PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zweitstudium zur Forschung im Grenzbereich Physik / Medizin



Ste91
11.04.2016, 15:19
Hallo zusammen,

ich stehe im Moment vor einer etwas schwierige Frage für meine künftigen beruflichen Wege und hoffe auf etwas Input.
Nach meinem Abitur stand ich vor der Überlegung, ob ich mit dem Medizinstudium oder mit einer Naturwissenschaft beginne.
Ich habe mir dann die Medizin in meiner Heimatstadt etwas näher angesehen / sie anstudiert - und fand es schrecklich: Deprimierend unwissenschaftlich, furchtbar organisiert, und zu 80% Singklatschen (es gab massig Kurse zu Kommunikation, wie fühlt ihr euch beim Lernen, brainstormt mal zu eueren Erfahrungen mit Kopfschmerzen - nicht das was ich von einem Studium erwartet hätte). Dazu noch ständiger Kontakt zu schwerkranken Menschen, die vor der Klink saßen. Es hat mir einfach nicht das gegeben, was ich damals als Studium wollte.
Ich habe dann ein Physikstudium begonnen, einen ziemlichen guten Bachelorabschluss in theoretischer Physik gemacht und stehe jetzt im letzten Jahr vor dem Masterabschluss mit experimentellerem Fokus, der sich auch recht vielversprechend anlässt.
Jedenfalls habe ich mir langsam die "Theorie"-Hörner abgestossen und stehe langsam vor der Frage wo es beruflich hingeht. Ich stelle zunehmen fest, dass die beruflichen Wege vielleicht nicht so befriedigend sind wie man das evtl. vermuten würde. Die industriellen Felder sind oft wahnsinnig routiniert und eintönig (Kraftwerk, IT, Versicherung usw.) und ich brauche einfach etwas Abwechslung im Alltag, kann nicht lange "still sitzen" und habe ein paar Probleme mit langsamer Bürokratie...
Die Alternativen sind wohl in der Beratung. Ich konnte da schon ein wenig Erfahrung sammeln (Praktika usw.), es macht tatsächlich auch viel Spaß, man ist immer beschätigt... aber es reibt auf. Hier sind 80h+ die Woche offenbar eher die Regel, dabei 5 Tage die Woche auswärts im Hotel schlafen und letztlich doch wieder nicht fachlich tätig. Auf Dauer wird auch das nichts werden.
Ich habe mich dann zunehmend Richtung Forschung umgesehen, aber obwohl es in der Phyisik vergleichsweise luxeriös ist, eine Proffessur gibt es letztlich selten (und wenn dann erst nachdem man den Karriereweg eingeschlagen hat und damit die Laufbahn riskiert hat, wenn es nicht klappt) und mangels Angewandheit gibt es dann tatsächlich nur schlecht bezahlte 2-Jahres-Verträge bis einem das Wissenschaftszeitarbeitsgesetz ausräumt... auch keine gute Perspektive.
Jedenfalls habe ich in meinem Umfeld diverse angehende Mediziner(innen) und stelle zunehmend fest, dass das Studium dort wirklich spannend wirkt und wenig unter den von mir damals empfundenen Problemen krankt..
Ich war damals im zweiten Anlauf eines Modellstudienganges und habe mich nun im Jahrgang von damals umgehört und festgestellt, dass viele diese Probleme hatten, der Studiegang wohl etwas unfertig war und es besser geworden ist / es andernorts nie so war. Ich habe dann hier und dann ein paar Vorlesungen mit etwas medizinisch-technischem Fokus eingebaut und war / bin begeistert. Aber ich komme nicht weiter, mir fehlen Hintergründe.
Es kam jedenfalls wie es kommen musste, ich erwäge ernsthaft nach dem Master noch ein Medizinstudium draufzusetzten, um so (anteileig) in dieser spannenden Forschung arbeiten zu können (mich interessieren Strahlenmedizin / alternative Bildgebungsverfahren, mediz. Materialwissenschaften usw.) ohne dabei der völligen Willkür der Hochschularbeitsstellen unterworfen zu seien.
Ich vespreche mir auf der ärztlichen Seite außerdem eine Tätigkeit, die sich irgendwie "befriedigender" anfühlt, als es die industrielle Arbeit bisher tat, meinen Drang gegen das "Festsitzen", "Stillstehen" und nichts-wirklich tun im Beruf loszuwerden und das bei einer Tätigkeit mit guter Bezahlung (und wenn man mal in die Tarife schaut, ist es das vergleichweise ja schon), ohne dabei mein Privatleben ganz aufzugeben (sicher, viel gearbeitet wird in der Medizin auch, aber als Physiker liegt nichts näher als Radiologie *g*.. und immerhin ist man nicht 5 Tage die Woche auf Geschäftsreise).
Zulassung ist die eine Frage, aber ich denke da würde ich einen Weg finden. Mein Fachgebiet ist wissenschaftlich tatsächlich wunderbar mit der Medizin verschränkbar und selbst wenn es nicht klappen sollte, darüber mache ich mir ggf. erst im nächsten Schritt sorgen.
Meine Frage, wenn man das so nennen kann, ist nun im Wesentlichen, ob jemand vielleicht schon Erfahrungen mit Medizin UND anderen industriellen Fachrichtungen gemacht hat und hier etwas beisteuern könnte bzgl. eines erfüllenden Berufes mit wissen. Ausrichtung oder ob die Wiese einfach nur auf deren anderen Seite ohnehin immer grüner ist. Auch alle anderen Gedanken sind natürlich willkommen.

Beste Grüße und vielen Dank
Paul

roxolana
11.04.2016, 15:39
Möchtest du denn primär als Arzt tätig sein oder primär in der Forschung? Primäre Forschungsstellen kranken in der Medizin an den gleichen Problemen wie überall sonst auch (Stichwort Befristung, Wissenschaftszeitgesetz etc.). Primär Arzt sein und Forschung in der Freizeit ist das gängige Konzept an den Unikliniken, wobei du da auch auf deine 80-Stunden-Stelle kommen wirst. Soweit ich das in der Radiologie gesehen habe, sind das allerdings meist klinische Studien, so dass ich nicht weiß, ob dir dein physikalischer Background da überhaupt viel bringen wird. Kann mir vorstellen, dass es in der Strahlentherapie vielleicht anders aussieht.

Ich bin im Prinzip den umgekehrten Weg gegangen und habe mein Physikstudium geschmissen, um Medizin zu studieren. Bis jetzt habe ich keinen Bereich gesehn, wo man beides wirklich gut kombinieren kann (auch wenn Radiologie mein Wunschfach ist) - aber hier im Forum schwirren einige Physiker und andere Naturwissenschaftler rum, vielleicht weiß ja jemand anderes noch was was mir nicht eingefallen ist.

xyl15
11.04.2016, 16:31
Soweit ich weiß, arbeiten bei uns in der Strahlenklinik auch Physiker, die nicht zusätzlich Ärzte sind, die für die Geräte und die Berechnung der Bestrahlungsplanung zuständig sind. Das könnte genau etwas für dich sein.
Inwiefern die allerdings noch forschen zusätzlich, bin ich nicht im Bilde.

Ste91
11.04.2016, 16:48
Hi, vielen Dank schon einmal für deine Antwort!
@roxolana:
Schwere Frage! Ich finde das Konzept "Primär Arzt, nebenbei forschen" tatsächlich ziemlich attraktiv. Das liegt weniger daran, dass ich mich jetzt wahnsinng nach dem ärztlichen Beruf sehne und nichts anderes gehen würde, aber ich kann es mir als erfüllenden und gut machbaren Beruf durchaus vorstellen (im vllt nicht ganz so Akutpatienten-nahen Fach (Radio/Nukl/Strahl, Patho, Labor, evtl. langfristig auch Controlling)). Ich habe da ein wenig die, vermutlich ordentlich verklärte, Vorstellung, dass ich dort nicht ganz so sehr im Alltag versinken würde, anders als die typischen industriellen Anwendungen das versprechen. Ich habe es einfach als sehr schlechtes Zeichen empfunden, dass ich mich (von Beratung abgesehen), schon bei Praktika durch die Monotonie gelantweilt habe. Ich muss nicht den ganzen Tag hauptberuflich forschen, aber ich hätte schon gerne immer in der einen oder anderen Form Wissenschaft in meinem Leben. Die typischen Bedingungen der öffentlichen hauptberuflichen Forschung bin ich aber einfach nicht bereit zu tragen.
Insofern erscheint mir das als durchaus sehr attraktive Kombination fürs Berufsleben.
Klinische Forschung ist dann sicher nicht ganz das richtige, ich habe aber gesehen, dass viele größere radiologische Kliniken auch Forschungabteilungen "Radiolog. Physik" haben, in denen Mediziner und Physiker gelistet sind. Das geht dann idR eher in die Richtung NMR Weiterentwicklung. Bzgl. Oberflächenphysik für med. Produkte scheint es auch einiges zu geben.

Ich bin leider etwas unsicher wie ich am besten feststelle, ob die ärztliche Seite letztlich etwas wäre. Dass Entwicklung usw. in der Industrie nicht so meines, ließ sich einfach durch Praktika feststellen. Mit Medizin ist das irg. schwieriger :/
@xyl15: Dank, guter Tipp! Schaue ich mir mal an was da so passiert!

Schubbe
11.04.2016, 17:42
Jetzt mal Klartext, der über das "mein Hamster ist gestorben und ich wollte immer schon [...]" hinausgeht:

Wo hast du studiert? Welchen Abschluss wirst du wann genau haben? In welchem Bereich hast du deine Bachelorarbeit geschrieben ? In welchem wird/schreibst du deine Masterarbeit? Welche Nebenfächer hast du belegt? Gibt es fruchtbare Kooperationen? Hast du Veröffentlichungen? Welche Farbe haben Elektronen?

Ist eine MPE Ausbildung für dich eine Option?

Können wir eeeeeendlich ein Unterforum für Zweitstudies haben, die Threads landen momentan in 40 Unterforen...

Ste91
11.04.2016, 20:57
Welche Farbe haben Elektronen?


Farblos, sind doch Leptonen ;)
Ich schreibe mal eine PN, das geht ja doch etwas am ursprünglichen Thema vorbei, das noch gar nicht auf Zulassung etc. zielte.