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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Notrufmissbrauch



WackenDoc
28.03.2016, 10:02
Habt ihr in eurem Bereich auch Fälle von echtem Notrufmissbrauch?
Wir haben an einer meiner Wachen "Kunden" die regelmäßig mit irgendwelchen Stories den Notruf wählen und letztendlich hat der Patient rein gar nichts.
Den Hintergrund kennen wir nicht, aber wir gehen davon aus, dass die ganze WG zu viel IQ hat um in einem Heim untergebracht zu werden, aber zu wenig um mit dem Leben klar zu kommen. Das ging sogar schon so weit, dass der Hauptanrufer schonmal seine Mitbewohnerin reanimiert hat- ohne dass sie ein ernsthaftes Gesundheitsproblem hatte.

Hab jetzt zum ersten Mal "Notrufmissbrauch" als Diagnose auf´s Protokoll geschrieben.

Die Frage ist nur, was man sonst noch machen kann.
Das nächste Mal Polizei nachfordern und den Notrufmissbrauch anzeigen?

nie
28.03.2016, 10:22
Wir haben immer wieder so Fälle, einer davon ganz ähnlich gelagert wie das von dir Beschriebene.
Geholfen hat genau nichts. Keine Polizei, kein Ordnungsamt, keine Psychiatrie, keine Ärzte, nichts. Wir waren da zum Teil mehrmals am Tag, oft mit Feuerwehr um die Wohnung aufzubrechen, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Ignorieren kann man es halt auch nicht, wenn einer anruft und sagt, dass die Mitbewohnerin da liegt und nicht mehr reagiert. In dem Fall wurde unsere "Besuche" immer ungehaltener, es wurde nicht mehr gemacht sobal klar war, dass betreffende Person ansprechbar ist und irgendwann wurden die Anrufe dann weniger. Mittlerweile rufen sie so einmal im Monat ein, man fährt halt hin, schaut nach und fährt wieder.

Eine anderen "Dauerkundin" konnte irgendwann im Seniorenheim untergebracht werden und heute hält noch jeder Sicherheitsabstand zu ihrem Zimmer, wenn er in dem Heim ist. Ein weiterer, der (dank medizinischer Ausbildung) ziemlich gut Herzinfarkte simulieren konnte, ist dann tragischerweise an einem solchem verstorben. Manche hören einfach irgendwann auf mit den Anrufen oder ziehen weg, manche sind einfach über Jahre immer wieder präsent. Die kennt dann jeder, jeder weiß Bescheid und man kann nur hoffen, dass sie nicht irgendwann mal was wirklich schlimmes haben und sie dann keiner ernst nimmt.

hundsmit
28.03.2016, 10:53
Als Kriminalbeamter würde ich aus ermittlungstaktischer Sicht davon abraten derartige Anrufe anzuzeigen, wenn das Ziel sein soll, dass am Ende ein Urteil erwirkt wird. Das wird bei denen in deinem Fall genannten Probanten vermutlich auf Grund der IQ-Problematik am subjektiven Tatbestand scheitern.

Aus präventiver Sicht, um derartige Anrufe in Zukunft zu unterbinden, könnte ich mir das jedoch als wirksam vorstellen. Eine Streifenbesatzung die das ganze aufnimmt und ein ernstes Wörtchen mit den Anrufern wechselt (womöglich im Stile einer Gefährderansprache) schindet vermutlich noch einmal mehr Eindruck und könnte für einen längeren Zeitraum für "Ruhe" sorgen. :-)

Einen Versuch wäre es wert...aber gibt sicher auch solche unbelehrbaren Fälle wie von "nie" angesprochen. Mit denen muss man sich dann arrangieren, das kenne ich aus meinem Berufsalltag genauso.

WackenDoc
28.03.2016, 11:24
Im Sinne einer Strafe wird da wohl wirklich nichts bei raus kommen. Geld ist ja auch keins vorhanden.
Aber wir du schon sagst- vielleicht hilft ja der "Ärger" mit der Polizei oder auch dass mal eine Rechnung für den Einsatz in´s Haus flattert.
Und als weiterer Aspekt-damit kann man auf Dauer womöglich ja doch den Weg in Richtung Unterstützung durch den sozial-psychiatrischen Dienst oder ggf. auch eine Betreuung bahnen (Die "Patientin" ist wohl auch schwanger und das bei prekären sozialen Verhältnissen)

Aber wir hatten die Problematik ja schonmal bei der Dame bei mir aus dem Stadtviertel, die barfuß und nur leicht bekleidet in der Kälte durch die Fussgängerzone wanderte und irgendwas von Jesus erzählt hat. Wahrscheinlich muss man damit leben, dass es Menschen gibt, die zu eingeschränkt sind, um klar zu kommen, aber zu fit als dass das Hilfesystem gegen ihren Willen greifen kann.

joker112
29.03.2016, 00:12
Ich kenne solche Fälle auch (leider). Es gibt einfach Stammkunden, die meinen, dass man nur aus langer Weile mit blauem Licht auf dem Dach durch die Gegen fährt. Dennoch. Irgendwo sollte man die Situation auch nicht unterschätzen, hundertmal ist es nichts und beim 101'ten Anruf findet man tatsächlich eine reanimationspflichtige Person vor, einmal so erlebt.

Es ist halt schwierig und ich finde hier hilft ganz ehrlich gesagt auch keine Polizei. Wenn kein Psychiater, keine Unterbringung in entspechenden Einrichtungen hilft, wie soll dann ein Polizist die Sitaution entschärfen? Die Versuche, die ich erlebt habe sind (wie ich im Laufe der Zeit miterlebt habe) ohne Sinn geblieben.

... und ja. Leider ist es so, dass man im Laufe der Zeit eine Vermehrung von derartigen Fällen merkt. :-(

LG