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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Lithiumtherapie bei psychischen Erkrankungen



KalleTheDog
04.02.2016, 17:25
Hallo liebe Human-Kollegen,

ich hab da mal ne Frage:

Kann mir jemand mehr zum Einsatz von Lithium in der Therapie von psychischen Erkrankungen (bipolare Störungen, Manie) erzählen?
Wirkungsweise? Nebenwirkungen? Therapieformen? Therapie und Alltag? Erfahrungsberichte?

Danke vorab.

Hintergrund: Familiäres Umfeld :-(

LolaBlau
04.02.2016, 18:09
Hallo,

ich beantworte mal zumindest einen Teil der Fragen.
Lithium ist nach Leitlinien Therapie der ersten Wahl bei bipolaren Störungen und Manien und auch meiner ersönlichen Erfahrung nach da gut wirksam. Die genaue Wirkungsweise weiß ich so auf die Schnelle gar nicht. Wichtig ist halt, dass Lithium einen sehr kleinen therapeutischen Bereich hat und es daher relativ schnell zu einer Intoxikation kommen kann. Wichtig sind daher Spiegelkontrollen und eine relativ gute Compliance des Patienten. DIe wichtigste Nebenwirkung ist denke ich die mögliche Nephrotoxizität, daher sind regelmäßige Kreatininkontrollen wichtig. Bei einer akuten Manie gibt es leider aber auch wenige Alternativen, zumindest keine die ähnlich wirksam sind.
Das wäre so von mir erst mal etwas auf die Schnelle...

*milkakuh*
04.02.2016, 18:28
DIe wichtigste Nebenwirkung ist denke ich die mögliche Nephrotoxizität, daher sind regelmäßige Kreatininkontrollen wichtig.
Machen da Kreatininkontrollen im Serum wirklich Sinn? Habe gerade erst gelernt, dass sich das Serumkreatinin erst bei einer Nierenfunktionseinschränkung von 50% und mehr ändert und daher ein eher ungeeigneter Marker für die Nierenfunktion ist.

Lithium wird auch zusätzlich bei therapieresistenten Depressionen eingesetzt.

Mehr kann ich leider auch nicht beitragen. Aber wir haben hier im Forum ja ein paar (angehende) Psychiater, die sicher von ihren Erfahrungen berichten können. :-)

par
04.02.2016, 21:02
Was ich in der Neuro mit meiner bescheidenen "Erfahrung" doch recht häufig sehe (natürlich präselektiert...) sind Tremor und extrapyramidalmotorische Symptome im Sinne eines sekundären Parkinson-Syndroms unter Lithium im therapeutischen Bereich. Leider habe ich noch keine Reversibilität beobachten können, weil die Patienten alle auf das Lithium angewiesen waren; die symptomatische Therapie hat nie so gut angesprochen, wie bei primär-idiopathischem Parkinson (natürlich ist hier die LZ-Prognose da kausal neurodegenerativ schlechter).

EKT
04.02.2016, 21:10
Lithium wird bei allen Störungen eingesetzt, bei denen es zu starken Stimmungsschwankungen kommt, also auch bei schizoaffektiven und hirnorganisch-affektiven Störungen, außerdem augmentativ bei resistenten Depressionen; zusätzlich hat es einen nachgewiesenen antisuizidalen Effekt, zumindest statistisch über große Bevölkerungsgruppen (z. B. Studien über mehr oder weniger Gehalt im Trinkwasser korreliert mit Suizidrate in einer Region). Es ist eines der am besten wirksamen und am längsten bekannten Stoffe in der Psychiatrie. Daß es schnell zu einer Intoxikation kommen kann, ist so nicht richtig; lediglich gewisse Bedingungen müssen erfüllt sein (starke Exsikkose jeglicher Ätiologie und präexistente schwere Niereninsuffizienz). Die wichtigste Nebenwirkung sind keinesfalls Nierenfunktionsstörungen, diese treten sehr selten auf. Viel wichtiger und Ursache für einen Abbruch der Behandlung sind: Händetremor, Polydipsie, Diarrhoe, Hypothyreose und Gewichtszunahme (tritt alles nicht obligat auf). Bei einer akuten Manie würde man an erster Stelle hochpotente Neuroleptika und Valproinsäure geben. Ansonsten sind stimmungsstabilisierende Alternativen z. B.: Carbamazepin, Lamotrigin, verschiedene Neuroleptika bzw. Kombinationen daraus. Die genaue Wirkungsweise ist bis heute nicht bekannt. Wichtig ist noch, daß ein Absetzen (immer Ausschleichen, da sonst Rebound) oft dazu führt, daß die Wirksamkeit beim erneuten Ansetzen reduziert ist.

Norina94
04.02.2016, 21:53
Machen da Kreatininkontrollen im Serum wirklich Sinn? Habe gerade erst gelernt, dass sich das Serumkreatinin erst bei einer Nierenfunktionseinschränkung von 50% und mehr ändert und daher ein eher ungeeigneter Marker für die Nierenfunktion ist.

Lithium wird auch zusätzlich bei therapieresistenten Depressionen eingesetzt.

Mehr kann ich leider auch nicht beitragen. Aber wir haben hier im Forum ja ein paar (angehende) Psychiater, die sicher von ihren Erfahrungen berichten können. :-)

Soweit ich mich noch an Physio erinnere wurde uns gesagt, dass man das Serumkrea durchaus zur Verlaufskontrolle benutzen kann. Lediglich bei der "Anfangsbestimmung" sollte man nicht darauf vertrauen, weil es dort durch interindividuelle Unterschiede bei einigen erst bei einer Nierenfunktion <50% als zu gering erkannt werden könnte.
Aber korrigiert mich bitte, wenn ich was durcheinander geschmissen hab ��

davo
04.02.2016, 22:47
@milka: das hab ich aus Physio ebenso in Erinnerung.

FirebirdUSA
05.02.2016, 08:01
Kreatinin ist stark Patienten abhängig, insbesondere Muskelmasse. Deswegen kenne ich es so wie Norina94