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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zahnmedizinstudium "zu verschult"?



zahnfee_to_be
18.10.2015, 08:43
Hallöle,
ich höre ständig von anderen Studenten und auch Kommilitonen, dass das Zahnmedizin-Studium sehr verschult sei. Verstehe ich nicht so recht. Was genau soll den mit "verschult" gemeint sein? Ich meine, es ist ja nicht so, dass ein Professor vor einer Schulklasse steht und 45 Minuten Unterricht mit denen macht.
Wie seht ihr das? Und wenn "zu verschult" - was ist schlecht daran?

baugruen
18.10.2015, 09:14
ich kenne die aussage, aber du musst das glaube ich, ein bisschen anders sehen.
ich glaube, früher was das studium auch oft etwas anderes, mit viel mehr freiraum, entscheidungs- und wahlmöglichkeit. weniger in der medizin, aber in vielen anderen fächern. wo sich die studenten dann eben die kurse rausgesucht haben, die sie in diesem und jenem semester machen wollten. vielleicht ein bisschen geforscht, ein bisschen gegammelt und so weiter.
(zahn)medizin ist eben viel straffer und strikter organisiert. allein, dass du in aller regel für jedes semester einen festen "stundenplan" hast, der dir von der uni vorgegeben wird, ist eben sehr "verschult". wobei ich glaube, dass sich da in folge von bolognareform auch in den anderen fächern einiges getan. jedenfalls was man so hört, ist da auch nicht mehr so viel mit wahlfreiheit.

jan_mediklin
18.10.2015, 09:16
Mein Semester war so groß, bzw. klein wie mein gesamter Abi-Jahrgang. Auch sozial und zwischenmenschlich unterscheidet sich das dann nicht groß von Schule. Im Gegensatz zu riesigen Studiengängen wie BWL z.B.

davo
18.10.2015, 10:42
Ich verstehe unter "verschult" folgendes:

- Viel Anwesenheitspflicht
- Wenige Wahlmöglichkeiten
- Viele regelmäßige Leistungskontrollen (Übungsaufgaben usw.) statt nur einer Klausur am Ende des Semesters
- Relativ fixe Semesterstruktur in der die meisten, die im selben Jahr angefangen haben, in jedem späteren Jahr einen ähnlichen Stundenplan haben

Verglichen mit "früher" (vor der Einführung der Bachelor-/Master-Struktur), aber auch verglichen mit den meisten Bachelor-/Master-Studiengängen, sind die drei medizinischen Studien definitiv sehr verschult.

Ich habe vor mittlerweile erschreckend langer Zeit ein wirtschaftswissenschaftliches Diplomstudium abgeschlossen, und da hatte man viiiel mehr Wahlfreiheit was man macht, was man wann macht, viel mehr fachspezifische Wahlfächer, viel mehr freie Wahlfächer, usw. usf. Deshalb gabs zwar schon einige Kommilitonen, die man oft gesehen hat, aber auch viele Lehrveranstaltungen, wo viele völlig neue Leute dabei waren. Das war natürlich auch dadurch bedingt, dass es dort viel mehr Lehrveranstaltungen gab, die auch von "fachfremden" Studenten belegt werden konnten (und wurden). Außerdem gab es viel mehr Studenten, die viel gearbeitet haben, die für das Studium länger gebraucht haben, die ein Auslandssemester gemacht haben, die vorher was anderes studiert hatten, die nebenher noch was anderes studierten, die sich politisch oder ehrenamtlich oder in der universitären Selbstverwaltung engagiert haben, die nebenbei wissenschaftliche oder Industrie-Projekte laufen hatten, usw. Es gab also kaum zwei Studenten, die denselben Studienablauf, dieselben Studienschwerpunkte und dieselben Lehrveranstaltungen hatten.

Mein Abi-Jahrgang hatte ca. 75 Schüler, da ist selbst mein kleines Medizin-Semester mehr als doppelt so groß.

jan_mediklin
18.10.2015, 12:46
Außerdem gab es viel mehr Studenten, die viel gearbeitet haben, die für das Studium länger gebraucht haben, die ein Auslandssemester gemacht haben, die vorher was anderes studiert hatten, die nebenher noch was anderes studierten, die sich politisch oder ehrenamtlich oder in der universitären Selbstverwaltung engagiert haben, die nebenbei wissenschaftliche oder Industrie-Projekte laufen hatten, usw. Es gab also kaum zwei Studenten, die denselben Studienablauf, dieselben Studienschwerpunkte und dieselben Lehrveranstaltungen hatten.


So stelle ich mir ein "klassisches" Studium vor... aber damit haben die medizinischen Fächern eben nix zu tun. Wobei etwas mehr Wahlfreiheit meiner Meinung nach schon möglich wäre. Abseits von ein paar Basics KFO z.B. - warum es danach nicht zum Wahlfach machen, das man auch ablehnen kann. Und stattdessen z.B. Implantologie oder CMD oder so.


[BMein Abi-Jahrgang hatte ca. 75 Schüler, da ist selbst mein kleines Medizin-Semester mehr als doppelt so groß[/B]
Mein Abi-Jahrgang war auch so groß. Und in Zahnmedizin haben wir mit knapp 80 Leuten angefangen.

baugruen
18.10.2015, 12:47
Wobei etwas mehr Wahlfreiheit meiner Meinung nach schon möglich wäre. Abseits von ein paar Basics KFO z.B. - warum es danach nicht zum Wahlfach machen, das man auch ablehnen kann. Und stattdessen z.B. Implantologie oder CMD oder so.


Gar keine schlechte Idee, wie ich finde. Jetzt musst du dir das alles nach dem Studium für viel Geld aneignen...

Malzkaffee
18.10.2015, 16:33
Ich habe ja vorher was historisches Studiert, das war gar nicht verschult: Man hatte Angaben aus welchen Bereichen man Kurse machen musste und die hat man dann in Grund und Hauptstudium langsam abgearbeitet. Was man genau gemacht hat, blieb einem überlassen und auch zum Teil wann. Man konnte auch mal ein Semester nichts machen, wenn man im nächsten das doppelte gemacht hat, was zeitlich auch kein Problem wäre.
Man hat praktisch alles selbstständig gemacht, ein paar Referate gehalten und am Ende des Semesters seine Paper abgeliefert oder mal ein, zwei Klausuren geschrieben.

jan_mediklin
18.10.2015, 18:08
Ja gut, bei etwas Historischem oder anderen Geisteswissenschaften (sicherlich auch Naturwissenschaften) mag das gehen, aber bei den medizinischen Fächern ist es ja auch wichtig, dass man die Basics alle lernt. Ein Zahnarzt, der keine Vorlesung über Kariologie besucht hat - das wäre ja auch nix.
Das Zahnmedizinstudium ist ja auch viel konkreter auf einen ganz bestimmten Beruf ausgelegt, als andere Studienfächer (worum wir von vielen anderen Studenten beneidet werden). Also mag sein, dass das Studium ganz schön verschult ist, aber das nehme ich gern in Kauf.

zahnfee_to_be
18.10.2015, 18:10
Von wem wirst du denn als (Zahn)Mediziner beneidet? Kenne nicht so viele, die den ganzen Lernaufwand und später den Stress in der Klinik gerne haben würden.

jan_mediklin
18.10.2015, 18:14
Ich meine auch eher die Tatsache, dass wir eben ein ganz konkretes Berufsziel haben, auf das wir hinstudieren. Da gibt es dann nicht mehr allzu viel Orientierung danach, "in welche Richtung es denn gehen soll" - man ist halt Zahnarzt.
Und von den Berufsaussichten her haben wir ja auch keinen Grund zum Meckern. Wie hoch ist die Arbeitslosenquote bei Zahnärzten? Irgendwo bei 0,irgendwas %. Selbst die angeblich so gesuchten Ingenieure müssen nach dem Studium ersteinmal zusehen, wo sie bleiben bzw. sich mit einem Gehalt abfinden, dass dann auch nicht besser ist, als das, eines Assistenzzahnarztes. In der Hinsicht gehts uns echt nicht so übel.

Malzkaffee
18.10.2015, 21:40
Ja gut, bei etwas Historischem oder anderen Geisteswissenschaften (sicherlich auch Naturwissenschaften) mag das gehen, aber bei den medizinischen Fächern ist es ja auch wichtig, dass man die Basics alle lernt. Ein Zahnarzt, der keine Vorlesung über Kariologie besucht hat - das wäre ja auch nix.
Das Zahnmedizinstudium ist ja auch viel konkreter auf einen ganz bestimmten Beruf ausgelegt, als andere Studienfächer (worum wir von vielen anderen Studenten beneidet werden). Also mag sein, dass das Studium ganz schön verschult ist, aber das nehme ich gern in Kauf.

Nee, da musste man schon bestimmte Bereiche abdecken. Aber zu allem wurden halt sehr unterschiedliche Seminare angeboten. Um Grundlagen ist man nicht herumgekommen.

Ich find's ehrlich gesagt mit der konkreten Berufsaussicht blöde. Lieber ein Bisschen mehr unsicherheit und dafür die Möglichkeit auch ein Bisschen außerhalb von seinem Feld abrbeiten zu können. Das wär mir lieber. Mir graut schon vor der Arbeit. Vor allem zu dem Gehalt von einem Assistenzzahnarzt. Ich kenn zumindest Ingenieure die mit mir Abi gemacht haben und zu so was sind die nicht eingestiegen.

jan_mediklin
20.10.2015, 09:47
Mir graut schon vor der Arbeit. Vor allem zu dem Gehalt von einem Assistenzzahnarzt. Ich kenn zumindest Ingenieure die mit mir Abi gemacht haben und zu so was sind die nicht eingestiegen.

Ich habe neulich auch mal durchgerechnet, was so meine Freunde, die bereits Assi-Zeit machen bekommen (und womit ich dann auch ungefähr rechne) und welche (zusätzlichen) Ausgaben ich haben werde. Das Ergebnis war dann doch eher ernüchternd. Mir scheint, als ginge das bescheidene Studentenleben noch eine Weile weiter...

anna1708
20.10.2015, 09:50
eine freundin von mir braucht in der assi-zeit sogar weiter unterstützung von ihren eltern. das finde ich bitter. man muss aber auch sagen, dass sie eine stelle in einer auswärtigen stadt hat, da geht natürlich ein teil des lohns schon für das pendeln drauf. aber ja, große sprünge sind in den zwei jahren wohl eher nicht drin :-(

Salzi19
21.10.2015, 21:16
Das kommt aber extrem auf die Stelle drauf an, Freundinnen von mir hatten teilweise des dreifache von meinem Gehalt.... Jetzt nach der assizeit geht's bei mir aber auch bergauf :-))

baugruen
22.10.2015, 13:10
Das Dreifache? Dann hast du wohl ziemlich wenig oder deine Freundinnen sehr viel verdient ;-) . Na ja, ist ja mittlerweile auch kein Geheimnis mehr; in den großen beliebten Städten bekommt man eben nicht so viel wie in der Pampa. Aber deine Aussage klingt ja ganz zuversichtlich, Salzi. Das macht Hoffnung :-D