PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Tonsillitis



Seiten : [1] 2

DerKleine
09.02.2016, 13:19
Hallo Ihr,

es geht um einen 21 jährigen jungen Mann, der wegen Schmerzen im Rachen und Schluckbeschwerden in Kombination mit Fieber (40 C) eingeliefert wurde. Bei der Rachenuntersuchung fielen deutlich vergrößerte Tonsillen mit Stippchen auf. Laut Patient hätten die Beschwerden in den letzten Tagen zugenommen, trotz Antibiotischer Therapie mit Azithromycin über 3 Tage. Daraufhin wurde hier in der NA oral Cefuroxim 500 mg verordnet und der Patient nach Hause geschickt. Diagnose: akute Tonsillitis.

2 Tage später kam der Patient wieder in die NA, hatte eine Einweisung und wurde von uns stationär aufgenommen. Wir verabreichten dem Patienten Cefuroxim 1,5 g 3 mal täglich i.v und führten tägliche Verlaufskontrollen durch. Die Eiterstippchen gingen zurück, Schluckbeschwerden besserten sich, jedoch waren die Tonsillen immer noch deutlich vergrößert. Labor : BB normal, außer eine leichte Leukozytose, CRP mit 60 mg/L erhöht. Leberwerte normal. Leider wurden keine Tests auf EBV gemacht, da sich der Zustand des Patienten durch die i.v. Antibiose besserte.

Patient wurde nach 8 Tagen entlassen.

Heute verlaufskontrolle: rechte Tonsille immer noch deutlich vergrößert, trotz der oralen Antibiose (Cefuroxim 500 mg für weitere 3 Tage) immer noch Eiterstippchen vorhanden.

Nun meine Frage:

Wieso bessert sich der Zustand des Patienten nicht? Bzw wieso sind immer noch Eiterstippchen vorhanden? Mir kommt es so vor, als würde sich der Zustand durch die orale Weiterführung wieder verschlechtern?

Haben wir etwas übersehen?

Eventuell Umstellung auf Amoxicillin?

Über Anregungen wäre ich sehr dankbar.

Grüße

epeline
09.02.2016, 13:47
Einen Abstrich habt ihr nicht gemacht? So wegen eines Resistograms?
Das fände ich jetzt am naheliegendsten, dass eine Resistenz vorliegt. EBV macht ja in dem Sinne keine Eiterstippchen.
Und wieso Amoxicillin, insbesondere wenn du an EBV denkst? Man könnte ja statt einer Serologie evt. wenigstens Leberwerte nachmelden, oder ein Abdomensono machen. Wie siehts mit den Lymphknoten aus. Kann ja auch ohne Serologie richtungsweisend sein.
Ich finde jetzt ein CRP von 60mg/l auch nicht sooo niedrig für Z.n. mehrtägiger i.v.-Antibiose.
Ich denke, ihr habt nicht alles totgeschlagen ;-)

Peter_1
09.02.2016, 13:54
Wahrscheinlich eine EBV Infektion, eine sonstige virale Tonsillitis, oder eher unwahrscheinlich (da zwei unteschiedliche AB-gruppen im einsatz waren) Resistenz bei bakt. T..
-> EBV Serologie machen, ggfs. auch mal zum Äussertsen greifen und nen Abstrich machen? So lange das nicht klar ist nicht weiter antibiotisch behandeln.
P. S: Cephalosporine setze ich bei der Tonsilltis selten ein, meist nehm ich Penicillin V, oder ein Makrolid bei Penicillinunverträglichkeit.

Gerade geehen: @ Epeline: EBV kann aussehen wie eine eitrige Tonsillitis.

DerKleine
09.02.2016, 13:55
Hallo,

danke dir erstmal.

Ja, an eine Resistenz habe ich auch gedacht. Aber dass der Erreger gegen Makrolide, und Cefuroxim resistent ist, ist doch auch eher selten, oder?

Ich denke eher nicht an EBV, da Leberwerte bei Einlieferung normwertig waren. Zervikale Lymphknoten waren zu diesem Zeitpunkt vergrößert, sind jetzt aber wieder in der Norm.


Nein, CRP war bei Einlieferung 60, nach 3 Tagen Antibiose 18, 5. Gestern wurde der Patient auf orales Cefuroxim umgestellt, leider hab ich den Eindruck, dass sich die Tonsillitis dadurch wieder verschlechtert. Deshalb hab ich eventuell in Betracht gezogen, es mit Amoxicillin zu versuchen ( die Tonsillitis kann man leider ja nicht so lassen, auch in Bezug auf Karditis und rheumatisches Fieber), oder wie seht ihr das? Kann ich denn Amoxi bedenkenlos verordnen ( was mir hier noch etwas Übelkeit bereitet ist das Erythem, das entsteht, wenn wirklich eine EBV Infektion vorliegt).

Peter_1
09.02.2016, 14:00
@ derKleine: muss nicht immer EBV sein, es gibt auch andere virale Tonsillitiden (zB Rhinoviren etc.). Das rheumatische Fieber und die KArditis sind extrem seltene Komplikationen, eine antibiotische Therapie schützt zudem nicht unbedingt davor. Einen solchen Verlauf wie bei dem Pat. würde ich nicht eskalierend immer weiter antibiotisch betuen, sondern erst mal eine vernünftige Diagnostik betreiben.

epeline
09.02.2016, 14:04
Ich erinnere mcih nur an eine Kollegin, bei der es ähnlich ablief. Die hatte dann doch einen multiresistenten Haemophilus im Abstrich.
Ein 60er CRP spricht doch aber auch irgendwie gegen eine virale Genese, ggf. ncoh für eine Superinfektion.

Peter_1
09.02.2016, 14:04
Wenn der natürlich klinisch schwer krank ist, dann auch mal den HNOler schauen lassen, kann auch mal nen Tonsillenabszess sein, bzw. die Indikation zur chirug.Intervention bestehen.

epeline
09.02.2016, 14:06
Na aber wenn er entlassen wurde, bin ich von einer klinischen Verbesserung ausgegangen. ;-)

Peter_1
09.02.2016, 14:07
@Epeline; CRP Höhe spricht meiner Erfahrung nach nicht gegen einen Virusinfekt, hast Du schon mal nem echt Influenzakranken das CRP bestimmt? Abstrich würde ich sicherlich auch machen (bzw. hätte es spätetstens bei fehlender Besserung auf Azithromycin getan), keine Frage!

Peter_1
09.02.2016, 14:09
Na aber wenn er entlassen wurde, bin ich von einer klinischen Verbesserung ausgegangen. ;-)

Ist manchmal so, machmal aber auch nicht ;)
Wenn der klinisch besser ist dann würde ich gar kein großes Heckmeck machen, sondern Abstrich, EBV Serologie und Kontrolle.

epeline
09.02.2016, 14:10
Habe ich mehrfach, war aber in meinem Erfahrungsbereich eher doch unter 50.

DerKleine
09.02.2016, 14:12
Genau, bei Einlieferung bestand ein CRP von 60. Deshalb dachten wir auch an eine bakterielle Genese.
Patient ist jetzt in einem guten AZ, kein Fieber, keine Schmerzen, allerdings besteht nach wie vor eine Vergrößerung der rechten Tonsille mit Stippchen. HNO Konsil hab ich angeordnet- kein Abszess, laut den Kollegen auch keine Indikation zur Tonsillektomie.

Ich bin momentan mit meinem Latein am Ende, weil ich ja sehe, dass sich der Zustand der rechten Tonsille wieder verschlechtert, obwohl ich ja schon eskalierend antibiotisch behandel. Wie gesaht, es gab ne Zustandverbesserung unter i.v. Therapie. Gestern wurde dann eben auf oral umgestellt. Darunter sichtlich mehr Stippchen.

Leider hatte ich noch kein Erythem bei nem EBV Patienten unter Amoxi-Therapie gesehen und behandelt, würde aber gerne auf Amoxi umstellen, so als letzte Maßnahme. Hattet Ihr schon mal so en Erythem?

Peter_1
09.02.2016, 14:13
Habe ich mehrfach, war aber in meinem Erfahrungsbereich eher doch unter 50.
Okay, persönlich habe ich da andere Erfahrungen, aber ist auch völlig wurscht, sind uns ja einig :)

epeline
09.02.2016, 14:16
Wurde denn nun ein Abstrich gemacht? Der würde uns sicher echt weiter bringen.
Haben die HNO-Kollegen mal ein Halssono gemacht?

Peter_1
09.02.2016, 14:20
Abstrich!!! und EBV würde ich auch nachsehen, die EBV Verläufe sind sehr unterschiedlich und nicht immer "klassisch" (auch nur meine Erfahrung).

DerKleine
09.02.2016, 14:21
Abstrich wurde nicht gemacht, Sono auch nicht.

Wie gesagt, habe den Patienten zu den HNO-Kollegen weiter geleitet, allerdings nur die Rückmeldung bekommen, es weiterhin mit der antibiotischen Therapie zu versuchen.

Ordne jetzt mal eine EBV-Diagnostik an, wobei das klinische Bild eher dagegen spricht ( keine deutlichen LK-Schwellungen, normale Leberwerte).

Ach, Nachtrag: Der Patient berichtete, dass er schon mal EBV hatte ( Antikörper wurden vor 2 Jahren mal beim HA bestimmt). Dann eventuell ne Reaktivierung?

epeline
09.02.2016, 14:27
Ja, das ist möglich, hatte ich auch mal gesehen. Allerdings dann auch mit Hepatomegalie.
Habe mal die Leitlinie rausgekramt...
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/017-024l_S2k_Tonsillitis_Gaumenmandeln_2015-08_01.pdf

Flemingulus
09.02.2016, 14:53
Ich bin gespannt bzgl. der EBV-Diagnostik. :-) Das (teilweise) Ansprechen der Klinik und des CRPs auf die i.v.-Antibiose plus das nicht ganz EBV-typische Beschwerdebild (soweit den Angaben entnehmbar) würden aber m. E. eher für was antibiotisch suboptimal getroffenes Bakterielles sprechen. Im Rahmen unserer Fachsimpelei würden nat. Gonokokken den Fall didaktisch wertvoll machen. :-)

Hoppla-Daisy
09.02.2016, 16:25
Jetzt hab ich wieder Bilder, Flemingulus..... Fiese Bilder :-oopss

WackenDoc
09.02.2016, 17:12
Sicher dass die Stippchen kein Detritus oder evtl. der sichtbare Teil von Tonsillensteinen ist?
Und dass die Tonsillen jetzt noch groß sind, halte ich für nicht allzu außergewöhnlich. Bei manchen Menschen brauchen die einfach etwas länger, bis sie wieder die normale Größe annehmen.

Wie geht es dem Patienten denn klinisch?

Penicillin wäre initial auch mein Mittel der Wahl gewesen, sofern keine Allergie vorliegt.