PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Chirugie: Weniger Assistenten gleich bessere Ausbildung?



Seiten : [1] 2 3

geisterhome
17.01.2016, 20:27
Hallo liebe Leute,

bin mit der operativen Ausbildung in meiner Klinik kaum noch zufrieden, ich denke mittlerweile es könnte an der gefühlten Überbesetzung liegen die wir haben mit einem ganzen Sack voll Assistenzärzten, mit ähnlichen Ausbildungsstand. Sprich alle kommen für ähnliche OPs in Frage. Oder ist das ein Trugschluss?

Ex-PJ
17.01.2016, 20:43
Hallo. Das kann natürlich der Grund sein [Ist in internistischen Abteilungen bezüglich Funktionsuntersuchungen oder Intensivrotation aber auch so].
Nach Wechsel könnte es besser werden. Es kann Dir aber auch passieren, daß auf einer neuen Stelle nur Lieblinge des Chefs oder des Oberarztes bevorzugt für (interessante) Operationen eingeteilt werden oder Du die chirurgische Ambulanz machen sollst.

Kackbratze
17.01.2016, 22:44
Wir sind eine kleine unterbesetzte Abteilung. Du kommst nicht vernünftig in den OP. Alle operieren den gleichen Kleinkram, egal welcher Ausbildungsstand, weil die "grossen Eingriffe" schnell gemacht werden müssen. Und das kann ein Weiterbildungsassistent nicht, der braucht Zeit und Ausbildung, aber dann stimmen die Zahlen nicht, also wird nicht ausgebildet sondern auf Station verheizt.
Also hauen die, die es können ab und der Rest darf noch mehr "ohne OP" machen.

Es ist egal, wie groß eine Abteilung ist, es kommt auf die Struktur des Personals und die Ausbildungsstruktur an. Ich war auch schon in einer kleinen Abteilung mit der gleichen Stellenbesetzung, wo alle Assistenten ausgebildet wurden. Es wurde halt gezielt und strukturiert darauf hingearbeitet und eingestellt.

Ich hoffe damit klarmachen zu können, das sowas ein Abteilungs- und kein Personalproblem ist.

MARTINAX
18.01.2016, 10:35
Eine Abteilung ohne Struktur bringt aus eigener Erfahrung keinen weiter. Insofern ist es absolut natürlich, dass man da ganz schnell "abhauen" möchte.

Fr.Pelz
18.01.2016, 11:11
Wir sind eine kleine unterbesetzte Abteilung. Du kommst nicht vernünftig in den OP. Alle operieren den gleichen Kleinkram, egal welcher Ausbildungsstand, weil die "grossen Eingriffe" schnell gemacht werden müssen. Und das kann ein Weiterbildungsassistent nicht, der braucht Zeit und Ausbildung, aber dann stimmen die Zahlen nicht, also wird nicht ausgebildet sondern auf Station verheizt.
Also hauen die, die es können ab und der Rest darf noch mehr "ohne OP" machen.

Es ist egal, wie groß eine Abteilung ist, es kommt auf die Struktur des Personals und die Ausbildungsstruktur an. Ich war auch schon in einer kleinen Abteilung mit der gleichen Stellenbesetzung, wo alle Assistenten ausgebildet wurden. Es wurde halt gezielt und strukturiert darauf hingearbeitet und eingestellt.

Ich hoffe damit klarmachen zu können, das sowas ein Abteilungs- und kein Personalproblem ist.

Ich will hier mal kurz anmerken, dass es bei uns eine sehr sinnvolle Lösung gibt: Die Assis sind auf die Stationen verteilt und rotieren nach einem Plan- es operiert aber jeder auch nur die Patienten "seiner" Station. Hat zur Folge, dass man 6 Monate gefäßchirurgisch assistiert, 6 Monate viszeralchirurgisch etc, dabei hat man eine extrem steile Lernkurve (und für die Abwechslung hat man ja immer noch die Dienste, wo man dann wieder alles sieht.
Die Assis, die gerade wegen Common trunk auf ITS/ IMC oder Notaufnahme sind, gehen gar nicht in den OP. Ist zwar schade, aber dafür lernt man ja in der Zeit was anderes.

Vielleicht ist das ja für euch auch was (wo das zugegebenermaßen nur in größeren Häusern sinnvoll ist, aber es hört sich ja so an, als wärst du in einer großen Klinik)

Kackbratze
18.01.2016, 11:30
Für eine strukturierte Ausbildung braucht man:
1. Eine Chef der das umsetzen lässt
2. Oberärzte die das auch wollen oder vom Chef zum wollen gebracht werden

Welche Struktur man da genau wählt ist sehr individuell, an erste Stelle muss der Wille zur Weiterbildung stehen. Wenn der nicht gegeben ist, kann das nix werden.

In der anderen Abteilung waren es feste 6 Wochen Rotationen. Einer Station, einer AmbulanzOP, einer ZentralOP. In den 6 Wochen hat man sich entweder die Finger wund operiert/definitiv was gesehen oder sich auf Station in die Wundtherapie/Patientenversorgung einarbeiten können.

Das Prinzip bei euch ist genauso spannend, da es ja konsequent umgesetzt wird. Wenn die Weiterbildung nicht funktioniert, hauen die schlauen als erstes ab. Dann bricht das schlechte Konstrukt noch mehr auseinander....Abteilungsführung ist sicherlich kein Zuckerschlecken, aber dafür bekommt man auch das Chef-Gehalt.

davo
18.01.2016, 11:44
Ist eigentlich erschütternd, dass man ohne strukturierte Rotationen eine Weiterbildung überhaupt durchführen darf... da gäbs in den USA keine Akkreditierung :-))

Fr.Pelz
18.01.2016, 11:49
Konsequent ja. Hier käme gar keiner auf die Idee, in seiner viszeralchirurgischen Zeit was thoraxchirurgisches operieren zu wollen :-D War auch erstaunt, als ich mitbekommen habe, dass es anderswo anders läuft. Wir haben ja auch noch eine septische Station, auf der man Wunden lernt...

MARTINAX
18.01.2016, 12:11
Für eine strukturierte Ausbildung braucht man:
1. Eine Chef der das umsetzen lässt
2. Oberärzte die das auch wollen oder vom Chef zum wollen gebracht werden

Welche Struktur man da genau wählt ist sehr individuell, an erste Stelle muss der Wille zur Weiterbildung stehen. Wenn der nicht gegeben ist, kann das nix werden.

In der anderen Abteilung waren es feste 6 Wochen Rotationen. Einer Station, einer AmbulanzOP, einer ZentralOP. In den 6 Wochen hat man sich entweder die Finger wund operiert/definitiv was gesehen oder sich auf Station in die Wundtherapie/Patientenversorgung einarbeiten können.

Das Prinzip bei euch ist genauso spannend, da es ja konsequent umgesetzt wird. Wenn die Weiterbildung nicht funktioniert, hauen die schlauen als erstes ab. Dann bricht das schlechte Konstrukt noch mehr auseinander....Abteilungsführung ist sicherlich kein Zuckerschlecken, aber dafür bekommt man auch das Chef-Gehalt.

Bei meinem alten Chefarzt war es uns nicht wichtig wie oft wir im OP stehen, oder wie viele Dienste wir machen muessen, sondern was können wir gutes Tun um Ihn und die Mannschaft zu entlasten. Umgekehrt fragte er uns, ob nun in Einzelgesprächen oder in Teambesprechungen, wie er unsere Arbeit erleichtern kann. Auch hier fühlten die meisten eine Ehre und Verbundenheit mit Ihm arbeiten zu können. Es war kein Zwang oder eine Benachteiligung zu spüren. Die wenigsten waren unzufrieden, die Dienstpläne hingen Wochen vorher aus und es wurde kaum getauscht. Keiner beschwerte sich über zu wenige Operationen. Die Organisation mancher Chefärzte ist immens wichtig in solchen Angelegenheiten. Ein guter Chefarzt muss delegieren und vernünftige Entscheidungen treffen. Es lässt sich nicht einfach daher sagen welche Voraussetzungen ein Chefarzt, für die Position die er bekleidet, haben muss. Gewiss ist ein Chefarzt eine Respektperson, das haben einige und Sie sind dann Charismatisch und finden schneller Zugang zu den Menschen um sich herum, ob nun Ober- und Assistenzärzte, oder der ganze Apparat von Pflege - und Verwaltungsangestellten, alle können mit Ihm reden und umgehen. Solch einer Person dann gegenüber zu treten ehrt einen. Es ist dann viel mehr als nur Respekt gegenüber den "Chef". Und wenn man Ihn dann als "Chefarzt" ruft, dann kommt das auch aus echter Überzeugung.

Feuerblick
18.01.2016, 12:14
*schmunzel* Auch wenn sich so mancher Chefarzt für gottähnlich halten mag, ein kleines "i" bei "ihm" reicht völlig aus ;-)

Fr.Pelz
18.01.2016, 13:38
Hehe, das finde ich jetzt auch lustig. Was soll denn "mehr als nur Respekt" sein? Ich hab großen Respekt vor meinem Chef, aber viel mehr auch nicht. Keine Angst, keine Anschmachtung :-))

Kackbratze
18.01.2016, 15:25
Liebe. Abgöttische Liebe. So soll es später bei mir auch sein.
Und wer nicht will, der wird gewollt....

klingelpütz
18.01.2016, 15:27
*schmunzel* Auch wenn sich so mancher Chefarzt für gottähnlich halten mag, ein kleines "i" bei "ihm" reicht völlig aus ;-)

Ich kenne da so ein Exemplar aus einer Abteilung meines Hauses, das sicherlich hocherfreut wäre bei dieser Schreibweise :-))

klingelpütz
18.01.2016, 15:27
*schmunzel* Auch wenn sich so mancher Chefarzt für gottähnlich halten mag, ein kleines "i" bei "ihm" reicht völlig aus ;-)

Ich kenne da so ein Exemplar aus einer Abteilung meines Hauses, das sicherlich hocherfreut wäre bei dieser Schreibweise :-))

BadGateway502
19.01.2016, 19:39
Chirugie: Weniger Assistenten gleich bessere Ausbildung?

Im Gegenteil, die Qualität der gesamten Ausbildung und allen voran die Patientenversorgung lässt an allen Etappen nach. Um mal nur einige Beispiele aufzuzählen: Die Notaufnahme wird rebellieren weil dann der Ambulanzarzt im OP steht oder anderweitig beschäftigt ist.mDie elektiven Aufnahmen werden immer und überall vernachlässigt, weil die Notfallaufnahme immer vor geht . Langweilig kann es einem auf Station auch nie werden - weil einfach immer Verwaltungsarbeit ansteht (Entlassungsbriefe , Dokumentationen/Kurvenvisiten, Gutachten und sonstige Stellungnahmen , OP-Berichte, Reha-Anträge und etliche Telefonate, etc.).Dienste und Ruhezeiten stimmen nicht mehr... Ein Mangel an Personal bedeutet zwangsläufig Umverteilung der gesamten Arbeitsbelastung an die übrigen Kollegen. Hinzu kommen Urlaub, Krankheit, Fortbildungen und Kollegen die ins Dienstfrei gehen.

Absolute Arrhythmie
20.01.2016, 07:14
@BadGateway502: ich feier deinen Usernamen :-))

Nurbanu
20.01.2016, 07:46
@BadGateway502: ich feier deinen Usernamen :-))

Herrlich. Bezüge zu reellen Gegebenheiten werden ausdrücklich ausgeschlossen und sind rein zufällig. ^^

Kackbratze
20.01.2016, 07:46
Ein Mangel an Personal bedeutet zwangsläufig Umverteilung der gesamten Arbeitsbelastung an die übrigen Kollegen. Hinzu kommen Urlaub, Krankheit, Fortbildungen und Kollegen die ins Dienstfrei gehen.

Korrekt. Als Assistent fühlt man sich erst unersetzbar, weil man als feste Säule der Klinik gewertet wird. Die obere Riege nimmt den geplanten Mangel, bei laufendem System, erstmal hin und gewöhnt sich dann daran. Wenn dann noch ein Ausfall dazukommt stehen alle plötzlich mit "Hose runter" da und der fehlende Assistent (egal ob Krankheit, Urlaub, Tod) ist erstmal Schuld.
Also werden die Abläufe ausserhalb des OP weiter gestreamlined mit dem Ergebnis, das der Assistent fast garnicht mehr in den OP kommt. Irgendwann kommen die Beschwerden über fehlende Ausbildung. Also wird durch "OP-Schmankerl" kompensiert (komm mal rein, mach mal den Whipple), aber das ist keine Ausbildung sondern billiges Zuckerbrot und Peitsche, was nach ca. 6 Monaten völliger Überarbeitung und fehlendem operativem Progress dann dem Letzten auffällt (ein Whipple alle 4 Monate kompensiert nicht die fehlende operative Ausbildung. Nur weil man sowas hingehalten bekommt heisst das nicht, dass man schichtgerechtes operieren beherrscht).

Also kommt entweder ein Assistenten-burnout oder ein Assistenten-Weggang. Noch mehr Engpässe, noch mehr schimpfende Chefs und das rasche Auffüllen der Lücke mit irgendwem, völlig unabhängig von den Fähigkeiten, Hauptsache "da".
Und wenn das dann noch eine absolute Graupe ist, hängen sich die verbliebenen Assistenten endgültig auf.

Und dann wundert sich die Führungsriege, warum es irgendwie nicht läuft.....ohne langfristiges Denken und eine langfristige Personalplanung ist fast jede Abteilung irgendwann sturmreif geschossen.
Erst fällt Assistentenarbeit zu den OAs, die wollen das nicht, hauen dann auch ab. Der letzte "gute" Assistent wird, bei fehlender operativer Vorausbildung, schnell zum F-OA gepusht was zwar den Stellenschlüssel weiter voll aussehen lässt, aber nur auf dem Papier.
Der F-OA muss von den verbliebenen OAs gestützt werden oder er verballert die Eingriffe. Die Komplikationsrate steigt.....etcetcetc

Und am Ende steht der Chef da und fragt sich, was da eigentlich schief gelaufen ist....

BadGateway502
20.01.2016, 13:00
@ AA like your name too!


Die obere Riege nimmt den geplanten Mangel, bei laufendem System, erstmal hin und gewöhnt sich dann daran. Wenn dann noch ein Ausfall dazukommt stehen alle plötzlich mit "Hose runter" da und der fehlende Assistent (egal ob Krankheit, Urlaub, Tod) ist erstmal Schuld.

Und Schwangerschaft nicht vergessen! Finde deine Aussage sehr zutreffend.



Und am Ende steht der Chef da und fragt sich, was da eigentlich schief gelaufen ist....

Ja was ist da wohl schief gelaufen :-nix
Also mal ganz ehrlich, wenn der CA keine Organistation hat, hilft da nix mehr. Als "Assi" hilft da nur noch die Flucht!

Kackbratze
20.01.2016, 13:54
Korrekt