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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Verapamil mit Calcium antagonisierbar ?



LasseReinböng
17.11.2015, 22:05
Was ist an der These dran, daß man Verapamil mit Calciumgabe antagonisieren kann ? Es gibt ja Akutsituationen, in denen man z.B. bei Vorhofflimmern eine Frequenzkontrolle durchführen möchte, der Patient dabei aber mit dem Blutdruck die Grätsche macht, weil man eine Hypovolämie oder evtl. eine Herzinsuffizienz unterschätzt/ nicht erkannt hat.

Laut manchen Lehrbüchern sollen hier Calciumantagonisten wie Verapamil/Diltiazem günstiger sein als beispielsweise beta-Blocker, weil sich deren Gabe durch Calcium antagonisieren lasse - wie sind Eure Erfahrungen damit ? Gelegentlich wird auch empfohlen, eine Testdosis Esmolol zu geben, und falls der Patient dies hämodynamisch mitmacht, bei Nachlassen der Wirkung Beloc zu spritzen ?!

Bei uns auf dem NEF gibt es allerdings kein Esmolol sondern nur Beloc +Isoptin.

Magnesium wird bei uns auf der ITS auch immer gerne gegeben bei TAA/VHF... in der Vorstellung, Magnesium könne ja nur vorteilhaft sein, keine böse Chemie und so...allerdings finde ich das Medikament jetzt gar nicht so überzeugend...die Blutdruckabfälle sind teilweise drastisch, da funktioneller Calciumantagonist und im Ggs zu Beloc/Isoptin völlig unspezifischer Wirkmechanismus, d.h. die Gefäßmuskulatur wird hierbei auch gehörig relaxiert.

Logo
18.11.2015, 20:35
Hm. Habe bisher noch keinen Fall gehabt, wo ich schnell ne Frequenzkontrolle brauchte. So schnell entsteht ja keine "Tachymyopathie". Innerhalb von 48-72h hat man die meist regulär eingebremst. Mit großzügig Lanicor iv. (Stop wenn Pat. spuckt und bunte Bilder sieht 😉) plus Betablocker im "Notfall" auch in einer Nacht. Aber wozu EKG Kosmetik?
Wenn der hämodynamisch wirklich instabil ist nehme ich Elektrik...

Oder ich habe die Frage nicht verstanden... 😃😉

Nemesisthe2nd
18.11.2015, 21:01
Es ging glaube ich um die Hypotonie die durch Betablocker (und auch durch Verapamil) entstehen kann. Wenn der Druck knäpplich ist kann man Volumen geben (solange der Patient nicht total kardial dekompensiert ist) oder wie Logo schon sagte eben zu Digitalis-Präperaten greifen. Und der zweite Punkt wenn auch schon genannt, wenn instabil dann Strom.

Verapamil finde ich schwierig, weil ja doch die meisten Patienten mit Betablocker vormediziert sind, wenn man sie in die Hände bekommt.

WackenDoc
18.11.2015, 22:09
Calzium geben wir präklinisch eigentlich nur bei Überdosierungen von Ca-Antagonisten. Ich glaub, so richtig antagonisierbar ist das aber nicht.

Betablocker gehen an sich ganz gut im Akutfall- also Frequenz so unschön, dass man es nicht lassen will, aber Patient nicht so instabil, dass man sofort bratzeln will.
Der Patient wird ja überwacht und den Blutdruckabfall bekommt man mit den üblichen Möglichkeiten hin. Bist halt a weng vorsichtiger mit dem Betablocker.
Und du hast nicht das Problem, dass der Patient ne Vormedikation vergisst anzugeben oder das Problem, dass du nicht dran denkst.

ehem-user-02-08-2021-1033
19.11.2015, 09:06
Verapamil finde ich schwierig, weil ja doch die meisten Patienten mit Betablocker vormediziert sind, wenn man sie in die Hände bekommt.

Ich hielt schon einen Arztbrief über den stationären Aufenthalt von 1 Tag auf ITS in den Händen in dem sinngemäß stand:
"Wir übernahmen den Patienten mit TAA und Verapamil-Perfusor. Da Verapamil nichts nützte begannen wir eine i.v. Therapie mit ß-Blocker und digitalisierten den Patienten bei anhaltender TAA frustran, so dass wir dann mit einer Amiodarontherapie begannen."
Zeitraum: über 24 h

:-oopss

LasseReinböng
28.11.2015, 21:18
Calzium geben wir präklinisch eigentlich nur bei Überdosierungen von Ca-Antagonisten. Ich glaub, so richtig antagonisierbar ist das aber nicht.

Betablocker gehen an sich ganz gut im Akutfall- also Frequenz so unschön, dass man es nicht lassen will, aber Patient nicht so instabil, dass man sofort bratzeln will.
Der Patient wird ja überwacht und den Blutdruckabfall bekommt man mit den üblichen Möglichkeiten hin. Bist halt a weng vorsichtiger mit dem Betablocker.
Und du hast nicht das Problem, dass der Patient ne Vormedikation vergisst anzugeben oder das Problem, dass du nicht dran denkst.


Hallo,

danke für die Nachrichten und sorry für die späte Antwort. So etwa wie Wacken meinte ich es...es ging mir nicht um das strikte befolgen des ACLS-Schemas sondern z.B. um hämodynamisch stabile Patienten, die man aber ungern stundenlang mit einer 150er Frequenz zappeln lassen möchte, z.B. weil gleichzeitig eine KHK vorliegt.

LasseReinböng
28.11.2015, 21:23
Ich hielt schon einen Arztbrief über den stationären Aufenthalt von 1 Tag auf ITS in den Händen in dem sinngemäß stand:
"Wir übernahmen den Patienten mit TAA und Verapamil-Perfusor. Da Verapamil nichts nützte begannen wir eine i.v. Therapie mit ß-Blocker und digitalisierten den Patienten bei anhaltender TAA frustran, so dass wir dann mit einer Amiodarontherapie begannen."
Zeitraum: über 24 h

:-oopss

Hätte von unserer ITS stammen können, bis auf die Tatsache, daß ich bei uns noch keinen Dösbaddel gesehen habe, der Beta - Blocker mit Verapamil/Diltiazem kombiniert.

Ansonsten wird bei uns sehr schnell zu Amiodaron gegriffen, was ich sehr bedenklich finde. Vor der Elektrokardioversion haben alle Respekt, aber Amiodaron wird oft völlig bedenkenlos eingesetzt. Dem Hirn nach Apoplex ist es aber egal, ob das Herz elektrisch oder pharmakologisch in den SR kardiovertiert wurde.

SuperSonic
29.11.2015, 18:20
es ging mir nicht um das strikte befolgen des ACLS-Schemas sondern z.B. um hämodynamisch stabile Patienten, die man aber ungern stundenlang mit einer 150er Frequenz zappeln lassen möchte, z.B. weil gleichzeitig eine KHK vorliegt.
Wenn der Pat. hämodynamisch stabil ist, kann man mit einem Betablocker nicht viel falsch machen. Ich persönlich gebe als erstes 1 Amp. Lopresor langsam i.v. Bei unzureichender Frequenzkontrolle nach angemessener Wartezeit wird oft eine Digitalisierung begonnen (natürlich im stationären Setting, nicht präklinisch). Hierbei muss man beachten, dass Digitalis u. a. bei akutem Myokardinfarkt relativ kontraindiziert und bei vorgesehener elektrischer Kardioversion absolut kontraindiziert ist (Fachinfo).



Ansonsten wird bei uns sehr schnell zu Amiodaron gegriffen, was ich sehr bedenklich finde. Vor der Elektrokardioversion haben alle Respekt, aber Amiodaron wird oft völlig bedenkenlos eingesetzt. Dem Hirn nach Apoplex ist es aber egal, ob das Herz elektrisch oder pharmakologisch in den SR kardiovertiert wurde.
Eine Amiodaron-Gabe führt ja keineswegs gleich zur pharmakologischen Kardioversion eines VHF. Es hat sehr wohl einen Stellenwert in der Frequenzkontrolle, wenn Betablocker/Diltiazem/Verapamil nicht ausreichend wirksam oder kontraindiziert sind (bspw. laufender Katecholaminperfusor). Und der typische TAA-Patient ist ohnehin bereits länger antikoaguliert.

Entscheidungsbaum aus der entsprechenden AHA Guideline (http://circ.ahajournals.org/content/130/23/e199.full): http://circ.ahajournals.org/content/130/23/e199/F6.expansion.html

LasseReinböng
30.11.2015, 22:11
Eine Amiodaron-Gabe führt ja keineswegs gleich zur pharmakologischen Kardioversion eines VHF. Es hat sehr wohl einen Stellenwert in der Frequenzkontrolle, wenn Betablocker/Diltiazem/Verapamil nicht ausreichend wirksam oder kontraindiziert sind (bspw. laufender Katecholaminperfusor). Und der typische TAA-Patient ist ohnehin bereits länger antikoaguliert.

Entscheidungsbaum aus der entsprechenden AHA Guideline (http://circ.ahajournals.org/content/130/23/e199.full): http://circ.ahajournals.org/content/130/23/e199/F6.expansion.html


Natürlich dauerts beim Amiodaorn eine Weile, bis der Patient in den SR umspringt...aber der kausale Zusammenhang ist da, das Medikament ist potentiell rhythmisierend.

Bzgl. Antikoagulation - das ist bei mir auf der operativen ITS anders, perioperativ sind naturgemäß viele Patienten nicht antikoaguliert.