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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Antibiotikatherapie



Grombühlerin
07.11.2015, 15:18
Als Anästhesistin habe ich damit nur am Rande zu tun, auf unserer Intensivstation gilt aber, dass schnell deeskaliert bzw. abgesetzt wird.
Privat erlebe ich immer noch dieses "die Packung muss man unbedingt zu Ende nehmen, auch wenn es einem besser geht bevor sie leer ist, sonst bilden sich Resistenzen". Interessanterweise habe ich diese Meinung gerade auch im Penicillin-Beipackzettel gelesen.

Was ist denn da richtig bzw. bei euch üblich?

FirebirdUSA
07.11.2015, 19:12
Soviel ich weiß ist das fertig nehmen veraltet finde aber die Publikation nicht mehr.

Grombühlerin
07.11.2015, 19:33
Schade, dass hatte ich auch im Hinterkopf, finde die Quelle aber auch nicht mehr.

FirebirdUSA
07.11.2015, 20:22
Ich dachte es wäre in diesem Jahr auch im dt. Ärzteblatt gestanden in einem Kommentar oder Leserbrief...

Corinna
08.11.2015, 09:03
z.B. in der Leitlinie ambulant erworbene Pneumonie:
Zitat AWMF
"Die antibiotische Therapie kann 48 - 72 h nach klinischer Besserung mit Entfieberung, jedoch frühestens nach 5 Tagen beendet werden. Eine Therapiedauer von mehr als 7 Tagen ist im Regelfall nicht erforderlich (Kap. 13.3) (Empfehlungsgrad A)"

ninakatharina
08.11.2015, 20:09
Bei uns gilt (ausser bei neutropenen Patienten) zügig nach klinischer und paraklinischer Besserung deeskalieren, zügig beenden, in der letzten Fortbildung hat die klinische Infektiologin auch nochmal darauf hingewiesen, dass die Formel 7d/10d vollzumachen obsolet sei.

Bei neutropenen Patienten, die unter der Prophylaxe einen Infekt entwickelt haben, deeskalieren wir oftmals trotz regredienter EZP/Klinik erst nach Blutbildrekonstitution.

el suenio
11.11.2015, 22:19
Mir war bisher auch nur die Meinung bekannt, dass man es immer zu Ende nehmen sollte, zumal das auch in den jeweiligen Packungsbeilagen steht. Was mich aber schon immer verunsichert hat, ist die Tatsache, dass das in anderen Ländern anders gehandhabt wird. Ich weiß z.B. aus der Türkei, dass da Antibiotika bei gleicher Erkrankung viel kürzer verschrieben werden, als das hier der Fall ist. Ich habe mal im Netz geschaut und zumindest eine Antwort gefunden:
http://www.medizinauskunft.de/artikel/diagnose/krankheiten/Infektionen/13_06_antibiotika.php

Die Studie dazu ist vom Niederländer Jan Prins (Academic Medical Center in Amsterdam), ich finde sie allerdings nicht :-))

inglebird
12.11.2015, 09:12
Unterscheiden muss man noch, ob die AB-Therapie überhaupt indiziert ist/war.
Nach 48-72h Evaluation, ob indiziert, wenn nicht indiziert, sofort absetzen, sonst höherer Resistenzdruck (Dann niemals argumentieren "Packung muss zu Ende genommen werden")
Bei der ambulant erworbenen Pneumonie ohne Risikofaktoren hat sich die Behandlungsdauer über die Jahre auch verändert (ganz früher mal 10, dann 7, jetzt nur noch 5 Tage).
Nach "Entfiebern zügig absetzen" trifft aber auch nicht auf alle Krankheitsbilder zu. Eine abszedierende Pyelonephritis beispielsweise in meiner Klinik mindestens 14 Tage, je nach Risikofaktoren etc., egal wann entfiebert.

*milkakuh*
12.11.2015, 09:31
Welche Krankheitserreger fallen denn aktuell noch aus der "48-72h-Regel" heraus?
Ganz spontan fallen mir da Infektionen mit Streptococcus pyogenes und Borrelia burgdorferi ein.

Evil
12.11.2015, 13:25
Oh, da gibt es einige. Je nach Spezies wird eine bakterielle Endokarditis bis zu 6 Wochen antibiotisch behandelt, eine Clostridien-Enteritis sequentiell über Wochen mit Pausen, eine XDR-Tb bis zu einem Jahr, etc. Die Liste läßt sich fortsetzen.