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glabella
21.10.2015, 10:24
Hallo,

ich (Arzt, Neuro, im Dienst in der Notaufnahme, Intensivzeit nächstes Jahr) hab mir aufgrund von negativen Erfahrungen in der Vergangenheit immer schon Gedanken gemacht, was es für Alternativen zum peripher-venösen Zugang gibt. In der Reanimationssituation kann man ja anscheinend wegen der Stauung in die Jugularis ext. ran, ansonsten finde ich (klar bei vitaler Indikation) den Hals eher schwer; viele Patienten haben bei uns eine Antikoagulation und ein Sono haben wir in der Notaufnahme auch nicht, mit dem es sicher etwas einfacher wäre.
Bin nun auf die EZ-iO gestoßen bei einer Fortbildung (der halbautomatische Bohrer). Wir haben nur die Cook-Nadeln, die meiner Meinung nach nicht wirklich anwendbar sind (haben sich bei mir bei der Leiche zweimal nicht in die Tibia bohren lassen, einmal hat sich die Nadel richtig schön verbogen). Problem: Bestellen hält der Chef (nicht der empathische Typ) nicht für notwendig und 300-500 Euro für ein Set ist schon gewaltig.
Hat jemand ne Ahnung oder vielleicht auch Quellen (Ausland? Abgelaufene Teile die ich euch abkaufen kann?)? Vielleicht werde ich es nie brauchen, aber es gibt einem echt ne Sicherheit sowas als Backup zu haben.
VG

WackenDoc
21.10.2015, 10:41
Nein, das wirst du knicken können. Ablaufen tut übrigens nicht das Gerät selber ,sondern die Nadeln die noch mit ca. 50€ pro Stück zu Buche schlagen. Da wird nur helfen, den Chef zu überzeugen.

Alternative ist noch die BIG-aber aufpassen, wo das gefährliche Ende ist. Cook-Nadeln halte ich für obsolet.

In der Klinik ist die EZ-IO allerdings auch eher unbekannt. Die findet man am ehesten noch im Schockraum-gerade die Intensivpatienten haben ja ihre Zugänge.

mainzer
21.10.2015, 11:59
ich wäre auch für Chef-überzeugen!!
Wir halten die EZ-IO im Schockraum, auf ICU und im Kreisssaal vor

THawk
21.10.2015, 12:02
Ganz klar Chef überzeugen. Und ich habe von meinen ERC-Kursen nicht den Eindruck, dass die EZ-IO so selten in der Klinik vertreten ist. Wir halten sie auch im Schockraum (ich glaube auch in der internistischen Rettungsstelle) und auf den Intensivstationen vor.

glabella
21.10.2015, 14:18
Nein, überzeugen ist nicht möglich. Seiner Meinung ist das Ganze intraossär-Verfahren obsolet. Genauso gibt es nur ein Uralt-Set zur chirurgischen Koniotomie und kein Quicktrach o.ä., das ich ebenfalls vorziehen würde.
Meine Hoffnung einem ein abgelaufenes Teil abzukaufen kann ich ja wohl aufgeben. Vielleicht finde ich im Ausland noch eine bisserl billigere Version

WackenDoc
21.10.2015, 14:31
Ähm- was das Quicktrach vs. chirurgische Koniotomie angeht, irrst du.
An sich ist dsa Qucktrach wegen hoher Komplikationsrate obsolet und die chirurgische Methode erlebt regelrecht eine Renaissance.
Nein, billiger bekommst du eine EZ-IO nicht wirklich. Und dann ist immer die Frage ob das wirklich Sinn macht, wie gut der Akku ist etc.
Evtl. solltest du mal einen Vortrag zu den aktuellen REanimationsleitinien halten (incl. Chef im Auditorium)- da ist nämlich die EZ-IO mittel der Wahl, wenn der i.v.-Zugang nicht innerhalb kürzester Zeit etabliert werden kann.

Was obsolet ist, ist tatsächlich die Cook-Nadel. Naja- evtl. kannst deinen Chef ja davon überzeugen, dass er wenigstens ne BIG anschafft.

gnuff
21.10.2015, 15:25
Wir haben eine EZ-io in jeder OP-Abteilung (4), in jedem Aufwachraum (3), auf jeder ICU (4), in der Notaufnahme mehrere, in jedem Rettungswagen und auf dem Hubschrauber. Alles andere ist unverantwortlich in meinen Augen... wenn Dein Chef sich mal die aktuellen Leitlinien ansieht dürfte ihm doch eigentlich klar werden, dass i.o. alles andere als obsolet ist...

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21.10.2015, 17:56
Hast du keine anderen Fachabteilungen in der NA die du als Mitstreiter aktivieren kannst?

mainzer
21.10.2015, 17:59
Das Problem an "aus dem Ausland (günstig) anschaffen" wird sein...ich kann ja nicht einfach mein privates Equipment mitbringen und im Kh damit arbeiten.....

FirebirdUSA
21.10.2015, 22:15
Genauso gibt es nur ein Uralt-Set zur chirurgischen Koniotomie und kein Quicktrach o.ä.,
Frag mal einen HNO Arzt was er von Quicktrxch, etc hält. Wie Wacken schon gesagt hat ist die Komplikationsrate sehr hoch. EZ-IO gibt es bei uns min. im Schovkraum. Dort schon erfolgreich gesehen...

Corinna
22.10.2015, 19:11
Das Problem an "aus dem Ausland (günstig) anschaffen" wird sein...ich kann ja nicht einfach mein privates Equipment mitbringen und im Kh damit arbeiten.....

das wollte ich auch grad fragen- du kannst doch keine methode benutzen, die der chef ablehnt?! was machst du wenn es dabei zu komplikationen kommt? ...
Wie schon andere schrieben: mit anderen abteilungen+anästhesiepflege zusammentun und gemeinsam die oberen überzeugen. (und diese anstrengungen dokumentieren, wenn du angst vor juristen hast).
oder auch: paarmal den hintergrund reinrufen, weil pvk nicht möglich ? :-D

glabella
23.10.2015, 09:30
Also... solange man zugelassene Medizinprodukte verwendet dürfte es juristisch kein Problem sein. Ich kenne auch Leute die benutzen privat gekaufte Larynxtuben, weil nur Igel-Lamas zur Verfügung sind. Ob es ihm gefällt ist eine andere Frage. Allerdings ist es ihm denke ich komplett egal, ich habe ihn auch noch kein einziges Mal in der Notaufnahme gesehen. Das Argument gegen die Anschaffung solcher Dinge ist eher ein finanzielles und kein medizinisches. Außerdem habe ich die Hoffnung das Gerät nicht zu benutzen, es geht eher um meine Psyche und theoretisch eine Alternative: Daß in meinem Fachgebiet Zeitdruck besteht und der Notarzt noch keinen Zugang etablieren konnte ist gottseidank eine Rarität. Bevor ich den Hintergrund für einen pVK reinrufe gehe ich lieber an die Jugularis ext. und lasse mir das Sonogerät durchs Haus karren :-) Ich werde mal schauen ob ich Leute finde, die sich mit mir zusammentun.

glabella
23.10.2015, 09:53
Zur Koniotomie noch: Ich war gerade auf einer Fortbildung mit Übungen an Leichen. Selbst die Experten dort geben keinem Verfahren den eindeutigen Vorrang, es ist wirklich so daß da jeder seine eigene Präferenz finden muß. Bei den Quicktrachs gibts nun auch verschiedene Modelle, Quicktrach II hat diverse Sicherungsmechanismen die Verletzungen minimieren. Die meisten Leute im Kurs fanden bei Leichen mit gut tastbarem Kehlkopf den Quicktrach, bei schlecht tastbarem eine Kombination aus chirurgisch und Quicktrach (Längsschnitt und ggf. freipräparieren, dann stechen) am besten.

FirebirdUSA
23.10.2015, 10:05
Was für Experten? Ich kenne keinen HNO Arzt der nicht schimpft. Und die müssen nachher versuchen die Trachealstenose zu verhindern oder das Loch ggf in eine Tracheotomie umwandeln.

glabella
23.10.2015, 11:26
Notfallmediziner, Anästhesisten. Ich verstehe daß die HNO-Ärzte danach unzufrieden sind, aber die sind auch nicht der Maßstab. Der HNO-Arzt hat genügend Übung in dem Verfahren, ist aber oft genug nicht vor Ort. Und was danach für Probleme entstehen ist bei der Indikationslage doch das nachrangige Problem, immerhin ist es die letzte Option vor dem Tod des Patienten.

mainzer
23.10.2015, 12:19
Und was danach für Probleme entstehen ist bei der Indikationslage doch das nachrangige Problem, immerhin ist es die letzte Option vor dem Tod des Patienten.

Darf ich mal ganz trocken anmerken, dass die Notfallkoniotomie - und über deren Equipment sich hier u.a. Gedanken gemacht wird - ein ultima ratio Verfahren ist, dass den meisten von uns im GESAMTEN Berufsleben (Gott sei Dank) erspart bleiben wird.....!!! Und hier spricht ein Anästhesist... (der zahlenmäßig zumeist in Berührung kommt mit der Notwendigkeit eines sicheren Atemwegs)

Brutus
23.10.2015, 17:13
Und darf ich als Zweiter dieser Fachrichtung den Dritten zitieren? ;-)
==> http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?t=64458&p=1875540&viewfull=1#post1875540
Bitte auch die folgenden Posts LESEN und WIRKEN lassen! ;-)

BTW: Bislang weder koniotomiert, noch tracheotomiert noch mit Kugelschreiber und MacGyver Taschenmesser rumgemacht. Genausowenig habe ich bislang gebohrt, wobei ich dies schon ein paar Mal liebendgerne gemacht hätte, wenn wir eine Bohrmaschine gehabt hätten. Leider gab es nur die BIG und die Cook-Nadeln.
Wir haben bei uns im OP/AWR und auf der ITS jeweils eine EZ-IO. Gerade bei den überarbeiteten ERC-Guidelines kommt man m.E. nicht wirklich umhin, sowas zumindest vorzuhalten. Und wenn man in der Abteilung auch mal kleine Kinder betäubt, ist es ja auch beruhigend, dass man zumindest die Gewissheit hat, dieses Hilfsmittel zu haben...

gnuff
23.10.2015, 21:36
Und darf ich als Zweiter dieser Fachrichtung den Dritten zitieren? ;-)
==> http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?t=64458&p=1875540&viewfull=1#post1875540
Bitte auch die folgenden Posts LESEN und WIRKEN lassen! ;-)

Danke! :-blush

@glabella: Alle Notfallspielzeuge dieser Welt helfen Dir nichts wenn nicht Du nicht den Umgang mit ihnen trainiert hast und alle Handgriffe sitzen, wenn Dir auch in einer Akutsituation klar ist was als nächstes kommt. Du kannst Dir für Deine Psyche allen erdenklichen Kram kaufen, aber so lange Dir die zur Ausrüstung passende Planung fehlt nutzt das wenig. Der Airway-Kurs war sicherlich ein guter Anfang und ich hoffe Du machst so weiter. Ich stimme Deinen Experten aber nicht wirklich zu, der Erfolg einer Intervention wird durch die Einfachheit und die Häufigkeit des Übens ebendieser bestimmt. Je einfacher desto leichter zu erinnern, je häufiger desto besser geht das Vorgehen ins "Rückenmark" über... daher ist es ein Fehler Kursteilnehmer ohne eine klare Empfehlung hinsichtlich Ausrüstung und Vorgehensweise nach Hause zu schicken. Ein gutes Beispiel für einen Standard ist o.g. Video.

Under pressure you do not rise to the occasion, you sink to the level of your training.

FirebirdUSA
26.10.2015, 09:51
Notfallmediziner, Anästhesisten. Ich verstehe daß die HNO-Ärzte danach unzufrieden sind, aber die sind auch nicht der Maßstab. Der HNO-Arzt hat genügend Übung in dem Verfahren, ist aber oft genug nicht vor Ort. Und was danach für Probleme entstehen ist bei der Indikationslage doch das nachrangige Problem, immerhin ist es die letzte Option vor dem Tod des Patienten.

Auch HNO Ärzte haben darin keine Übung, dass ist ultimo ratio; aber sie kenne sich in der Anatomie ggf. besser aus. Ich kenne auch Fälle wo Anästhesisten einfach mal entschieden haben sie machen jetzt eine Punktionstracheotomie, da es einfacher ist als den Patienten in die HNO zu verlegen, bzw. man halt so lange gewartet bis keine Zeit mehr war und das ist einfach doof für die Patienten. Im Akutfall, den man hoffentlich nie erlebt, nimmt man natürlich das Verfahren was man schonmal geübt hat. Aber wenn ich zwei Verfahren habe und ich übe dann kann ich doch auch das Verfahren üben was weniger Komplikationen im Nachgang hat.

Sich grundsätzlich für den Fall der Fälle gedanken zu machen und sich zu überlegen was ich selber mache ist aber aus meiner Sicht sehr wichtig, deswegen finde ich deine Einstellung auch sehr gut.

WackenDoc
26.10.2015, 11:20
Mein TTLS-Ausbilder hat ein paar Mal koniotomiert- übrigens unter schlechten Bedingungen "aufm Acker" und der sagt, dass es einfacher wäre, als man es sich vorstellt.
Ich hab´s bisher auch nur am Dummie bzw der Gänsegurgel gemacht aber ich kann mir gut vorstellen, dass es weniger komplikationsträchtig ist als die Verwendung des Quicktrach.

Gebohrt hab ich übrigens inzwischen ein paar mal scharf- wenn man nicht gerade den 160kg-Patienten hat wo man kaum die Tibia tasten kann, ist es wirklich sehr einfach. Man sollte den gesamten Ablauf incl. Spülen und Konnektieren aber mal geübt haben.