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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Anerkennung von Teilzeit-Weiterbildung bei (fast) vollen 40 Stunden



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Molipoli
14.12.2015, 13:44
Ich möchte gerne auf ein Problem aufmerksam machen, über das ich kaum irgendwelche Meinungen finde und würde mich über Rückmeldung freuen.
Insbesondere spreche ich alle Mütter und Väter in ärztlicher Weiterbildung an, die ggf. in Teilzeit arbeiten oder entsprechendes planen.

Nehmen wir das Beispiel einer 75%-Stelle
Tatsache ist ja, dass die Ärztekammern bei einer 75% Stelle (=30 Stunden) auch die Weiterbildungszeit nur zu 75% anerkennen. Unberücksichtigt bleiben alle Stunden, die durch Nachdienste oder Wochenenden anfallen.

Bedeutet, dass ich bei einer vertraglich festgelegten Arbeitszeit von 30 Stunden mit zusätzlicher Nachtarbeit und Wochenendarbeit faktisch auf ca. 40 Stunden komme. Trotzdem wird mir meine Weiterbildung nicht entsprechend einer 40-Stunden-Woche (=was ja 100% entspräche) anerkannt.

Kritische Stimmen könnten nun sagen: "in der Nacht lernt man ja auch nicht so viel". Hier müsste man jedoch auch berücksichtigen, dass es Kollegen gibt, die im Schichtdienst arbeiten. Bedeutet, dass deren 40-Stunden-Vertrag auch Nachtarbeit und Wochenendarbeit enthält, die ganz selbstverständlich in die Weiterbildungszeit mit einfließt.

Wie ist Eure Meinung dazu?

ChillenMitBazillen
14.12.2015, 13:53
Ja, genauso ist das leider. In der letzten Marburger Bund-Zeitung war sogar ein Gerichtsurteil dazu, das genau das bestätigt hat.

Nurbanu
14.12.2015, 13:57
Vollzeit ohne Opt-Out - max. 48 Stunden - 100 % WB-Zeit --> die neue Teilzeit, wenn man klug ist und ansonsten das Pech hätte tatsächlich mehr arbeiten zu müssen als vertraglich geregelt.

Molipoli
14.12.2015, 14:41
Gibt es einen Link zu dem Urteil?

ChillenMitBazillen
14.12.2015, 14:55
Verwaltungsgericht (VG) Hannover, Urt. v. 21.1.2015 -5 A 8219/14-
http://openjur.de/u/758800.html

Die Verlängerung einer in Teilzeit erfolgenden Facharztweiterbildung entfällt nicht aufgrund der Ableistung von Nachtdiensten, Bereitschaftsdiensten und Überstunden.

Feuerblick
14.12.2015, 15:44
Würde man auch bei Vollzeitbeschäftigten die Dienste einrechnen, dann könnten die ja ihre Weiterbildung verkürzen. Die kommen ja auch deutlich über die "normalen" Vollzeitstunden ;-)

Molipoli
14.12.2015, 16:03
Vielen Dank für den Link.
Es wird wie folgt argumentiert: "....Beim Bereitschaftsdienst bestehe in den Kliniken lediglich eine oberärztliche Rufbereitschaft, was nur eine eingeschränkte Supervision der ärztlichen Tätigkeit erlaube. Eine 80%ige Tätigkeit könne nicht allein durch Bereitschaftsdienste auf 100% aufgestockt werden, da der Weiterbilder und die Oberärzte nachts persönlich nicht anwesend seien...."

Das passt meines Erachtens nicht zu der Anerkennung der Weiterbildung im Schichtdienst.

Fr.Pelz
14.12.2015, 18:26
Aber im Schichtdienst ist doch eine Supervision gegeben, oder wie läuft das da ab? Sonst dürfte ja in Schichtdienstmodellen überhaupt keine Weiterbildung stattfinden.

FirebirdUSA
14.12.2015, 18:45
Viel spannender ist was passiert wenn du an der Uni eine 90% Stelle hast = 37,8h/Woche. Je nach Tarifvertrag sind an einem anderen Haus 38h/Woche 100%.
Davon abgesehen finde ich die Anerkennung von Schichtdienst aber nicht von BD Zeiten logisch. Bei BD ist definitionsgemäß offiziell der Arbeitsanteil <50%.

Mano
14.12.2015, 18:46
Ich kenne kein Haus, bei dem die Weiterbildung im Tagesdienst strukturierter oder lehrreicher wäre als im Bereitschaftsdienst. Meiner Meinung nach sollte die Zeit anerkannt werden - natürlich nur entsprechend der tatsächlichen Arbeitsbelastung (d.h. 25-49%).
Aber es fängt ja schon damit an, dass 100% irgendetwas zwischen 38- und 42-Wochenstunde sein kann; von unterschiedlichen Urlaubsansprüchen ganz zu schweigen.

Fr.Pelz
14.12.2015, 18:56
Ich kenne kein Haus, bei dem die Weiterbildung im Tagesdienst strukturierter oder lehrreicher wäre als im Bereitschaftsdienst. Meiner Meinung nach sollte die Zeit anerkannt werden - natürlich nur entsprechend der tatsächlichen Arbeitsbelastung (d.h. 25-49%).
Aber es fängt ja schon damit an, dass 100% irgendetwas zwischen 38- und 42-Wochenstunde sein kann; von unterschiedlichen Urlaubsansprüchen ganz zu schweigen.

Ich finde schon, dass die WB im Tagesdienst strukturierter sein kann. Beispiel Chirurgie: Im Tagdienst steh ich für den nächsten Tag auf dem OP-Plan für einen Eingriff, auf den ich mich vorbereiten kann. In der Inneren bin ich vielleicht in einer Funktionsdiagnostik eingeteilt und bekomme dort idealerweise eine gute Anleitung. Im Bereitschaftsdienst lernt man natürlich auch (und auch Dinge, die im Tagdienst selten vorkommen)aber eben selten strukturiert, da eine Vorbereitung und Evaluation (zeitnah) kaum möglich ist.

Insgesamt ist es natürlich ungünstig für die TZ-WBler, aber insgesamt schon gerecht (siehe Feuerblicks Argument).

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14.12.2015, 18:58
Würde man auch bei Vollzeitbeschäftigten die Dienste einrechnen, dann könnten die ja ihre Weiterbildung verkürzen. Die kommen ja auch deutlich über die "normalen" Vollzeitstunden ;-)

Das ist der Kernpunkt IMO.
Ich käme mir verarscht vor, wenn ich Vollzeit wuppe und jmnd. mit 70-Whatever-% die gleiche WBZ braucht weil er irgendwelche Dienststunden in seine Rechnung inkludiert...

Das ist so eine "Wasch mich, aber mach mich nicht nass" Mentalität.

Momentan nervt mich dieses Worklifebalance und Generation-X-Anspruchsverhalten sehr an. Es ist einfach tierisch beschissen da Dienstpläne zu basteln.


Sorry, musste mal auskotzen.

WackenDoc
14.12.2015, 19:13
Am einfachsten wäre es doch, wenn du die Stunden nicht als frei nimmst, einfach den Vertrag von den Stunden zu erhöhen.

Muriel
14.12.2015, 19:21
Es kommt wirklich auf das Dienstmodell an. Eine Freundin hatte mit 50% 44h/Woche gearbeitet, mit 75% (zumindest bis zur großen Schwangerschaftswelle in der Abteilung) 30h trotz Diensten und auch mehr verdient.

Moorhühnchen
14.12.2015, 19:49
Generation-X-Anspruchsverhalten
Generation X war die andere.... *klugscheiß*

In der letzten A&I sind seitenlange Artikel drin, daß man in der MusterWBO Anästhesie von diesen festen Zeitmodellen weg will und mehr die erworbenen Kenntnisse wertschätzen will. Wie das funktionieren soll ist mir auch nicht so ganz klar, aber es waren viele Beispiele abgebildet, zB. einmal jährlich verpflichtende Reanimationskurse, Sonokurse etc. Ob dafür dann generell auf die Vorgabe "mindestens 60 Monate WB-Zeit" verzichten will, habe ich noch nicht rauslesen können!
Dieses Prozent-Gerechne ist halt einfach bescheuert, egal ob für Voll- oder Teilzeitkraft.

Fr.Pelz
14.12.2015, 20:02
Generation X war die andere.... *klugscheiß*

In der letzten A&I sind seitenlange Artikel drin, daß man in der MusterWBO Anästhesie von diesen festen Zeitmodellen weg will und mehr die erworbenen Kenntnisse wertschätzen will. Wie das funktionieren soll ist mir auch nicht so ganz klar, aber es waren viele Beispiele abgebildet, zB. einmal jährlich verpflichtende Reanimationskurse, Sonokurse etc. Ob dafür dann generell auf die Vorgabe "mindestens 60 Monate WB-Zeit" verzichten will, habe ich noch nicht rauslesen können!
Dieses Prozent-Gerechne ist halt einfach bescheuert, egal ob für Voll- oder Teilzeitkraft.

Das stimmt. Dazu kommt dann noch das Geschummele beim chefärztlichen Bestätigen erbrachter WB-Leistungen und schon hat man teilkompentente Fachärzte :-oopss

Aber Dank an Nurbanu, du hast völlig Recht. Ich schreib sofort meine Opt-Out-Kündigung und verabschiede mich von Teilzeit-Gedanken zumindest am jetzigen Haus.

Mano
14.12.2015, 20:11
Ob der Wunsch nach einer 42-Stundenwoche wirklich übertriebenes Anspruchsverhalten ist...


Ich finde schon, dass die WB im Tagesdienst strukturierter sein kann. Beispiel Chirurgie: Im Tagdienst steh ich für den nächsten Tag auf dem OP-Plan für einen Eingriff, auf den ich mich vorbereiten kann. In der Inneren bin ich vielleicht in einer Funktionsdiagnostik eingeteilt und bekomme dort idealerweise eine gute Anleitung.

So sollte es natürlich idealweise sein. Aber wenn ich mir im Vergleich dazu die Chirugen bei uns anschauen, dann kommen da - zumindest die jungen Assistenten - allenfalls im Dienst zum selber operieren. Im Tagesgeschäft wird halt die große Tumorchirurgie gemacht und allle "Notfälle" (Galle, Appendix, VAC, Permcath), also alles was man so am Anfang operiert, wird erst im Dienst in Angriff genommen.

Fr.Pelz
14.12.2015, 20:14
Das ist schade. Bei uns gibt es extra eine Kurzliegerstation, auf der zb Hernien und Gallen liegen, die dann vom jeweils dort eingesetzen Assi unter oberärztlicher Supervision wegoperiert werden. Das Gros der cholezystektomien sind doch geplant, da würde sich die Anästhesie bedanken, wenn wir die erst im Dienst operieren würden.

Feuerblick
14.12.2015, 20:16
Und warum bleibt man an so einer Klinik in so einer Abteilung? Denen sollte man die Weiterbildungsermächtigung entziehen, denn Weiterbildung im Dienst ist keine Weiterbildung :-meinung

Mano
14.12.2015, 22:16
Gute Frage - ich beobachte das auch nur aus der Entfernung ;-)
Aber das Phänomen gibt es häufiger, wenn sicherlich auch nicht immer so ausgeprägt.