert "ungeklärt" ankreuze (mit gleicher KriPo-Konsequenz wie "V.a. nicht natürlich"), dann müsste ich das a) bei jeder 2. Leichenschau machen in unserem geriatrisch/onkologisch geprägtem Haus (mit laufend Stürzen und krankheitsinherenten Komplikationen), b) bei multimorbiden Pat. mit KH-Aufenthalt alle 2-4 Monate jede Medikationsänderung kritisch hinterfragen (bspw. Übersterblichkeit bei Risperdal, Kardiaka neu sortiert etc.) und c) käme vor lauter Hinterherlaufen und rumtelefonieren nicht mehr dazu wichtige Arbeit mit (noch) Lebenden zu erledigen...
Die Rechtsmedizin an meiner Alma mater sah das natürlich auch anders, ähnlich wie von Gesocks beschrieben. Ich mag Rechtsmedizin vom Fachlichen her, aber diese "juristische Durchseuchung" (da halte ich es wie König Friedrich Wilhelm der I. ;-)) nervt mich.
Grundsätzlich verweigere ich mich ab einem gewissen Punkt auch so einem Kinderkram, weil ich mich da in meiner Souveränität als Arzt gestört fühle und auch nicht die (Vor-) bzw. (Zu-) Arbeit von Ermittlungsbehörden machen möchte, geschweige denn mich Versichungsverhältnisse von Pat./Angehörigen interessieren.

Ein Nachtrag noch:
"Bauchgefühl" ist auch hier ein weitere Entscheidungsfaktor für mich - trotz des EBM-Geschreis :-)

Sebastian1
01.10.2015, 14:04
Interessanter Gedankengang, kann ich auch nachvollziehen, würde ich aber so nicht unterschreiben. Allein die Tatsache, dass ein Sturz - wenn auch häufiges Ereignis - mit konsekutivem Tod durch KOmplikationen welcher Arte auch immer per Definition ein Unfalltod ist, schliesst hier das "natürlich" aus. Und da kommen wir auch wieder zu dem vermeitlichen Gefallen, den man Angehörigen damit tut: Man "erspart" in einer emotional belastenden Situation den Weg über die polizeilichen Ermittlungsbehörden. Hat der verstprbene allerdings zB eine Unfallversicherung, wird diese das zunächst mal als Grund heranziehen, nicht zahlen zu wollen, man hat hier uU den Angehörigen somit einen Bärendienst erwiesen.
Meine Aufgabe ist ja lediglich, zu beurteilen, ob ich eine logische Kausalkette für einen Tod aus natürlicher Ursache ziehen kann. Kann ich das nicht, sind immer die Ermittlungsbehörden einzuschalten, das ist nunmal der vorgegebene Weg, der Mitunter auch mal lästig sein kann, aber so ists nunmal geregelt. Wenn meine Kausalkette mit "Sturz" beginnt, ist die Antwort recht eindeutig.

Brutus
01.10.2015, 14:16
Ja aber: wo ziehst Du denn die zeitliche Grenze zwischen einem "Ereignis" und dem Todesfall? Wenn ich will kann ich ja immer irgendeinen Unfall finden in der Vorgeschichte, der auch irgendwie in eine Kausalkette reinpasst.
Wie sagte ein Kollege vor ein paar Jahren mal so schön: alte Menschen sterben nicht, weil sie gefallen sind. Sie fallen, weil sie sterben.
Und die Unfallversicherung wird ja eh selbst prüfen, ob der Tod mit dem Unfallereignis in Zusammenhang steht.
Mich würde mal interessieren, wieviele der ungeklärt Toten wirklich obduziert werden. Dann würde sich wahrscheinlich so manche Frage ob oder ob nicht in Luft auflösen...

WackenDoc
01.10.2015, 14:19
Diese Kausalketten machen mir immer wieder Kopfzerbrechen.Als Notarzt weiss ich meisten ja nicht genau woran der Patient gestorben ist.

Was mach ich z.B. bei Leukämie (wobei das wohl nicht so ganz geklärt war- evtl. auch ein MDS). Patient hat nach der letzten Chemo vor 6 Wochen immer mehr abgebaut, kein Appetit, in den letzten Tagen keine Nahrung mehr bei sich behalten. An einem Tag kurze Schnappatmung und Tod.

Grundleiden war die Leukämie, an der er letztendlich wohl auch gestorben ist. Aber was ist die unmittelbar zum Tode führende Ursache?

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01.10.2015, 14:24
Allein die Tatsache, dass ein Sturz - wenn auch häufiges Ereignis - mit konsekutivem Tod durch Komplikationen welcher Arte auch immer per Definition ein Unfalltod ist, schliesst hier das "natürlich" aus.

Die Definition halte ich auch für problematisch. Unfälle - grobe Fahrlässigkeit ausgenommen (kurz gefaßt) - empfinde ich auch als ntürliche Ereignisse im Sinne eines stochastischen Grundrisikos...
Meine Haltung ist sicher auch darin begründet, dass ich generell von Definitionen wenig halte und ich mir in allen Handlungen/Entscheidungen Interpretationsspielraum herausnehme. Das ist aber eine (z.T. auch komfliktbehaftete) Grundhaltung, insofern bin ich an dieser Stelle auch der "falsche" Partner für einen gedanklichen Austausch... :-)

@ Wacken: aus meiner Sicht bspw. "Tumorkachexie" oder "tox. Wirkung der Chemotherapie"

Rhiannon
01.10.2015, 14:44
Mich würde mal interessieren, wieviele der ungeklärt Toten wirklich obduziert werden.

Laut unseren Rechtsmedizinern (hab eben mal in deren Seminarfolien geschaut) sinds 25%.

Miss_H
01.10.2015, 17:27
Diese Kausalketten machen mir immer wieder Kopfzerbrechen.Als Notarzt weiss ich meisten ja nicht genau woran der Patient gestorben ist.

Grundsätzlich besteht doch die Möglichkeit nur den Tod des Patienten fest zustellen und die Leichenschau an jemand anderen ab zugeben?