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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schweigepflicht als Unfallzeuge und Ersthelfer



Rettungshase
05.10.2015, 00:36
Hallo Leute,

ich hab mir ein paar Gedanken zu dem folgenden Kasus gemacht, bin aber sehr gespannt auf eure Einschätzung:

Angenommen, ihr, die ihr ein Arzt seid, beobachtet (privat) zufällig einen Unfall. Ihr seht, wie ein Auto (das vom Patienten) einem anderen die Vorfahrt mopst und beide Autos zusammenprallen. Ihr helft natürlich, indem ihr den Patienten versorgt, der auch am Unfall schuld ist -> alle anderen Beteiligten sind unverletzt und wollen nicht untersucht werden.

So.
Jetzt kommt die Polizei und will wissen, was passiert ist. Der Patient entbindet euch nicht von der Schweigepflicht.
Dürft ihr dann sagen, dass ihr gesehen habt, dass der Patient dem anderen Auto die Vorfahrt genommen hat?
Oder fällt das auch unter die Schweigepflicht?

THawk
05.10.2015, 02:11
Ich bin kein Anwalt, aber meine Meinung:
- Bevor ich angefangen habe ihn zu behandeln und mich als Arzt zu erkennen gegeben habe bin ich Privatmann
- Als solcher bin ich nicht an die Schweigepflicht gebunden
- Was ich also vorher wahrgenommen habe darf ich erzählen
- Über Sachen, die er mir während der Bezahlung Auskunft gegeben hat muss ich schweigen sofern nicht gewichtige Gründe dagegen sprechen (angenommen er erzählt mir währenddessen, dass er vorher gekifft hat würde ich das den Polizisten nicht mitteilen)

Um deine eigentliche Frage zu beantworten: Nein, der Unfallhergang fällt m.E. nicht unter die Schweigepflicht.

SuperSonic
05.10.2015, 09:09
während der Bezahlung Auskunft gegeben
Wer bezahlt dabei wen? ;-)


Nein, der Unfallhergang fällt m.E. nicht unter die Schweigepflicht.
Sehe ich genauso.

WackenDoc
05.10.2015, 13:50
Sehe ich genauso- die Erkenntnisse, die du über den Unfallhergang hast, hast du ja unabhängig von deiner Funktion als Arzt gewonnen.

Von der Schweigepflicht sind nur Informationen betroffen, die du hast, weil du in der Funktion des Arztes tätig geworden bist.

Rettungshase
05.10.2015, 22:26
Wunderbar. So sehe ich das auch.
Habt vielen Dank :)

ehem-user-19-08-2021-1408
08.10.2015, 10:17
(angenommen er erzählt mir währenddessen, dass er vorher gekifft hat würde ich das den Polizisten nicht mitteilen)
Also ich würde sowas sofort den anwesenden Polizisten mitteilen, da ich in Zukunft nicht den Verkehrsraum mit solchen Junkies teilen will. Ob das dann relevant für den Unfallhergang ist, soll dann der Labormediziner bzw der Richter entscheiden.

Nichts gegen das Kiffen. Das kann ja zuhause jeder selbst gestalten wie er will.
Aber sich danach hinter das Steuer setzen? No Mercy.

THawk
08.10.2015, 15:57
Viel Spaß beim anti-Kiffer Feldzug vs. ärztliche Schweigepflicht :-)

pottmed
08.10.2015, 16:11
Also ich würde sowas sofort den anwesenden Polizisten mitteilen, da ich in Zukunft nicht den Verkehrsraum mit solchen Junkies teilen will. Ob das dann relevant für den Unfallhergang ist, soll dann der Labormediziner bzw der Richter entscheiden.

Nichts gegen das Kiffen. Das kann ja zuhause jeder selbst gestalten wie er will.
Aber sich danach hinter das Steuer setzen? No Mercy.

Damit machst Du dich leider in dem Fall strafbar....

Philip_MHH
08.10.2015, 16:17
wenn man das weiterkonstruiert und er glaubhaft macht, dass er vorhat immer wieder bekifft auto zu fahren...dann könnte man VIELLEICHT daraus konstruieren, dass man offenbarungsbefugt wäre (ähnlich wie in dem (IMPP)-Fall, mit dem Senior, der nicht mehr gucken kann und weiter Auto fährt)...aber das ist ne heiße Kiste...

aber davon ab...dass er bekifft auto fährt findet die Polizei in so einem Fall ja auch ohne die Aussage des Arztes raus, insofern ist da vorsichtige Zurückhaltung sicherlich für den eigenen strafrechtlichen stand sinnvoller.

Auch wenn ich ein absoluter Gegner von Drogen generell und auch Alkohol im Straßenverkehr im Besonderen bin...

Nessiemoo
08.10.2015, 18:28
Hm, Offenbarungsbefugt ist man aber glaube in der Tat nur bei Gefahr von schweren Straftäten (irgendwie so ähnlich), also vorsätzliches Gefahr/Schaden am menschlichen Leben, wie Mord, Raub etc. Da fällt bekifft fahren nicht wirklich rein (es sei denn, er will mit Absicht bekifft fahren um möglichst viele umzubringen etc), und auch dann soll der Arzt erst prüfen ob man es auf andere Wege (z.B mit psychiatrische Behandlung) das Gefahr abweisen kann.

ehem-user-19-08-2021-1408
09.10.2015, 15:19
Natürlich denke ich, dass erfahrene Polizisten zu 99% einen betrunken oder einen unter Drogeneinfluss stehenden Fahrer indentifizieren werden. Daher denke ich, dass man als Zeuge nicht eingreifen müssen wird.

Doch als jemand, der vor einigen Jahren einen Bekannten verloren hat, weil ein Dritter im Vollrausch einen Autounfall verursachte, sehe ich da null Toleranz.

PS: Mal eine Gegenfrage - solange man sich nicht als Arzt vorstellt, sondern rein als Privatperson, existiert doch keine Schweigepflicht? Oder hat man mit Approbation kein Privatleben?

WackenDoc
09.10.2015, 15:30
Die Frage ist immer- hast du deine Erkenntnisse durch deine Eigenschaft als Arzt(bzw. entsprechendes Assistenzpersonal)erlangt? Wenn nicht, dann keine Schweigepflicht.

Nessiemoo
09.10.2015, 18:38
Ice Engine, ich sehe ja das durchaus ähnlich wie du - Null Toleranz, nur muss man dann durchaus bereit sein, dass der Patient dann berechtigt ist entsprechend eine Strafanzeige gegen dich stellen.

ehem-user-19-08-2021-1408
10.10.2015, 00:20
Die Frage ist immer- hast du deine Erkenntnisse durch deine Eigenschaft als Arzt(bzw. entsprechendes Assistenzpersonal)erlangt? Wenn nicht, dann keine Schweigepflicht.
Touché
Wobei ich, falls ich an einen Unfallort komme, eigentlich zuerst sagen würde "hallo, kann ich Ihnen helfen?", und nicht "Hallo ich bin XY und bin Arzt in der Klinik ABC und bin hier um Sie dank meiner von Gottes Gnaden erteilten Approbation ärztlich zu versorgen"

Aber ok, danke für die ganzen Hinweise. Sollte ich mich also jemals in dieser hier fiktiv beschriebenen Situation tatsächlich befinden, werde ich den anwesenden Polizisten nichts beichten, sondern lediglich sagen:
"Hallo Officers, bitte vergesst nicht auf Alkohol und illegale Drogen zu testen. Danke. Servus"

;)

ehem-user-11022019-1151
06.05.2016, 14:52
Ich muss mal den Thread beleben,gerade bezüglich Drogen oder Alkohol.
Wie sieht es aus, wenn die Polizei bittet, eine Zeugenaussage zu machen, dass man gesehen hat, wie der Patient oder Verursacher Auto fuhr?
Fällt sowas auch unter die Schweigepflicht?

Nurbanu
06.05.2016, 15:07
Laienantwort meinerseits: nein. In dem Moment besteht kein Arzt-Patienten-Verhältnis. Die Fahrweise ist für jeden ersichtlich und nicht nur für den Arzt.
Und überhaupt hat die Fahrt nichts mit einem Arzt-Patienten-Verhältnis gemeinsam. Was anderes wäre es, wenn ein Hausarzt einen seiner Patienten sieht, der ein Drogenproblem hat, und neben der Zeugenaussage etwas über diese Drogenprobleme preisgibt.