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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wiedereinstieg als Arzt mit 40 nach 10 Jahren fachfremder Tätigkeit?



aufdersuche
03.02.2016, 15:03
Hallo alle zusammen,

ich stehe vor einer schwierigen Entscheidung/Herausforderung und wollte gerne einmal ein paar Meinungen dazu hören.

Ich habe nach dem Abitur Humanmedizin studiert, direkt danach über 3 Jahre in einem kleineren chirurgischen Fach als Assistent in Weiterbildung an einer Universitätsklinik in der unmittelbaren Patientenversorgung gearbeitet und während dieser Zeit Approbation und Promotion erworben. Das war von 2002 - 2006.

2006 habe ich mich dann im Rahmen einer freiberuflichen Selbstständigkeit von der Medizin komplett entfernt und war/bin als Quereinsteiger im Bereich Online/Internet unterwegs. Das hat die letzten 10 Jahre auch gut hingehauen. Allerdings stelle ich meine Arbeit (viel alleine, viel am Rechner "rumfrickeln") immer öfters in Frage und sehne mich nach Veränderung. Die Frage, die sich mir dabei stellt, lautet oft, ob es das schon war, immerhin habe ich auch noch ca. 25 Jahre Arbeit vor mir (ich bin jetzt 40 Jahre alt).

Die Tätigkeit in der Klinik damals habe ich zwar als ziemlich arbeitsintensiv empfunden, allerdings bin ich ganz gut damit zurecht gekommen, sowohl fachlich als auch im Team. Daneben war der erfüllende Aspekt auf jeden Fall da, wenn es um die Patientenversorgung ging.

Nun bin ich stark am Überlegen, ob ich nicht die erneute Kehrtwendung vollziehe und mich wieder in Richtung Medizin orientiere. Primär würde ich gerne wieder mehr und regelmäßiger mit Menschen zu tun haben und im Team im Rahmen einer Festanstellung arbeiten.

Im Moment schaue ich nach den etwas kleineren Nischen, da ich mir die klassische Karriere mit Nacht-/Stationsdiensten in den grossen Fächern noch nicht so recht vorstellen kann – das wäre aktuell 2. Wahl. Der Facharzt Öffentliches GSW, FA für Laboratoriumsmedizin oder FA für rehabilitative und physikalische Therapie scheinen ganz interessant…

Was meint Ihr? Vielen Dank für jegliche Meinung :)

Gruss!

Mexxi
03.02.2016, 18:40
Hallo aufdersuche,

ich wüsste nicht, was dagegen sprechen sollte. Ich bin den anderen Weg gegangen, habe in der Werbung angefangen und mich später für die Medizin entschieden und bin fest entschlossen in diesem Jahr das Studium zu beginnen (mit 27)... Es gibt Leute, die fangen noch deutlich später an. Du hast diesen Teil schon hinter dir und musst nur wieder einsteigen. Wenn es dich erfüllt und zurück in die Medizin zieht, solltest du es machen. Ich persönlich finde es ja immer ganz gut, wenn man noch andere Teile des Lebens kennengelernt hat... In diesem Sinne: viel Glück und alles Gute auf deiner Suche ;)

aufdersuche
05.02.2016, 21:10
Danke für Deine Antwort!

Was meint Ihr, was mehr Sinn macht: Einfach drauflos bewerben (nach Beschäftigung mit dem Fachgebiet und der Stelle), oder erstmal mind. 6 Monate Fortbildungen besuchen und damit Willen signalisieren?

Danke & Gruss.

Solara
05.02.2016, 23:25
Bewerben und gleichzeitig interessante Fortbildungen besuchen.

aufdersuche
10.02.2016, 13:14
Das habe ich nun getan und nach einigen Telefonaten sind ein paar Dinge in's Rollen gekommen.

Habe in den nächsten 2 Wochen zwei Vorstellungsgespräche:

• gastroenterologische Reha (DRV Bund)
• klassische Innere Medizin (städtisches Haus)

Dann noch eine Einladung einer Amtsärztin in ein Gesundheitsamt in einer der Nachbarstädte, um mir das mal ansehen zu dürfen.

Durchlebe ein Wechselbad der Gefühle: Zuversicht, Angst, Respekt, Euphorie, Unsicherheit – alles in kurzer Taktung.

wischmopp
10.02.2016, 15:14
Super! Viel Glück bei den Gesprächen!

Das wird schon, wieso auch nicht?

mountainview
10.02.2016, 15:51
Auch von mir viel Erfolg für die Gespräche!

tragezwerg
10.02.2016, 15:54
:-top Alles Gute!
Das wird schon!

libra17
12.02.2016, 07:06
Hallo! Ich muss erst mit dem Studium Anfangen hab aber bei Fertigstellung die 40 auch schon angekratzt :-)) Wäre also interessant zu erfahren wie es so bei der Arbeitssuche abläuft Weinmann schon ein gewisses Alter hat . Dein Vorteil natürlich die ersten Jahre Erfahrung die du vorweisen kannst.
Auf jeden Fall, viel Glück! Bin schon gespannt auf deine Rückmeldung :)

wischmopp
12.02.2016, 08:23
Wäre also interessant zu erfahren wie es so bei der Arbeitssuche abläuft Weinmann schon ein gewisses Alter hat

Ist kein Problem, solange Du einigermaßen flexibel bist. Erschwerend sind Wünsche wie Großstadt (zumindest einige) oder Teilzeit. Das Alter ist überhaupt kein Problem. Und es gibt durchaus Chefs, die eine gewisse Lebenserfahrung und reifere Ausstrahlung (auch dem Patienten gegenüber) sehr schätzen....

aufdersuche
19.02.2016, 17:23
Hallo alle zusammen,

ich habe diese Woche 4 Bewerbungsgespräche gehabt: 3 waren per schriftlicher Bewerbung meinerseits letzte Woche gebahnt, das heutige hat sich während eines Bewerbungsgespräches am Dienstag ergeben :-wow – die Kollegin hatte kurzerhand während unseres Gesprächs im Nachbarort im KH angerufen und gefragt, ob Stellen vakant sind, da ich für sie wegen fehlender Qualifikation im Moment nicht in Frage komme.

Generell waren die Gespräche sehr positiv und haben mir geholfen, meine eigene Position/Wert deutlich besser zu finden und zu bestimmen.

Insgesamt ist der Dialog schon von Unsicherheit auf beiden (!) Seiten und einem gegenseitigen vorsichtigen "Abtasten" geprägt. Hier hätte ich mehr Asymmetrie erwartet, also mehr bohrende Fragen, die mich in die Defensive bringen und heruntergelassene Vorhänge auf der anderen Seite. Aber ganz im Gegenteil, bis jetzt sind es sehr menschliche und freundliche Gespräche gewesen.

Durch meine selbstständige Tätigkeit in den letzten 10 Jahren bin ich recht kommunikationsstark und das kommt wohl gut an. Auf der Gegenseite steht meine medizinische Pause von 10 Jahren, die zu gefühlter Irritation führt. Allerdings haben alle Chefs/Chefinnen betont, dass man das schnell wieder lernt bzw. eingearbeitet wird.

Was man deutlich merkt, ist die Ärzteknappheit und das Ringen/Suchen nach verlässlichen Leuten. Da habe ich Moment wohl einfach Glück und die Personalverantwortlichen wissen auch, dass es ein Geben und Nehmen ist.

Bei 2 von den 4 Gesprächen könnte ich nun direkt anfangen bzw. wurde mir signalisiert, dass ich nur zusagen muss, z. T. mit anderen Bewerbern, z. T. ohne.

Nun bin ich am Hadern, was ich mache:

• 1 Jahr WBF Innere in einer Rehaklinik, wo ich das Gefühl hatte, sehr gut aufgenommen zu werden: Chef, Assistenzärzte, OA – alle nett und herzlich, Arbeitsklima scheint zu stimmen, es gibt einen Mentor für neue Kollegen, regelmäßige Rea-Weiterbildung für Dienste, 3 - 4 Dienste

• 1 Jahr WBF Innere + volle WBF für Psychiatrie (die ich gerne mindestens 6 Monate hätte) in einem Psychiatrie KH mit vollem Psych-Spektrum: 2 - 3 Dienste (die es aber wohl in sich haben)

Tariflich sind beide am Marburger Bund orientiert, d. h. normales Assi-Gehalt, bei mir ist es sicher noch Verhandlungssache, auf welcher Stufe ich mit meinen 3 Jahren einsteige, auf Stufe 1 würde ich mich nicht einlassen.

Die Rehaklinik wäre sozusagen die pragmatische "Kuschellösung", da könnte ich mir vorstellen, "gut anzukommen", müsste allerdings nach 12 Monaten wieder los und weitere 12 Monate Innere woanders machen.

In der Psychiatrie könnte ich die mir wichtige WB für 6 Monate in Psychiatrie und 12 Monate Innere machen und wäre erstmal 18 Monate versorgt, wenn es Spass macht auch gerne etwas länger. Hier bin ich aber im Moment unschlüssig bzw. befangen, wie ich mit den Patienten und den teilweise auftretenden Grenzsituationen zurecht komme: Ich denke da u. a. an die Zwangseinweisungen/Fixierungen, an die dann natürlich fehlende Einsicht und sicherlich auch an die damit verbundene Frustration, einfach nicht weiterzukommen, weil der Patient nicht will oder kann. Es würde halt sehr "menscheln" und das ist auch ein krasser Gegensatz zu meiner Arbeit am Rechner der letzten Jahre. Ich weiss im Moment einfach noch nicht, ob ich dem gewachsen bin, so ein Computer beschwert sich ja nicht lautstark, wenn ihm was nicht passt und der hat auch kein Begehren im eigentlichen Sinne :D

In der Reha pragmatisch Rehaziele auszuarbeiten/festzulegen und zu sehen, dass diese Maßnahme auch zu einer Verbesserung der Lebensqualität für den jeweiligen Patienten führt, erscheint mir bei meiner Unsicherheit mir selbst gegenüber zielführender zu sein, es wäre der einfachere Weg.

Werde nun als Nächstes mal in der Psychiatrie 1 - 2 Tage hospitieren und schauen, was dann in mir passiert. Dabei kann ich ja auch mit den anderen Assistenzärzte sprechen. Evtl. sind meine Ängste unbegründet…

fMRI
28.02.2016, 04:30
Du hast 10 Jahre in einem anderen Bereich gearbeitet, es gibt auch Kolleg(inn)en, die wegen Kindern und Babypausen-in-Serie auch (fast) so lange nicht in diesem Bereich gearbeitet haben, zwischendurch Teilzeit etc. Das ist ja auch kein Problem. Ein Kollege kam nach 6 Jahren zurück um seinen FA in Neuro fertig zu machen und meinte, nach Woche 1 (!), es würde sich so anfühlen, als wäre er "nie weg gewesen". Er hatte vorher auch als Vorbereitung ein paar Konferenzen und öffentliche Vorträge besucht und ein paar Bücher gelesen. (In den 6 Jahren hat er einen Master gemacht und dann in einem Schreibtisch-lastigen Job gearbeitet, also keine Patienten gesehen). Also nach einer Woche ist es, als wärst Du nie weg gewesen.
Viel Erfolg, für was auch immer Du Dich entscheidest. :-)

GelbeKlamotten
05.06.2016, 16:58
aufdersuche, darf ich rein aus eigenem persönlichem Interesse fragen, in welchem Bereich du Online genauer tätig warst? Gern auch per PN

aufdersuche
05.06.2016, 20:12
So, mittlerweile habe ich ein paar Wochen Psychiatrie auf dem Buckel. Eine Woche hat es (leider) nicht nur gedauert, bis ich etwas ruhiger und sicherer wurde, aber seit letzter Woche scheint es langsam zu werden. Bin ziemlich auf der Hut, dass ich nix wichtiges somatisches übersehe, bis jetzt hat das einigermassen geklappt. Der Rest (Kommunikation und Organisation) geht auch ganz gut. Muss jetzt nebenbei sehen, dass ich mir den Herold und den Klinikleitfaden Innere wieder draufbringe, das ist nach Feierabend gar nicht mehr so einfach. Zumindest ist noch etwa Wissen da, wenn auch nur fraktioniert und das auch noch verschüttet.