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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neurologie- Nur Diagnostik, aber keine Therapie?



Theriak
24.05.2016, 10:20
Hallo zusammen,

meine Frage richtet sich vor allem an Assistenten und Fachärzte in der Neuro. Ich selbst stehe erst im PJ und hatte fast keine klinischen Berührungspunkte mit der Neurologie. Das wird sich in meinem zweiten Tertial ändern. Rein vom Interesse her, finde ich die Theorie faszinierend. Jedesmal wenn ich jedoch nach meinen Berufswünschen gefragt werde und Neuro anklingen lassen, höre ich das Gleiche: Da kann man doch nur diagnostizieren und nie therapieren! Doch stimmt das wirklich?

Letztlich macht man doch nicht viel anderes als beispielsweise Internisten: Chronische Erkrankungen medikamentös einstellen und wirklich gesund geht eh niemand nach Hause. Erstmal Schadensbegrenzung betreiben...
Ganz zu schweigen von neuen Therapiemöglichkeiten in der Neuro bzgl. MS. Therapie, Lyse, Behandlung infektiöser Erkrankung, Intensivtherapie etc...

Wie empfindet ihr den klinischen Alltag? Ist es vom therapeutischen Standpunkt her wirklich so unerträglich oder geht ihr häufiger auch mal nach Hause mit dem Gefühl jemandem geholfen zu haben?

Trenn
24.05.2016, 11:10
In der Inneren kannst du je nach Subspezialisierung auch relativ viel therapeutisch machen. In der Kardio kathetern, Schrittmacher legen, EPUs, in der Gastro ÖGDs und Kolos etc. Da hat man eben die Möglichkeit, doch etwas interventionell zu machen, wenn man möchte. In der Neuro wird das Interventionelle (Thrombektomie, PRTs) von den Radiologen abgedeckt, operativ erfolgt die Versorgung durch Neurochirurgen und Gefäßchirurgen.

Handwerklich ist in der Neuro außer LPs und EMGs nicht viel (korrigiert mich bitte, wenn es doch mehr gibt, bei uns wird aber nicht viel mehr gemacht). Aber auch eine korrekt gestellte Diagnose mit therapeutischer Relevanz kann einen zufrieden stimmen (muss ja nicht nur eine "untherapierbare" neurologische Diagnose sein. :-P)

MediJulia
24.05.2016, 17:14
Naja, art. Hypertonie, Diabetes mellitus oder irgendwie Hauterkrankungen kann man ja auch nicht heilen, sonstn nur den Verlauf und die Symptome beeinflussen.

Diagnostik in der Neuro ist eben vieles Anamnese und Untersuchung.
Für den Facharzt wird neben den LP und ENG noch Ultraschall (extra-/intrakraniell) gefordert und EEG sowie evozierte Potenziale.

Vor 30Jahren war Neuro meist nur Diagnose stellen und gut.
Mittlerweile hat man viele Medikamente. Eine Vielzahl an z.B. Antiepileptika, die besser verträglich, aber gut wirksam sind, wurden entwickelt.
MS heißt nicht mehr in 5Jahren Rollstuhl, sondern der Verlauf kann über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte aufgehalten/verzögert werden.
Parkinson gibt's auch immer mehr Medis. Damit kann man besser die Symptome im Griff halten und so Pflegebedürftigkeit über Jahre verzögern.


Therapeutische Möglichkeiten gibt es einige. Nur gibt eben keine interventionelle Neurologie, das machen alles die Radiologen und Neurochirurgen.
Durch das z.T. hohe Alter der Patienten und die Schlaganfallpatienten ist auch viel Innere Medizin (Blutdruckeinstellung, Diabetes,...) dabei.

Um deine Frage zu beantworten: Ich gehe schon nach Hause mit dem Gedanken meistens Patienten zu helfen. Es gibt immer wieder Tage bzw. Patienten, denen man nur sehr eingeschränkt helfen kann. Aber frustane Verläufe wird es überall geben.

Ob dir das dann so gefällt, muss du im PJ-Tertial oder aber vielleicht auch nach Beginn einer Assistenzarztstelle sehen.